Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281308/2/Kl/Pe

Linz, 09.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, xstraße x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3.2.2011, BZ-Pol-09072-2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos behoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 2, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3.2.2011, BZ-Pol-09072-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) Geldstrafen von 150 Euro in drei Fällen, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von sieben Stunden in drei Fällen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs.1 Z1 iVm § 7 Abs.7 bzw. § 3 Abs.1 BauKG verhängt, weil er als Bauherr folgende Verwaltungsübertretungen bezüglich der Baustelle Neubau Wohnhausanlage xstraße, x (Top 5) zu verantworten hat:

1.            Bei der Überprüfung der o.a. Baustelle durch den Arbeitsinspektor x am 19.10.2010 wurde festgestellt, dass der Bauherr nicht dafür gesorgt habe, dass auf der Baustelle tätige Selbständige, Arbeitgeber und deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer auf der Baustelle Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) haben, obwohl der Bauherr dafür zu sorgen hat, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer als auch auf der Baustelle tätige Selbständige Zugang zum SiGe-Plan haben.

2.            Der Bauherr hat keinen Baustellenkoordinator für die Ausführung des Bauwerkes bestellt, obwohl der Bauherr auf einer Baustelle einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen hat, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig sind.

3.            Der Bauherr hat keinen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase bestellt, obwohl der Bauherr auf einer Baustelle einen Planungskoordinator für die Planungsphase zu bestellen hat, wenn auf der Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw zwar grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft x, Grundbuch x, Bezirksgericht x, ist, dass aber nicht erhoben und gesichert sei, dass die Baustelle mit der Bezeichnung xstraße, x, Top 5, wirklich die Baustelle des Bw sei. Auch werden auf den benachbarten Parzellen Neubauten parallel zum Neubau des Bw errichtet. Mangels einer konkreten Zuordnung im Straferkenntnis zur Liegenschaft des Bw kann nicht festgestellt werden, ob die Maßnahmen tatsächlich auf der Liegenschaft des Bw gesetzt worden seien oder es sich um Baustellen auf den benachbarten Grundstücken und Liegenschaften handle. Es fehle daher an einer hinlänglichen Konkretisierung des Tatortes. Auch werde bestritten, dass aufeinanderfolgende Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig, aber auch in zeitlichem Konnex auf der Baustelle der Liegenschaft x, Grundbuch x, Bezirksgericht x, am 19.10.2010 tätig gewesen seien. Auch sei der Rohbau ausschließlich durch die Firma x errichtet worden. Nur Dachdeckerarbeiten seien durch die Zimmerei x verrichtet worden, wobei diese Tätigkeiten in keinem zeitlichen Konnex zu den Arbeiten der Firma x gestanden seien. Da es sich um eine Kleinbaustelle handle, sei auch weder ein Sicherheitsplan erforderlich noch die Beiziehung eines Baustellenkoordinators.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 idF BGBl. I Nr. 42/2007, soll dieses Bundesgesetz Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten gewährleisten. Bauherr im Sinn dieses Bundesgesetzes ist eine natürliche oder juristische Person oder sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, in deren Auftrag ein Bauwerk ausgeführt wird (§ 2 Abs.1 BauKG).

 

Gemäß § 3 Abs.1 BauKG hat der Bauherr, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird für Baustellen, für die eine Vorankündigung gemäß § 6 erforderlich ist und für Baustellen, auf denen Arbeiten zu verrichten sind, die mit besonderen Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer verbunden sind.

 

Gemäß 7 Abs.7 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs.1, § 6, § 7 oder § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.

 

5.2. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass § 27 Abs.1 VStG in Zusammenhalt mit § 2 Abs.2 VStG zu verstehen sei. Ausgehend von dieser Überlegung ist der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Verwaltungsmaterien (z.B. ASchG, AuslBG, AZG, LMKV, ÖffnungszeitenG) zum Ergebnis gekommen, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Ob in derartigen Fällen ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ, ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG oder ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle (VwGH 21.12.1998, Zl. 98/017/0052). Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Auf das betreffende Tatbild ist hiebei stets Bedacht zu nehmen. So hat der Verwaltungsgerichtshof auch bei Übertretungen gegen § 28 AuslBG bestätigt, dass im Zweifel der Unternehmenssitz als Tatort anzusehen ist, weil von dort aus die fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen wäre. Er führt aber dann weiters in seinem Erkenntnis vom 15.9.1994, Zl. 94/09/0061, aus, dass dies aber nur gelten kann, wenn als Arbeitgeber ein Unternehmen auftritt. „Dass dies vorliegendenfalls der Fall gewesen wäre, ist im gesamten Verwaltungsverfahren nicht behauptet worden und auch sonst nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer hat vielmehr im gesamten Verwaltungsverfahren den Vorwurf, er persönlich habe die Ausländer beschäftigt, nicht bekämpft; er hat sich vielmehr ausschließlich dahin verantwortet, dass er mangels ausreichender inländischer Arbeitskräfte die Ausländer in L. aufgenommen und beschäftigt habe.“

 

In analoger Anwendung der ständigen Judiaktur des Verwaltungsgerichtshofes und insbesondere auch in Anwendung des durch diese Judikatur erkennbaren Grundsatzes ist daher nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates auch bei der Anwendung des BauKG entsprechend vorzugehen. Dies bedeutet, dass nur in jenen Fällen, in denen der Bauherr ein Unternehmer ist und ein entsprechendes Unterlassungsdelikt nach dem BauKG begangen hat, der Tatort am Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen ist. Ist der Bauherr hingegen kein Unternehmen und tritt er persönlich auf, so ist entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.9.1994, Zl. 94/09/0061, Tatort der tatsächliche Ort, wo Vorsorgehandlungen hätten gesetzt werden müssen, also der Ort der Baustelle als Tatort anzunehmen. Dies ist im anhängigen Strafverfahren in x, xstraße. Die Baustelle ist aber nicht im Wirkungsbereich der das Straferkenntnis erlassenden Behörde gelegen, sondern liegt vielmehr im Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Es war daher die das Straferkenntnis erlassende Behörde gemäß § 27 iVm § 2 Abs.2 VStG unzuständig. Wegen Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz war daher das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs.4 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, ersatzlos aufzuheben.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Tatort, Ort der Baustelle, Privatperson als Bauherr

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum