Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401109/4/SR/Sta

Linz, 15.04.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Iran, Identität steht nicht fest, derzeit Polizeianhaltezentrum Salzburg (PAZ) vertreten durch X, X (X), X, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 14. Februar 2011 und der Anhaltung in Schubhaft seit dem 14. Februar 2011 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit Bundesgesetz BGBl I Nr. 17/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), dessen Identität nicht feststeht, ist nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Iran, geboren am X, Schiit bzw. Christ und am 9. Februar 2011 von Italien kommend illegal in Österreich eingereist. Unmittelbar nach der Einreise hat der Bf einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) eingebracht.

 

Aufgrund des Asylantrages wurde der Bf von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando Linz, PI Nietzschestraße) am 9. Februar 2011 niederschriftlich einvernommen.

Nach umfassender Belehrung und Information (u.a. Bekanntgabe allfälliger Aufenthalte in EU-Staaten; Asylantragsstellungen; nachteilige Folgen unwahrer Aussagen) führte der Bf zur Reiseroute aus, dass er am 10. Jänner 2011 Teheran verlassen und nach einer mehrtägigen Reise in Istanbul angekommen sei. Von Istanbul sei er mit einem Lkw (auf der Ladefläche) über eine unbekannte Fahrstrecke nach Österreich gelangt. Da er die EU-Grenze nicht kenne, könne er die Reisedauer bis nach Österreich nicht genau einschätzten, er gehe aber von einer Reisedauer von ca. 6 bis 7 Tagen aus. Eine Anhaltung oder Unterbringung durch Behörden der durchreisten Länder habe nicht stattgefunden. In Iran habe er Probleme gehabt, da er zum Christentum konvertieren habe wollen.

 

Im Anschluss an seine Angaben wurde dem Bf der EURODAC-Treffer und die diesem zugrundeliegende Asylantragsstellung in Italien vorgehalten (X 31.01.2011/Crotone Italien).

Dazu gab der Bf an, dass er sich ca. 2 bis 3 Tage in Italien aufgehalten habe. Am 31. Jänner 2011 habe er in Crotone (süditalienische Hafenstadt im Golf von Tarent) einen Asylantrag eingebracht, Fingerabdrücke abgegeben und nach einem Aufenthalt von zwei Tagen im Flüchtlingsheim in Crotone sei er aus der Asylbetreuung geflüchtet, da er nicht mehr in Italien bleiben habe wollen. Einer Befragung im Asylverfahren habe er sich nicht unterzogen. Mit dem Zug sei er von Crotone nach Rom gefahren. Dort sei er vom Schlepper in einen Lkw verfrachtet worden und mit diesem bis nach Linz gereist. An einer Tankstelle in der Nähe von Linz sei er ausgestiegen, von einem Pkw abgeholt und zur PI gebracht worden. Nach Italien wolle er nicht zurück, daher habe er den Aufenthalt verschwiegen und gelogen.

 

Im Zuge des Verfahrens hat sich der Bf verschiedentlich als Schiit und als Christ bezeichnet.

 

Am 10. Februar 2011 leitete das Bundesasylamt das Konsultationsverfahren mit Italien ein. Mit Schreiben vom 10. Februar 2011, AZ 11 01.326, wurde dem Bf gemäß § 29 Abs. 3 AsylG zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag zurückzuweisen und dass mit Italien seit dem 10. Februar 2011 Dublin Konsultationen geführt würden. Der Bf bestätigte die Übernahme der schriftlichen Verständigung am 12. Februar 2011.

 

1.2. Mit Bescheid vom 14. Februar 2011, GZ Sich40-1226-2011, hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck auf der Rechtsgrundlage des § 76 Abs. 2 Z. 2 iVm § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 AVG gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer (durchsetzbaren) Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und einer umfassenden Sachverhaltsdarstellung setzte sich die belangte Behörde ausführlich mit den falschen Angaben des Bf und dem bewussten Verschweigen wesentlicher Sachverhaltselemente auseinander.

