Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252512/2/WEI/Mu/Ba VwSen-252513/3/WEI/Mu/Ba

Linz, 04.03.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Grof, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bergmayr-Mann) und durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der X X, X, X, vertreten durch Mag. X X, Unternehmensberaterin/Selbständige BH, X, X, gegen die Spruchpunkte I. 1. bis 7. (Einzelmitglied) und Spruchpunkt I. 8. (9. Kammer) des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2010, Zl. 0012598/2009, wegen mehrerer Verwal­tungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird hinsichtlich der in den Spruchpunkten I.1. bis 7. genannten Arbeitnehmer insofern Folge gegeben, als ungeachtet geringfügiger Unterschiede des Arbeitsbeginnes von einer einheitlichen Verwaltungsübertretung auszugehen und eine einheitliche Gesamtstrafe zu verhängen ist. Im Übrigen wird die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis betreffend diese Arbeitnehmer mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift korrekt „§ 33 Abs 2 iVm § 111 Abs 1 ASVG“ zu lauten hat.

 

Die zu den Spruchpunkten I.1. bis 7. verhängten Geldstrafen werden aufgehoben und an deren Stelle eine einheitliche Geldstrafe von 1.200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen neu festgesetzt.

 

Der erstinstanzliche Beitrag zu den Kosten dieses Strafverfahrens beträgt 120 Euro. Im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat hat die Berufungswerberin keinen weiteren Kostenbeitrag zu leisten.

 

II. Die Berufung gegen Spruchpunkt I.8. des angefochtenen Straferkenntnisses (Strafausspruch III.5.) wird als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis insofern mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift korrekt „§ 33 Abs 2 iVm § 111 ASVG“ zu lauten hat.

 

     Die Berufungswerberin hat im Berufungsverfahren neben dem erstinstanzlichen Kostenbeitrag von 218 Euro einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 436 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – 1991 – AVG; §§ 64 Abs 1 und 2, 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaberin der Firma X X, X, X zu verantworten, dass von Ihnen als Arbeitgeberin die nachfolgend angeführten ausländischen Arbeitnehmer als geringfügig beschäftigte Arbeiter, Verteilen von ÖKO-Boxen zu den angeführten Zeiten beschäftigt wurden, obwohl diese von Ihnen als Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, nicht rechtzeitig als Dienstnehmer, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 (und 4) ASVG gegen Entgelt (§ 49 ASVG) von Ihnen beschäftigt wurden und daher nicht von der Versicherungspflicht ausgenommen waren, zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung im Ausmaß einer Teilversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet hat. Die Anmeldung erfolgte rückwirkend am 05.09.2008 um 13:18:26 Uhr.

Folgende ausländische Arbeitnehmer wurden von Ihnen beschäftigt:

     1.  Hr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Gambia, Asylwerber, von 02.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn: € 588,- brutto insgesamt

     2.  Hr. X X, SV-Nr. X1262, Staatsangehörigkeit: Ghana, Asylwerber, von 02.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn: € 428,- brutto insgesamt

     3.  Fr. X X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Äthiopien, Asylwerberin, von 02.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn € 643,- brutto insgesamt

     4.  Hr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Nigeria, Asylwerber, von 02.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn: € 347,- brutto insgesamt

     5.  Hr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Nigeria, Asylwerber, von 03.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn: € 733,- brutto insgesamt

     6.  Hr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Nigeria, Asylwerber, von 06.06.2008 bis 02.09.2008, Lohn: € 526,- brutto insgesamt

     7.  Hr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit: Nigeria, Asylwerber, von 09.06.2008 bis 02.09.2008 Lohn: €585,- brutto insgesamt und

     8.  Fr. X X, SV-Nr. X, Staatsangehörigkeit China, von 18.08.2008 bis 03.09.2008, Lohn: € 347,- brutto insgesamt.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde fünf Verwaltungsübertretungen nach dem § 33 Abs 1 und Abs 1a iVm § 111 ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs 2 ASVG unter "III. Strafausspruch" - mit unzutreffenden Zifferverweisen, aber erschließbar - hinsichtlich der Spruchpunkte I.1. bis 4. eine einheitliche Geldstrafe in Höhe von 1.125 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 173 Stunden), der Spruchpunkte I.5. bis 7. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von je 56 Stunden) und zu Spruchpunkt I.8. eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 146 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurden einheitlich 440 Euro (10 % der Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

1.2. In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass die im Spruch angeführten Beschäftigten nachträglich zur Sozialversicherung angemeldet worden seien und dieser Sachverhalt auf Grund der vom zuständigen Finanzamt daraufhin geführten Ermittlungen erwiesen sei. Der Anzeige seien die Versicherungsdaten der ausländischen Arbeiternehmer beigelegt worden.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. März 2009 sei gegen die Bwin das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Sie habe in ihrem Schriftsatz vom 21. Juni 2009 im Wesentlichen vorgebracht,

 

dass sie im August bzw. September 2008 die Liste ihrer Kolporteure an die KIAB Freistadt übermittelt und diese Personen bei der Oö. Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet hätte. Weiters habe sie ausgeführt, dass es sich bei diesen Personen um Werkvertragsnehmer gehandelt hätte und diese daher nicht den Bestimmungen des AuslBG unterlägen. Nur unter dem Druck der KIAB hätte sie diese Personen bei der Oö. Gebietskrankenkasse als Dienstnehmer angemeldet.

