Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231245/2/BP/Gr

Linz, 19.04.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 29. März 2011, GZ.: S-59.298/10-2, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Strafausmaß auf eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 10 Euro herabgesetzt werden, im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64ff. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom
29. März 2011, GZ.: S-59.298/10-2, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt, weil er, wie bei einer Überprüfung am 27. November 2010 festgestellt worden sei, sich als Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes in Österreich seit 12. November 2010 unrechtmäßig aufgehalten habe, da er weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, er nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihm eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukomme und er nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 Abs. 1 FPG genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an.

 

Insbesondere weist sie darauf hin, dass gegen den Bw mit Bescheid des BAA, Außenstelle Linz vom 11. November 2010 eine Ausweisung wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet ausgesprochen worden sei. Die Erhebung einer Beschwerde gegen den negativen Bescheid des Asylgerichtshofes führe dagegen nicht zu einem Aufenthaltsrecht.

 

Wegen des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sei die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine rechtzeitige Berufung mit Telefax vom 5. April 2011.

 

Darin wird der Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses gestellt.

 

Begründend wird angeführt, dass das in Rede stehende Asylverfahren - aufgrund der noch ausständigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über eine diesbezüglich eingebrachte Beschwerde – nicht endgültig abgeschlossen und somit der unrechtmäßige Aufenthalt noch nicht dokumentiert sei. Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid nichtig, da § 120 FPG, auf den er sich beziehe vom Verfassungsgerichtshof unter G 53/10 vom 9. März 2011 ersatzlos aufgehoben worden sei.  

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 8. April 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw in keinster Weise bestritten – feststand, lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und kein diesbezüglicher Parteienantrag vorlag, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem –völlig unwidersprochen gebliebenen -  unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

Somit steht fest, dass mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20. Oktober 2010, GZ.: E7 261.702-0/2008/6E, ein Asylantrag des Bw rechtskräftig negativ beschieden wurde, worauf über ihn mit Bescheid des BAA-Außenstelle Linz vom 11. November 2010, GZ.: 0323273-BAL die Ausweisung angeordnet wurde.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten     Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine      Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung       gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten,     innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist grundsätzlich der unrechtmäßige Aufenthalt des Bw – wie im angefochtenen Bescheid  ausgeführt – nicht in Zweifel zu ziehen. Der belangten Behörde folgend ist festzuhalten, dass das Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 20. Oktober 2010 in Rechtskraft erwachsen ist; dies unabhängig davon, ob der Bw dagegen ein außerordentliches Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof ergriffen hat oder nicht. Auch liegt eine darauffolgende Ausweisungsentscheidung des BAA vom 11. November 2010 vor. Es ist somit völlig klargestellt, dass sich der Bw auf keinen der Ausnahmetatbestände des § 31 FPG stützen kann, weshalb die belangte Behörde zurecht vom Vorliegen des objektiven Tatbesttandes ausgehen konnte.

 

3.3. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw machte jedoch keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Entlastungsbeweis darzustellen. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

 

3.4. Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

Zum Zeitpunkt der Strafbemessung war die belangte Behörde gehalten, § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, anzuwenden und hatte daher auf die vorgesehene Mindeststrafe von 1 000 Euro abzustellen. Mit Erkenntnis vom 9. März 2011, G 53/10-7 u.a, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 1 000 Euro" in Abs. 1 und die Wendung "1" in Abs. 4 des       § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgeführt, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung der Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Bundeskanzler am 4. April 2011 im BGBl. I Nr. 17/2011, kundgemacht.

 

Ohne auf die Problematik des § 1 Abs. 2 VStG näher einzugehen, bedeutet die Aufhebung der Mindeststrafe durch den Verfassungsgerichtshof für den vorliegenden Fall, dass die ursprünglich im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe nicht mehr anzuwenden ist. Entgegen der Ansicht des Bw bleibt allerdings durch die Aufhebung das Delikt an sich und die Strafnorm hinsichtlich des Höchstausmaßes des Strafrahmens weiterhin in Kraft.

 

Unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 19 VStG erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates ein Strafausmaß von 100 Euro (korrespondierend die Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden) als tat- und schuld angemessen.

 

In diesem Sinne war auch der Ausspruch über den Ersatz der Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde adäquat herabzusetzen.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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