 

Obwohl der Bf unter Beiziehung eines Dolmetschers belehrt worden sei und ihm Informationen in seiner Heimatsprache (Pflichten und Rechte von Asylwerbern; Information gem. Art. 18 Eurodac-Verordnung; Belehrung gem. Artikel 3 der Verordnung der europäischen Gemeinschaft; Informationsblatt für Asylwerber zur Gebietsbeschränkung; Erstinformation über das Asylverfahren; Informationsblatt zum Bezirk Baden und Vöcklabruck; Orientierungsinformation für Erstaufnahmestellen; Informationsblatt GVG-Bund; Hausordnung) ausgefolgt wurden, ihm somit bewusst gewesen sei, dass die Erstbefragung im Asylverfahren Grundlage für das Verfahren hinsichtlich der Gewährung internationalen Schutzes sei und unwahre Aussagen nachteilige Folgen für den Ausgang des Asylverfahrens haben können, habe der Bf bis zum Vorhalt der Asylantragstellung in Crotone (Süditalien) falsche Angaben zur Reiseroute und allfälligen Aufenthalten gemacht. Die Falschaussage habe der Bf damit begründet, dass er Angst vor einer Abschiebung nach Italien habe.

 

Nach Einleitung des Konsultationsverfahren mit Italien, der Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 AsylG habe die belangte Behörde die Schubhaft über den Bf angeordnet, diesen am 14. Februar 2011 um 07.30 Uhr festgenommen und in das PAZ Salzburg einliefern lassen. Eine zuvor vorgenommen Überprüfung habe ergeben, dass der Bf, abgesehen von der Meldung in der Erstaufnahmestelle, weder über einen Wohnsitz noch über Barmittel verfüge. In der Vergangenheit habe der Bf durch zahlreiche illegale Grenzübertritte in und innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie infolge des illegalen Grenzübertrittes ins Bundesgebiet der Republik Österreich in einer unmissverständlichen Art und Weise zu erkennen gegeben, dass er in gar keiner Weise gewillt sei, die Rechtsordnung Österreichs bzw. die jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich des Fremdenrechtes zu respektieren. Als passpflichtiger Fremder habe er keinen Ausweis zur Vorlage gebracht, der zumindest seine Identität belegen könne. Die Handelnsweise der illegalen Reise ohne jegliche Papiere und des illegalen Aufenthalt rechtfertige der Bf in Österreich ebenso wie zuvor in Italien mit einer internationalen Schutzsuche. Dabei habe er bewusst völlig falsche Angaben vorgebracht. Unmittelbar nach der Asylantragsstellung in Italien habe er sich dem Verfahren und den Fremdenbehörden entzogen, um einer drohenden Konsequenz eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu entgehen. Damit gebe er unmissverständlich zu erkennen, dass er sich illegal und unstet in Mitgliedstaaten der europäischen Union aufhalten möchte, um sich letztlich einen Mitgliedstaat seiner Wahl für das Begehren eines internationalen Schutzes aussuchen zu können. Ob Österreich das gewünschte Zielland sei, in welchem er tatsächlich ein Durchlaufen eines Asylbegehrens anstreben wolle, sei in Frage zu stellen. Offensichtlich habe er als mittelloser Fremder ohne Unterkunft und Barmittel mitten in der Nacht um 01:00 Uhr einen weiteren Asylantrag gestellt, um sich zumindest für wenige Tage ausrasten, neu formieren und die Weiterreise neu organisieren zu können. Angesichts der zahlreichen illegalen Grenzübertritte sei es naheliegend, dass sich der Bf nach der Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach Italien einer bevorstehenden Abschiebung durch ein Abtauchen in die Anonymität entziehen werde. Aus diesen Gründen sei im Besonderen davon auszugehen, dass der Bf an einem dauerhaften Aufenthalt in Österreich ebenso wenig bestrebt sei als an den Aufenthalten in den bisherigen durchreisten Mitgliedstaaten. Demzufolge sei es nicht nur naheliegend, sondern davon auszugehen, dass sich der Bf ebenso in Österreich innerhalb weniger Tage dem Verfahren entziehen, die Unterkunft in gleicher Weise wie zuvor in Italien aufgeben und in die Anonymität abtauchen werde.

