Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165586/9/Zo/Th

Linz, 13.04.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch X vom
2. Dezember 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. November 2010, Zl. VerkR96-15070-2010, wegen mehrerer Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. April 2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Bezüglich der Punkte 1, 3 und 4 wird die Berufung im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass diese zu einem Delikt zusammengefasst werden und der Tatvorwurf wie folgt lautet:

Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmaße einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige dreimalige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. Beginn des 24 Stundenzeitraumes:

18.03.2010, 02.59 Uhr, Ruhezeit von 5 Stunden 51 (vorgeschriebene Ruhezeit 9 Stunden)

26.03.2010, 04.13 Uhr, Ruhezeit von 6 Stunden 38 (vorgeschriebene Ruhezeit 11 Stunden)

30.03.2010, 03.53 Uhr, Ruhezeit von 8 Stunden 59 (vorgeschriebene Ruhezeit 9 Stunden)

01.04.2010, 05.13 Uhr, Ruhezeit von 5 Stunden 57 (vorgeschriebene Ruhezeit 11 Stunden)

14.04.2010, 05.48 Uhr, Ruhezeit von 7 Stunden 43 (vorgeschriebene Ruhezeit 9 Stunden

 

Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, Abl. Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 600 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 168 Euro herabgesetzt.

 

II.          Hinsichtlich Punkt 2 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe von 300 Euro wird bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 84 Stunden herabgesetzt.

 

III.   Hinsichtlich Punkt 5 wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis        vollinhaltlich bestätigt.

 

IV.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 140 Euro, für das        Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 100 Euro zu bezahlen        (20 % der zu Punkt bestätigten Strafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. bis III.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 und 20 VStG;

zu IV.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

"1. Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,51 übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-maiige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. Beginn des 24 Stunden Zeitraumes:

- 18.03.2010, 02:59 Uhr, Ruhezeit von 05:51 Stunden

- 01.04.2010, 05:13 Uhr, Ruhezeit von 05:57 Stunden

Diese stellen daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29, sehr schwerwiegende Verstöße dar.

 

2. Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden. Am

- 23.03.2010 wurde von 04:39 Uhr bis 23.03.2010 18:38 Uhr mit einer Lenkzeit von 09:01 Stunden nur 00:28 Stunden

- 30.03.2010 wurde von 08:13 Uhr bis 30.03.2010 17:34 Uhr mit einer Lenkzeit von 06:17 Stunden nur 00:25 Stunden

- 31.03.2010 wurde von 04:40 Uhr bis 31.03.2010 11:21 Uhr mit einer Lenkzeit von 05:17 Stunden nur 00:29 Stunden

- 01.04.2010 wurde von 05:13 Uhr bis 01.04.2010 13:20 Uhr mit einer Lenkzeit von 06:48 Stunden nur 00:28 Stunden

Diese stellen daher anhand des Anhanges IM der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, schwerwiegende Verstöße dar.

 

3. Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.51 übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, das Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mind. 11 Stunden eingehalten haben. Die regelmäßige tägliche Ruhezeit kann auch in zwei Teilen genommen werden, wobei der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mind. 3 Stunden und der zweite Teil einen unterbrochenen Zeitraum von mind. 9 Stunden umfassen muss: Beginn des 24 Stundenzeitraumes

- am 26.03.2010, 04:13 Uhr. Ruhezeit von 06:38 Stunden (schwerwiegend)

- am 14.04.2010, 05:58 Uhr. Ruhezeit von 07:43 Stunden (sehr schwerwiegend)

Diese stellen daher anhand des Anhanges IN der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden und einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

4. Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.51 übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, obwohl der Fahrerzwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden wurde dabei berücksichtigt:

- Ruhezeit von 30.03.2010, 03:53 Uhr bis 31.03.2010, 03:52 Uhr: 08:59 Stunden Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert.

Es stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.