 

Zu diesen von der Bwin ausgeführten Rechtfertigungsgründen habe sich der Anzeigenleger im Wesentlichen dahingehend geäußert, dass nach § 2 Abs 4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform maßgebend sei, der durch die Errichtung von Urkunden nicht ungeschehen gemacht werden könne (Hinweis auf VwGH 28.09.2000, Zl. 98/09/0246). Demnach sei nicht die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger entscheidend, sondern die wirtschaftliche Unselbständigkeit des "Arbeitnehmerähnlichen" darin zu erblicken, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bindungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist. Im konkreten Fall gehe die Arbeitnehmerähnlichkeit durch nachfolgende Aspekte deutlich hervor:

 

·         es handelte sich um Tätigkeiten, die keine Fachkenntnisse erfordern (Verrichtung von Tätigkeiten einfachster Art);

·         der Werkvertrag stellte eine für den seriellen Gebrauch produzierte "Schablone" dar, die einseitig die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen für diese Tätigkeit festlegt;

·         die unbefristete Leistung des Auftragnehmers sei auf eine der Zahl nach nicht vorhersehbare Anzahl von Arbeitsabläufen (dh auf periodisch fortgesetzte Tätigkeiten a priori unbekannten Ausmaßes) angelegt worden;

·         diese Art von Tätigkeit sei in einem Organisationsplan des Auftraggeberunternehmens unterworfen, der schon aus Gründen betrieblicher Notwendigkeit diese Tätigkeit einer Vielzahl von Auftragnehmern in vergleichbarer Weise koordiniert und mithin determiniert, wie dies bei "formellen" Dienstnehmern der Fall sein müsste.

 

Zur organisatorischen Eingliederung sei darauf zu verweisen, dass das Funktionieren des Betriebes eine entsprechende Organisation der Verteilung bzw. Einsammlung der Ökoboxen erfordere, was bedeute, das Sammel- und Verteilpersonal derart in die Organisation einzugliedern, dass die zu betreuenden Verteil- bzw. Sammelgebiete ordnungsgemäß versorgt werden können. Das Unternehmen müsse sich darauf verlassen können, dass der Auftragnehmer zeitgerecht erscheint und die Verteilung bzw. Einsammlung bis zum vorgegebenen Termin vornimmt. Neben einer Bindung an den Arbeitsort durch Vorgabe eines Verteil- bzw. Sammelgebietes ergebe sich auch eine Bindung an die Arbeitszeit durch einen vorgegebenen Zeitrahmen zwischen frühest möglichem Arbeitsbeginn und vorgeschriebenen Abschlusszeitpunkt der Verteil- bzw. Einsammlung. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass der Auftragnehmer seinen Auftrag keinesfalls frei und an beliebiger Stelle erfüllen habe können. Selbstverständlich habe er innerhalb des Verteil- bzw. Sammelgebietes des Unternehmens tätig zu werden. In diesem Sinn sei er "im Betrieb" des Unternehmers tätig sei. Nur auf Grund der Einfachheit dieser Tätigkeit habe das arbeitsbezogene Verhalten nicht durch Weisungen des Auftraggebers geregelt werden müssen. Die Freiheit der Routenwahl im vorgegebenen Sammelgebiet sei keine relevante Dispositionsmöglichkeit. Zur Bemessung der Entlohnung nach Stückzahlen und nicht nach Zeit stelle kein Indiz für die Selbständigkeit des Auftragnehmers dar. Hingegen deute der Umstand, dass die Abrechnung durch das Unternehmen und die Auszahlung monatlich erfolgt, auf eine Arbeitnehmereigenschaft hin. Da gegen die Bwin schon zwei rechtskräftige einschlägige Straferkenntnisse der belangten Behörde vorliegen, sei das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr mit einer Verhängung der Mindeststrafe nicht einverstanden.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Bwin nach Wiederholung ihrer bisherigen Äußerungen erstmals eingeräumt,

 

dass sie zum damaligen Zeitpunkt nicht wissen habe können, dass ein Dienstverhältnis vorlag. Auch wenn in der Rechtssprechung jede noch so untergeordnete Tätigkeit als Delikt anzusehen sei, so müsse dennoch auch der Wille der Übertretung vorhanden sein, ein solches Delikt zu begehen, was in diesem Fall definitiv nicht so gewesen sei.