 

Die praktizierte Verhaltensweise – permanente illegale Grenzübertritte und Asylantragstellung im Rahmen einer Fremdenkontrolle in den verschiedensten Mitgliedstaaten der Europäischen Union sei nach Ansicht der belangten Behörde als klassischer "Asylantragstourismus (Wortformulierung Asylantragstourismus siehe Erkenntnis VwGH 2007/19/0730 vom 16.04.2009)" zu betrachten.

 

Zusammenfassend kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung unbedingt erforderlich sei. Im Hinblick auf die bisherige ständige Verhaltensweise des Bf scheide die Anwendung eines gelinderen Mittels aus. Da der Bf im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden sei, keine familiäre oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen habe, äußert flexibel in seiner Lebensgestaltung sei, müsse in Anbetracht der vorliegenden Umstände mit einem jederzeitigen Untertauchen in die Anonymität gerechnet werden. Nach einzelfallbezogener Prüfung gelangt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Schubhaftverhängung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche.

 

Der Bescheid wurde dem Bf am 14. Februar 2011 zu eigenen Handen zugestellt.

 

1.3. Nach der Übermittlung des Verfristungsschreibens an Italien am 14. März 2011 langte am 16. März 2011 die Zustimmung Italiens zur Übernahme des Bf ein.

 

1.4. Am 18. März 2011 gab X die Bevollmächtigung bekannt.

Aufgrund des Vorbringens des Bf vom 22. März 2011, über Griechenland nach Italien gereist zu sein, wurde Italien von der Aussage des Bf via DubliNet verständigt.

Das Bundesasylamt geht davon aus, dass die Zustimmung Italiens weiter aufrecht bleibt (AI/DGA; Eintragung vom 30. März 2011).

 

1.5. Mit der auf dem Postweg übermittelten Eingabe vom 8. April 2011, eingelangt am 12. April 2011, erhob der Bf durch die Vertreterin X Beschwerde gemäß § 82 FPG und stellte die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Rechtswidrigkeit der Anhaltung von Anfang an feststellen, in eventu feststellen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen. Weiters möge der Kostenersatz zugesprochen und auf das angeführte Konto überwiesen werden.

 

Begründend führte die Vertreterin des Bf aus, dass die belangte Behörde verpflichtet sei, die Haftdauer so kurz als möglich zu gestalten. Da der Bf bereits nach wenigen Tagen Unterbringung in der EAST-West aufgrund der Einleitung eines Ausweisungsverfahrens in Schubhaft genommen worden sei, könne das Vorgehen der belangten Behörde auf keinen Fall als geeignet angesehen werden. Durch die Verhängung der Schubhaft sei dem Bf der Zugang zu einer adäquaten Rechtsberatung verwehrt und damit die reale Möglichkeit einer Aufenthaltslegalisierung erheblich erschwert.

In Österreich habe der Bf zu keinem Zeitpunkt Handlungen gesetzt, die vermuten ließen, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Nachdem der Bf weder in Griechenland noch in Italien einen Zugang zu einem fairen Asylverfahren gehabt habe (Verletzung von Art. 3 und 5 EMRK), sei es gerade sein Ziel, den Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Die Unterkunft in Italien sei absolut menschenunwürdig gewesen (zusammengepfercht in einem Container, weder Wasser zum Waschen noch Verpflegung, unzählige Schaben und anderes Ungeziefer); ähnliche Zustände hätten auch in Griechenland geherrscht. In Griechenland habe der Bf begründete Furcht vor einer Rückschiebung in den Iran und in Italien vor einer Kettenabschiebung nach Griechenland und weiter in den Iran gehabt. Die Asylantragstellung in Österreich habe er damit begründet, dass er in Iran aus religiösen und politischen Gründen verfolgt werde. Von der Entscheidungspraxis des EGMR betreffend Griechenland habe er zum Zeitpunkt der Antragsstellung nichts gewusst. Eine Abschiebung nach Griechenland hätte der Bf daher gar nicht zu befürchten gehabt. Da der Bf seinen Aufenthalt in Österreich legalisieren möchte, wolle er auch nicht untertauchen.