 

5. Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie die Tageslenkzeit öfter als 2 mal pro Woche an folgenden Tagen auf 10 Stunden verlängert haben:

- 01.04.2010 von 05:13 Uhr bis 01.04.2010 23:15 Uhr mit einer Lenkzeit von 12:22 Stunden

- 08.04.2010 von 05:23 Uhr bis 09.04.2010 20:37 Uhr mit einer Lenkzeit von 17:53 Stunden?

- 14.04.2010 von 05:58 Uhr bis 15.04.2010 13:45 Uhr mit einer Lenkzeit von 13:25 Stunden

Lenkpause eingehalten haben.

Diese stellen daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29, sehr schwerwiegende Verstöße dar.

 

Tatzeit:       15.04.2010, 13:48 Uhr

Tatort:        B151 Atterseestraße nächst dem km 7,200, Gemeindegebiet von              Seewalchen

Fahrzeug:   Sattelzugmaschine X, Sattelanhänger X

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

2. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 7 EG-VO 561/2006

3. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EG-VO 561/2006

4. §134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

5. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 EG-VO 561/20096

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist, gemäß §

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1) 300,00 Euro     144 Stunden                       § 134 Abs.1 KFG iVm § 20 VStG

2) 300,00 Euro     144 Stunden                       § 134 Abs.1 KFG iVm § 20 VStG

3) 300,00 Euro     144 Stunden                       § 134 Abs.1 KFG iVm § 20 VStG

4) 100,00 Euro     60 Stunden                         § 134 Abs.1 KFG iVm § 20 VStG

5) 500,00 Euro     144 Stunden                       § 134 Abs.1 KFG iVm § 20 VStG

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

150,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) beträgt daher 1.650,00 Euro."

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen habe bzw. ihn daran kein Verschulden treffe. Er habe die vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechungen und Tagesruhezeiten eingehalten und die Tageslenkzeit nur geringfügig überschritten. Dies nur deshalb, weil er keinen geeigneten Parkplatz gefunden habe und aufgrund der Größe des Fahrzeuges nicht beliebig anhalten habe können. Er habe sich in einer Zwangssituation befunden und habe das Fahrzeug bis zum Vorfinden eins geeigneten Parkplatzes gelenkt.

 

Jedenfalls handle es sich um ein fortgesetztes Delikt, sodass nur eine einmalige Bestrafung gerechtfertigt sei.

 

Die Behörde habe den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet und Feststellungen zu den rechtlich relevanten Fragen nicht getroffen. Weiters habe sie de facto keine Ermittlungstätigkeit unternommen und den Beschuldigten nicht einvernommen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck  hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. April 2011. An dieser hat eine Vertreterin des Berufungswerbers teilgenommen und es wurde ein Sachverständigengutachten zu den Tatvorwürfen eingeholt und erörtert.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 15. April 2010 um 13.48 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X, X auf der B151 und wurde nächst km 7,200 zu einer Verkehrskontrolle angehalten. Bei der Kontrolle wurde folgendes festgestellt:

Im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 18.03.2010 um 02.59 Uhr betrug die Ruhezeit lediglich 5 Stunden und 51 Minuten (von 21.08 Uhr bis 02.59) wobei die Mindestruhezeit 9 Stunden betragen hat.

Im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 26.03.2010 um 04.13 Uhr betrug die Ruhezeit nur 6 Stunden und 38 Minuten (von 21.35 Uhr bis 04.13 Uhr) wobei die erforderliche Ruhzeit 11 Stunden betragen hat.

Im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 30.03.2010 um 03.53 Uhr betrug die Ruhezeit 8 Stunden und 59 Minuten (von 18.54 Uhr bis 03.53 Uhr), wobei die erforderliche Ruhezeit 9 Stunden betragen hat.

Im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 01.04.2010 um 05.13 Uhr betrug die Ruhezeit 5 Stunden und 47 Minuten (von 23.16 Uhr bis 05.13 Uhr) wobei die erforderliche Ruhezeit 11 Stunden betragen hat.

