Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231228/3/Gf/Mu

Linz, 04.03.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 27. Jänner 2011, Zl. S-50721/10-2, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. 

II. Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 27. Jänner 2011, Zl.
S-50721/10-2, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen Staatsangehörigen der Mongolei, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 100 Euro) verhängt, weil er sich seit dem 3. August 2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes (im Folgenden: FPG), i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 2 bis 4 und 6 FPG begangen, weshalb er nach § 120 Abs. 1 FPG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Asylverfahren rechtskräftig negativ beendet und er daher mit Bescheid vom 2. August 2010 ausgewiesen worden sei sowie, dass sich nach den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen keine Anhaltspunkte ergeben hätten, die geeignet gewesen wären, den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich als legal anzusehen.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten und davon auszugehen gewesen, dass er kein Einkommen beziehe und keine Sorgepflichten bestünden.

1.2. Gegen dieses ihm am 4. Februar 2011 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Februar 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass er mit Schriftsatz vom 24. November 2010 einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Asylverfahrens zu Zl. 1001541-BAL beim Bundesasylamt Linz gestellt und darin neue Beweismittel vorgebracht habe, die erst nach dem Abschluss seines Asylverfahren hervorgekommen seien. Da es ihm nicht zumutbar sei, diese Entscheidung im Ausland abzuwarten, liege ein Strafausschließungsgrund i.S.d. § 6 VStG vor. Zudem habe er auch entsprechend belegt, dass er am 4. Oktober 2010 einen Selbstmordversuch unternommen habe, weshalb er in stationärer psychiatrischer Behandlung im Wagner-Jauregg-Krankenhaus in Linz gewesen sei. Aufgrund seiner psychischen Verfassung sei es ihm auch nicht möglich gewesen, das Bundesgebiet zu verlassen, weshalb auch insoweit ein entschuldigender Notstand oder höchstens ein geringfügiges Verschulden vorliege, sodass gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen gewesen sei.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. S-50721/10-2; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und der Berufungswerber lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde behauptet, den von dieser ermittelten Sachverhalt aber unbestritten gelassen hat und die Verfahrensparteien auch einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschreiten (Z. 1), wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation ihres Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2), wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Z. 3), wenn und solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt (Z. 4), wenn sie über eine Beschäftigungsbewilligung, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung verfügen (Z. 6) oder wenn sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen ergibt (Z. 7).

3.2. Im gegenständlichen Fall wendet sich der Rechtsmittelwerber nicht gegen die Tatsache, dass er sich seit dem 3. August 2010 widerrechtlich in Österreich aufhält. Er bringt jedoch als Rechtfertigungsgrund vor, dass er einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Asylverfahrens gestellt habe und es ihm nicht zumutbar sei, diese Entscheidung im Ausland abzuwarten.

Inwiefern das Abwarten der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag in seinem Heimatstaat höherwertige Rechtsgüter als jenes der innerstaatlichen
öffentlichen Ordnung ernsthaft gefährden würde, wird vom Beschwerdeführer
jedoch nicht einmal ansatzweise dargetan. Damit stellt sich aber dieses auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinauslaufende Pauschalvorbringen von vornherein als eine unglaubwürdige Schutzbehauptung dar.

3.3. Gleiches gilt im Ergebnis aber auch auf der Ebene des Verschuldens, nämlich in Bezug auf seinen Einwand, dass er aufgrund seiner gegenwärtigen, durch
einen Selbstmordversuch und einen Aufenthalt in einer Nervenklinik geprägten psychischen Verfassung nicht in der Lage gewesen sei, das Bundesgebiet zu verlassen. Denn auch insoweit hat er keinerlei Belege beigebracht und auch nicht näher dargetan, warum ihm die Vorlage entsprechender Beweismittel nicht möglich gewesen sein sollte.

3.4. Außerdem hat er auch selbst gar nicht vorgebracht, einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung i.S.d. §§ 43 oder 44 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: NAG; sog. "humanitäres Bleibeberecht"), gestellt zu haben. Davon abgesehen folgt aus § 44 Abs. 4 und § 44b Abs. 3 NAG ohnehin explizit, dass Anträge gemäß § 43 Abs. 2 und/oder § 44 Abs. 3 und/oder Abs. 4  NAG grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht begründen. Gleiches gilt auch für Asylanträge dann, wenn das Verfahren – wie hier – rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde.