 

Für die belangte Behörde war der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Unter Hinweis auf § 5 Abs 1 VStG wird weiters hinsichtlich des Verschuldens ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe der Bwin nicht ausgereicht hätten, um ihre Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien hinsichtlich der Spruchpunkte I.1 bis 4. das Geständnis, ihre Unbescholtenheit und die Anmeldung aus eigenem Antrieb als strafmildernd, hingegen die Anzahl der Beschäftigten als straferschwerend zu werten gewesen; hingegen sei betreffend der Spruchpunkte I.5., 6. und 7. das Geständnis, ihre Unbescholtenheit und die Nachmeldung als strafmildernd zu werten gewesen, Erschwerungsgründe seien diesbezüglich keine hervorgekommen. Betreffend des Spruchpunktes I.8. sei das Geständnis und die Anmeldung aus eigenem Antrieb als strafmildernd zuwerten gewesen; Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen. Da allerdings in diesem Fall eine rechtskräftige Vorstrafe berücksichtig werden habe müssen, habe die belangte Behörde vom erhöhten Ausmaß der Strafe des ASVG ausgehen müssen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien dementsprechend berücksichtigt worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnisses, welches der Bwin am 27. Mai 2010 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die Berufung vom 8. Juni 2010, die laut Vorlageschreiben der belangten Behörde vom 24. Juni 2010 fristgerecht einlangte und mit der das angefochtene Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft wird.

 

Begründend wird dazu ausgeführt, dass sie die im Spruch angeführten verspätet angemeldeten Personen freiwillig und ohne behördlichen Druck der KIAB bekannt gegeben habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Behörde über diese Personen noch keine Kenntnis gehabt, weshalb hier das Rechtssystem der Selbstanzeige greifen hätte müssen. Diese Personen seien nicht durch die Behörde aufgegriffen worden. Zudem hätten alle Personen über einen Werkvertrag verfügt, weil man der Meinung gewesen sei, alles rechtlich korrekt getan zu haben. Erst nachdem KIAB-Organe eine Person aufgegriffen hätten, wäre der aktuelle Rechtsstand betreffend Werkvertrag und Dienstvertrag offenkundig geworden. Daraufhin habe sich die Bwin zur Deklarierung aller Werknehmer entschlossen, zumal eine Nachfrage bei der KIAB ergeben hätte, dass bei Offenlegung der weiteren Personen keine weitere Strafe verhängt werde. Hingegen habe sie nunmehr die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, ohne zu unterscheiden, ob dieses Bekanntwerden der Übertretung durch Selbstanzeige oder behördliches Einschreiten erfolgt sei. Darüber hinaus sei ihr nicht klar, warum Verteiler von Zeitungen als Selbständige aber Verteiler von Boxen nicht als Selbständige gelten. Der Verteiler habe nämlich wie bei den Kolporteuren sein Honorar nach dem Stück des Verteilens erhalten. Die Mitnahme der vollen Box sei nicht extra vergütet worden. Es könne daher nicht von Fahrlässigkeit ausgegangen werden, wenn man Gleiches mit Gleichen gegenüberstellt und sich somit in Rechtssicherheit meint.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe angestrebt.

 

3.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat mit Vorlageschreiben vom 24. Juni 2010 die Berufung der Bwin dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes des elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 0012598/2009. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt unbestritten erscheint und sich bereits nach der Aktenlage klären ließ, und nur Rechtsfragen zu beurteilen waren konnte gemäß § 51e Abs 3 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Aus der Aktenlage ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der folgender S a c h v e r h a l t :

 

3.3.1. Im Strafantrag des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 17. März 2009, Zl. FA-GZ 042/74010/12/2009 wird die Bwin mehrerer Verwaltungsübertretungen nach dem ASVG beschuldigt, weil sie als Gewerbeinhaberin ihrer Firma, nachdem sie von der Oö. Gebietskrankenkasse die Rechtsauskunft erhalten hatte, dass das Verteilen der leeren und das Einsammeln der vollen Ökoboxen mittels Werkvertrags aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht nicht möglich sei, am 5. September 2008 vier ausländische Personen für den Zeitraum 2. Juni 2008 bis 2. September 2008, eine ausländische Person für den Zeitraum 3. Juni 2008 bis 2. September 2008, eine ausländische Person für den Zeitraum 6. Juni 2008 bis 2. September 2008 und eine ausländische Person für den Zeitraum 9. Juni 2008 bis 2. September 2008 als Dienstnehmer zur Sozialversicherung nachgemeldet hatte. Dieser Anzeige wurden 7 Versicherungsdatenauszüge und ein ELDA-Anmeldungs­protokoll vom 5. September 2008 (Uhrzeit 13:18:26) beigelegt, aus dem die Nachmeldungen hervorgehen.

 

Weiters werden im Strafantrag des Finanzamts Vorstrafen als Erschwerungsgründe angeführt. Die Bwin sei bereits mit den Strafekenntnissen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juni 2008, Zl. 0022741/2008, und vom 26. Jänner 2009, Zl. 0037466/2008, jeweils rechtskräftig wegen einer Übertretung nach dem ASVG bestraft worden.

 

Aus den im Akt aufliegenden Strafregisterauszügen jeweils vom 19. März 2009 geht hervor, dass die Bwin bereits im Jahr 2008 (rechtkräftig am 15.07.2008) wegen Übertretung des ASVG mit Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und danach mit Straferkenntnis vom 23. Jänner 2009 (rechtskräftig am 23.02.2009) abermals wegen einer Übertretung nach dem ASVG mit Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro bestraft worden ist.

 

3.3.2. Mit Punkt 2. der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. März 2009, Zlen. 0012597/2009 und 0012598/2009, persönlich zugestellt am 23. März 2009, hat die belangte Behörde der Bwin den Sachverhalt betreffend Übertretungen des ASVG im Wesentlichen wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt.

