Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165778/2/Zo/Jo

Linz, 24.03.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vom 02.02.2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21.01.2011, Zl. VerkR96-14236-2010, wegen mehrerer Übertretungen des KFG, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 49 Abs.2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Berufungswerbers gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung vom 25.11.2010, VerkR96-15236-2010, verhängten Strafe abgewiesen und die Geldstrafe in Höhe von insgesamt 1.400 Euro bestätigt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber Ausführungen dazu, dass er als LKW-Fahrer nicht wisse, welche Ladung geladen sei. Er bekomme die Aufträge von der X und sei bei der Ladung nicht anwesend. Der LKW sei bereits verplombt und er müsse dann beim Disponenten den CMR-Frachtbrief unterschreiben. Er könne den verplombten LKW nicht öffnen und die Ladung daher nicht kontrollieren.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber in der Strafverfügung vom 25.11.2010 insgesamt fünf Übertretungen des KFG vorgehalten und entsprechende Geldstrafen verhängt. Zusammengefasst wurde der Berufungswerber in Punkt 1 bestraft, weil er auf dem Schaublatt vom 01.10.2010 den Ankunftsort nicht eingetragen hat. In Punkt 2 wird ihm vorgeworfen, dass er für bestimmte Zeiträume, in denen er sich nicht im Fahrzeug aufgehalten hat, auf dem Schaublatt keine entsprechenden handschriftlichen Eintragungen durchgeführt hat, in Punkt 3 wirft ihm die Erstinstanz eine Ruhezeitunterschreitung vor. Mit Punkt 4 der Strafverfügung wurde der Berufungswerber bestraft, weil er für den Zeitraum vom 11.09. bis 27.09.2010 die Schaublätter nicht vorgelegt hat und auch keine Bescheinigung über den Erholungsurlaub vorlegen konnte. In Punkt 5 wirft die Erstinstanz dem Berufungswerber für insgesamt sechs Zeiträume vor, dass er, obwohl er sich nicht im Fahrzeug befunden hat, bestimmte Eintragungen auf dem Schaublatt bzw. der Fahrerkarte nicht vorgenommen hat.

 

Der Berufungswerber hat dagegen rechtzeitig folgenden Einspruch eingebracht:

"In Punkt 1 wird mir als Übertretung vorgehalten, dass ich das Datum nicht geschrieben habe, damit bin ich einverstanden. Durch eine Leichtsinnigkeit wird es sicher kein zweites Mal passieren und dazu kommen, dass ich deswegen eine Strafe zahlen muss.

In Punkt 2 wird mir vorgeworfen, dass die Schaublätter schmutzig oder unlesbar sind. Ich bin WAP-Fahrer, da sind die Hände leider verschmutzt. Genau derselbe Verstoß wird mir auch in Punkt 5 angerechnet.

Bezüglich Punkt 3 stimme ich betreffend der Ruhezeit überein und stehe zu dieser Strafe.

Bezüglich Punkt 4 habe ich eine händisch geschriebene Bescheinigung vom Chef bekommen. Es war mir bewusst, dass diese Bescheinigung nicht anerkannt wird, aber der Chef konnte mir keine andere ausstellen, da er keine hatte. Ich war wirklich in Urlaub, wenn es notwendig ist, kann ich eine Kopie des Reisepasses mit Stempeln vorlegen. Wenn ich mich zur Wehr gesetzt hätte, hätte mich mein Chef gekündigt und ich kann mir die Arbeitslosigkeit nicht leisten, da ich einen sechs Monate alten Sohn habe und die Frau Karenz bezieht. Die monatlichen Verpflichtungen und Ausgaben sind groß.

Bis jetzt habe ich keine Verstöße gemacht, was sie auch überprüfen können. Deshalb bitte ich sie, meine Stellungnahme zu berücksichtigen, ich bin nicht in der Lage, so eine hohe Summe zu bezahlen. Ich werde mich in Zukunft bemühen, keine Verstöße zu machen."

