Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300936/2/WEI/Ba

Linz, 29.03.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Strafberufung der X X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis des  Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. Jänner 2010, Zl. 0016753/2009, wegen Übertretungen des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die im bekämpften Straferkenntnis verhängten Strafen zu Spruchpunkt I.1. auf 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) und zu Spruchpunkt I.2. auf 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) herabgesetzt werden.

 

II. In den erstbehördlichen Strafverfahren hat die Berufungswerberin an Kostenbeiträgen zu Spruchpunkt I.1. den Betrag von 25 Euro und zu Spruchpunkt I.2. den Betrag von 15 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung von weiteren Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: §§ 64 Abs 1 und 2, 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) wie folgt schuldig erkannt:

 

"I.       Tatbeschreibung:

 

Die Beschuldigte, Frau X X X, geboren am X, wohnhaft: X X, hat nachstehend angeführte Übertretzungen des Tierschutzgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

1.      Sie haben am 14.04.2009 auf der Internetseite 'willhaben.at' mehrere Hunde, zum Kauf angeboten , obwohl das Feilbieten und das verkaufen von Tieren auf öffentlich zugänglichen Plätzen, soweit dies nicht im Rahmen einer Veranstaltung erfolgt, woei das Feilbieten von Tieren im Umherziehen verboten ist.

2.      Sie haben bis 14.04.2009 15 Hunde verkauft, ohne diese vor der Weitergabe mittels eines zifferncodierten, elektronisch ablesbaren Microchips von einem Tierarzt kennzeichnen zu lassen, sowie Sie diese Hunde in das Bundesgebiet einbrachten ohne, dass diese entsprechend den veterinärrechtlichen Bestimmungen gekennzeichnet waren.

... "

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde zu I.1. § 8a iVm § 38 Abs 3 Tierschutzgesetz (TSchG) und zu I.2. § 24a Abs 3 iVm § 38 Abs 3 TSchG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen nach dem Strafrahmen des § 38 Abs 3 TSchG iVm § 16 VStG zu I.1. eine Geldstrafe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und zu I.2. eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurde der Betrag von 60 Euro (10% der Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 4. März 2010 durch Hinterlegung beim Postamt X zugestellt wurde, wendet sich die per E-Mail am 13. März 2010 rechtzeitig eingebrachte Strafberufung, die inhaltlich wie folgt lautet:

 

"Ich erhebe Einspruch gegen die Höhe der Strafe, da ich Alleinverdiener, beziehe derzeit nur eine Notstandshilfe von 13,76 und sorgepflichtig für 2 Kinder bin !! Darum bitte ich sie die Strafe herabzusetzen und in dise Strafe in kleineren Raten bezahlen zu dürfen.

Ich hoffe auf Ihr Entgegenkommen

 

mfg X X"

 

2. In der Begründung des Straferkenntnisses gibt die belangte Behörde zum angenommenen Sachverhalt die Angaben der Bwin aus der Beschuldigtenvernehmung vom 16. April 2009 wieder. Darin führt diese an, insgesamt 16 Hunde aus der Slowakei per Internet bestellt zu haben. Sie holte diese in vier Fahrten von Wien, weil sie aus der Slowakei nach Wien geliefert wurden. Sie brachte die Hunde nach Hause und inserierte sie bei "willhaben.at". Sie habe 15 Hunde zum Preise zwischen 450 und 500 Euro verkauft und einen Hund für sich behalten. Jeder Hund hätte einen slowakischen Impfpass mit Erstimpfung und Entwurmung gehabt, gechipt wären die Hunde nicht gewesen. Eine tierärztliche Untersuchung der Hunde in Österreich habe nicht stattgefunden. Den Käufern habe sie gesagt, dass die Tiere nicht gechipt sind. Sie glaubte, dass die Hunde erst durch den (künftigen) Besitzer gechipt werden müssten. Die Annoncen im Internet habe sie bereits gelöscht. Sie werde keine Tiere mehr verkaufen. Sie sei einsichtig und bitte um eine milde Strafe.

 

Nach einem aktenkundigem slowakischen Tierpass dürfte es sich um Hunde der Rasse Chihuahua gehandelt haben. Aus der Beschuldigtenvernehmung geht dazu nichts hervor und die belangte Behörde hat dazu auch keine Feststellungen getroffen.

