Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281195/17/Kl/Pe

Linz, 02.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x-Straße x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (Faktum 2) vom 22.12.2009, Ge96-126-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.3.2010 zu Recht erkannt:

 

I.   Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis zu Faktum 2 mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG mit „BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007“ und die Bauarbeiterschutzverordnung – BauV mit „BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007“ zu zitieren ist und die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG „§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG“ zu lauten hat. Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden, herabgesetzt wird.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich zum Faktum 2 auf 200 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.12.2009, Ge96-126-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe zu Faktum 2 von 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG iVm § 68 Abs.1 BauV verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der xgesmbH mit Sitz in x strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer am 20.9.2009 auf der Baustelle in x, x, „x GmbH“, vom Arbeitsinspektorat Kärnten durchgeführten Überprüfung Folgendes festgestellt wurde:

2)  Der erste, an der Nordostecke auf der Nordseite des Rohbaues in ca. 6,8 m Höhe montierte Aufhängeschuh-M, des Fanggerüstes „x-Konsolbühne-M“, in welchem die Konsole eingehängt war, hat sich wegen fehlerhafter Befestigung gelöst, obwohl Konsolen an tragfähigen Bauteilen derart befestigt werden müssen, dass ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole auszuschließen ist.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Es wurde die ersatzlose Aufhebung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass derartige Schutzgerüste im Unternehmen des Beschuldigten auch vor dem gegenständlichen Unfall bereits mehrfach eingesetzt worden seien und der als Vorarbeiter eingesetzte x als langjähriger Mitarbeiter der xgesmbH über entsprechende Fachkenntnisse, welche für die Gerüstmontage erforderlich seien, verfüge. Es seien die Angaben lediglich dahingehend zu verstehen, dass er im Umgang mit dem Abschalwinkel, der eine systembedingte Neuerung in der Montagetechnik darstelle, nicht vertraut gewesen sei. Allerdings habe der Zeuge x bestätigt, dass hiefür eine Bedienungsanleitung des Gerüstherstellers auf der Baustelle aufgelegen sei, sodass diesbezüglich kein Informationsdefizit der mit dem Aufbau beschäftigten Mitarbeiter ursächlich für das Unfallgeschehen gegeben sein könne, zumal vor der Durchführung der Arbeiten eine mündliche Unterweisung durch den Vorarbeiter erfolgt sei. Das Lösen des Aufhängeschuhs stelle per se keine Verwaltungsübertretung dar, vielmehr sei auf die Ursache dieses Lösens abzustellen und dabei zu berücksichtigen, dass insgesamt ca. 40 derartige Bolzen fachgerecht gesetzt worden seien, sich nur einer davon gelöst habe und zum teilweisen Einstürzen des Schutzgerüstes geführt habe. Dies sei jedoch nicht auf ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verhalten des Beschuldigten, sondern vielmehr eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen. Im nicht verdichteten Beton, in welchem der Bolzenanker eingegossen worden war, hat sich offensichtlich ein Hohlraum im Bereich des Bolzens gebildet, der bei einer Betrachtung von außen nicht erkennbar war. Diese Hohlraumbildung führe dazu, dass der Bolzen im Beton nicht ausreichend fest verankert war, sondern einen leichten Spielraum aufgewiesen hat, der sich bei Bewegungen auf dem Schutzgerüst sukzessive vergrößert hat. So konnte es dazu kommen, dass sich dieser Bolzen in der Folge gelöst und zum Einstürzen des Gerüstes geführt hat. Da sämtlichen Dienstnehmern auf der gegenständlichen Baustelle, insbesondere auch aufgrund einer entsprechenden Belehrung durch den zuständigen Vorarbeiter, genauestens bekannt war, dass es sich um ein Schutz- und kein Arbeitsgerüst handelte, musste der Beschuldigte auch nicht damit rechnen, dass sich der verunfallte Mitarbeiter seinen eigenen Angaben zufolge auf dem Gerüst aufhalten würde, um von dort aus Arbeiten durchzuführen. Entgegen der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses sei die Konsole an einem an sich tragfähigen Bauteil, nämlich dem einbetonierten Bolzenanker befestigt worden. Der Umstand, dass als Abschalwinkel eine 2 cm dicke XPS-Platte verwendet wurde, durch welche der Bolzenanker geführt hat, ist für die Stabilität des Bolzens irrelevant. Dieser wird soweit in den Beton eingegossen, dass dessen Stabilität nicht unter derartigen Abschalwinkel leidet. Auch handelt es sich nur um einen Abschalwinkel mit minimaler Dichte. Zusätzlich wurde im Abschalwinkel eine Aussparung mit dem Durchmesser von 8 bis 10 cm hergestellt, damit der Vergussbeton auch in den Abschalwinkel eindringen konnte. Dadurch wurde eine zusätzliche Stabilisierung des Bolzens erzielt. Es könne daher dem Beschuldigten kein schuldhaftes Fehlverhalten zur Last gelegt werden. Auch erweise sich die Geldstrafe von 3.000 Euro nicht als tat- bzw. schuldangemessen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da hinsichtlich des Faktums 2 des angefochtenen Straferkenntnisses eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 5. Kammer des Oö. Verwaltungssenates zu entscheiden.

