Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522756/9/Sch/Bb/Th

Linz, 08.04.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Schön über die Berufung von Herrn x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt x, vom 22. Dezember 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 17. Dezember 2010, GZ 10/352677-Am, betreffend Einschränkung der Lenkberechtung und Erteilung von Auflagen, nach Durchführung ergänzender Erhebungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als der Spruchpunkt bezüglich des Verzichts auf die Klasse A behoben wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

iVm §§ 8 und 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat Herrn x, geb. x (dem Berufungswerber) mit Bescheid vom 17. Dezember 2010, GZ 10/352677-Am, die Gültigkeit der mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems unter Zl. VerkR20-1243-2005 für die Klassen B, EzB und F erteilten Lenkberechtigung durch zeitliche Befristung bis 15. Oktober 2013 eingeschränkt und als Auflagen das Tragen einer Brille, mit welcher die erforderliche Sehschärfe erreicht wird (Code 01.01), sowie eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Interne (Medizin) und Augenheilkunde rechtzeitig vor Ablauf der Befristung vorgeschrieben. Als weitere Auflage wurde in den Bescheid der Verzicht auf die Lenkberechtigung der Klasse A aufgenommen.

 

Die gesetzlichen Grundlagen für diesen Bescheid bilden die Bestimmungen der §§ 5 Abs.5, 8 Abs.2 und 24 Abs.1 Z2 FSG iVm §§ 8 und 11 Abs.1 FSG-GV.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobene Berufung vom 22. Dezember 2010, die am
22. Dezember 2010 per Telefax – und somit rechtzeitig – bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems eingebracht wurde und mit der im Ergebnis die ersatzlose Aufhebung des Bescheides, in eventu die Aufhebung der Befristung begehrt wird.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt samt Berufungsschrift mit Vorlageschreiben vom 23. Dezember 2010, GZ 10/352677, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.
Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates
(§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems und in die Berufung sowie  Einholung einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems. Diese Stellungnahme vom 14. Februar 2010, GZ San20-273-2010-Gra, wurde dem Berufungswerber zuhanden seines Rechtsvertreters – nachweislich - zur Kenntnis gebracht und es hat sich dieser mit Schriftsatz vom 2. März 2010 dazu im Wesentlichen wie in der Berufung geäußert.

 

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde auf Grund der nunmehr vorliegenden Gutachtenslage für nicht notwendig erachtet (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich – aus den genannten Beweismitteln – folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Berufungswerber wurde anlässlich seines Antrages vom 11. August 2010 auf Verlängerung seiner bis 23. August 2010 befristet erteilten Lenkberechtigung für die Klasse C durch die Allgemeinmedizinerin x ärztlich untersucht und in der Folge zur amtsärztlichen Untersuchung zugewiesen, welcher sich der Berufungswerber unter Vorlage der notwendigen fachärztlichen Gutachten am 1. September 2010 unterzog. Gleichzeitig verzichtete er am 1. September 2010 niederschriftlich ausdrücklich auf die Lenkberechtigung der Führerschein-Gruppe 2 (Klassen C1, C, EzC1 und EzC), weshalb sich die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers nur auf die Führerschein-Gruppe 1 erstreckte.

 

In ihrem amtsärztlichen Gutachten vom 15. Oktober 2010, GZ San20-273-2010,  erachtete die amtsärztliche Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, Frau x, den Berufungswerber als geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerschein-Gruppe 1. Es wurden jedoch die Befristung der Lenkberechtigung für die Dauer von 3 Jahren sowie die Erteilung von Auflagen, nämlich die Verwendung einer Brille sowie die Anordnung einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines Facharztbefundes für Interne und Augenheilkunde vorgeschlagen.

 

Die Amtsärztin begründete diesen Vorschlag mit dem beim Berufungswerber bestehenden Risikoprofil mit Mehrfacherkrankungen, wobei sie feststellte, dass der Diabetes mellitus ausreichend gut eingestellt erscheine und nach einer Stentimplantation bei koronarer Herzkrankheit der Zustand stabil sei. Nach einem Schlaganfall (sog. Stammganglieninsult) mit Halbseitenlähmung links habe sich der Berufungswerber ausreichend gut erholt, wobei aber noch eine diskrete Facialislähmung jedoch ohne funktionelle Bedeutung bestehe. Von Seiten der Extremitäten fände sich aktuell kein relevantes Kraft- oder koordinatives Defizit. Wegen des bestehenden Sick-Sinus-Syndroms sei ein Schrittmacher implantiert worden, wobei regelmäßige Kontrollen durchgeführt würden. Auf Grund der vielfachen Erkrankungen des Berufungswerbers, insbesondere der Gefäßsituation müsse – aus amtsärztlicher Sicht – jedoch beim Berufungswerber mit einer Verschlechterung der diagnostizierten Erkrankungen gerechnet werden. Als Grundlage für ihre Beurteilung verwies die Amtsärztin auf eine internistische Stellungnahme vom 24. August 2010 von Herrn xx sowie eine neurologisch psychiatrische Stellungnahme von Herrn DDr. yy vom 4. Oktober 2010.

