Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222469/13/Kl/Pe

Linz, 24.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, xstraße x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.1.2011, Ge96-2533-2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2.3.2011 zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung gegen Faktum 1 und 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Faktum 1 der „01.09.2010“ anzuführen ist. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung stattgegeben und die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1 auf 400 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Stunden, und zum Faktum 2 die verhängte Geldstrafe auf 600 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 45 Stunden, herabgesetzt.

 

Zu den Fakten 3 und 4 wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich Faktum 1 und 2 auf insgesamt 100 Euro, das sind 10 % verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat entfallen Kostenbeiträge.

 

Hinsichtlich Fakten 3 und 4 entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19, 45 Abs.1 Z2 und Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.1.2011, Ge96-2533-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) Geldstrafen von je 1.000 Euro zu Faktum 1 und 2, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 148 Stunden, und je 1.500 Euro zu Faktum 3 und 4, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 140 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen zu Faktum 1 und 2 gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm Punkt 9 bzw. Punkt 10 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.5.2010, Ge20-39-123-01-2010, und zu Faktum 3 und 4 gemäß §§ 366 Abs.1 Z3 zweiter Fall iVm 81 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x, xstraße x, diese ist Inhaber einer Gewerbeberechtigung für „Handelsgewerbe (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe)“ an diesem Standort, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften der GewO 1994 eingehalten wurden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.5.2010, Ge20-39-123-01-2010, wurde der x GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Häute- und Fetthandels (Zwischenlagerung der Häute- und Fettware in Kühlzellen) in der bestehenden x-Halle im Standort x, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

1)           Gemäß Auflagenpunkt 9 des angeführten Bescheides sind tierische Nebenprodukte in Kühlräumen mit max. 5° C Raumtemperatur bis zur Verladung zu verwahren. Aus den vorliegenden Anzeigen geht hervor, dass diese Auflage nicht eingehalten wird, da zumindest am 1.9.2020 in der Zeit von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr tierische Nebenprodukte in der Lagerhalle – bei geöffnetem Tor – gelagert wurden.

2)           Gemäß Auflagenpunkt 10 des angeführten Bescheides sind die Tür-, Tor- und Fensteröffnungen des Betriebsgebäudes stets geschlossen zu halten. Die Verladung der Tiermaterialien hat bei geschlossenen Toren zu erfolgen. Zumindest am 1.9.2010 zwischen ca. 18.00 Uhr und 19.00 Uhr, am 16.9.2010 zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr, am 20.9.2010 um ca. 9.16 Uhr und am 27.9.2010 um 10.15 Uhr wurden Verladearbeiten bei geöffnetem Tor durchgeführt.

3)           Im eingereichten Projekt, welches dem angeführten Bescheid zugrunde liegt, wurde in der Betriebsbeschreibung angegeben, dass die An- und Ablieferung mit drei Kühlfahrzeugen plus einem Sammelfahrzeug erfolgt. Aus einer Anzeige wurde bekannt, dass derzeit fünf Lkw (x, x, x, x und x) für die x GmbH angemeldet sind. Durch den Einsatz der fünf angeführten Lkw wurde die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage geändert, ohne die dafür erforderliche Genehmigung erlangt zu haben. Die Genehmigungspflicht dieser Änderung ergibt sich daraus, dass dadurch Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub bzw. Erschütterung belästigt werden könnten.

4)           In der dem angeführten Bescheid zugrunde liegenden Verhandlungsschrift wurde festgehalten, dass An- und Ablieferungen üblicherweise nur während der normalen Tageszeit (6.00 Uhr bis 19.00 Uhr) vorgenommen werden.

Aus den Anzeigen kann entnommen werden, dass

a.     am 8.10.2010 der betriebseigene Lkw mit dem Kennzeichen x um 23.05 Uhr in die Verladehalle eingefahren wurde

b.     am 13.10.2010 wurden Verladungen bis 23.30 Uhr vorgenommen

c.      am 14.10.2010 wurden Anlieferungen und Verladungen mit Lkw-Bewegungen vor der Halle noch nach 19.15 Uhr durchgeführt; um 20.30 Uhr fuhr der Lkw mit dem Kennzeichen x (D) von der Halle weg

d.     am 18.10.2010 fährt der Sattelschlepper mit dem Kennzeichen x um 20.11 Uhr von der Betriebsanlage weg

e.     am 19.10.2010 zwischen 19.28 Uhr und 19.35 Uhr Abfahrt eines Lkw mit der Aufschrift „x“