 

Hinsichtlich der übrigen Fakten ergeht eine gesonderte Erledigung durch das zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die der Anzeige angeschlossenen Beilagen und Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.3.2010, zu welcher der Bw, sein Rechtsvertreter und die belangte Behörde geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurde das zuständige Arbeitsinspektorat Kärnten geladen und dieses hat durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck an der Verhandlung teilgenommen. Es wurden die Zeugen x, x, x und Arbeitsinspektor x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Bw ist laut Firmenbuchauszug handelsrechtlicher Geschäftsführer der xgesmbH mit dem Sitz in x. Gegen ihn liegt eine rechtskräftige Strafvormerkung nach der StVO vor. Er ist sorgepflichtig für zwei Kinder. Das geschätzte Einkommen liegt bei durchschnittlich 2.000 Euro netto monatlich. In seinem Betrieb sind ca. 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Für die Baustelle x, x, „x GmbH“, war Herr x verantwortlicher Vorarbeiter. Dieser verfügt über keine Polierausbildung. Er ist gelernter Maurer und seit ca. 10 Jahren im Betrieb als Maurer beschäftigt. Er war für die Baumeisterarbeiten auf der Baustelle verantwortlich. Es wurde ein Bürogebäude samt Produktionshalle errichtet, wobei die Baumeisterarbeiten Beton- und Stahlarbeiten, Estrich und Innenverputz inkludieren. Seiner Maurerpartie gehörten weiters x, x und x, welche alle langjährige Stammmitarbeiter im Betrieb sind, an. Weiters gehörte Herr x dazu, der 2009 das erste Jahr dabei war.

Im Betrieb obliegt die Gerüstbeschaffung dem für die Baustelle zuständigen Vorarbeiter. Es hat daher Herr x das Gerüst bei der Firma x bestellt. Dies ging so vor sich, dass der Vorarbeiter dem Mitarbeiter der Firma x die Pläne zeigte und ihm das Projekt vorstellte. Die xgesmbH arbeitet ständig mit der Firma x hinsichtlich Gerüste zusammen. Es wurde dann mit dem Mitarbeiter der Firma x das geeignete Gerüst ausgewählt. Grundsätzlich weiß der Vorarbeiter, wann ein Gerüst notwenig ist. Dieses Wissen hat er durch seine Berufserfahrung und auch in der Berufsschule erworben.