Im 24 Stundenzeitrau, beginnend am 14.04.2010 um 05.58 Uhr betrug die Ruhezeit 7 Stunden und 53 Minuten (von 19.23 Uhr bis 03.06 Uhr) wobei die erforderliche Ruhezeit 9 Stunden betragen hat.

 

Der Berufungswerber hat am 23.03.2010 von 04.39 Uhr bis 18.38 Uhr bei einer Lenkzeit von 9 Stunden und 1 Minute nur eine Lenkzeitunterbrechung von 28 Minuten genommen. Hätte er die kurze Rangierbewegung um 15.09 Uhr (1 Minute) nicht durchgeführt, würde sich eine geteilte Lenkzeitunterbrechung nach einer Lenkzeit von 6 Stunden und 20 Minuten ergeben.

Am 30.03.2010 zwischen 08.13 Uhr und 17.34 Uhr hat er bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 17 Minuten nur eine Lenkzeitunterbrechung von 25 Minuten genommen;

Am 31.03.2010 betrug die Lenkzeitunterbrechung zwischen 04.40 Uhr und 11.29 Uhr bei einer Lenkzeit von 5 Stunden und 17 Minuten nur 29 Minuten.

Am 01.04.2010 hat er von 05.13 Uhr bis 13.20 Uhr bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 48 nur eine Lenkzeitunterbrechung von 28 Minuten genommen.

 

Der Berufungswerber hat am 01.04.2010 von 05.13 Uhr bis 23.15 Uhr eine Tageslenkzeit von 12 Stunden und 22 Minuten eingehalten.

Vom 08.04.2010, 05.23 Uhr bis 09.04.2010, 20.37 Uhr betrug die Tageslenkzeit 17 Stunden und 53 Minuten;

Vom 14.04.2010, 05.58 Uhr bis 15.04.2010, 13.45 Uhr betrug die Tageslenkzeit 13 Stunden und 25 Minuten.

 

Der Berufungswerber konnte keine Ausdrucke aus dem Kontrollgerät mit handschriftlichen Aufzeichnungen darüber vorlegen, dass er in einzelnen Fällen die Ruhezeit bzw. Lenkpause deswegen nicht rechtzeitig einlegen konnte, weil er keinen Parkplatz finden konnte. Dieses Vorbringen ist daher nicht glaubwürdig.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

Gemäß Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Art. 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Art. 12 der Verordnung (EG) 561/2006 kann, sofern die Sicherheit im Straßenverkehr nicht gefährdet wird, der Fahrer von den Artikeln 6 bis 9 abweichen, um einen geeigneten Halteplatz zu erreichen, soweit dies erforderlich ist, um die Sicherheit von Personen des Fahrzeuges oder seiner Ladung zu gewährleisten. Der Fahrer hat Art und Grund dieser Abweichung spätestens bei Erreichen des geeigneten Halteplatzes handschriftlich auf dem Schaublatt des Kontrollgeräts oder einem Ausdruck aus dem Kontrollgerät oder im Arbeitszeitplan zu vermerken.

 

Gemäß Anhang III der Richtlinie 2009/5/EG vom 30. Jänner 2009 ist das Überschreiten der Tageslenkzeit im Ausmaß von mehr als 2 Stunden als sehr schwerwiegender Verstoß anzusehen. Werden die erforderlichen Fahrtunterbrechungen nicht oder zu spät eingehalten, so liegt bei einer ununterbrochenen Lenkzeit zwischen 5 und 6 Stunden ein schwerer Verstoß und bei einer ununterbrochenen Lenkzeit von mehr als 6 Stunden ein sehr schwerer Verstoß vor. Wird die tägliche Ruhezeit um mehr als 2 Stunden unterschritten, so handelt es sich um einen sehr schwerwiegenden Verstoß, liegt die Unterschreitung zwischen 1 und 2 Stunden, ist der Verstoß als schwerwiegend anzusehen und bei einer Unterschreitung von weniger als 1 Stunde ist der Verstoß als geringfügig zu werten.