 

Mit Aktenvermerk vom 6. April 2009 hat die belangte Behörde die von der Bwin vorgenommene Einsichtnahme in den Bezug habenden Akt niederschriftlich festgehalten und festgelegt, dass sie binnen einer Frist von vier Wochen eine Stellungnahme abgeben müsse. Weiters geht aus diesem Schriftstück hervor, dass gleichzeitig mit der KIAB vereinbart wurde, dass bis zum 15. April 2009 eine entsprechende Stellungnahme abgegeben werde. Zudem wurde mit der Bwin ein neuerlicher Vorsprachetermin für den 6. Mai 2009 terminisiert und sie darüber informiert, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch seitens der KIAB ein entsprechender Vorschlag unterbereitet wird.

 

3.3.3. In der schriftlichen Stellungnahme vom 21. Juni 2009 brachte die Bwin im Wesentlichen vor, dass sie auf Grund zweier Verwaltungsstrafen die KIAB-Organe über die weiteren ausländischen Arbeiter, die als Werkvertragnehmer selbständig Öko-Boxen verteilten, informierte. In weiterer Folge hätte sie Ende August (bzw. Anfang September 2008) an die KIAB Urfahr eine Liste ihrer selbständigen Kolporteure mit Namen und monatlichen Honoraren übermittelt. Als sie im August 2008 zusätzlich eine "Strafe" (gemeint: Beitragserhöhung) von der Oö. Gebietskrankenkasse bekam, habe sie sich bei der Oö. Gebietskrankenkasse erkundigt, was sie falsch gemacht habe. Dort hätte man ihr geraten, alle Werkvertragsnehmer sofort zu kündigen und sie rückwirkend zur Sozialversicherung anzumelden, damit sie keine Strafe mehr erhält. Sie habe alle Verteiler Anfang September 2008 gekündigt und dann neue geringfügig beschäftigte Arbeiter benötigt.

 

Obwohl Kennzeichen eines Dienstverhältnisses auf selbständiger Basis vorlagen, hätte sie unter dem Druck im September 2008 die Kolporteure in die Lohnverrechnung eingebracht und die Namensliste offen gelegt. Sie beantrage daher eine Betrachtung der Ausländerbeschäftigung als gemeinsamen Tatbestand.

 

Die beschäftigten Personen wären nur geringfügig tätig gewesen und hätten sich vertreten lassen können. Ihre Arbeitszeit war nur dahingehend beschränkt, dass die leeren Boxen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verteilt sein mussten, weil der Fahrer diese Depots abfahren und einsammeln muss. Sie konnten sich für ihre Tätigkeit die Zeit von Montag Nachmittag bis Dienstag Nachmittag sowie für Donnerstag Nachmittag bis Freitag Nachmittag selbst einteilen. Für die Verteilung erhielten sie nur einen Stadtteil, den sie abgehen mussten. Auf Grund dieser Umstände läge nach Ansicht der Bwin ein klassisches Beispiel eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages vor. Zur Entlohnung wird weiters ausgeführt, dass diese im Innenverhältnis nach der Anzahl der verteilten Boxen erfolgte. Die vollen Boxen stellten lediglich eine Qualitätskontrolle dar. Die Dienstnehmer hätten ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen und wären nach den verteilten Boxen entlohnt worden.

 

Schlussendlich habe sie nur unter dem Druck der KIAB diese Personen als freie Dienstnehmer gesehen, die ohnehin nur unter der Geringfügigkeitsgrenze tätig waren. Außerdem wurden diese Personen in der Buchhaltung auch offen als Fremdleister ausgewiesen. Es wäre keine Schwarzarbeit sondern nur eine andere Sicht der Dinge vorgelegen. Die Bwin hätte aus ihren Fehlern gelernt. In Zukunft werde sie nunmehr jede neue Person zuerst vom AMS wegen einer Arbeitsbewilligung prüfen lassen und beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt als Dienstnehmer anmelden.

 

Abschließend gibt die Bwin für Zwecke der Strafbemessung bekannt, dass sie einen Rückstand bei ihrer Selbständigenversicherung SVA in monatlichen Raten von 1.830 Euro und an Einkommenssteuer monatliche 2.000 Euro zusätzlich zur Umsatzsteuer sowie zusätzlich Firmen- und Lohnnebenkosten zu begleichen habe, weshalb ihr am Monatsende vom Einkommen zur Zeit nichts bleibe. Sie führe einen Haushalt und sei für ihren minderjährigen Sohn sorgepflichtig, für den der in England lebende Vater keine Alimente zahle.

 

3.3.4. Mit Schreiben vom 7. Juli 2009, Zl. FA-GZ. 042/74010/13-2009, hat das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr zur Rechtfertigung der Bwin Stellung genommen. Diese wurde von der belangten Behörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses ausgewertet und oben bereits dargestellt. Im Wesentlichen wird darauf hingewiesen, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit und nicht die äußere Erscheinungsform maßgeblich sei. Die wirtschaftliche Unselbständigkeit des "Arbeitnehmerähnlichen" seid darin zu erblicken, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bindungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist.