Zum Tatzeitpunkt wäre noch ein Geschoss zu errichten gewesen und wurde von ihm deshalb das Gerüst als Schutzgerüst gewählt. Es war nicht als Arbeitsgerüst gedacht, weil Maurerarbeiten von der Geschossdecke aus durchgeführt werden. Das Gerüst sollte als Schutz für die Herstellung der Unterzugschalung und für die Attika gelten. Mit dem Vertreter der Firma x hat der Vorarbeiter aber deshalb gesprochen, weil es Probleme im Bereich der Schalung gab, da eine Hohldielendecke vorhanden war, wo die Einhängebügel nicht verwendet werden konnten. Der Vorarbeiter gab dazu an, dass die Verwendung von Isolierplatten bei der Firma x üblich ist und teilweise Gerüste auf Isolierplatten montiert wurden. Es wurde aber immer jenes System gewählt, dass Einhängeschlaufen verwendet werden. Dies bedeutet, dass Einhängebügel vor dem Betonieren auf der Decke montiert werden, bei denen dann das Gerüst mittels Einhängeschlaufen eingehängt wird. Hingegen war das System mit dem Einschraubkonus dem Vorarbeiter nicht bekannt und hat er dieses vor dieser Baustelle noch nie verwendet. Dieses System wurde von der Firma x dem Vorarbeiter auf Grund der geschilderten Probleme mit der Hohldielendecke empfohlen. Bei diesem Gespräch wurde aber nicht darüber diskutiert, dass die Montage nicht überall auf Beton erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt dem Vorarbeiter auch noch nicht bewusst war, dass unterschiedliche Untergründe vorliegen. Eine Betriebs- bzw. Aufstellanleitung der Firma x hat der Vorarbeiter nicht erhalten und war daher auch nicht auf der Baustelle vorhanden. Es war lediglich ein Blatt von einem Katalog vorhanden, wie es ungefähr ausschauen sollte. Verschiedene Systeme der Firma x, einmal mit Isolierung und einmal auf reinem Beton, waren zum Tatzeitpunkt dem Vorarbeiter nicht bekannt. Er war daher mit der Art der Befestigung auf der Hartschaumplatte nicht vertraut. Außer seiner langjährigen Berufserfahrung und der Berufsschule hatte der Vorarbeiter keine spezielle Schulung im Gerüstbau. Auch wurde er vom Bw nicht hinsichtlich Gerüstbau eingeschult. Auch gab es keine Unterweisung für die betreffende Baustelle. Es wurde auch mit dem Bw nicht besprochen, welches Gerüst verwendet wird. Auch die übrigen Mitarbeiter des Vorarbeiters hatten keine spezielle Ausbildung im Gerüstbau. Insbesondere der für die Herstellung des Gerüstes verwendete Arbeitnehmer x war erst über den Sommer 2009 bei der Firma beschäftigt und er hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ein Gerüst aufgestellt. Seine Anstellung bei der Firma war aber auch nicht zum Zweck des Gerüstaufstellens. Er bekam auch keine Unterweisung vor Beginn der Arbeiten und auch nicht für die konkrete Baustelle. Er ist lediglich als Hilfskraft beschäftigt und beschränkt sich seine Tätigkeit bei der Gerüsterrichtung lediglich auf eine Hilfstätigkeit nach Anweisung des Vorarbeiters. Der Arbeitnehmer x ist gelernter Maurer und er kennt von der Berufsschule die verschiedenen Gerüstarten. Eine spezielle Zusatzausbildung hat er nicht. Er ist aber langjährig bei der Firma beschäftigt. Er wusste aber nichts von einer Einweisung hinsichtlich der Gerüste auf der Baustelle. Bei der Herstellung des betreffenden Schutzgerüstes hat er nicht mitgearbeitet.

Auf der Baustelle wurde nur eine Einbauanleitung für die direkte Verankerung (ohne Abschalwinkel) im Beton vorgefunden, eine Aufstellungsanleitung wurde vom Arbeitsinspektor nicht vorgefunden und wurde ihm keine vorgewiesen. Diese wurde nachträglich eingeholt. Nach der x-Aufstellanleitung ist das Gerüst als Fang- und Arbeitsgerüst der Lastklasse 3 ausgelegt. Es hält bis zu 200 kg/. Bis zu einer Absturzhöhe von 3 m gilt es als Fanggerüst. Bei höherer Absturzhöhe gilt es nur noch als Arbeitsgerüst.

Eine Verankerung in fachgemäßer Weise im Beton ist so auszuführen, dass ein Nagelkonus an die Schaltafel angebracht wird und darauf der Gesimsanker gesetzt wird. Dies wird dann vergossen. Wird die Schaltafel entfernt, geht der Nagelkonus mit und der Anker verbleibt im Beton. Der Anker wird dann mit dem Einschraubkonus ergänzt, dazwischen ist der Aufhängschuh montiert.