Durch diese LKW-Bewegungen wurde die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage geändert, ohne die dafür erforderliche Genehmigung erlangt zu haben. Die Genehmigungspflicht dieser Änderung ergibt sich daraus, dass dadurch Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub bzw. Erschütterung belästigt werden könnten.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw im September 2010 einen ganzen Monat Urlaub gehabt hätte und nach seiner Rückkehr ab Anfang Oktober 2010 von seinem Dienstgeber dienstfrei gestellt worden sei. Es sei ihm das Betreten des Firmengeländes verboten worden und habe er sofort sämtliche Schlüssel herausgeben müssen. Er habe daher keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr auf den Betrieb der x GmbH gehabt. Vor diesem Zeitpunkt habe er auf die Einhaltung der gewerberechtlichen Auflagen geachtet und Herr x sei auch informiert worden, dass Verladungen nur bei geschlossenen Toren durchzuführen seien. Auch seien die LKW-Fahrer entsprechend instruiert und informiert gewesen und angewiesen gewesen, Tore geschlossen zu halten und nicht außerhalb der Verladezeiten zu arbeiten. Die Verletzungen im Oktober 2010 hinsichtlich der Betriebszeiten betreffen ausschließlich einen Zeitraum, in dem der Bw keine Möglichkeit einer Einflussnahme gehabt hätte, da zum neuen Verantwortlichen Herr x bestellt worden sei und auch der belangten Behörde von der Geschäftsleitung der x GmbH am 15.10.2010 bekannt gegeben worden sei. Zum Grad des Verschuldens wird ausgeführt, dass dieser gering sei, da dem Bw bereits im Oktober der Zutritt zum Firmengelände verboten worden sei. Es sei daher die Strafhöhe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat weiters wesentliche Unterlagen zum Betriebsanlagengenehmigungsbescheid, nämlich insbesondere das Ansuchen, die Betriebsbeschreibung, die Verhandlungsschrift und den Bescheid eingeholt und Kopien angefertigt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2.3.2011, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter geladen wurden und erschienen sind. Die belangte Behörde ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen x und x geladen und einvernommen. Vom Bw wurde der Zeuge x stellig gemacht und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

 

Die x GmbH mit Sitz in x ist im Besitz einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe Handelsgewerbe (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe). Zum gewerberechtlichen Geschäftsführer ist der Bw mit Wirksamkeit ab 28.10.2009 bestellt. Die Funktion wurde wirksam mit 19.1.2011 gelöscht. Dies ergibt sich aus dem zentralen Gewerberegister.

 

Auf Grund der Angaben des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Bw vom 7. bis 11.9.2010 auf Urlaub war, den Rest des Monats dann mit Herrn x zur Akquisition im Außendienst war. Herr x ist seit August 2010 im Betrieb und seit 15.10.2010 als Betriebsleiter in der Firma eingesetzt. Bis zum Oktober 2010 war er mit dem Bw auf Kundenakquise und im Büro tätig. Herr x hat viel über die Kunden gefragt und sich viel Wissen vom Bw angeeignet. Im Oktober 2010 wurde der Bw beurlaubt und wurde Herr x zu seinem Nachfolger erklärt.

Der Bw gab Weisung über das Be- und Entladen nur bei geschlossenem Tor und über das Verwahren. Auch gab es eine entsprechende Tafel am Tor. Auch wurde die Weisung mit Unterschrift am 16.8.2010 von den Dienstnehmern bestätigt. Auch wurde die Einhaltung dieser Weisung vom Bw kontrolliert, wenn er im Betrieb anwesend war. Einen konkreten Stellvertreter für den Bw bei seiner Abwesenheit gibt es nicht und wurde ein solcher nicht bestellt. Allerdings waren sehr oft die Fahrer x und x anwesend, die auf das Schließen der Türe achteten. Eine konkrete Anweisung zur Kontrolle der Einhaltung dieser Maßnahmen, hatten sie jedoch nicht. Auch waren sämtlichen Mitarbeitern die Probleme mit den Nachbarn bekannt.