 

5.2. Aus den im Akt befindlichen Aufzeichnungen aus dem Kontrollgerät und der Auswertung durch den Sacherständigen ergibt sich, dass der Berufungswerber die Tageslenkzeit in 3 Fällen überschritten hat. In allen 3 Fällen war eine Tageslenkzeit von 10 Stunden erlaubt und der Berufungswerber hat diese jeweils um mehr als 2 Stunden überschritten. Vom 8. zum 9.4.2010 sowie vom 14. zum 15.4.2010 ergibt sich die lange Tageslenkzeit daraus, dass der Berufungswerber  in diesen Zeiträumen keine ausreichende Ruhezeit von zumindest 9 Stunden  eingelegt hat. Als Tageslenkzeit ist nämlich gemäß Art. 4 lit.k der Verordnung (EG) 561/2006 die summierte Gesamtlenkzeit zwischen 2 ausreichenden Ruhezeiten anzusehen. Da die Überschreitung der erlaubten Lenkzeit in allen 3 Fällen mehr als 2 Stunden betragen hat, liegt ein sehr schwerwiegender Verstoß vor.

 

Die tägliche Ruhezeit beträgt grundsätzlich 11 Stunden, kann jedoch 3 Mal in der Woche auf 9 Stunden reduziert werden. Es war daher für die Strafbemessung klarzustellen, ob die jeweils erforderliche Ruhezeit in den einzelnen Fällen 9 oder 11 Stunden betragen hat. Am 26.3. sowie am 1.4.2010 hatte der Berufungswerber bereits 3 Mal eine reduzierte tägliche Ruhezeit eingelegt, sodass die erforderliche Mindestruhezeit an diesen Tagen 11 Stunden betragen hätte. In den anderen 3 Fällen war eine reduzierte tägliche Ruhezeit von 9 Stunden ausreichend. Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei in einem engen zeitlichen Konnex stehenden und ineinander greifenden Transporten ein einheitlicher Gesamtplan zugrunde, weshalb die Annahme eines fortgesetzten Deliktes gerechtfertigt ist (vgl. zB. VwGH v. 29.04.2002, 2000/03/0103). Es sind daher die Nichteinhaltung der jeweiligen Ruhezeiten zu einem einzigen Delikt zusammen zu fassen. In der Entscheidung vom 12.09.2006, Zl. 2002/03/0034 hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass das Überschreiten der Tageslenkzeit von 10 Stunden sowie der erlaubten Tageslenkzeit von 9 Stunden zu einem Delikt zusammen zu fassen sind. Es wurden daher auch alle Ruhezeitunterschreitungen (unabhängig davon, ob eine Ruhezeit von 9 Stunden oder von 11 Stunden erlaubt war) zu einem Delikt zusammengefasst. Der Berufungswerber hat die erforderliche Ruhezeit in 3 Fällen um (teilweise deutlich) mehr als 2 Stunden unterschritten, sodass diese Verstöße als schwerwiegend anzusehen sind. Ein weiterer Verstoß ist als schwerwiegend zu werten, in einem Fall (am 30.03.2010) betrug die Unterschreitung lediglich 1 Minute, weil an diesem Tag eine reduzierte tägliche Ruhezeit erlaubt war. Diese Überschreitung ist als ganz geringfügig anzusehen.

