Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281300/5/Py/Pe/Hu

Linz, 10.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Andrea Panny, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24,2011, Ge96-64-2010, wegen Übertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen auf jeweils 800 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 37 Stunden herabgesetzt. Der Schuldspruch hat wie folgt zu lauten: „Geldstrafe je 800 Euro in drei Fällen, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 37 Stunden in drei Fällen“. Die Gesamtstrafe beträgt daher 2.400 Euro.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 240 Euro, für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24. Jänner 2011, Ge96-64-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG eine Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 450 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Der Beschuldigte, Herr x, geb. am x, x, hat als verwaltungsstrafrechtlicher Gewerbeinhaber (Zimmermeistergewerbe im Standort x) am 29.9.2010 bei der Baustelle in x, von 3 Arbeitern des Betriebes (x, x und x) Arbeiten auf dem ca. 22° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 7,0 m durchführen lassen, wobei keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Abstutzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen (wie insbesondere Dachfanggerüste) vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass den Arbeitgeber die Verpflichtung träfe, für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen Sorge zu tragen. Im gegenständlichen Fall sei es vom Beschuldigten unterlassen worden, die Arbeitnehmer rechtzeitig und im notwendigen Ausmaß anzuweisen, sodass keine gesetzwidrigen Handlungen in fahrlässiger Weise hätten begangen werden können. Die Absturzhöhe habe ca. 7,0 m betragen, es seien keinerlei Sicherheitseinrichtungen, weder technische noch persönliche, auf der Dachfläche vorhanden gewesen und es habe durch die regnerische Witterung erhöhte Rutschgefahr bestanden.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass als strafmildernd das Nichtvorliegen von Verwaltungsvorstrafen zu werten war, straferschwerende Gründe seien nicht vorgefunden worden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind mangels Angaben des Beschuldigten geschätzt worden. Es erscheint die verhängte Geldstrafe angemessen und stellt sie keine Gefährdung des Unterhalts dar.

 

2. Dagegen wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und die Strafhöhe angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass nunmehr die Bilanzierung des Geschäftsjahres vorliege und dieses für die Geschäftsjahre 2009 und 2010 ein negatives Wirtschaftsergebnis aufweisen würden, weshalb die verhängte Geldstrafe zu hoch sei. Es wurde die Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 8. Februar 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

 

4.1. Mit Schreiben vom 15. Februar 2011 wurde das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und Parteiengehör gewahrt. Mit Schreiben vom 23. Februar 3011 legte das Arbeitsinspektorat Linz ein Foto der gegenständlichen Baustelle vor und führte aus, dass auf dem Foto erkennbar sei, dass eine erhöhte Rutschgefahr durch das nasse Dach vorgelegen habe. Das Nichtvorhandensein von jeglichen Schutzeinrichtungen auf der Baustelle zeige, dass seitens des Bw keine Maßnahmen gesetzt bzw. geplant gewesen seien. Eine wirtschaftlich schlechte Situation des Betriebes würde es nicht rechtfertigen, den Schutz der Arbeitnehmer außer Acht zu lassen, weshalb die Bestätigung des Straferkenntnisses beantragt wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet ist, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 € bis 7.260 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14.530 € zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Geldstrafe von 4.500 Euro verhängt. Die Strafbemessung erfolgte nach den Bestimmungen des § 19 VStG. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen zugrunde gelegt.

 

Eingangs ist auszuführen, dass es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnis vom 26.7.2002, Zl. 2002/02/0037 mwN) entspricht, dass mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Wird trotz der namentlichen Nennung der beschäftigten Arbeitnehmer der Beschuldigte lediglich einer Verwaltungsübertretung für schuldig befunden, hat die Behörde dadurch gegen das in § 22 VStG normierte Kumulationsgebot verstoßen.

 

Entsprechend dieser Judikatur war daher – wie auch in der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 6.10.2010 beantragt – eine Geldstrafe je Arbeitnehmer auszusprechen und dies im Spruch entsprechend richtig zu stellen. Der Bw wird in keinen Rechten durch diesen Ausspruch verletzt. Gleiches gilt auch für die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe, welche ebenfalls je Delikt und daher je Arbeitnehmer festgesetzt wird.

 

Trotzdem erscheint dem Oö. Verwaltungssenat die von der belangten Behörde verhängte Gesamtgeldstrafe als zu hoch bemessen, da der Bw keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen im Zeitpunkt der Tatbegehung aufweist. Weiters ist dem Bw zugute zu halten, dass er die Verwaltungs­übertretung grundsätzlich eingestanden hat und keine nachteiligen Folgen hervorgetreten sind, weshalb dem Oö. Verwaltungssenat die nunmehr verhängten Geldstrafen von jeweils 800 Euro noch als tat- und schuldangemessen erscheinen. Eine weitere Herabsetzung stand jener Umstand entgegen, dass der Bw die Gesundheit der Arbeitnehmer in hohem Ausmaß gefährdet hat, da keinerlei Sicherheitseinrichtungen vorlagen. Die herabgesetzten Geldstrafen sind auch den Einkommensverhältnissen des Bw angepasst und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, wobei der Bw darauf hingewiesen wird, dass bei weiteren Übertretungen mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen ist.

 

Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen waren.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen war auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

6. Gemäß § 64 war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde mit 10 % entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafen neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum