Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231170/3/SR/Gru

Linz, 07.04.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung des x, x, vertreten durch Rechtsanwältin x, x, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. Oktober 2010, Gz.: S-36.920/10-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG), zu Recht erkannt:

I.       Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 100 Euro, und im Falle der Uneinbringlichkeit dieser die Ersatzfreiheitsstrafe mit 8 Stunden festgesetzt werden.

II.     Der Berufungswerber hat 10 Euro als Beitrag zu den Kosten zum Verfahren der Behörde erster Instanz zu leisten. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

zu II: §§ 64f VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. Oktober 2010, AZ.: S-36.920/10-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

 

"Wie vom Fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz am 21.06.2010 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und Sie halten sich seit 05.05.2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Sie nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt und Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sind."

Dadurch habe der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG iVm § 31 Abs. 1 Z. 2-4 u. 6 FPG begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 120 Abs. 1 FPG eine Geldstrafe von 1.000,-- Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, verhängt.

Begründend wurde dazu von der belangten Behörde ausgeführt, dass die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auf Grund entsprechender dienstlicher Wahrnehmungen eines Beamten des fremdenpolizeilichen Referates der BPD Linz, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 21. Juni 2010 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei als erwiesen anzusehen sei.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stand für die belangte Behörde fest, dass der Bw Fremder im Sinne des Fremdengesetzes sei und über keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verfüge. Weiters sei der Bw nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels und es komme ihm kein Aufenthaltsrecht nach den asylrechtlichen Bestimmungen zu. Da für ihn auch keine Beschäftigungs­bewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgestellt worden sei, erfülle er keine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FPG. Er halte sich somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf.

Darüber hinaus sei vom fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz mit Bescheid vom 10. Mai 2010 gegen den Bw die Ausweisung angeordnet worden.

Hinsichtlich der Zulässigkeit eines Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne der Bestimmungen des NAG sei festzustellen, dass der VwGH bereits eindeutig entschieden habe, dass der Aufenthalt eines Fremden erst mit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung und nicht schon nach der Stellung eines darauf abzielenden Antrages rechtmäßig sei. Zu der vom Bw beantragten Aufenthaltsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG sei anzuführen, dass Anträge nach § 44 Abs. 3 und 4 NAG kein Aufenthalts- und Bleiberecht begründen würden.

Für die belangte Behörde stehe daher fest, dass sich der Bw tatsächlich unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufgehalten und somit gegen die angeführten Bestimmungen des Fremdengesetzes verstoßen habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen habe, bestehe ein hohes Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten im Hinblick auf den Schutz der öffentlichen Ordnung (VwGH vom 19.02.1997, Zl. 96/21/0516, ua.).

In diesem Sinne sei bei der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, berücksichtigt worden. Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit konnte nicht gewertet werden, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien aber beachtet worden.

2. Gegen dieses der Rechtsvertreterin des Bw am 25. Oktober 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. November 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung, die am 7. April 2011 auf die Höhe der Strafe eingeschränkt wurde.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Verwaltungsstrafakt, AZ.: S-36.920/10-2 samt Berufungsschrift vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vorlageakt; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die Berufung nur gegen die Höhe der Geldstrafe richtet, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bw ist Staatsangehöriger von Liberia und ist am 11. August 2005 illegal in Österreich eingereist. Noch am selben Tag hat der Bw einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) eingebracht. Die gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes eingebrachte Beschwerde wurde von Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. Mai 2010 abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Ausweisung nach Liberia verfügt. 

Bei der Bearbeitung des Fremdenaktes des Bw stellte das fremdenpolizeiliche Referat der belangten Behörde fest, dass sich der Bw seit der Entscheidung des Asylgerichtshofes ohne jegliche fremden- bzw asylrechtliche Bewilligung in Österreich aufhalte und erstattete daraufhin Anzeige.

Auf Grund der Anzeige vom 21. Juni 2010, AZ 1058012/FRB, hat die belangte Behörde den Bw mit Schreiben vom 9. September 2010 nach umfassender Tatanlastung zur Rechtfertigung aufgefordert.

Innerhalb offener Frist brachte die Rechtsvertreterin des Bw mit Schreiben vom 23. September 2010 u.a. vor, dass es dem Bw nur unter erschwerten Bedingungen und kostspieliger Aufwendungen möglich gewesen sei, Identitätspapiere aus Liberia zu bekommen. So habe er erst vor einigen Tagen seinen Reisepass und die Geburtsurkunde bekommen, welche er beim Magistrat der Stadt Linz vorgelegt habe.

 

Nach Einsichtnahme in die FI hat die belangte Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs 1 Z 2 FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 17/2011), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Nach § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, "sofern sie währende ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen";

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (aufgehoben mit BGBl I Nr. 122/2009);

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2. Aufgrund der auf die Höhe der Strafe eingeschränkten Berufung ist der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und der Beurteilung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat entzogen. Bei der Strafbemessung ist somit von einem tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Bw auszugehen. 

 

4.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Straf­bemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

Trotz des vorliegenden Milderungsgrundes der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und der Bestrebungen des Bw, sich zeitnah nach dem negativen Ausgang des Asylverfahrens sich Identitäts- und Reisedokumente vom Herkunftsstaat zu besorgen, hatte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, anzuwenden und daher auf die vorgesehene Mindeststrafe von 1 000 Euro abzustellen. Mit Erkenntnis vom 9. März 2011, G 53/10-7 u.a, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 1 000 Euro" in Abs. 1 und die Wendung "1" in Abs. 4 des       § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgeführt, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung der Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Bundeskanzler am 4. April 2011 im BGBl. I Nr. 17/2011, kundgemacht.

 

Bedingt durch die Aufhebung der Mindeststrafe von 1 000 Euro hatte sich der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Strafbemessung am nunmehr geltenden Strafrahmen (Geldstrafe bis 5 000 Euro) zu orientieren. Abstellend auf das schuldhafte Verhalten des Bw und die vorliegenden Milderungsgründe erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat die nunmehr verhängte Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden für angemessen und ausreichend, um ihn zukünftig von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten.

 

Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedurfte es daher einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zuhalten.

 

Trotz Kenntnis der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages und des damit verbundenen Wegfalls der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung hat der Bw den rechtswidrigen Zustand aufrecht erhalten. Das Gesamtverhalten des Bw lässt daher nicht den Schluss zu, dass ihn an der Verwaltungsübertretung ein geringfügiges Verschulden trifft. Das Verschulden wäre nur dann als geringfügig anzusehen, wenn – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Hinblick auf den langen Tatzeitraum und in Kenntnis der Verbotsnorm kann ein geringfügiges Verschulden nicht erkannt werden.

 

Die Anwendung des § 21 VStG setzt voraus, dass das Verschulden des Bw geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Abgesehen davon, dass die Folgen der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung nicht unbedeutend sind, konnte das Verschulden nicht als geringfügig eingestuft werden.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten Verfahrens vor der belangten Behörde von 8 Euro zu leisten. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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