 

Im Berufungsverfahren wurde die Amtsärztin um entsprechende Gutachtensergänzung dahingehend ersucht, welche konkreten Folgen bei den Erkrankungen des Berufungswerbers zu erwarten seien, die Auswirkungen auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen haben, woraufhin sie in ihrer Stellungnahme vom 14. Februar 2010, GZ San20-273-2010-Gra, ihr Gutachten ergänzte und erläuterte, dass beim Berufungswerber ein erhöhtes Risiko mit mehreren Erkrankungen bestehe. Jede Erkrankung für sich sei geeignet eine weitere Verschlechterung zu verursachen. Insbesondere auf Grund der mehrfachen Gefäßerkrankung mit vorgeschädigten Gefäßen müsse aus medizinischer Sicht mit weiterer Gefäßschädigung und Folgewirkungen gerechnet werden. Der bisherige Krankheitsverlauf habe gezeigt, dass das Gefäßsystem sensibel auf Risikofaktoren reagiere. Es sei bereits zu einem Schlaganfall mit Halbseitenlähmung gekommen. Weiters sei es auf Grund einer koronaren Herzkrankheit (Verengung der Herzkranzgefäße) notwendig gewesen, einen Stent zu implantieren. Ebenso sei ein Schrittmacher implantiert worden. Auch Diabetes mellitus sei geeignet, die Gefäße zu schädigen. Insgesamt müsse daher davon ausgegangen werden, dass es sich um chronisch progrediente Erkrankungen handle. Im Vergleich zum gleichaltrig Gesunden sei mit schnellerem Leistungsabbau (z. B. Verminderung der kognitiven Leistung, des Konzentrationsvermögens, der Reaktionsfähigkeit) und somit mit Auswirkungen auf das Lenker von Kraftfahrzeugen zu rechnen. Im Rahmen von neuerlichen akuten Gefäßgeschehen wie z. B. Minderung der Hirndurchblutung (bis zum Schlaganfall) oder Minderung der Herzdurchblutung könne es zu akut verminderter Leistungsfähigkeit bis zur Bewusstseinsstörung oder Bewusstseinsverlust, Störung der motorischen Funktion (Beweglichkeit der Extremitäten, Koordinationsstörung) und dadurch zu Gefährdungen im Straßenverkehr kommen. Es sei deshalb eine Nachuntersuchung zur Kontrolle des Krankheits- und Behandlungsverlaufes erforderlich.

 

Die amtsärztliche Sachverständige stellte ferner fest, dass sich die befristete Eignung auf die gesamte Führerschein-Gruppe 1, also auch die Klasse A beziehe.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (z. B. gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG die gesundheitliche Eignung) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 FSG ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen (§ 8 Abs.2 Satz 1 FSG).

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet”.

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren in Bezug auf die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers hat ergeben, dass der Berufungswerber zwar zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerschein-Gruppe 1 (Klassen A, B, EzB und F) geeignet ist, in Anbetracht der Feststellungen der dem Verfahren beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen, Frau y, ist jedoch eine Einschränkung in Form einer zeitlichen Befristung notwenig und die Vorschreibung von Auflagen unumgänglich ist.

 

Im vorliegenden Falle hat die Amtsärztin die zeitliche Befristung auf 3 Jahre sowie die Nachuntersuchung einschließlich der Vorlage von Facharztbefunden mit den beim Berufungswerber bestehenden erhöhten Risiko mit mehreren Erkrankungen (mehrfache Gefäßerkrankung, Stentimplantation infolge koronarer Herzkrankheit, Implantation eines Schrittmachers, Zustand nach Schlaganfall mit geringer Resthemiparese links, Diabetes Mellitus) begründet, wobei sie auch dargelegt hat, dass es sich bei sämtlichen Krankheiten um chronisch progrediente Erkrankungen handle und mit weiteren Folgewirkungen bzw. einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes gerechnet werden müsse.

 

Das Amtsarztgutachten ist insgesamt schlüssig und nachvollziehbar. Es berücksichtigt die internistische Stellungnahme des xx vom 24. August 2010 sowie das neurologisch psychiatrische Gutachten vom 4. Oktober 2010 von DDr. xx. Der Berufungswerber hat dem ihm bekannten Gutachten – zumindest - nicht auf gleicher fachlicher Ebene  widersprochen. Dieses Gutachten ist sohin beweiskräftig und war daher der Entscheidung zu Grunde zu legen. Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet, dass eine zeitliche Befristung bis 15. Oktober 2013 und die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines internistischen und augenärztlichen Facharztgutachtens sowohl zur Kontrolle des Krankheitsverlaufes als auch im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der Auflage 01.01. (Tragen einer Brille) wurden keine Einwendungen erhoben. Diese Auflage ergibt sich ebenfalls aus dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten.

 

Mit Wirkung vom 1. September 2010 hat der Berufungswerber ausdrücklich auf die Führerschein-Gruppe 2 verzichtet. Gemäß § 27 Abs.1 Z3 FSG hat der Verzicht auf die Lenkberechtigung die Wirkung, dass diese damit erlischt.

 

Der Verzicht des Berufungswerbers richtete sich nach den zu Grunde liegenden Unterlagen (Niederschrift zum Führerschein-Antrag vom 1. September 2010) ausschließlich auf die Gruppe 2. Ein Verzicht des Berufungswerbers auf die Klasse A ergibt sich daraus nicht, sodass dieser Spruchpunkt im erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben war, wobei damit die zeitliche Befristung und die vorgeschriebenen Auflagen auch für die Führerschein-Klasse A gelten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

S c h ö n

 

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