Es werden daraufhin die schon unter Punkt 1.2. schon angesprochenen Gesichtspunkte der Arbeitnehmerähnlichkeit angeführt.

 

Mit Schreiben vom 14. September 2009 wurde die Bwin vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch Übermittlung einer Kopie der Stellungnahme des Finanzamtes verständigt und ihr eine Frist von vier Wochen ab Zustellung für eine weitere Stellungnahme eingeräumt. Da sie darauf nicht reagierte, erließ die belangte Behörde in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 14. Mai 2010.

 

Dem aktenkundigen Ausdruck aus der Insolvenzdatei vom 26. Mai 2010 ist zu entnehmen, dass mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 7. April 2010, Zl. X der Konkurs über das Vermögen der Bwin als selbständige Müllentsorgerin eröffnet wurde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,80 Euro, insgesamt jedoch höchstens 349,01 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 349,01 Euro gebührte (vgl. Kundmachung vom 12. Dezember 2007, BGBl II Nr. 359/2007).

 

4.2. Zum Beschäftigungsverhältnis wird in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.2.1. Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Für die Beschäftigung nach § 2 Abs 2 AuslBG wird im § 2 Abs 4 AuslBG kommt es in gleicher Weise auf den wahren wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit und nicht auf die äußere Erscheinungsform an.

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist.

4.2.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zum Ganzen VwGH 4.06.2008, Zl. 2007/08/0179 unter Hinweis auf VwSlg 11.361 A/1984 und 13.336 A/1990 sowie andere Vorjudikatur) ist bei der Prüfung der Versicherungspflicht nach § 4 ASVG die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung in die Beurteilung des Gesamtbildes derselben einzubeziehen, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung eine Rolle spielen können. Entscheidend ist dabei, ob bei der tatsächlichen Beschäftigung im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbildes derselben die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Es kommt aber dabei nicht auf die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Vertrag eine eindeutige Antwort darauf, welche Art von Vertrag gewollt war, zulässt oder nicht. Im letzteren Fall kommt der tatsächlichen Durchführung der Beschäftigung für die Frage der Pflichtversicherung entscheidende Bedeutung zu.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl bspw VwSlg 10.140 A/1980; VwGH 3.07.2002, Zl. 2000/08/0161; VwGH 26.01.2010, Zl. 2008/08/0034) zur Abgrenzung des Dienstverhältnis vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag anderseits, kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand für eine bestimmte Zeit zur Dienstleistung für einen Dienstgeber verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, wobei es sich im zuletzt genannten Fall eines Werkvertrages um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossenen Einheit, handeln muss. Hingegen kommt es beim Dienstvertrag primär auf die rechtliche begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers an, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, die er in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Leistungsempfänger erbringt.

 

Der Werkvertrag begründe in der Regel ein Zielschuldverhältnis, bei dem die Verpflichtung besteht, eine vertraglich individualisierte und konkretisierte und damit genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Das Vertragsverhältnis endet somit mit der Erbringung der Leistung als eine in sich geschlossene Einheit. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Einzelne manuelle Beiträge zu einem Werk wie diverse Montagearbeiten hat der Verwaltungsgerichthof nicht als Herstellung eines Werkes angesehen (vgl näher mwN VwGH 26.01.2010, Zl. 2008/08/0034).

 

4.2.3. Zu den tatsächlichen Umständen der ausgeübten Tätigkeit der Verteilung (Zustellung) von leeren Ökoboxen und des Einsammelns von vollen Ökoboxen hat das Finanzamt mit Recht auf Tätigkeiten einfachster Art, die keine Fachkenntnisse erfordern, hingewiesen. Von einem Werkvertragsverhältnis, bei dem als Ziel ein Endprodukt bzw ein Erfolg geschuldet wird, kann dabei weder bei rechtlicher, noch bei wirtschaftlicher Betrachtung die Rede sein. Bei der Tätigkeit der ausländischen Kolporteure kann es sich nur um ein Dienstverhältnis handeln. Insofern ist mit der belangten Behörde und dem Finanzamt von persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen, weil die eigenen Dispositionsmöglichkeiten der Auftragnehmer bei betrieblicher Vorgabe des Verteil- und Sammelgebietes und eines bestimmten Zeitrahmens verschwindend gering waren und letztlich nur in der Wahl der Route innerhalb eines Gebietes bestanden. Die Bwin konnte außerdem jederzeit Weisungen erteilen.

 

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs ist in solchen Fällen von einem arbeitnehmerähnlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Tätigkeiten wie das Einlegen von Werbematerial oder das Aufkleben von Stickern (VwGH 27.10.1999, Zl. 98/09/0033), die Tätigkeit als Werbemittelverteiler (VwGH 29.11.2000, Zl. 98/09/0153) oder als Zeitungszusteller (VwGH 22.02.2007, Zl. 2002/09/0187) wurden als arbeitnehmerähnlich eingestuft. Auch die damit vergleichbare Tätigkeit der Kolporteure der Bwin erfolgte in persönlicher und wirtschaftliche Abhängigkeit ohne eigene Betriebsmittel oder Betriebsorganisation. Erst vor kurzem hat der Verwaltungsgerichthof auch für durch "Subunternehmerverträge" organisierte Zustelldienste, die in Wahrheit ohne eigenen Dispositionsspielraum wahrgenommen wurden, ein arbeitnehmerähnliches Dienstverhältnis angenommen (vgl VwGH 05.11.2010, Zl. 2010/09/0195).