Bei der Unfallstelle hingegen war eine Hartschaumplatte als Abschalwinkel verwendet und wurde dann dieser Nagelkonus direkt in die Schaumplatte montiert. Beim Aufhängeschuh wurde anstatt des Einschraubkonus ein Bolzenanker und eine Gestellschraube mit Dübel verwendet. Es wurde daher in der Folge auf den Einschraubkonus und den Gesimsanker verzichtet und mittels einer Gestellschraube mit Kunststoffdübel und Beilagscheibe sowie einem Dübel-Bolzenanker mit Beilagscheibe vorgegangen. Bei Verwendung einer Isolierplatte/Schaumplatte mit einer Breite von 5 cm zeigt sich, dass die Gestellschraube nicht wesentlich über die Schaumplatte hinaus in den Beton befestigt werden kann, sondern sie eine ähnliche Länge aufweist. Dies entspricht nicht der Aufstellungsanleitung der Firma x. Diese schlägt dazu ein anderes System vor, nämlich bei Isolierung bis zu 10 cm die Anbringung eines Aufhängungsbleches ES, bei dem die Befestigung von oben in die Betondecke erfolgt. In das Aufhängeblech wird dann die Konsole eingehängt.

Der Vorarbeiter wurde von einem Arbeitnehmer darauf aufmerksam gemacht, dass ein Originaldübel nicht befestigt werden kann. Es hat dazu keine weiteren Anweisungen gegeben und hat der Arbeitnehmer dann mit einem Kollegen nach einer anderen Befestigungsmöglichkeit gesucht und daher einen anderen Dübel verwendet.

Vom Vorarbeiter wurde vor Errichtung des Gerüstes generell darauf hingewiesen, dass das Gerüst nicht betreten werden soll, weil es nur ein Schutzgerüst ist. Auch hat der betreffende Arbeitnehmer x, welcher bei der Gerüstherstellung zwar nicht mitwirkte, kurz auf der Baustelle gehört, dass an einer Ecke etwas passiert sei und dass man nicht unbedingt hinsteigen soll, wenn es nicht sein muss, weil das Gerüst an der Stelle nicht so sicher sei. In der Folge führte er Maurerarbeiten durch. Er wollte eine Schnur spannen. Diese ist ihm hinuntergefallen. Weil an der Stelle eine Betonsäule stand, ist er auf das Gerüst gestiegen und er ist in der Folge abgestürzt.

