Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222477/2/Bm/Sta

Linz, 03.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des x,  vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.1.2011, Ge96-12-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung der GewO 1994  zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.1.2011, Ge96-12-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm §§ 18, 94 Z5, 339, 99, 1 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit strafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs.1 VStG der "x", FNr. x, Geschäftsanschrift: x, Inhaberin des reglementierten Gewerbes "Maler und Anstreicher", folgende Übertretung der Gewerbeordnung (wie von Organen des Finanzamtes Linz am 08.01.2010 anlässlich einer Kontrolle festgestellt wurde) zu verantworten:

 

Am 08.01.2010 waren Arbeiter der Firma "x" auf der Baustelle x, x (Ex x), Erdgeschoß, mit Abschremmarbeiten des Fliesenbodens beschäftigt. Die "x." hat somit zumindest am 08.01.2010 das Gewerbe des Baumeisters im Standort x, ausgeübt, ohne hiefür die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Die Bestätigung des mündlich erteilten Auftrages zu obgenannter Baustelle von der "x." an die "x." wurde der h. Behörde per E-Mail übermittelt. Aus dieser Bestätigung sind die von der "x." durchzuführenden Tätigkeiten (Abbruch der Rigipsständerwände, Abbruch des Fliesenbodens samt Sockel, Abbruch des Laminatbodens samt Dämmung, Entsorgung der Abbruchmaterialien) ersichtlich.

 

Gemäß § 1 Abs.4 GewO gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass sich das Straferkenntnis auf § 1 Abs.4 GewO 1994 gründe, gegenständlich jedoch keine Schlüsse dahingehend gezogen werden könnten, dass der Bw eine derartige Tätigkeit wiederholen möchte, noch habe die Tätigkeit eine vom § 1 Abs.4 geforderte Dauer verwirklicht. Vom Verwaltungsgerichtshof sei ausgesprochen worden, dass dann von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden könne, wenn Einrichtungen geschaffen werden, die offensichtlich dazu dienen, die Ausübung eines Gewerbes zu ermöglichen. Auch dies treffe gegenständlich nicht zu, zumal die von den Arbeiten des Bw durchgeführten Tätigkeiten ein reiner Freundschaftsdienst gegenüber dem Geschäftsführer der x gewesen seien und es gerade das Wesen eines derartigen Freundschaftsdienstes sei, diesen ausnahmsweise durchzuführen und nicht von nun an häufiger oder sogar bei jeder Gelegenheit.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Nach § 1 Abs.2 leg.cit. wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens zu § 44a Z1 VStG).

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 enthält ua. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass – aus der Sicht des Beschwerdefalles – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 (Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Ertragsabsicht) vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z1 VStG) geht dahin, dass der Beschuldigte es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten habe, dass die Firma x am 8.1.2010 das Gewerbe Baumeister im Standort x, über Auftrag ausgeübt habe, ohne hiefür die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen. Es fehlt ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Das Tatbestandsmerkmal der Ertragsabsicht muss auch bei Zugrundelegung des § 1 Abs.4 GewO 1994 vorliegen.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG. Zwar nimmt die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses  (erstmalig) auf die Gewinnabsicht Bezug, wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist konnte jedoch eine entsprechende Ergänzung des Spruches nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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