 

Die Einwände der Berufung verkennen die Rechtslage. Hinsichtlich der Tätigkeit als Werbemittelverteiler und Zusteller von Zeitungen sieht § 1 Z 11 der Ausländerbeschäftigungsverordnung (BGBl 1990/609 idF BGBl II Nr 198/2007) für den Geltungsbereich des AuslBG eine gewisse Ausnahme vor. Diese trifft aber nur für bestimmte Ausländer zu, die der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeitsverordnung unterliegen, sofern die Beschäftigung der Vollversicherung gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG unterliegt. Aus dieser Verordnung folgt bereits, dass solche Tätigkeiten an sich als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind, weshalb es einer ausdrücklichen Ausnahme bedarf. Für die Bwin und ihre Übertretungen des ASVG ist daraus nichts zu gewinnen.

 

4.3. In der Berufung wird nicht bestritten, dass die gegenständlichen Arbeitnehmer gegen Entgelt für die Bwin mit dem Verteilen von Ökoboxen beschäftigt waren und nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung im Ausmaß einer Teilversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurden. Allerdings wird sinngemäß die Ansicht vertreten, dass kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift vorliege, weil man in der Meinung, alles korrekt getan zu haben, von einen Werkvertragsverhältnis ausging und nach Beanstandung gleich reagiert hätte.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einer Gewerbetreibenden bzw unternehmerisch tätigen Person ist zu verlangen, dass sie über die Rechtsvorschriften, die sie bei der Ausübung ihres Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist. Sie ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften und über die Vertretbarkeit ihrer Rechtsauffassung bei kompetenter Stelle Gewissheit zu verschaffen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 175 ff zu § 5 VStG; weiters VwGH 25.01.2005, 2004/02/0293).

 

Wenn die Berufung mit der irrigen Rechtsauffassung eines Werkvertragsverhältnisses argumentiert, um ein Verschulden zu verneinen, übersieht sie offenbar, dass bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zum Einen die fahrlässige Begehungsweise genügt und zum Anderen die Bwin als Gewerbeinhaberin verpflichtet gewesen wäre, sich mit sämtlichen für das Unternehmen einschlägigen Rechtsvorschriften – wozu fraglos auch die Bestimmungen des ASVG zählen – vertraut zu machen und bei Unklarheiten Erkundigungen einzuholen.

 

Mit Ihrem Vorbringen konnte die Bwin nicht glaubhaft machen, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da sie es offensichtlich unterlassen hatte, bei kompetenter Stelle rechtzeitig eine entsprechende Rechtsauskunft einzuholen, und sich einfach mit der für sie günstigen Rechtsauffassung begnügte, hat die Bwin sowohl in objektiver als auch in subjektiv Hinsicht fahrlässig gehandelt. Es sind keine Umstände bekannt geworden, die der Bwin die Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt unmöglich gemacht hätten.

 

Die Bwin hat demnach die angelasteten Meldevergehen nach ASVG auch subjektiv zu verantworten.

 

4.4. Im gegenständlichen Fall hatte die Bwin die zu Spruchpunkten I.1. bis 4. angeführten Ausländer vom 2. Juni 2008 bis 2. September 2008 und die weiteren Ausländer zu Spruchpunkt I.5. vom 3. Juni 2008 bis 2. September 2008, zu Spruchpunkt I.6. vom 6. Juni 2008 bis 2. September 2008 und zu Spruchpunkt I.7. vom 9. Juni 2008 bis 2. September 2008 als Dienstnehmer beschäftigt, ohne diese Personen jeweils vor Arbeitsantritt als Arbeitnehmer zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung im Ausmaß einer Teilversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Wegen dieser Übertretungen wurde über die Bwin von der belangten Behörde für die in den Spruchpunkten I.1. bis 4. angeführten Ausländer eine einheitliche Geldstrafe von 1.125 Euro, für die in den Spruchpunkten I.5. bis 7. beschäftigten Arbeitnehmer jeweils eine separate Geldstrafe in Höhe von jeweils 365 Euro verhängt.

 

4.4.1. Fraglich ist, ob und inwieweit hinsichtlich der im Spruchteil I. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgelisteten Ausländer wegen der unterlassenen Meldungen nach dem ASVG nur ein Delikt in Betracht kommt oder ob nach der Anzahl der nicht gemeldeten Beschäftigten mehrere Übertretungen (wie im AuslBG) anzunehmen sind.