Der Bw war einmal pro Woche ganztägig auf der Baustelle, wobei alle anfallenden Angelegenheiten besprochen wurden, insbesondere wie weitergearbeitet werden soll. Es werden auch Sicherheitsvorkehrungen besprochen. Über das gegenständliche Gerüst wurde nicht gesprochen, insbesondere nicht was aufgestellt werden soll. Die übrige Zeit war der Vorarbeiter alleine auf der Baustelle. Die Bauleitung machte der Bw vom Büro aus. Da die Baustelle ca. 300 km vom Stammsitz entfernt war, kam er wöchentlich nur einmal auf die Baustelle. Gab es zwischendurch Probleme, meldete sich der Vorarbeiter telefonisch beim Bw. Eine Unterweisung der Arbeitnehmer hinsichtlich Gefahren erfolgte allgemein einmal jährlich im Betrieb. Für die konkrete Baustelle gab es keine Unterweisung durch den Bw. Der Bw war am 29.9.2009 vor dem Unfall auf der Baustelle. Er hat das Gerüst gesehen und er war mit dem Vorarbeiter auf dem Gebäude oben. Der Vorarbeiter ist sich nicht sicher, ob zu diesem Zeitpunkt das Nord-Ost-Eck schon fertig war. Nach den Angaben des Bw hat er dabei auch eine Sichtkontrolle durchgeführt, nämlich ob sämtliche Scheuchen, Wehren und Beläge montiert sind. Dabei kann aber nicht gesehen werden, wie das Gerüst verankert ist. Schriftliche Vermerke darüber gibt es nicht und macht er nicht. Eine Abnahme des Gerüstes war nicht vorgesehen. Auch von einer Abnahme macht er keine schriftlichen Vermerke. Der Bw hat die Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe und er ist daher auch dazu geeignet, Gerüste abzunehmen. Es ist ihm auch bekannt, dass Gerüste vor der Verwendung abzunehmen sind. Hinsichtlich des gegenständlichen Gerüstes war er der Ansicht, dass das Gerüst ein reines Schutzgerüst ist, nämlich ein Fanggerüst und kein Arbeitsgerüst. Das Gerüst war auch nicht mit Arbeitsmaterialien belastet. Die Mitarbeiter waren angewiesen, es nicht zu betreten. Das vom Bw als Schutzgerüst bezeichnete Gerüst war nur zwei bis drei Wochen an der Baustelle, dann wurde von einer Firma ein Fassadengerüst als Arbeitsgerüst aufgestellt. Nach den Angaben des Bw werden Arbeitsgerüste von Subfirmen ausgeführt und führt der Bw dann die Abnahme durch, indem er kontrolliert, ob alle Scheuchen, Bodenbeläge usw. angebracht sind.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden Fotos sowie auf die überzeugenden und glaubwürdigen Aussagen der Zeugen. Insbesondere stützen sich die Sachverhaltsfeststellungen auch auf die Ausführungen des als Zeugen einvernommenen Arbeitsinspektors, welcher als sachverständiger Zeuge gilt. Im Hinblick auf dessen Ausführungen zur konkreten Situation an der Unfallstelle kann daher den Ausführungen des Bw nicht gefolgt werden. Insbesondere war die Konsole letztendlich nicht derart befestigt, dass ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole auszuschließen ist. Dies geben auch die Zeugen mit der Aussage an, dass an dieser Ecke das Gerüst unsicher war und nicht betreten werden sollte. Wie auch aus dem Foto ersichtlich ist, wurde beim Aufhängeschuh anstatt des Einschraubkonus ein Bolzenanker und eine Gestellschraube mit Dübel verwendet. Auf Grund der Dicke der Schaumplatte reichte die Gestellschraube nicht wesentlich über die Schaumplatte hinaus in den Beton. Dies wird auch vom ausführenden Arbeitnehmer x bestätigt, nämlich dass nach einer anderen Befestigungsmöglichkeit gesucht wurde und demnach ein anderer Dübel verwendet wurde. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass nach den Angaben des Bw, die auch vom Vorarbeiter bestätigt werden, zunächst aus dem Abschalwinkel ein ca. 10 cm großes Loch herausgeschnitten wurde und der Anker mit Draht befestigt wurde und damit einbetoniert werden sollte. Es hat sich nämlich weiters gezeigt, dass beim Betonieren der Anker verschoben wurde, sodass eine Befestigung nicht mehr möglich war. Dies hat dann den Arbeiter veranlasst einen anderen Dübel zu setzen. Diese Vorgehensweise jedoch war nicht nur eine Befestigung im Beton. Es ist daher die Befestigung dort ausgerissen. Im Übrigen geben auch die einvernommenen Arbeitnehmer zu, dass bewusst war, dass das Gerüst hier Probleme aufweist und man hier das Gerüst nicht betreten soll. Im Übrigen erklärt der Bw selbst, dass sich der Bolzen beim Einbetonieren nach oben verdreht haben dürfte und sich im Bereich des Ankers ein Hohlraum im Beton gebildet haben dürfte. Es habe daher das Einhängen der Konsole nicht funktioniert und wurde daher neben diesem Bolzen ein Dübel angebracht. Der Dübel wurde aber auch in den Betonhohlraum montiert, weshalb er nicht dauerhaft fest war. Er gibt daher selbst eine Befestigung zu, die nicht dauerhaft war und daher ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole nicht ausschließen kann.

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes, der auch vom Bw angeführt wird, war eine Beiziehung eines bautechnischen Amtssachverständigen im Hinblick auf das Vorhandensein einer Aussparung sowie auf den Einfluss der Tragfähigkeit nicht erforderlich. Vielmehr war für die Übertretung der Umstand tatbestandsrelevant, ob die angewendete Konsolenbefestigung ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole ausschließt. Dies wurde jedoch von sämtlichen einvernommenen Personen in Bezug auf die tatsächlich durchgeführte Befestigung mittels Gestellschraube und Dübel verneint.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 68 Abs.1 BauV müssen Konsolen an tragfähigen Bauteilen derart befestigt werden, dass ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsolen auszuschließen ist.

 

Gemäß § 155 Abs.1 und 2 BauV hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass den Vorschriften des I., II. und III. Hauptstückes dieser Verordnung sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Unterhaltung und Führung der Baustelle entsprochen wird, und dass Betriebseinrichtungen, sonstige mechanische Einrichtungen, Betriebsmittel, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung usw. in einen den Vorschriften des I., II. und III. Hauptstückes dieser Verordnung entsprechenden Zustand versetzt und in diesem erhalten werden.