 

Die belangte Behörde hielt den im Spruch dargestellten Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Geständnisses der Bwin für erwiesen. Die Beschuldigte habe ein Ungehorsamsdelikt begangen, bei dem gemäß § 5 VStG fahrlässiges Verhalten genüge. Den Schuldentlastungsbeweis habe die Beschuldigte nicht erbringen können.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung und ihren Verwaltungsstrafakt in Form eines vollständigen Ausdrucks des elektronisch geführten Aktes dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und festgestellt, dass nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 38 Abs 3 Tierschutzgesetz - TSchG (BGBl I Nr. 118/2004 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 80/2010) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 3.750 Euro, im Wiederholungsfall bis 7.500 Euro, zu bestrafen,

 

wer außer in den Fällen der Abs 1 und 2 gegen §§ 5, 8a, 9, 11 bis 32, 36 Abs 2 oder 39 oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte verstößt.

 

Gemäß § 8a Abs 1 TSchG ist das Feilbieten und das Verkaufen von Tieren auf öffentlichen Plätzen, soweit dies nicht im Rahmen einer Veranstaltung gemäß § 28 erfolgt, sowie das Feilbieten von Tieren im Umherziehen verboten.

 

§ 8a Abs 2 TSchG erlaubt das öffentliche Feilbieten von Tieren nur im Rahmen einer gemäß § 31 Abs 1 TSchG genehmigten gewerblichen Haltung (in Zoofachgeschäften) oder durch gemäß § 31 Abs 4 gemeldete Züchter.

 

Gemäß § 24a Abs 3 TSchG sind alle im Bundesgebiet gehaltenen Hunde mittels eines zifferncodierten elektronisch ablesbaren Microchips auf Kosten des Halters von einem Tierarzt kennzeichnen zu lassen. Welpen sind spätestens mit einem Alter von drei Monaten, jedenfalls aber vor der ersten Weitergabe so zu kennzeichnen. Hunde, die in das Bundesgebiet eingebracht werden, müssen entsprechend den veterinärrechtlichen Bestimmungen gekennzeichnet sein. Die Kennzeichnung gemäß dem ersten Satz kann unterbleiben, wenn der Hund bereits durch einen funktionsfähigen Microchip gekennzeichnet wurde.

 

§ 24a Abs 4 TSchG idF BGBl I Nr. 80/2010 lautet:

 

"Jeder Halter von Hunden gemäß Abs. 3 ist verpflichtet sein Tier binnen eines Monats nach der Kennzeichnung, Einreise oder Übernahme – jedenfalls aber vor einer Weitergabe –unter Angabe der Daten gemäß Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. a bis f zu melden. Weiters können Daten gemäß Abs. 2 Z 2 lit. g und h gemeldet werden. Die Eingabe der Meldung erfolgt über ein elektronisches Portal:

 

  1. vom Halter selbst oder
  2. nach Meldung der Daten durch den Halter an die Behörde durch diese oder
  3. im Auftrag des Halters durch den freiberuflich tätigen Tierarzt, der die Kennzeichnung oder Impfung vornimmt oder durch eine sonstige Meldestelle."

 

Die Schuldsprüche im Straferkenntnis der belangten Behörde sind mangels Anfechtung rechtskräftig und verbindlich geworden und unterliegen daher nicht mehr der Kontrolle und Abänderung im Berufungsverfahren. Dennoch sieht sich der Oö. Verwaltungssenat veranlasst, zum besseren Verständnis anzumerken, dass die belangte Behörde in Bezug auf den Tatvorwurf im Spruchpunkt I.1. unrichtig den Fall des § 8a Abs 1 TSchG (Feilbieten auf öffentlichen Plätzen) anstatt den Fall des § 8a Abs 2 (öffentliches Feilbieten von Tieren) angelastet hat. Diese Vorschrift sollte nach dem Willen des Gesetzgebers klarstellen, dass das Feilbieten von Tieren (auch) im Internet nur gewerblichen Tierhandlungen oder Züchtern vorbehalten ist (vgl RV 291 BlgNR 23. GP, S. 4 "Zu Z 8 (§ 8a)"). Im Ergebnis bedeutet dies jedenfalls, dass die Bwin zum Anbieten der Hunde unter "willhaben.at" nicht berechtigt war.