Die Kraftfahrer sammeln untertags das Material und kommen nachmittags bzw. am Abend zur Halle. Dort wird das Material abgeladen, der LKW desinfiziert und außen abgestellt. Um Betrieb gehören fünf Lkw. Anschließend wird das Material in die Kühlräume gebracht. Zum Beladen wird das Material aus dem Kühlraum herausgenommen und in die Halle gebracht. Fährt der Lkw in die Halle ein, wird das Tor geschlossen und sodann der Lkw beladen. Nur für diesen kurzen Zeitraum ist es daher möglich, dass sich das Material außerhalb der Kühlräume in der Halle befindet, nämlich nur zu dem Zweck, dass es sodann auf den Lkw geladen wird.

x war Lkw-Fahrer. Er sammelte untertags das Material ein und lud es abends in der Halle ab. Nach Reinigung und Abstellen des Lkw hat er noch mehrmals beim Verbringen des Materials in die Kühlräume mitgeholfen. Wenn er anwesend war, achtete er auch darauf, dass die Anweisung, das Tor geschlossen zu halten, befolgt wurde. Es kommt aber öfters vor, dass Mitarbeiter diese Anweisung nicht beachten, obwohl außer der schriftlichen Anweisung auch mehrmals mündlich die Weisung erteilt wurde. Wurde die Weisung nicht befolgt und dies vom Bw wahrgenommen, so wurde die Person auch angesprochen. Auch von Herrn x wurden die Mitarbeiter darauf angesprochen. Allerdings wurde die Anweisung nicht so ernst genommen.

Es war daher am 1.9.2010 zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr das Tor geöffnet und die tierischen Nebenprodukte in der Lagerhalle gelagert. Auch waren am 1.9.2010 zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr, am 16.9.2010 zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr, am 20.9.2010 um ca. 9.16 Uhr und am 27.9.2010 um ca. 10.15 Uhr Verladearbeiten im Gange, wobei das Tor geöffnet war. Im September und Oktober 2010 waren fünf Lkw, nämlich vier Kühlfahrzeuge und ein Sammelfahrzeug ohne Kühlaufbau im Einsatz.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.5.2010, Ge20-39-123-01-2010, wurde der x GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Häute- und Fetthandels (Zwischenlagerung der Haut- und Fettware in Kühlzellen) im Standort x, xstraße x, unter Auflagen erteilt. Gemäß der im Spruch enthaltenen Anlagenbeschreibung wird die Betriebszeit wie folgte festgesetzt:

„Betriebszeit: Montag bis Freitag von 06:00 Uhr – 22:00 Uhr, Samstag von 06:00 Uhr bis 15:00 Uhr“.

 

Auflagepunkt 9 bestimmt:

„Tierische Nebenprodukte sind in Kühlräumen mit max. 5° C Raumtemperatur bis zur Verladung zu verwahren.“

 

Auflagepunkt 10 bestimmt:

„Die Tür-, Tor- und Fensteröffnungen des Betriebsgebäudes sind stets geschlossen zu halten. Die Verladung der Tiermaterialien hat bei geschlossenen Toren zu erfolgen.“

 

Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Bw ist unbescholten und sorgepflichtig für die Gattin und zwei Kinder.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Angaben des Bw und der einvernommenen Zeugen. An der Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der Aussagen der Zeugen bestehen keine Zweifel. Weiters war der rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigungsbescheid zugrunde zu legen. Die Tatsache der Nichterfüllung von Auflagepunkt 9 und 10 hingegen, wurde selbst vom Bw nicht bestritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zu Faktum 1 und 2:

 

Gemäß § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Der Bw hat nicht bestritten, dass zu den im angefochtenen Bescheid angeführten Tatzeitpunkten im September 2010 Auflagepunkt 9 und 10 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.5.2010 nicht eingehalten wurde. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretungen erfüllt. Der Bw war zu den Tatzeitpunkten wirksam bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer und er hat als solcher die Übertretungen strafrechtlich gemäß § 370 GewO 1994 zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen der Nichterfüllung von Bescheidauflagen stellen Ungehorsamsdelikte dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