 

Das Beweisverfahren in der öffentlichen Verhandlung hat aber einwandfrei erwiesen, dass die verwendete Konsole nicht so an tragfähigen Bauteilen befestigt war, dass ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole auszuschließen ist. Vielmehr hat das Beweisverfahren eindeutig ergeben, dass nicht nach der in der Aufstellungsanleitung angeführten Weise fachmännisch vorgegangen wurde, dass ein Nagelkonus an die Schaltafel angebracht wird, darauf der Gesimsanker gesetzt und vergossen wird und nach Entfernung der Schaltafel nur der Anker im Beton verbleibt und daher darauf der Aufhängeschuh und Einschraubkonus montiert wird. Vielmehr war erwiesen, dass beim Aufhängeschuh anstatt des Einschraubkonus ein Bolzenanker und eine Gestellschraube mit Dübel verwendet wurde und darin die Konsole befestigt wurde. Da die verwendete Gestellschraube nicht wesentlich über die Schaumplatte hinaus in den Beton befestigt war, war von Vornherein ein unbeabsichtigtes Lösen der Konsole nicht auszuschließen. Dies war auch den Arbeitnehmern bewusst und wurde auch unter den Arbeitnehmern so vermittelt, dass man nicht darauf steigen soll. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt. Es ist der Bw seiner allgemeinen Pflicht über Einrichtung, Unterhaltung und Führung der Baustelle sowie Erhaltung der Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel nicht ausreichend nachgekommen, zumal die Verpflichtungen nach § 68 Abs.1 BauV nicht eingehalten wurden.

 

5.2. Der Bw hat sein Verhalten aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Der Einwand, dass der Vorarbeiter ausreichende Schulungen und ausreichende Kenntnis habe und im Übrigen das Arbeitsgerüst von der Firma x empfohlen wurde, kann ihn nicht entlasten. Auch kann den Bw nicht entlasten, dass er eine Sichtkontrolle des Gerüstes durchgeführt hat und keine Mängel festgestellt hat. Die Anweisung allein, das Gerüst nicht zu betreten, reicht ebenfalls nicht aus.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht es daher nicht aus, dass vor Ort ein Vorarbeiter anwesend ist, dieser jährliche Schulungen im Betrieb erhält und auf die Gefahren hingewiesen wird. Es reicht auch nicht aus, dass die Baustelle zur Arbeitsvorbereitung genau besprochen wird. Vielmehr ist dem Bw entgegen zu halten, dass eine konkrete Unterweisung für die Baustelle nicht erfolgt ist und der Bw keine Anweisung hinsichtlich der Errichtung des Konsolgerüstes gegeben hat. Vielmehr musste der Vorarbeiter in Eigenverantwortung und selbständig über die Art des Gerüstes und die Verwendung des Systems entscheiden und auch entsprechende Anweisungen hinsichtlich der Montage des Systems treffen, ohne dass er selbst eine ausreichende Schulung genossen hat bzw. vom Bw eingewiesen wurde. Auch war vom Bw eine nach dem Gesetz vorgesehene Abnahme nicht vorgesehen und gab es auch keine Anweisung, vor einer fachmännischen Abnahme das Gerüst nicht zu betreten. Es gab aber auch keine konkrete ausschließliche Anweisung, das Gerüst nicht zu benützen. Das Beweisverfahren hat gezeigt, dass lediglich auf die Unsicherheit hingewiesen wurde und vom Vorarbeiter Anweisung gegeben wurde, nach Möglichkeit das Gerüst nicht zu benützen. Anweisungen des Bw selbst gab es aber nicht. Auch hat der Bw lediglich einmal pro Woche eine  Baustellenkontrolle durchgeführt, ansonsten war der Vorarbeiter allein verantwortlich auf der Baustelle. So hat sich der Bw nicht selbst um das Gerüst gekümmert, sondern die Veranlassungen wurden vom Vorarbeiter mit Mitarbeitern der Firma x getroffen. Der Bw hat sich auch nicht um die Montage des Gerüstes gekümmert und auch keine Anweisungen gegeben, dass eine Abnahme erfolgen muss und ein Betreten vor Abnahme nicht erlaubt sei. Eine Überprüfung der Montage hat er nicht vorgenommen.