 

4.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen einkommen der Bwin von 650 Euro und Sorgepflichten für 2 Kinder aus. Strafmildernd wertete sie das Geständnis und die lange Dauer des Verfahrens, straferschwerend die hohe Zahl der eingeführten und zum Verkauf angebotenen Hunde. Die Bwin hat ihrer Berufung eine AMS-Mitteilung über den Leistungsanspruch über den Bezug von Notstandshilfe in Höhe von täglich 13,79 Euro vorgelegt, was monatlich 413,70 Euro ergibt. Zuvor hatte sie noch Arbeitslosengeld von 21,12 Euro täglich erhalten. Es ist demnach von sehr schlechten finanziellen Verhältnisse auszugehen.

 

Die belangte Behörde hat die nach der Aktenlage anzunehmende Unbescholtenheit der Bwin nicht mildernd gewertet, obwohl keinerlei verwaltungsstrafrechtliche oder gerichtliche Vorstrafen aktenkundig geworden sind. Es hätte daher auch gemäß § 19 Abs 2 VStG iVm § 34 Z 2 StGB der besondere Milderungsgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels zugunsten der Bwin berücksichtigt werden müssen. Als deutlich ins Gewicht fallender Milderungsgrund ist insbesondere auch  das Geständnis der einsichtigen Bwin anzusehen. Relativierend zum an sich zutreffend angenommenen Erschwerungsgrund der hohen Zahl der angebotenen Hunde ist anzumerken, dass die 15 verkauften Hunde nur durch das Geständnis der Bwin überhaupt in Erfahrung gebracht werden konnten. Im Ergebnis überwiegen daher die Milderungsgründe.

 

Auch hinsichtlich der Schuld liegt – auch nach Einschätzung der Erstbehörde - nur ein Ungehorsamsdelikt mit fahrlässiger Begehungsweise vor, weil die Bwin sich keine ausreichende Kenntnis von den gesetzlichen Vorschriften über den Handel mit Tieren (§ 8a TSchG) und über die Kennzeichnung und Registrierung von Hunden (§ 24a TSchG) verschaffte. Diese Bestimmungen wurden freilich erst mit der Novelle BGBl I Nr. 35/2008 eingeführt und waren zu den angelasteten Tatzeiten noch nicht lange in Kraft. Zuvor gab es solche Beschränkungen und Pflichten des Halters nicht. Da die Bwin auch nicht aus beruflichen Gründen mit der Materie vertraut sein musste, geht der erkennende Veraltungssenat davon aus, dass ihr nur leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.

 

Nach Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung der Umstände, dass nicht der Verkauf der Hunde schlechthin, sondern nur deren öffentliches Feilbieten durch die Bwin verboten war und dass sie die Kennzeichnung der Hunde nicht vermeiden, sondern nur den künftigen Haltern überlassen wollte, hält der unabhängige Verwaltungssenat das Verschulden der Bw für gering. Auch im Hinblick auf die das Existenzminimum kaum erreichenden persönlichen Verhältnisse der Bwin scheint eine Herabsetzung der Geldstrafen angezeigt. Der Oö. Verwaltungssenat hält es beim gegebenen Strafrahmen bis 3.750 Euro für tat- und schuldangemessen die Strafen zum Spruchpunkt I.1. auf 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) und zum Spruchpunkt I.2. auf 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) herabzusetzen.

 

Die gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb von 2 Wochen festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafen konnten vergleichsweise etwas höher bemessen werden, weil es dabei auf die schlechten finanziellen Verhältnisse nicht mehr ankam.

 

5. Im Ergebnis war der Strafberufung im oben dargestellten Sinne Folge zu geben. Bei diesem Ergebnis reduzierten sich die gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG vorzuschreibenden Kostenbeiträge in den erstbehördlichen Strafverfahren zu I.1. auf 25 Euro und zu I.2. auf 15 Euro. Im Berufungsverfahren entfiel gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung von weiteren Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

Hinsichtlich der angestrebten Ratenzahlung wird die Bwin auf den § 54b Abs 3 VStG verwiesen, nach dem die Erstbehörde Teilzahlung bewilligen kann, wenn dem Bestraften aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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