Zutreffend sei, dass der Bf kein Zielland gehabt habe. Er habe nur Schutz vor Verfolgung in einem sicheren Land gesucht. Wie seine eigenen Erfahrungen, unzählige Medienberichte und die Recherchen renommierter NGO´s zeigen würden, sei dieser weder in Griechenland noch Italien möglich. Dies müsste auch der belangten Behörde bekannt sein.

Die belangte Behörde habe mit vorurteilsbeladenen Vermutungen, Unterstellungen und haltlosen Behauptungen gearbeitet, auf allgemeine Erfahrungswerte abgestellt und die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht geprüft.

Im vorliegenden Fall gebe es keinen theoretisch denkbaren Haftgrund und Haftsicherungszweck. Eine Ausweisung aus Österreich sei asylbehördlich nicht angeordnet und derzeit asylrechtlich auch nicht vorgesehen; ein Aufenthaltsverbot bestehe nicht und einer Abschiebung nach Griechenland habe der EGMR einen Riegel vorgeschoben. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung sei völlig mangelhaft, mit Vorurteilen und Willkür belastet und nur deshalb erlassen worden, weil die "formale Voraussetzung des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG" gegeben sei.

Nach Ausführungen zur Grundversorgung, der Judikatur zu potentiellen Dublin-Fällen und der einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung bringt die Vertreterin vor, dass anstelle der Schubhaft auch mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden hätte können. Die diesbezügliche Begründung der belangten Behörde treffe nicht zu. Keinesfalls könne diese davon ausgehen, dass der Asylantrag des Bf jedenfalls zurückgewiesen und jeder Dublintreffer zu einer rechtskräftigen Ausweisung führen werde. Zahlreiche Entscheidungen seien behoben und in einigen Fällen seien die Betroffenen sodann als Asylberechtigte anerkannt worden. Die Anhaltung stehe auch im Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie. Bevor es zur Haft komme, sollten alle möglichen Alternativen ausgeschöpft werden. Die dargelegten Grundsätze seien im vorliegenden Fall gänzlich missachtet worden.

 

2. Am 13. April 2011 übermittelte die belangte Behörde per E-Mail die "ha. Aktenunterlagen". In der Gegenschrift wies die belangte Behörde auf die Sachverhaltsfeststellungen im Schubhaftbescheid hin und führte aus, dass der Bf die Rückkehrunwilligkeit nach Griechenland und Italien nicht bestreite. Wie aus der Vergangenheit ersichtlich, greife der Bf zu allen erdenkbaren Mitteln, um einer Rückstellung zu entgehen. Aus dem AIS sei ersichtlich, dass eine Zustimmung vorliege und dies dem Bf im Rahmen des Parteiengehörs auch mitgeteilt worden sei. Im Wissen darüber, dass eine Rückstellung nach Griechenland nicht in Frage komme, habe er in der Folge ausgeführt, über Griechenland nach Italien gereist zu sein. Bedingt durch diese Aussage sei eine weitere Anfrage an Italien erforderlich gewesen, die zu einer weiteren Zustimmung Italiens geführt habe. Mit der weiteren Befassung Italiens habe sich ein gewisser Zeitverzug ergeben. Der Bf sei in Kenntnis, dass eine Zurückweisung nach Italien unmittelbar bevorstehe und die Ausweisung durch das Bundesasylamt in Kürze erfolgen werde.   

 

Abschließend wurde der Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes beantragt.

 

Am 14. April 2011 gab die belangte Behörde bekannt, dass das Bundesasylamt mit Bescheid vom 14. April 2011, AI 11 01.326, zugestellt an den Bf am 14. April 2011, den Asylantrag gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und gemäß § 10 AsylG die Ausweisung nach Italien verfügt habe.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.5 und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des fremden hätte vorher geendet.

 

Nach § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG kommt einer Berufung (Beschwerde) gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, ein aufschiebende Wirkung nicht zu.

Nach § 36 Abs. 4 leg. cit. ist eine Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen die Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt. Mit der Durchführung der diese Ausweisung umsetzenden Abschiebung oder Zurückschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Beschwerdevorlage zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzten.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides der belangten Behörde seit dem 14. Februar 2011 in Schubhaft angehalten wird. Daher ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen.