Ein solcher Entlastungsnachweis ist dem Bw nicht gelungen. Insbesondere kann der Einwand, dass der Bw vom 7.9. bis 11.9.2010 auf Urlaub war und den Rest des Monats sehr viel mit dem Zeugen x auf Außendienst war, ihn von seiner Schuld nicht befreien. Vielmehr ist anzumerken, dass insbesondere hinsichtlich der Nichteinhaltung von Auflagepunkt 9 der Tatzeitpunkt am 7.9.2010 war, also noch vor Urlaubsantritt. Schließlich ist dem Bw aber entgegen zu halten, dass er für den Fall seiner Abwesenheit, gleichgültig ob Urlaub oder Außendienste, für eine entsprechende Stellvertretung Sorge zu tragen hat, sodass in seiner Abwesenheit eine hiezu geeignete und verlässliche Person die Einhaltung der Vorschriften anstelle des Bw vornimmt. Dass eine solche Person bestellt wurde und Kontrollen durchführte, wurde nicht einmal behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hat das Beweisverfahren ergeben, dass ein offizieller Stellvertreter nicht bestellt wurde. Dass lediglich im Fall der Anwesenheit ein Mitarbeiter diese Funktion freiwillig wahrnimmt, entlastet den Bw nicht .

Auch das weitere Vorbringen, dass an der Außenseite der Halle ein entsprechendes Schild angebracht ist und überdies auch Unterweisungen stattgefunden haben, dass die Mitarbeiter das Tor geschlossen zu halten haben, kann den Bw noch nicht entlasten. Vielmehr ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch die Einhaltung der Anweisungen zu kontrollieren und sind entsprechende Maßnahmen zu treffen, die die Einhaltung der Vorschriften bzw. Anweisungen auch gewährleisten. Entsprechende Maßnahmen wurden vom Bw nicht geltend gemacht und nicht vorgebracht.

Auch der Einwand, dass die Be- und Entladeabläufe bei der Verhandlung vom 11.5.2010 erörtert worden seien, wonach ein in die Halle eingefahrener Lkw den Platz in der Halle so ausfüllt, dass bei geschlossenem Tor ein Gabelstapler nicht mehr vorbeifahren könne, sodass das Ladegut zuerst aus der Kühlzelle herausgenommen werden muss, dann der Lkw in der Halle einfährt und dann das Tor wieder geschlossen und daraufhin die Verladung des Ladegutes vorgenommen wird, also es notwendig ist, dass für den Zeitraum des Einfahrens des Lkw das Ladegut außerhalb der Kühlzelle gelagert wird, kann den Bw nicht entlasten. Vielmehr ist ihm ein rechtskräftiger Bewilligungsbescheid mit den unangefochten gebliebenen Auflagen entgegen zu halten. Diese sind rechtskräftig und daher sowohl für den Bw als auch für die Behörde bindend.  Die Rechtmäßigkeit der Auflagen kann daher im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht mehr überprüft werden.

 

Es hat daher der Bw die Verwaltungsübertretungen in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro, Sorgepflichten für die Gattin und zwei Kinder, bei der Strafbemessung berücksichtigt. Strafmildernd hat sie die Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend den Zeitraum der fortgesetzten Übertretungen.

 

Der Bw hat diesen Angaben nichts entgegen gesetzt und konnten diese daher auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden. Allerdings war nunmehr bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass die Nichteinhaltung des Auflagepunktes 9 lediglich an einem Tag erfolgte und daher in Anbetracht des gesetzlichen Höchstrahmens bis zu 2.180 Euro die für die einmalige Tatbegehung verhängte Geldstrafe von 1.000 Euro als überhöht erscheint. Auch war zu berücksichtigen, dass der Bw mit 19.1.2011 von seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer zurückgetreten ist und daher eine Tatwiederholung nicht zu befürchten ist. Es waren daher keine spezialpräventiven Gründe für eine höhere Strafe gegeben. Auch zeigte sich der Bw einsichtig. Es konnte daher mit der nunmehr festgelegten Geldstrafe von 400 Euro und mit der für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden das Auslangen gefunden werden.

 

Ebensolche Erwägungen gelten für die Nichteinhaltung des Auflagenpunktes 10, wobei bei dieser Übertretung der anhaltende längere Zeitraum der Übertretung als schwerwiegender Unrechtsgehalt der Tat zu würdigen ist. Entsprechend hat dies auch seinen Niederschlag in einer höheren Geldstrafe zu finden. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass spezialpräventive Überlegungen hinsichtlich des Bw nicht mehr anzustellen waren, da er ja seine Funktion zurückgelegt hat. Im Hinblick auf die längere Tatbegehung war daher eine Geldstrafe von 600 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden gerechtfertigt. Eine weitere Strafherabsetzung war jedoch im Hinblick auf die wesentlichen Beeinträchtigungen des Schutzzweckes der Norm, nämlich insbesondere Schutz der Nachbarn sowie auch geordnete Gewerbeausübung, nicht zu verantworten.

