Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310418/6/Kü/Ba

Linz, 15.03.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau X X X, X, X, vom 14. Oktober 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Oktober 2010, UR96-1264-2009, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Oktober 2010, UR96-1264-2009, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs.3 iVm § 79 Abs.2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 360 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden verhängt, weil sie in der Zeit von 3.7.2009 bis 17.7.2009 in X, X, bei der Müllsammelstelle der Pizzeria "X", Abfälle (2 Müllsäcke voll mit Siedlungsabfällen) unbefugt gelagert hat, obwohl gemäß § 15 Abs.3 Abfallwirt­schaftsgesetz 2002, Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.  

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw eingebrachte Berufung, in welcher begründend ausgeführt wird, dass die Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren zu diesem Vergehen alles bekanntgegeben habe. Dem Straferkennt­nis sei zu entnehmen, dass kein Anhänger auf dem Gelände hinter der Pizzeria gestanden sei. Dies entspreche nicht den Tatsachen, denn zu der Zeit, zu der sie bei der Firma X gearbeitet habe, sei genau an der Hinterseite dieser Anhänger gestanden. Weiters möchte sie bekanntgeben, dass nicht sie die Säcke in den Müllcontainer geworfen habe. Sie habe die Säcke nur mitgenommen, weil sie am späteren Nachmittag sich den Weg nach Hause ersparen wollte, sondern gleich zum Altstoffsammelzentrum gefahren wäre. Jemand müsse einfach diese Säcke entsorgt bzw. in den Container geworfen haben. Sie lege deswegen Berufung ein, da es nicht stimme, dass sie das Ganze verursacht habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2011, an welcher die Bw nochmals zum Sachverhalt einvernommen wurde.

 

Im Juli 2009 war die Bw bei der Firma X als Paketzustellerin beschäftigt. Die Zustellfahrten wurden von der Bw mit einem Firmenfahrzeug, und zwar einem Kastenwagen vorgenommen, mit dem sie auch von der Wohnung in X zum Arbeitsplatz gefahren ist. An einem Tag im Juli 2009 hat die Bw in diesem Kastenwagen von ihrer Wohnung zwei schwarze Müllsäcke mitgenommen, da sie beabsichtigt hat, diese Müllsäcke nach Durchführung ihrer Zustellfahrten zum Altstoffsammelzentrum in X zu bringen.

 

An diesem Tag hatte die Bw eine größere Menge an Paketen zuzustellen, sodass sie für ihre Ladung die gesamte Fläche des Kastenwagens benötigte. Aus diesem Grund hat die Bw daher die beiden schwarzen Müllsäcke aus dem Fahrzeug ausgeladen und im Innenhof der Firma X, neben einem dort abgestellten Anhänger zwischengelagert. Die Bw beabsichtigte nach Beendigung ihrer Zustellfahrt diese Müllsäcke wiederum ins Fahrzeug einzuladen und beim Altstoffsammelzentrum in X zu entsorgen.

 

Nach dem Ende ihrer Zustelltour konnte die Bw am Firmengelände feststellen, dass die beiden Müllsäcke, die sie in der Früh neben dem Anhänger abgestellt hat, nicht mehr dort gestanden sind. Für die Bw war daher die Sache erledigt und hat sie deshalb auch niemanden in der Firma gefragt, ob jemand diese Säcke gesehen hat oder wer diese Säcke weggegeben haben könnte.

 

In der Folge wurden diese beiden schwarzen Müllsäcke von der Betreiberin der im Nahbereich zur Firma X situierten Pizzeria "X" im Altpapiercontainer, welcher die Aufschrift "X" getragen hat, gefunden. Von der Betreiberin der Pizzeria X wurde der Vorfall in der Folge zur Anzeige gebracht.