 

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

 

4.3. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3, 4 oder 5 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge ohnehin auch ein Verlängerungsfall nach   § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 leg.cit. vor. Wird einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

4.4. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern (siehe Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. August 2010, VwSen-401082/5/Wei/Sta).

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und der Verhängung der Schubhaft war der Bf Fremder im Sinne des FPG. Bei Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfes konnte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG stützen.

 

Die von der Vertreterin dargestellte Rechtsprechung der Höchstgerichte und des UBAS ist zutreffend, kann aber in der Allgemeinheit nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

 

Das gegenständliche "Dublinverfahren" kann nicht als ein solches angesehen werden, das vom Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Judikatur behandelt worden ist. Darüber hinaus erfolgte die vorliegende Schubhaftverhängung nicht als "Standardmaßnahme".

 

Der undokumentierte Bf hat sich laut seinen Angaben unmittelbar nach der illegalen Einreise in Österreich und der Ankunft in Linz an Polizeiorgane gewandt und einen Asylantrag gestellt. Trotz umfassender Information und des Hinweises, welche nachteiligen Folgen unwahre Aussagen auf das weitere Verfahren haben können, zog es der Bf vor, falsche Angaben zum Fluchtweg zu machen und die wahre Reiseroute bis zum Vorhalt unwiderlegbarer Beweise zu verleugnen. Als ihm im Zuge der Befragung klar werden musste, dass die Asylantragstellung in Italien nicht mehr zu leugnen war, da EURODAC ein positives Ergebnis erbracht hatte, räumte er den Aufenthalt in Italien ein. Seine weiteren Ausführungen zeigen aber auf, dass er weiterhin nicht gewillt war, umfassende Angaben zur Reiseroute zu tätigen und sich ausschließlich darauf beschränkte, ein Vorbringen zu erstatten, dass auf das vorliegende und nicht in Frage zu stellende Beweismaterial abstellte. Ohne auf die Reisebewegung von Teheran nach Crotone einzugehen, machte der Bf lediglich Ausführungen zur Weiterreise nach Österreich. Dass eine Schleppung von der Türkei nach Crotone, einer Hafenstadt im Süden von Italien (Golf von Tarent), versteckt auf der Ladefläche eines Lkw jeder Lebenserfahrung widerspricht, schien den Bf nicht zu stören. Wäre der Bf, wie er nunmehr in der Beschwerdeschrift glaubhaft machen will, an einer Legalisierung des Aufenthaltes in Österreich interessiert gewesen, dann ist nicht nachvollziehbar, warum er nicht bereits bei der Erstbefragung eine vollständige Reisebeschreibung von sich gegeben hat. In diesem Zusammenhang ist auch der Zeitpunkt bedeutsam, zu dem der Bf erstmals auf einen Aufenthalt in Griechenland hingewiesen hat. Ohne einen solchen von vorneherein in Frage zu stellen, stimmt dennoch bedenklich, dass der Bf den Griechenlandaufenthalt erst geäußert hat, als ihm die Zustimmung Italiens zur Übernahme und Führung des Asylverfahrens zur Kenntnis gebracht worden war und eine adäquate Rechtsberatung seine Vertretung übernommen hatte. Wie in der Beschwerdeschrift deutlich zum Ausdruck kommt, hätte der Bf im Falle einer rechtzeitigen adäquaten Rechtsberatung den Aufenthalt in Griechenland nicht verschweigen müssen, da er eine Abschiebung nach Griechenland nicht zu befürchten gehabt hätte. Dies im Hinblick darauf, dass der EGMR jeder Beschwerde gegen eine Abschiebung nach Griechenland die aufschiebende Wirkung (gemeint wohl: vorläufige Maßnahme an den Mitgliedsstaat) zuerkenne und die Abschiebung daher "gegenstandslos" geworden wäre.

