Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301015/2/Gf/Mu

Linz, 21.03.2011

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 18. Februar 2011, Zl. Pol96-90-2010, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 30. November 2010, Zl. Pol96-90-2010, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er am 14. August 2010 bei der Einlasskontrolle zu einem Fußballspiel ein Transparent mit der Aufschrift "All Cops are Bastards" mit sich geführt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 1 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG) begangen, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 18. Jänner 2011, Zl. VwSen-300985/2/Gf/Mu, wurde der dagegen erhobenen Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass im Hinblick auf die Formulierung der mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgenommenen Tatanlastung der Einwand des Rechtsmittelwerbers, dass allein das Mitführen eines Transparentes bei der Einlasskontrolle in ein Stadion dann (noch) keine (vollendete) Anstandsverletzung darstellt, im Ergebnis zutrifft, weil hier nicht unter
einem zweifelsfrei feststeht, dass dieses nicht bloß eingerollt – und somit das Lesen der inkriminierenden Aufschrift verunmöglicht – war, sondern auch zur Schau gestellt wurde und auf diese Weise auch öffentlich wahrgenommen werden konnte.

 

Denn diesbezüglich war der Anzeige des Bezirkspolizeikommandos Ried vom 28. August 2010, Zl. A2/7129/2010-Gle, zwar zu entnehmen, dass drei Personen – unter diesen auch der Beschwerdeführer – "bei der Einlasskontrolle ..... ein Transparent (Doppelhalter) mit der Aufschrift 'All Cops are Bastards' ..... entrollten" und ihnen dieses "von dem für die Einlasskontrolle zuständigen Security-Bediensteten abgenommen und dem Erhebungsbeamten übergeben" wurde; gleichzeitig wurde in dieser Anzeige aber auch ausgeführt, dass "der Doppelhalter im Auswärtssektor zur Schau gestellt worden wäre. Das Stadion war mit mehreren tausend Besuchern besetzt und das Spiel wurde via TV in Österreich gesendet". In Verbindung mit der Tatzeit (18.30 Uhr; Spielbeginn war hingegen erst um 19.00 Uhr) kann daraus aber auch der Schluss gezogen werden, dass dem Beschwerdeführer das Transparent bereits abgenommen wurde, noch bevor er dieses überhaupt in der Öffentlichkeit präsentieren konnten, sodass letztlich (noch) keine vollendete, sondern lediglich eine versuchte Übertretung des § 1 Abs. 1 OöPolStG vorlag; in § 1 Abs. 1 OöPolStG ist jedoch der bloße Versuch nicht i.S.d. § 8 Abs. 1 VStG ausdrücklich für strafbar erklärt.

 

Mangels stichhaltiger, eine vollendete Begehung des spruchmäßig angelasteten Deliktes belegender Beweismittel hätte daher allenfalls bloß eine Bestrafung gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG und i.V.m. § 7 VStG, d.h. wegen Anstiftung und/oder Beihilfe, erfolgen können bzw. dürfen.

 

1.3. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 18. Februar 2011, Zl. Pol96-90-2010, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt, weil er es am 14. August 2010 bei der Einlasskontrolle zu einem Fußballspiel anderen Personen vorsätzlich erleichtert habe, ein Transparent mit der Aufschrift "All Cops are Bastards" zu verwenden. Dadurch habe er eine Beihilfe zu einer Übertretung des § 1 Abs. 1 OöPolStG geleistet, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG i.V.m. § 7 VStG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen und nach dem Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 18. Jänner 2011, Zl. VwSen-300985/2/Gf/Mu, hier eine Bestrafung wegen Beihilfe zulässig sei; dies auch deshalb, weil im gegenständlichen Fall weder eine Heranziehung des § 115 StGB (da keine individuell-konkreten Personen beleidigt wurde) noch des § 116 StGB (weil die Polizei keine Behörde, sondern lediglich ein Hilfsorgan verkörpere) in Betracht komme.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Taschengeld in Höhe von 40 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.4. Gegen dieses ihm am 21. Februar 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. März 2011 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er zwar ein entsprechendes Transparent mit sich geführt, aber nie die Absicht gehabt habe, dieses an andere Personen weiterzugeben und es auch tatsächlich nicht weitergegeben habe; vielmehr sei ihm dieses bereits bei der Eingangskontrolle abgenommen worden.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Pol96-90-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegenden Berufungen hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 OöPolStG begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür nach § 10 Abs. 1 lit. a
OöPolStG mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der
den öffentlichen Anstand verletzt. Unter einer Anstandsverletzung ist gemäß § 1 Abs. 2 OöPolStG jedes Verhalten in der Öffentlichkeit zu verstehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

 

Nach § 116 des Strafgesetzbuches, BGBl.Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 111/2010 (im Folgenden: StGB), ist u.a. derjenige strafbar, der i.S.d. § 115 Abs. 1 StGB eine Behörde öffentlich beschimpft.