 

Aufgrund des Umstandes, dass in den Müllsäcken Schriftstücke gefunden wurden, die an den Lebensgefährten der Bw adressiert gewesen sind, wurde von der Erstinstanz eine Strafverfügung gegen den Legensgefährten der Bw erlassen. Gegen diese Strafverfügung wurde rechtzeitig Einspruch erhoben und bereits von der Bw die Sachlage – wie oben dargestellt – beschrieben.

 

Bereits in ihrer ersten Rechtfertigung führt die Bw aus, dass sie die schwarzen Müllsäcke mit ihrem Dienstauto von der Wohnung zu ihrem Arbeitsplatz mitgenommen hat und diese Müllsäcke am Firmengelände aus dem Auto ausge­laden hat.

 

Festzuhalten ist, dass sich in den Rechtfertigungen der Bw bzw. ihren Sachver­haltsschilderungen keine Widersprüche finden und weiters aus den von der Erst­instanz durchgeführten Zeugeneinvernahmen Sachverhaltsfeststellungen dahin­gehend, wonach die Bw die von ihr mitgeführten Müllsäcke selbst in den Alt­papiercontainer der Pizzeria X gegeben hätte, nicht erwiesen sind.

 

Die Bw führt im Zuge der mündlichen Verhandlung aus, dass sie des Öfteren Abfallsäcke gefüllt mit Papier, Kunststoffen und gelegentlich auch Siedlungsab­fällen regelmäßig zum Altstoffsammelzentrum gebracht hat und es dort keine Probleme mit der Übernahme dieser Abfälle gegeben hat. Daraus lässt sich nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ableiten, dass es keine Veran­lassung für die Bw gegeben hat, die in den Müllsäcken enthaltenen Abfälle auf anderwärtige Weise zu entsorgen, zumal diese Abfälle im Altstoffsammelzentrum ohnehin angenommen werden. Der Sachverhaltsdarstellung der Bw, die auch im Zuge der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat, kann daher nicht entgegen getreten werden, zumal sich aus den bisherigen Erhebungen auch nicht ergibt, dass es konkrete Beobachtungen hinsichtlich der Entsorgung der Abfälle in den Altpapiercontainer der Pizzeria gegeben hat. Eine die Angaben der Bw widerlegende Beweisführung ist daher im gegenständlichen Verfahren nicht durchführbar.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Der Bw wird angelastet, in einem Zeitraum von 14 Tagen bei der Müllsammel­stelle der Pizzeria X zwei Müllsäcke mit Siedlungsabfällen unbefugt gelagert zu haben. Diese angelastete Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 3 AWG 2002 hat aber nur derjenige zu verantworten, der selbst eine unbefugte Lagerung von Abfällen vorgenommen hat oder diese veranlasst hat. Im durchge­führten Ermittlungsverfahren war jedenfalls kein Beweis dafür zu erbringen, dass die Bw entgegen ihrer von Anfang an erklärten Verantwortung, die von ihr im Dienstwagen mitgeführten Müllsäcke tatsächlich in den Altpapiercontainer der Pizzeria X entsorgt hat. Alleine aus der Tatsache, dass die Abfälle von der Betreiberin der Pizzeria im Altpapiercontainer gefunden wurden, kann nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht auf die Täterschaft der Bw geschlossen werden. Auch sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Motive der Bw für eine Entsorgung der Abfälle in einem falschen Container nicht nachvollziehbar, zumal im Altstoffsammelzentrum ohnehin die Abfälle angenommen werden und die Bw die Möglichkeit gehabt hat, auf der Heimfahrt mit dem Dienstfahrzeug die Abfälle dort auch zu entsorgen. Insgesamt ergibt sich daher aufgrund der vorliegenden Sachlage, dass sich nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisen lässt, dass die Bw selbst die Entsorgung der Müllsäcke im Altpapiercontainer vorgenommen hat. Aufgrund der von der Bw sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsver­fahren nicht widersprüchlich dargestellten Situation war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die angelastete Verwaltungsüber­tretung nicht erwiesen ist und die Bw daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafver­fahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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