3.5. Aus all dem folgt daher, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall tatbestandsmäßig i.S.d. § 120 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 FPG und insoweit, als er es in Kauf genommen hat, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet tatsächlich nicht durch das Vorliegen eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes gedeckt ist, auch fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt hat.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.6. Im gegenständlichen Fall scheidet zudem auch eine Heranziehung des § 21 Abs. 1 VStG aus, und zwar deshalb, weil es der Beschwerdeführer während der gesamten Dauer des Asylverfahrens, dessen negativen Ausgang er jedenfalls auch hätte einkalkulieren müssen, unterlassen hat, sich über die für einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich erforderlichen Voraussetzungen bei der zuständigen Behörde zu erkundigen. Darin liegt jedenfalls ein (wenn nicht sogar absichtliches, so zumindest) grob fahrlässiges Verhalten, das insbesondere auch auf Grund seiner relativ langen Dauer keinesfalls als ein bloß geringfügiges Verschulden i.S.d. § 21 Abs. 1 VStG qualifiziert werden kann (vgl. dazu schon VwSen-231132 vom 16. September 2010).

Dass die Milderungs- die Erschwerungsgründe i.S.d. § 20 VStG beträchtlich überwiegen würden, ist vorliegend gleichfalls nicht erkennbar, weil Derartiges zum einen aus dem Akt nicht hervorgeht und zur bisherigen Unbescholtenheit hinzutretende Milderungsgründe auch vom Rechtsmittelwerber selbst gar nicht vorgebracht wurden.

Schließlich kam auch eine Herabsetzung der Strafhöhe nicht in Betracht, weil die belangte Behörde ohnehin bloß die Mindeststrafe verhängt hat.

3.7. Allerdings kommt der Berufung insoweit Berechtigung zu, als sich die mit 4 Tagen bemessene Ersatzfreiheitsstrafe als zu hoch erweist.

Aus dem Zusammenhalt von § 16 Abs. 2 erster Satz VStG und der diesbezüg-lichen in § 120 Abs. 1 FPG enthaltenen Spezialregelung ergibt sich nämlich zum einen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe für Übertretungen des § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG das Höchstmaß von 3 Wochen nicht übersteigen darf und analog dazu die
Mindestdauer der Freiheitsstrafe 12 Stunden beträgt. Davon ausgehend hätte im gegenständlichen Fall, in dem die belangte Behörde die Mindestgeldstrafe von 1.000 Stunden verhängt hat, lediglich eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängen dürfen.

Diesem Ergebnis steht zum einen der letzte Satz des § 16 Abs. 2 VStG schon deshalb nicht entgegen, weil die dadurch hergestellte enge Relation zwischen dem Ausmaß der Geldstrafe und jenem der Ersatzfreiheitsstrafe schon auf Grund der aus dem Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG resultierenden Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit des staatlichen Handelns geboten ist; und zum anderen kann dagegen auch nicht eingewendet werden, dass eine derartige Lösung im Anwendungsbereich des § 20 VStG versagen würde, weil in einem solchen Fall dann eben auch die in § 12 Abs. 1 VStG festgelegte 12-Stunden-Grenze adäquat zu unterschreiten ist.

3.8. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Auf die Möglichkeit der Beantragung einer Ratenzahlung (§ 54b Abs. 3 VStG) wird hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

VwSen-231228/3/Gf/Mu vom 4. März 2011

Erkenntnis

 

B-VG Art18 Abs1;

FPG 2005 §120;

VStG §12;

VStG §16

 

 

Aus dem Zusammenhalt von § 16 Abs 2 erster Satz VStG und der diesbezüglichen in § 120 Abs 1 FPG 2005 enthaltenen Spezialregelung ergibt sich zum einen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe für Übertretungen des § 120 Abs 1 Z2 FPG 2005 das Höchstmaß von drei Wochen nicht übersteigen darf und analog dazu die Mindestdauer der Freiheitsstrafe 12 Stunden beträgt. Davon ausgehend hätte im gegenständlichen Fall, in dem die belangte Behörde die Mindestgeldstrafe von 1.000 Euro verhängt hat, lediglich eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängen dürfen. Diesem Ergebnis steht zum einen der letzte Satz des § 16 Abs 2 VStG schon deshalb nicht entgegen, weil die dadurch hergestellte enge Relation zwischen dem Ausmaß der Geldstrafe und jenem der Ersatzfreiheitsstrafe schon auf Grund der aus dem Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG resultierenden Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit des staatlichen Handelns geboten ist und zum anderen kann dagegen auch nicht eingewendet werden, dass eine derartige Lösung im Anwendungsbereich des § 20 VStG versagen würde, weil in einem solchen Fall dann eben auch die in § 12 Abs 1 VStG festgelegte 12-Stunden-Grenze adäquat zu unterschreiten ist.

 

 

 

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