 

Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG liegen hingegen nicht vor. Auch ist nicht von Geringfügigkeit des Verschuldens auszugehen, weil das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzungen war daher auch nicht vom Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG Gebrauch zu machen.

 

5.2. Zu Faktum 3 und 4:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Spruchanforderungen kommt der Tatvorwurf zum Faktum 3 nicht nach. Insbesondere enthält sowohl der Spruch des Straferkenntnisses vom 7.1.2011 als auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.11.2010 keine Angaben zur Tatzeit. Damit ist ein wesentliches Tatbestandselement der Tatumschreibung nicht gegeben. Eine Ergänzung bzw. Berichtigung durch die Berufungsbehörde war mangels Angaben im erstbehördlichen Akt nicht möglich. Es kann demnach nicht ausgeschlossen werden, dass der Bw durch eine Ergänzung im Spruch in seinen Rechten verletzt wird. Es war daher das Straferkenntnis diesbezüglich aufzuheben und gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Hinsichtlich Faktum 4 ist auszuführen, dass sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im angefochtenen Straferkenntnis auf eine dem angeführten Bescheid zugrunde liegende Verhandlungsschrift verwiesen wurde, wonach „An- und Ablieferungen üblicherweise nur während der normalen Tageszeit (06.00 bis 19.00 Uhr) vorgenommen werden“. Dieser Tatvorwurf widerspricht aber dem rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 21.5.2010, mit welchem im Spruch unter Punkt I, Anlagenbeschreibung, die Betriebszeit mit „Montag bis Freitag von 06:00 Uhr – 22:00 Uhr, Samstag von 06:00 Uhr – 15:00 Uhr“ festgelegt ist. Eine Einschränkung hinsichtlich der An- und Ablieferungen auf die Zeiten von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr ist dem in Rechtkraft erwachsenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht zu entnehmen. Wenn hingegen der Spruch des Straferkenntnisses auf die zugrunde liegende Verhandlungsschrift verweist, so ist dem entgegen zu halten, dass im Genehmigungsbescheid in der Einleitung im Spruch unter Punkt I auf vorgelegene und mit dem Genehmigungsvermerk versehene Projektsunterlagen verwiesen wird, diesen Projektsunterlagen, nämlich Betriebsbeschreibung und Betriebsablaufbeschreibung, eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen ist. Hingegen wurde die bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgenommene Verhandlungsschrift vom 11.5.2010 nicht ausdrücklich zum Bestandteil im Spruch des rechtskräftigen Bescheides erhoben. Dies ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich. Es sind daher entsprechende Ausführungen in der Verhandlungsschrift nicht Bestandteil des rechtskräftigen Bewilligungsbescheides geworden. Darüber hinaus ist auch noch anzumerken, dass in der Verhandlungsschrift zwei Befunde, nämlich ein Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen und ein Befund des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung enthalten sind, weshalb auch eine nähere Konkretisierung, welcher Befund integriert werden soll, erforderlich ist. Auch eine solche Konkretisierung enthält der rechtskräftige Bescheidabspruch nicht.

In Anbetracht der im Spruch des Bewilligungsbescheides festgelegten Betriebszeit hat aber der Bw die im Spruch des Straferkenntnisses unter Faktum 4 vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen, sodass das Straferkenntnis diesbezüglich aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

 

6. Weil zu Faktum 1 und 2 die verhängte Geldstrafe jeweils herabgesetzt wurde, ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz auf insgesamt 100 Euro, das sind 10 % der herabgesetzten Geldstrafen. Weil die Berufung zu Faktum 1 und 2 zumindest teilweise (hinsichtlich des Strafausmaßes) Erfolg hatte, war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten. Zu Faktum 3 und 4 wurde der Berufung zur Gänze stattgegeben, sodass gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge entfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Urlaub, Entlastung, Kontrolle, Strafbemessung, Tatkonkretisierung

 

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