 

Nach § 111 Abs 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs 2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden – nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

 

Eine dem AuslBG vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist – diese Regelung im AuslBG erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) –, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs 1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

Der Oö. Verwaltungssenat steht daher weiterhin (vgl. z.B. schon VwSen-252107 vom 14. Juli 2009) auf dem Standpunkt, dass in Konstellationen, in denen sich die pflichtwidrige Nichtmeldung von mehreren Dienstnehmern als eine Einheit darstellt, lediglich eine Gesamtstrafe verhängt werden kann. Dabei geht es um beschäftigte Dienstnehmer, die zu einem gemeinsamen Kontrollzeitpunkt eine gleichartige oder aufeinander abgestimmte Tätigkeit während eines im Wesentlichen gleichen Tatzeitraumes bei demselben Dienstgeber verrichtet haben, ohne von diesem zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet worden zu sein.

4.4.2. Für den gegenständlichen Fall kann bei vernünftiger Auslegung des § 111 Abs 1 Z 1 ASVG nicht davon ausgegangen werden, dass durch das auf dem verfehlten Geschäftskonzept "Werkvertragsverhältnis" beruhende Unterlassen der Bwin von Meldungen zur Sozialversicherung für einen im Wesentlichen einheitlichen Tatzeitraum ein und derselbe Tatbestand mehrmals verwirklicht worden wäre. Vielmehr hat die Bwin durch das gesetzwidrige Unterlassen der Anmeldungen, ungeachtet ganz geringfügiger Unterschiede beim Arbeitsbeginn, lediglich einmal die Ordnungswidrigkeit in Bezug auf mehrere Dienstnehmer begangen. Dabei stellt allerdings die Anzahl der nicht gemeldeten Personen im Rahmen der Strafbemessung einen Erschwerungsgrund dar. Dagegen kann eine mehrfache Bestrafung nur dann erfolgen, wenn die zuvor genannten Kriterien (Kontrollzeitpunkt/Tatzeitraum, gleichartige bzw aufeinander abgestimmte Tätigkeit, gleicher Dienstgeber) nicht erfüllt sind.

Diese Auslegung lässt sich auch mit dem aus Art 4 des 7. ZPMRK resultierenden Verbot der Doppelbestrafung, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Verfassungsgerichtshof dahin interpretiert wird, dass mehrfache Verfolgungen bzw. Bestrafungen nur dann und insoweit zulässig sind, als sich diese jeweils in den "wesentlichen Elementen" deutlich voneinander unterscheiden (vgl dazu mwN VfSlg 18833/2009 und jüngst VfGH 16.12.2010, Zl. B 343/10), besser harmonisieren.

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die belangte Behörde bezüglich der unter Spruchpunkten I.1. bis 7. angeführten Ausländer lediglich eine einheitliche Gesamtstrafe hätte verhängen dürfen, weil in diesen Fällen nur ganz geringfügige Unterschiede des Arbeitsbeginnes der gleichartig Beschäftigten vorlagen, so dass wertmäßig dennoch eine Einheit vorliegt. Die Bwin hat nach Aufklärung durch die Oö. Gebietskrankenkasse, dass beim Verteilen und Einsammeln von Ökoboxen ein meldepflichtiges Dienstverhältnis vorliegt, ihre Kolporteure am 5. September 2008 nachträglich bei der Oö. Gebietskrankenkasse als geringfügig Beschäftigte angemeldet. Hinsichtlich der in den Spruchpunkten I.1. bis 7. angeführten Arbeitnehmer mit weitgehend gleicher Beschäftigungsdauer lag insofern ein einheitliches Geschehen vor.

 

4.5. Der zu Spruchpunkt I.8. angeführte Ausländer wurde von der Bwin ab dem 18. August 2008 neu beschäftigt, obwohl mit 15. Juli 2008 eine einschlägige Vorstrafe wegen Übertretung des ASVG rechtskräftig geworden ist. Im Hinblick auf diesen Wiederholungsfall, der gemäß § 111 Abs 2 ASVG zwingend einen höheren Strafsatz zur Folge hat, und weil sich der Zeitraum der Beschäftigung (18. August 2008 bis 3. September 2008) dieser Person auch wesentlich von dem der anderen Ausländer unterschied, konnte dabei nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates keine Einheit mehr angenommen werden. Vielmehr war eine abgesonderte Bestrafung nach der höheren Strafdrohung erforderlich.

 

4.6. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus verlangt § 19 Abs 2 VStG für das ordentliche Verfahren die Berücksichtigung und Abwägung einer Reihe weiterer Umstände.

 

4.7. Die Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs 1 Z 1 ASVG ("wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet") ist gemäß § 111 Abs 2 ASVG als Verwaltungsübertretung grundsätzlich mit Geldstrafe von 730 bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zwei Wochen vorgesehen ist. Bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs 1 kann die Geldstrafe auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

4.7.1. Hinsichtlich der Arbeitnehmer in den Spruchpunkten I.1. bis 7. war die Strafe nach dem Grundstrafsatz zu bemessen, weil die Beschäftigung ab Anfang Juni 2008 noch nicht unter dem Eindruck einer rechtskräftigen Vorstrafe erfolgt war.

 

Die belangte Behörde wertete die bisherige Unbescholtenheit, das Geständnis und die nachträgliche Anmeldung aus eigenem Antrieb als strafmildernd, hingegen die Anzahl der Beschäftigten als straferschwerend.

