Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522823/2/Kof/Jo

Linz, 13.04.2011

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 15. März 2011, AZ.:
2-FE-715/2010, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 4. April 2011, AZ.: 2-FE-715/2010, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen und

-         die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen

auf den Zeitraum 16. Februar 2011 (= Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) bis einschließlich 9. August 2011 herab- bzw. festgesetzt wird.  Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z9 und
7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009
(= in der zu den Tatzeiten 23.07.2010 und 09.08.2010 geltenden Rechtslage)

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 30 Abs.1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 19. Jänner 2011, 11 Hv 153/10w, wegen

-         dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung

      nach dem § 87 Abs.1 StGB  und

-         dem Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs.1 StGB

zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten – welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw

-         am 21.07.2010 in S. den Herrn MD dadurch, dass er diesem eine Mehrzahl heftiger Faustschläge, Fußtritte und Tritte mit dem Knie in das Gesicht versetzte, eine schwere Körperverletzung, nämlich einem Bruch der Augenhöhle beidseits, einen Jochbeinbruch, einen Nasenbeinbruch, eine Verletzung an der rechten Schulter und eine Verletzung am rechten Knie absichtlich zugefügt hat und

-         am 09.08.2010 in L. dem Herrn NA Faustschläge in das Gesicht versetzt und diesen dadurch in Form einer Schädelprellung und einer blutenden Wunde im Innenbereich der Oberlippe vorsätzlich am Körper verletzt hat.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin dem Bw mit dem in der Präambel
zitierten Bescheid idF des Berichtigungsbescheides gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-     die Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von acht Monaten,

   gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides

    (= 16. Februar 2011) entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-KFZ verboten und

-     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt,
von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 25. März 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7 leg.cit.) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht
auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur ua.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden;  VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062 und vom 22.01.2002, 2001/11/0196 jeweils mit Vorjudikatur.

 

Bei der Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG ist die besondere Brutalität des Bw zu berücksichtigen, mit welcher er am 27.07.2010 gegen Herrn MD vorgegangen ist.

Aufgrund dieser Sinnesart ist anzunehmen, dass der Bw beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird –

insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr.

VwGH vom 23.04.2002, 2001/11/0346.

 

Unter Berücksichtigung der besonderen Brutalität der Tathandlung am 21.07.2010, sowie der nur kurz danach (am 9.8.2010) erfolgten Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB wird somit die Prognoseentscheidung getroffen,
dass beim Bw die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit 1 Jahr – gerechnet ab
der letzten Tathandlung (= 9. August 2010) – beträgt.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;  VwGH vom 17.03.2005, 2005/11/0057.

 

 

 

Es wird daher

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen sowie

-         die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen

auf den Zeitraum 16. Februar 2011 (= Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) bis einschließlich 9. August 2011 herab- bzw. festgesetzt.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen;

VwGH vom 1.10.1996, 96/11/0195 sowie die Beschlüsse des VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05  und  des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

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