 

Es ist dem Bw die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/0317). Das lückenlose Kontrollsystem hat insbesondere auch für den Fall Platz zu greifen, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb auf Grund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Genau dazu dient das Kontrollsystem, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und es soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen setzen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Dagegen ist der Kausalzusammenhang des Unfalles nicht zu überprüfen (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0036-6) und nicht für die Tatbestandsmäßigkeit erforderlich. Vielmehr ist auch ohne Unfall die Nichteinhaltung als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsstrafrechtlich strafbar. Schon deshalb kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9), wobei dies beim konkreten Tathergang ohnedies auszuschließen war.

 

Es ist dem Bw daher nicht gelungen, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus.

Vor diesem Hintergrund, dass einerseits schon ausreichende Schulungen fehlen, andererseits konkrete und genaue Weisungen nicht erteilt wurden und schließlich die Einhaltung der Anweisung sowie die Gewährleistung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht kontrolliert wurde, war daher Verschulden des Bw, nämlich zumindest fahrlässige Verhaltensweise anzunehmen und erwiesen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro geschätzt und keine strafmildernden Umstände berücksichtigt. Straferschwerend hat sie Verwaltungsvorstrafen gewertet.

Im Hinblick auf die vom Bw in der mündlichen Verhandlung bestätigten geschätzten Einkommensverhältnisse von monatlich 2.000 Euro und den von ihm angegebenen Sorgepflichten für zwei Kinder, ist beim Bw von durchschnittlichen Einkommens- und Familienverhältnissen auszugehen. Die belangte Behörde hat auch rechtsrichtig zu Grund gelegt, dass Unbescholtenheit nicht vorliegt und daher keine Milderungsgründe vorliegen. Solche wurden auch vom Bw nicht geltend gemacht. Hingegen war aber darauf hinzuweisen, dass angesichts der rechtskräftigen Vorstrafe wegen Übertretung nach der StVO zwar Unbescholtenheit nicht gegeben ist, aber auch keine rechtskräftige einschlägige Vorstrafe als Erschwerungsgrund zu werten war. Es ging daher die belangte Behörde zu Unrecht von einem Wiederholungsfall aus. Auch war entsprechend auf den Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen, weil durch die Verletzung der Arbeitgeberpflichten die dadurch geschützten Güter wie Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer in erheblichem Maße gefährdet wurden und auch im konkreten Fall erheblich beeinträchtigt und verletzt wurden. Es kam durch einen Arbeitsunfall zu nachteiligen Folgen. Dies war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. In Anbetracht des gesetzlichen Strafhöchstrahmens bis zu 7.260 Euro war die konkret verhängte Geldstrafe mit 3.000 Euro unter Berücksichtigung der erstmaligen Tatbegehung nach Arbeitnehmerschutzvorschriften als überhöht zu werten. Es musste daher im Sinne der vorstehenden Ausführungen mit einer Herabsetzung der Geldstrafe vorgegangen werden. Dabei ist die nunmehr verhängte Geldstrafe von 2.000 Euro tat- und schuldangemessen und berücksichtigt sie auch den Unrechtsgehalt der Tat. Auch entspricht sie dem Strafausmaß bzw. der Strafbemessungspraxis in gleichgelagerten Fällen. Im Hinblick auf die erstmalige Tatbegehung nach Arbeitnehmerschutzvorschriften war daher mit der Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von knapp einem Drittel des gesetzlichen Strafrahmens das Auslangen zu finden. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe ist auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Eine weitere Herabsetzung war jedoch nicht gerechtfertigt. Insbesondere soll die verhängte Geldstrafe den Bw auch von einer weiteren gleichartigen Tatbegehung abhalten und ihn dazu anleiten, seinen Betrieb und sein Verhalten auf eine gesetzeskonforme Weise einzustellen.

 

Gemäß § 16 VStG war daher auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe verhältnismäßig herabzusetzen.

 

Milderungsgründe lagen nicht vor und kamen nicht hervor, sodass nicht mit § 20 VStG (außerordentliche Milderung) vorzugehen war. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das jeweilige tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt und überdies auch nachteilige Folgen eingetreten sind. Es war daher auch nicht gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen.

 

6. Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe ermäßigt sich auch der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz auf 200 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe (§ 64 VStG). Weil die Berufung zumindest hinsichtlich des Strafausspruches Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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