Linz, 18.03.2011
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 16. Februar 2011 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. Februar 2011, VerkR96-53832-2010, wegen zweier Übertretungen der StVO 1960 verhängten Strafen zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafen bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafen jedoch auf jeweils 15 Stunden herabgesetzt werden.
II. Die Verfahrenskostenbeiträge der Erstinstanz bleiben unverändert; Kostenbeiträge zum Rechtsmittelverfahren sind nicht zu leisten.
Rechtsgrundlage:
Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG
zu II.: §§ 64f VStG
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 16 Abs.1 lit.d iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 40 Euro (jeweils 24 Stunden EFS) verhängt und ihr Verfahrenskostenbeiträge von jeweils 4 Euro auferlegt.
Der Beschuldigten wurde zur Last gelegt, am 17. Dezember 2010 um 7.31 Uhr als Lenkerin des Pkw X im Ortsgebiet Wilhering, B129 bei km 8.665, 1) eine auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren zu haben und 2) auf einem nicht geregelten Schutzweg ein Fahrzeug überholt zu haben, wobei winterliche Fahrverhältnisse geherrscht hätten und Polizeibeamte ca 3 m neben der Fahrbahn auf Höhe des Schutzweges gestanden seien.
2. Ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe bereits gesagt, es sei ihr bewusst, dass sie Verkehrsvorschriften verletzt habe. Jedoch sei ihr in der Fahrschule beigebracht worden, bei Gefahr eines Unfalls könne dieser auf jede Art verhindert werden. Sie habe das Verhalten gesetzt, um einen Unfall zu vermeiden. Sie hätte bei einem Unfall ein kaputtes Auto und womöglich verletzte Personen riskiert. Deshalb habe sie Ruhe bewahrt und nach Fahrschulregeln richtig gehandelt. Daher ersuche sie nochmals um Verminderung der Strafhöhe.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.
Zum Sachverhalt hat der Meldungsleger bereits in der Anzeige angegeben, vor dem Fahrzeug der Bw sei ein Pkw, der auch den rechten Blinker gesetzt und seine Geschwindigkeit verringert habe, nach rechts in die Höferstraße eingebogen. Daraufhin habe die dahinter fahrende Bw den Pkw überholt und dabei die vor dem Schutzweg befindliche Sperrlinie und in einem Zug auch den ungeregelten Schutzweg überfahren.
Die Bw hat lediglich in einem Punkt den Sachverhalt anders geschildert, nämlich dass der Pkw vor ihr nicht geblinkt habe. Eine überhöhte Geschwindigkeit ist im Akt nicht erwähnt, wobei zum einen in der damaligen Fahrtrichtung der Bw zunächst in beiden Teilen des Ortsgebietes Wilhering eine 50 km/h-Beschränkung besteht – dazwischen sind 60 km/h erlaubt – und das Ortsgebiet Wilhering bereits vor der Einfahrt zum Stiftsparkplatz, dh etwa 200 m vor dem Schutzweg, beginnt und nach der genannten Kreuzung ohnehin eine 30 km/h-Beschränkung bei Nässe besteht, sodass die von der Bw eingehaltene Geschwindigkeit nicht hoch gewesen sein kann. Der 17. Dezember 2010 war ein Freitag, Schultag bzw normaler Arbeitstag, gegenüber ist eine Bushaltestelle, dh auch die Anwesenheit von Kindern war im dortigen Bereich um 7.31 Uhr nicht auszuschließen, wobei der Bw die Anwesenheit zweier Polizeibeamten direkt neben dem Schutzweg auch nicht verborgen geblieben sein kann. Aus der Schilderung der Bw ergibt sich, dass sie offenbar das aufgrund der örtlichen Verhältnisse unzweifelhaft durch Langsamerwerden angezeigte Einbiegemanöver des vor ihr fahrenden Pkw zu spät aufgefallen ist und sie deshalb gemeint hat, sie könne einen Auffahrunfall, den sie offenbar wegen der winterlichen Fahrbedingungen befürchtete, durch einen Fahrstreifenwechsel nach links vermeiden. Dabei hat sie aber die Sperrlinie überfahren und, wenn der Pkw vor bzw dann neben ihr noch langsamer wurde, diesen auch gleich ganz überholt, wobei dieses Manöver auf dem ungeregelten Schutzweg stattfand.
Eine Rechtfertigung für ihr Fahrmanöver stellen diese Überlegungen aber nicht dar, weil sie zum Zeitpunkt der Einleitung des Auslenk- bzw Überholmanövers die Situation auf dem Schutzweg und im Kreuzungsbereich nicht beurteilen konnte, weil ihr der Pkw vor ihr die Sicht nahm. Auch im Hinblick auf eine beantragte weitere Strafherabsetzung ist dieses Argument nicht geeignet, weil keine Notstands- oder auch nur annähernd notstandsähnliche Situation gegeben war.
Die Strafherabsetzung ist laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aufgrund der Einsichtigkeit und Unbescholtenheit der Bw und ihrer finanziellen Situation (Krankengeld und Sorgepflicht für drei Kinder) erfolgt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum damit in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die gegenüber der Strafverfügung bereits insgesamt um 36 Euro herabgesetzten Strafen liegen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG jeweils im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen die Bw in Zukunft zu mehr Vorsicht im Ortsgebiet bewegen. Für eine weitere Herabsetzung der Geldstrafen findet sich kein Anhaltspunkt. Es steht der Bw aber frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit von Teilzahlungen anzusuchen.
Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafen erfolgte im Verhältnis zu den Geldstrafen innerhalb des gesetzliche Strafrahmens mit dem Zweck, der Bw die im Fall einer Bestätigung der Strafen auf sie zukommenden Kostenbeiträge zum Rechtsmittelverfahren zu ersparen – diese betragen 20 % der verhängten Geldstrafen, dh es wären weitere 16 Euro angefallen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Überholen auf ungeregeltem Schutzweg + Überfahren der Sperrlinie, Straferkenntnis 40 Euro bestätigt, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden auf 15 Stunden herabgesetzt (§ 99 Abs.3 lit.a StVO)