 

Ob der Aufenthalt in Griechenland nur deshalb behauptet wurde, um das Konsultationsverfahren mit Italien in die Länge zu ziehen und der belangten Behörde Vorwürfe machen zu können oder um eine Rückschiebung nach Italien überhaupt zu verhindern und um die Zulassung zum Asylverfahren in Österreich zu erreichen, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Davon ausgehend, dass auch in Griechenland Asylwerber erfasst und Fingerabdrücke abgenommen werden, läge nahe, dass sich der Bf nicht in Griechenland aufgehalten bzw. keinen Asylantrag gestellt hat. Hätte er eine Antragsstellung vorgenommen, wäre er auch im EURODAC – so wie Italien betreffend - als Treffer aufgeschienen.

 

Obwohl dem Bf mehrmals die Möglichkeit eingeräumt worden war, am Asylverfahren mitzuwirken und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, hat er sich nur insoweit daran beteiligt, um eine für ihn günstige Sachverhaltsfeststellung zu bewirken oder um aufgetretene Widersprüche zu entkräften und vorliegende entgegenstehende Beweismittel zu entschärfen. Unverständlich ist, warum der Bf nicht bereits im Zuge der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf die "absolut menschenunwürdigen" Umstände im italienischen Flüchtlingslager und die Furcht vor eine ungeprüften Rückschiebung (nach Griechenland) hingewiesen hat. Dies vor allem im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen, wonach es dem Bf nur darauf angekommen wäre, in einem sicheren Land Schutz vor Verfolgung zu finden. Schon ein Blick in die Niederschrift der Erstbefragung zeigt, dass der Bf eine solche Befürchtung nicht gehabt haben kann. Hätte der Bf die in der Beschwerde geschilderten Befürchtungen gehegt (Angst vor umgehender Rückschiebung nach Griechenland), dann ist nicht nachvollziehbar, warum er in Italien überhaupt einen Asylantrag gestellt hat. Eher ist der belangten Behörde zu folgen, dass er für einige Tage Unterkunft und Verpflegung in Anspruch nehmen wollte. Bestätigung findet dies auch darin, dass der Bf, ohne sich einer Befragung durch die zuständigen Asylbehörden zu unterziehen, das Flüchtlingslager bereits nach zwei oder drei Tagen "fluchtartig" verlassen hat und unter Zuhilfenahme eines Schleppers aus Italien ausgereist ist. Menschenunwürdige Umstände im Flüchtlingslager hat der Bf nicht einmal ansatzweise angesprochen. Als einziges Begründungselement brachte der Bf vor, dass er nicht in Italien bleiben wollte. Selbst auf die Frage: "Wenn Sie in dieses Land zurückkehren müssten und Ihr Asylverfahren dort weitergeführt würde, spräche etwas dagegen?" antwortete der Bf, dass er nicht nach Italien möchte. Dass er in Italien "unter Bedingungen vegetieren müsse, die eindeutig in den Bereich der Verletzung von Art. 3 und 5 EMRK fallen" schien der Bf zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu ahnen.

 

Auch wenn es für die Vertreterin des Bf keinen "theoretisch denkbaren Haftgrund" gibt, ist unstrittig, dass dem Bf im Zulassungsverfahren und vor der Schubhaftverhängung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, seinen Asylantrag zurückzuweisen. Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 AsylG gilt ein Ausweisungsverfahren nach dem AsylG als eingeleitet, wenn im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z. 4 leg. cit. erfolgt ist. Wie bereits ausgeführt, kann die Anhaltung des Bf in Schubhaft daher auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt werden. Bezogen auf das Verhalten des Bf vor den Asyl- und Fremdenbehörden in Österreich, seiner mangelnden Mitwirkung im Asyl- und Fremdenverfahren, der – nachträglich - als mutwillig zu beurteilenden Asylantragsstellung in Italien (der Bf hatte zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sich in Italien einem Asylverfahren zu unterziehen), dem im Raum stehenden, jedoch nicht belegbaren Aufenthalt in Griechenland, den falschen Angaben zur Reisebewegung und den Versuchen, die Abschiebung nach Italien zu verschleppen, kann der belangten Behörde nicht widersprochen werden, wenn sie schon zu einem so frühen Zeitpunkt von einem konkreten Sicherungsbedürfnis ausgegangen ist.