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Berufungswerber mit Schreiben vom 23.12.2010 auf die geltenden Bestimmungen und die anzuwendenden Mindeststrafen hingewiesen. Weiters wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Entscheidung über den Einspruch ein Verfahrenskostenbeitrag von zusätzlich 10 % vorzuschreiben ist. Sofern er den Einspruch aufrecht erhalte, wurde er weiters ersucht, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nachzuweisen.

 

Offenbar als Reaktion auf dieses Schreiben legte der Berufungswerber eine Bestätigung der X betreffend das Kinderbetreuungsgeld seiner Gattin und seinen Gehaltszettel für Dezember 2010 vor. Daraufhin erging der oben angeführte nunmehr angefochtene Bescheid.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

5.2. Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Einspruch tatsächlich nur gegen die Strafhöhe richtet, kommt es auf den gesamten Inhalt des Einspruches an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise der Einspruchswerber tatsächlich ausdrücklich nur die Höhe der verhängten Strafe bekämpfen wollte oder ob er den Schuldspruch (entweder betreffend den Sachverhalt, die rechtliche Beurteilung oder sein Verschulden) bekämpft hat. Bestehen darüber Zweifel, so hat die Erstinstanz diese zu klären, bevor sie einen Einspruch als solchen "ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe" (§ 49 Abs.2 VStG) wertet.

 

Im konkreten Fall ist aufgrund der Formulierung im Einspruch in den Punkten 1 und 3 fraglich, ob sich der Einspruch überhaupt auf diese Punkte bezieht, weil sie der Berufungswerber eingeräumt hat. Allenfalls ist er in diesen Punkten tatsächlich nur gegen die Strafhöhe gerichtet (darauf lassen die allgemeinen Ausführungen zu seiner ungünstigen finanziellen Situation schließen), dies wäre aber im Verfahren über den Einspruch – und damit von der Erstinstanz – zu klären.

 

Zu den Punkten 2 und 5 machte der Einspruchswerber einerseits Ausführungen, welche den Tatvorwurf gar nicht betreffen (offenbar hat er den ausgesprochen umständlich formulierten Schuldspruch nicht verstanden), andererseits führte  er jedoch zusätzlich aus, dass ihm in diesen Punkten derselbe Verstoß zweimal zur Last gelegt wird. Damit machte er bezüglich der Punkte 2 und 3 jedenfalls Einwendungen gegen die rechtliche Beurteilung der Erstinstanz, weshalb es sich in diesen Punkten jedenfalls um einen "vollen Einspruch" handelt. Bezüglich Punkt 4 führte der Berufungswerber aus, dass er diese Übertretung aus Angst um seinen Arbeitsplatz begangen habe. Auch wenn dieses Vorbringen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes möglicherweise sein Verschulden nicht ausschließen kann, bedeutet dies doch, dass der Berufungswerber sein Verschulden an dieser Übertretung jedenfalls bestreitet und sein Einspruch auch in diesem Punkt als "voller Einspruch" zu werten ist.

 

Die Strafverfügung ist daher gemäß § 49 Abs.2 VStG jedenfalls in den Punkten 2, 4 und 5 außer Kraft getreten, weshalb die Erstinstanz über diese Punkte inhaltlich entscheiden muss. Bezüglich der Punkte 1 und 3 ist noch abzuklären, ob sich in diesen Punkten der Einspruch gegen die Strafhöhe richtet oder ob der Berufungswerber diese beiden Punkte überhaupt unbekämpft lassen wollte. Es ist jedenfalls auch in diesen Punkten nicht möglich, den Einspruch ohne weiteres als solchen gegen die Strafhöhe zu werten und ausschließlich darüber zu entscheiden.

 

Die Erstinstanz hat daher nach Klärung der oben angeführten Punkte ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren iSd §§ 40ff VStG durchzuführen und über den Einspruch zu entscheiden.

 

Der Vollständigkeit halber ist zum Schreiben der Erstinstanz vom 23.12.2010 noch darauf hinzuweisen, dass mit dem Einbringen des Einspruches die Strafverfügung bereits außer Kraft getreten ist. Die Möglichkeit, den Einspruch nicht weiter aufrecht zu erhalten, besteht daher genauso wenig wie die Möglichkeit, einen einmal eingebrachten Einspruch zurückzuziehen oder nachträglich einzuschränken.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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