 

Bei der Strafbemessung wurde von der belangten Behörde das bekannt gegebene monatliche Einkommen in Höhe von ca. 600 Euro gewertet und die Sorgepflicht für ein Kind angenommen. Dieser Einschätzung der persönlichen Verhältnisse ist die Berufung nicht entgegen getreten, weshalb sie grundsätzlich auch im Berufungsverfahren zugrunde gelegt werden kann. Aus einem aktenkundigen Ausdruck vom 26. Mai 2010 aus der Insolvenzdatei der Justiz ergibt sich zusätzlich, dass mit Beschuss des LG Linz vom 7. April 2010 der Konkurs über das Vermögen der Bwin eröffnet wurde. Es ist demnach von sehr schlechten finanziellen Verhältnisse der Bwin auszugehen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte I.1. bis 4. eine Gesamtstrafe von 1.125 Euro, und zu den Spruchpunkten I.5. bis 7. je eine Geldstrafe von 365 Euro, also die Hälfte der Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall, verhängt. Ausgehend vom Ansatz der belangten Behörde bewegt sich diese Strafzumessung der belangten Behörde durchaus im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens.

 

Wie bereits unter Punkt 4.4. im Einzelnen dargelegt wurde, vertritt der unabhängige Verwaltungssenat allerdings einen anderen Ansatz. Danach hätte die belangte Behörde hinsichtlich der Arbeitnehmer in den Spruchpunkten I.1. bis 7. nur eine Gesamtgeldstrafe verhängen dürfen. Außerdem ist durch das nachtäglich bekannt gewordene Konkursverfahren von besonders schlechten finanziellen Verhältnissen der Bwin auszugehen.

 

Nach Abwägung der dargelegten Strafzumessungsgründe findet der Oö. Verwaltungssenat, dass besonders die nachträgliche Meldung der Kolporteure und damit das ehrliche Bemühen um rechtmäßige Verhältnisse einen wesentlichen Milderungsgrund darstellt. Damit stehen dem erschwerend ins Gewicht fallenden Umstand der Anzahl von 7 unangemeldeten Beschäftigten auch bedeutende, wenn auch nicht überwiegende Milderungsgründe gegenüber. Unter diesen Umständen hält es das erkennende Einzelmitglied für tat- und schuldangemessen und den sehr schlechten persönlichen Verhältnissen der Bwin angepasst hinsichtlich der Spruchpunkte I.1. bis 7. eine Gesamtstrafe in Höhe von 1.200 Euro neu zu bestimmen. Die innerhalb von zwei Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe konnte mit 8 Tagen im angemessenen Verhältnis zur neu festgelegten Geldstrafe neu bemessen werden.

 

4.7.2. Zum Spruchpunkt I.8. war das Geständnis und die Anmeldung aus eigenem Antrieb strafmildernd, straferschwerend kein Umstand. Allerdings war in diesem konkreten Fall eine mittlerweile rechtskräftige einschlägige Vorstrafe zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde vom erhöhten Strafsatz für den Wiederholungsfall auszugehen hatte.

 

Die von der belangten Behörde zu Spruchpunkt I.8. festgesetzte Strafe konnte nicht mehr herabgesetzt werden, weil bereits zum Zeitpunkt des Arbeitsbeginnes dieser beschäftigten Person am 18. August 2008 eine mit 15. Juli 2008 rechtskräftige, einschlägige Verwaltungsübertretung vorlag und gemäß § 111 Abs 2 ASVG im Wiederholungsfall jede weitere Übertretung nach dem erhöhten Strafrahmen von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen ist. Die belangte Behörde hat nur die Mindeststrafe verhängt. Die Voraussetzungen für eine Unterschreitung der Mindeststrafe durch außerordentliche Strafmilderung können bei einer doch ziemlich fahrlässig handelnden Wiederholungstäterin, die im Zeitpunkt der neuerlich nicht gemeldeten Beschäftigung eines Kolporteurs wegen der ihr bekannten rechtskräftigen Vorstrafe schon wissen musste, dass ihre Rechtsanschauung unhaltbar ist, nicht mehr in Betracht kommen.

 

5. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG insoweit stattzugeben, als im Strafverfahren zu den Spruchpunkten I.1. bis 7. des angefochtenen Straferkenntnisses die Strafen aufzuheben waren und hinsichtlich dieser Arbeitnehmer eine einheitliche Gesamtstrafe von 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) neu festzusetzen war. Die Berufung gegen Spruchpunkt I.8. war zur Gänze als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die verletzte Rechtsvorschrift korrekt „§ 33 Abs 2 iVm § 111 ASVG“ zu lauten hat.

 

Im Strafverfahren zu den Spruchpunkten I.1. bis 7. beträgt der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz 120 Euro (10 % der Geldstrafe). Im Berufungsverfahren entfällt gemäß § 65 VStG ein weiterer Kostenbeitrag.

 

Im Strafverfahren zu I.8. hat die Bwin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG neben dem Kostenbeitrag erster Instanz von 218 Euro (10% der Geldstrafe) im Berufungsverfahren eine weiteren Beitrag von 436 Euro (20 % der Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

                       Dr.  G r o f                                         Dr. W e i ß

 

 

 

 

 

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