 

3.2. Dass ein öffentliches Zur-Schau-Stellen eines Transparentes mit der Aufschrift "All Cops are Bastards" den Tatbestand einer Übertretung des § 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG erfüllt, kann keinem Zweifel unterliegen.

 

Ebenso trifft die Rechtsansicht der belangten Behörde zu, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 1 OöPolStG im gegenständlichen Fall deshalb nicht gehindert gewesen wäre, weil nach dessen spezifischen Umständen die gerichtlich strafbaren Tatbestände des § 115 Abs. 1 StGB und des § 116 StGB nicht zum Tragen kommen: Denn die Beleidigung richtete sich nicht gegen einzelne konkrete Polizeibeamte – womit eine Heranziehung des § 115 StGB ausscheidet – und die Polizei als solches fällt (als bloßes Hilfsorgan) nicht unter den Behördenbegriff des § 116 StGB (vgl. z.B. OGH v. 21. Juli 1981, 10 Os 133/80; s.a. O. Leukauf – H. Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. Aufl., Eisenstadt 1992, RN 7 zu § 116 StGB).

 

3.3. Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht, dass es "keine Rolle spielt ..... ob das Transparent tatsächlich verwendet worden ist ..... da es für die Strafbarkeit bereits ausreicht, wenn einem anderen eine Verwaltungsübertretung erleichtert wurde" und dass auch "die Strafbarkeit der Person, der die Begehung der Verwaltungsübertretung erleichtert wurde, ..... in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt" steht jedoch der Verwaltungsgerichtshof auf dem Standpunkt, dass Anstiftung und Beihilfe nur dann strafbar sind, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht. Darüber hinaus muss im Spruch des Straferkenntnisses bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat zum Ausdruck kommen, dass der Angestiftete oder derjenige, zu dessen Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat und weiters, dass sich die Anstiftung oder Beihilfe in der in § 7 VStG verlangten Form des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezogen hat (vgl. z.B. schon VwSlg 5194 A/1960 bzw. VwGH v. 25. November 1983, Zl. 83/02/0085, sowie W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1272, m.w.N.).

 

Diesbezüglich wurde bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 18. Jänner 2011, Zl. VwSen-300985/2/Gf/Mu, darauf hingewiesen, dass es hier jedoch an einem begründete Zweifel ausschließenden objektiven Beleg dafür fehlt, ob das im gegenständlichen Fall in Rede stehende Transparent – von wem auch immer – überhaupt entrollt worden ist und somit in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden konnte, bevor es konfisziert wurde.

 

Abgesehen davon, dass es somit objektiv besehen an einem Beweis für ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Beschwerdeführers oder einer seiner Sympathisanten fehlt, wurde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses – von der zuvor dargestellten unzutreffenden Rechtsansicht ausgehend – auch nicht zum Ausdruck gebracht, wer jene Person(en) war(en), der (denen) der Rechtsmittelwerber die Begehung der Übertretung des § 1 Abs. 1 OöPolStG erleichtert und dass sich sein Vorsatz gerade auf die Tatbegehung durch diese Person(en) bezogen hat.

 

3.4. Da das bekämpfte Straferkenntnis somit an einem wesentlichen, schon wegen zwischenzeitlichen Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr korrigierbaren Spruchmangel leidet, war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund – und unabhängig davon, dass im vorliegenden Fall ein zweifelfreier Nachweis für die Erfüllung des Tatbildes des § 1 Abs. 1 OöPolStG fehlt – stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren  einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


 

VwSen-301015/2/Gf/Mu vom 21. März 2011

Erkenntnis

 

Oö PolStG §1 Abs1;

StGB §§115, 116;

VStG §7

 

Rechtssatz 1

Ein öffentliches Zur-Schau-Stellen eines Transparentes mit der Aufschrift "All Cops are Bastards" erfüllt den Tatbestand des §1 Abs1 Oö PolStG.

Eine Bestrafung wegen Anstandsverletzung ist durch die in §1 Abs1 OöPolStG normierte Subsidiaritätsklausel dann nicht gehindert, wenn sich die Beleidigung nicht gegen einzelne konkrete Polizeibeamte – womit eine Heranziehung des §115 StGB ausscheidet –, sondern gegen die Polizei als solches (die als bloßes Hilfsorgan nicht unter den Behördenbegriff des §116 StGB fällt; vgl zB OGH 21.7.1981, 10 Os 133/80; sa Leukauf/Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch3 1992 Rz 7 zu §116 StGB) richtete.

 

Rechtssatz 2

Anstiftung und Beihilfe sind nur dann strafbar, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht. Darüber hinaus muss im Spruch des Straferkenntnisses bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat zum Ausdruck kommen, dass der Angestiftete oder derjenige, zu dessen Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat und weiters, dass sich die Anstiftung oder Beihilfe in der in §7 VStG verlangten Form des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezogen hat (vgl zB schon VwSlg 5194 A/1960 bzw VwGH 25.11.1983, 83/02/0085, sowie Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 2004, 1272 mwN).

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum