Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522814/2/Kof/Th

Linz, 04.04.2011

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. März 2011, VerkR20-1097-2004, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass X die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten – beginnend mit Zustellung des Berufungsbescheides – entzogen wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm. § 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und

 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

§ 29 Abs.3 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von drei Monaten – beginnend mit Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides – entzogen

-         verpflichtet, den Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshaupt-mannschaft Rohrbach oder bei der Polizeiinspektion Rohrbach abzugeben.

 

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 15. März 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 28. März 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (mVh) nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;  VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Dezember 2010, 34 Hv 48/10d wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 fünfter Satz Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten – davon ein Monat unbedingt und neun Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit
von drei Jahren – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw vorschriftswidrig in L. und R. Suchtgifte in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 500 Gramm Speed (Amphetamin), 430 Gramm Cannabis-produkte und 1 Gramm Kokain einem anderen überlassen hat und zwar

1.     dem R.W.

     a)   im Zeitraum von Dezember 2007 bis Ende 2009 insgesamt 400 Gramm
           Speed in Teilmengen von 20 bis 50 Gramm zum Grammpreis zwischen
            22 bis 30 Euro,

     b)   im Zeitraum von Dezember 2007 bis Ende August 2010 insgesamt
            200 Gramm Cannabisprodukte zum Grammpreis von 10 Euro,

     c)   im Herbst 2009  1 Gramm Kokain zum Grammpreis von 100 Euro.

2.     dem M.W.

     a)   im Zeitraum von Dezember 2007 bis Ende 2009 insgesamt 90 Gramm
           Speed (Amphetamin) zum Grammpreis zwischen 18 bis 35 Euro

     b)   im Zeitraum von Dezember 2007 bis Ende August 2010 insgesamt
           200 Gramm Cannabisprodukte zum Grammpreis zwischen 10 und
           11 Euro  und

3.     der C.P.

     a)   im Zeitraum von Mai 2009 bis Ende 2009 insgesamt 10 Gramm Speed
           (Amphetamin) zum Grammpreis zwischen 25 bis 30 Euro

     b)   im Zeitraum von Mai 2009 bis Juni/Juli 2010 insgesamt 30 Gramm
           Cannabisharz zum Grammpreis von 10 Euro.

 

Dieses Urteil ist – durch Rechtsmittelverzicht – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung                                 der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;                

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 6.7.2004, 2002/11/0163; vom 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 und vom 27.01.2010, 2009/03/0082   

       sowie OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28 SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Im Sinne des § 7 Abs.4 FSG ist zu werten:

-         zu Gunsten des Bw: seine bisherige Unbescholtenheit

-         zu Lasten des Bw: der lange Tatbegehungszeitraum

       (Dezember 2007 bis Ende August 2010 = ca. 2 ¾ Jahre!)

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Betreffend die "Suchtgiftkriminalität" ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach

- es sich dabei um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt,

- bei dieser die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist  und

- an deren Verhinderung ein großes öffentliches Interesse besteht;

VwGH vom 24.09.2009, 2009/18/0317;  vom 09.11.2009, 2007/18/0537; vom   02.10.2008, 2007/18/0515; vom 20.04.2006, 2006/18/0074; vom 15.12.2005, 2005/18/0653; vom 07.11.2003, 2003/18/0250; vom 03.11.2010, 2007/18/0533

und vom 12.10.2010, 2010/21/0335, jeweils mit zahlreichen Judikaturhinweisen. 

      sowie

-   strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird;

VwGH vom 13.10.2009, 2009/17/0196.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung wegen eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz bedeutet

-         keine Verletzung des Doppelbestrafungsverbotes und/oder

-         keinen Strafcharakter, sondern eine Sicherungsmaßnahme.

VfGH vom 11.10.2003, B1031/02

 

Die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz – nunmehr: Suchtmittel-gesetz – wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert, sodass es bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache nicht darauf ankommt, ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 07.10.1997, 96/11/0357 mit Vorjudikatur.

 

Die jahrzehntelange Rechtssprechung des VwGH, wonach Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen, dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Die Verkehrsunzuverlässigkeit muss im Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheids noch für mindestens drei Monate vorliegen;

VwGH v. 24.04.2007, 2005/11/0156 und vom 20.05.2008, 2005/11/0091.

 

Der Beginn der Entziehungsdauer ist exakt festzulegen.

Im erstinstanzlichen Bescheid wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt. Der Beginn der Entziehungsdauer war somit mit Zustellung des Berufungsbescheides festzulegen;

siehe dazu ausführlich VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0009 mit Vorjudikatur.

 

Entgegen der Rechtsansicht des Bw führt die bedingte Strafnachsicht für sich allein noch nicht zwingend dazu, dass der Bw bereits als verkehrszuverlässig anzusehen ist;   VwGH vom 14.05.2009, 2009/11/0048.

 

Betreffend die Entziehungsdauer ist insbesondere auf die Erkenntnisse des VwGH vom 23.02.2011, 2010/11/0115 und vom 14.05.2009, 2009/11/0048 verwiesen:

 

Gemäß dieser Judikatur ist eine Entziehung der Lenkberechtigung gerechtfertigt, die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von ca. 24 Monaten – gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens – jedoch zu lange.

 

Im vorliegenden Fall war die Beendigung des strafbaren Verhaltens im August 2010.  Bei Festsetzung einer Entziehungsdauer von drei Monate – gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides – ergibt sich somit eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von weniger als elf Monate.

 

Betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid mit der im Spruch enthaltenen Maßgabe zu bestätigen.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist in der zitierten Rechtsgrundlage (§ 29 Abs.3 FSG) begründet.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

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