 

Abgesehen vom nach wie vor bestehenden konkreten Sicherungsbedürfnis ist die Anhaltung in Schubhaft auch verhältnismäßig und das Ziel erreichbar.

 

Italien ist weiterhin bereit, den Bf zu übernehmen und das Asylverfahren zu führen. Da das Bundesasylamt am 14. April 2011 den Asylantrag des Bf zurückgewiesen und die Ausweisung nach Italien verfügt hat, steht die Überstellung des Bf im Hinblick auf die durchsetzbare Ausweisungsentscheidung unmittelbar bevor.

 

Die belangte Behörde hat bezogen auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles von der Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 FPG mit Recht Abstand genommen. Der Bf hat sich in der Vergangenheit – jedenfalls in Italien – kurz nach der Asylantragsstellung und nach einigen Tagen der Inanspruchnahme staatlicher Betreuungseinrichtungen dem Asylverfahren und somit auch vorzunehmender fremdenpolizeilicher Maßnahmen entzogen. Er wird voraussichtlich weiterhin alles unternehmen, um die Überstellung nach Italien zu vereiteln. Durch die nunmehr vorliegende Zurück- und Ausweisungsentscheidung im Asylverfahren ist bei dem sich schon bisher unkooperativ verhaltenden Bf nicht damit zu rechnen, dass er sich freiwillig zur Verfügung halten wird. Der Sicherungsbedarf hat sich deshalb noch erheblich verdichtet.

 

Die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen. Die Schubhaft erscheint auch im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen verhältnismäßig.

 

Die belangte Behörde ist weiters verpflichtet, die Schubhaft nur so kurz wie möglich zu halten und darf diese darüber hinaus nur aufrechterhalten, wenn der Grund für ihre Anordnung nicht weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Darüber hinaus darf sie außer den gesetzlich bestimmten Fällen insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern. § 80 Abs. 5 FPG sieht vor, dass die Schubhaft, die in den Fällen des § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde, bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtkräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z. 1 bis 3 vor.

 

Wie aus den getroffenen Feststellungen hervorgeht, hat die belangte Behörde darauf hingewirkt, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Da der Bf zeitlich geschickt seine Reiseroute wesentlich erweitert und somit verändert hat (Aufenthalt in Griechenland), mussten weitere Konsultationen mit Italien geführt und deren Ergebnisse abgewartet werden. Diese haben zu einer nicht von der Behörde zu vertretenden zeitlichen Verzögerung geführt.

 

Im vorliegenden Fall dauert die Schubhaft knapp mehr als zwei Monate an. Weder aus dem Vorbringen des Bf noch aus der Aktenlage ist zu ersehen, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung, die Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten, nicht nachgekommen wäre.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kann keine aktenkundigen Anhaltspunkte erkennen, wonach es auf Grund fremdenpolizeilicher Versäumnisse zu unangebrachten Verzögerungen gekommen wäre. Im Hinblick auf die seit 14. April 2011 durchsetzbare Ausweisungsentscheidung ist die Anhaltung des Bf notwendig und verhältnismäßig um die Abschiebung zu sichern, da aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes weiterhin zu befürchten ist, dass sich der Bf den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde, sollte er sich in Freiheit befinden.

 

Im Ergebnis ist aus den dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sowohl der Schubhaftbescheid, die Verhängung als auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft des Bf rechtmäßig sind.

 

Gemäß dem § 83 Abs 4 FPG hatte der Oö. Verwaltungssenat daher auch festzustellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt vorliegen.

 

5. Nach § 79a Abs 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs 2 FPG hat die im Verfahren nach    § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder zurückgezogen oder abgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Gemäß § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) betragen die Pauschbeträge für die belangte Behörde als obsiegende Partei für den Vorlageaufwand 57,40 Euro und für den Schriftsatzaufwand 368,80 Euro.

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war der Verfahrensaufwand der obsiegenden belangten Behörde mit insgesamt 426,20 Euro festzusetzen und dem Bf der Kostenersatz zugunsten des Bundes aufzutragen.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde und die beigelegte Vollmacht von 16,80 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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