 

Bezüglich der Lenkpausen ist anzuführen, dass alle Lenkzeiten zusammen zu zählen sind, bis der Berufungswerber eine ausreichende Unterbrechung von 45 Minuten bzw. eine geteilte Unterbrechung von mindestens 15 und mindestens 30 Minuten eingelegt hat. Er hat daher die Übertretungen in dem ihm vorgeworfenen Umfang zu verantworten. Am 23.03.2010 fällt auf, dass er um 15.09 Uhr eine ganz kurze Fahrtbewegung von nur 1 Minute eingelegt hat, wobei wegen dieser kurzen Lenkzeit die Fahrtunterbrechung die erforderliche Dauer von 30 Minuten nicht erreicht hat. Dies ändert zwar nichts an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens, weil nach Art. 4 lit. d der Verordnung (EG) 561/2006 als Fahrtunterbrechung nur solche Zeiträume gelten, in denen der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausübt und die ausschließlich zur Erholung genutzt werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass eine derart kurze Lenkzeit den Erholungszweck der Fahrtunterbrechung nur minimal beeinträchtigt, sodass sie im Rahmen der Strafbemessung toleriert werden kann. Selbst wenn man diese 1-minütige Lenkzeit toleriert, beträgt dennoch die zuvor eingehaltene Lenkzeit 6 Stunden und 20 Minuten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat der Berufungswerber in 3 Fällen eine Lenkzeit von mehr als 6 Stunden eingehalten, sodass diese Übertretungen als sehr schwerwiegend anzusehen ist.  

 

5.3. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungsgründe liegen nicht vor. Die Häufung der Übertretungen ist hingegen als straferschwerend zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat § 20 VStG angewendet, obwohl von einem deutlichen Überwiegen der Milderungsgründe nicht auszugehen ist. Die bloße Tatsache der bisherigen Unbescholtenheit allein reicht dafür jedenfalls nicht. Dennoch wurden – um den Berufungswerber nicht zu benachteiligen – auch im Berufungsverfahren die herabgesetzten Mindeststrafen von 150 Euro der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Bei deutlich zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten lässt die Konzentration der Kraftfahrer stark nach, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicher zu stellen.

 

Der Berufungswerber hat die erforderliche Ruhezeit insgesamt 5 Mal nicht eingehalten, wobei sie in 2 Fällen sogar weniger als 6 Stunden und in einem weiteren Fall weniger als 7 Stunden betragen hat. Die Unterschreitungen sind daher als massiv anzusehen. Lediglich in einem Fall war die Unterschreitung ganz geringfügig (Punkt 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses). Er hat die erlaubte Tageslenkzeit in 3 Fällen um jeweils mehr als 2 Stunden überschritten, auch diese Übertretung ist als massiv einzuschätzen. Die erforderlichen Lenkpausen hat er in 3 Fällen nach einer viel zu langen Lenkzeit von mehr als 6 Stunden eingehalten, in einem 4. Fall nach einer Lenkzeit von mehr als 5 Stunden. Insgesamt ist der Unrechtsgehalt dieser Übertretungen daher als hoch einzuschätzen, weshalb entsprechend strenge Geldstrafen erforderlich sind, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Auch wenn man von einer Mindeststrafe von 150 Euro ausgeht, sind die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und nicht überhöht. Lediglich die in Punkt 4 verhängte Geldstrafe ist nicht notwendig, weil hier die Ruhezeit lediglich um 1 Minute verkürzt wurde. Dies wirkt sich auf die zu einem Delikt zusammengefasste Strafe betreffend Unterschreitung der Ruhezeiten aus. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Höchststrafe von 5.000 Euro wurde der Strafrahmen ohnedies lediglich zu 12 % (bezüglich der Ruhezeiten) bzw. zu
10 % (bezüglich der Tageslenkzeiten) ausgeschöpft. Die ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.000 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten laut unwidersprochener Einschätzung) rechtfertigen im Hinblick auf die Häufung und Schwere der Übertretungen die Herabsetzung der Geldstrafen nicht. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war dem im § 134 Abs.1 KFG vorgesehenen Verhältnis zwischen höchster Geldstrafe (5.000 Euro) und höchster Ersatzfreiheitsstrafe (6 Wochen) anzupassen.

 

 

 

Zu IV.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 29.06.2011, Zl.: 2011/02/0219-3

 

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