Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150827/6/Re/Hue

Linz, 27.04.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat x , x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Dezember 2010, Zl. BauR96-242-2009/Va, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
34 Stunden verhängt, weil er am 20. März 2009, 7.57 Uhr, als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen x die A7 bei km 000.853, Gemeinde Ansfelden, in Fahrtrichtung Knoten Linz benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er am 26. Mai 2009 die Ersatzmaut für den Kontrollfall Nr. 770012009040115204437 beglichen habe. Deshalb sei bereits am 23. Juli 2009 Einspruch erhoben worden. In der Begründung des angefochtenen Bescheides beziehe man sich jedoch auf eine andere Kontrollfall-Nr. 770012009032006575665. Von der ASFINAG habe der Bw auf Anfrage erfahren, dass es sich bei der Kontrollfall-Nr. 770012009032006575665 um eine Übertretung am 20. März handle. Dies bedeute, dass die Erstinstanz eine Strafverfügung zur Kontrollfall-Nr. 770012009040115204437 für eine Übertretung am 1. April 2009 zugestellt hätte, für welche jedoch die Ersatzmaut einbezahlt worden sei. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis sei eine weitere Übertretung innerhalb von 11 Tagen "angezeigt worden". Aufgrund der kurzen Zeitabstände der beiden Übertretungen werde um Strafmilderung bzw. –erlass ersucht. Die Ersatzmaut für den Kontrollfall Nr. 770012009040115204437 wäre rechtzeitig einbezahlt worden.

Die Vignette sei Ende 2008 erworben jedoch nicht aufgeklebt worden. Dies sei ein Verschulden des Bw. Es möge jedoch in Betracht gezogen werden, dass der Bw nach einem längeren Arbeits-Auslandsaufenthalt zwischen dem alten und dem neuen Jahr nicht sofort an das Aufkleben der Vignette gedacht hätte. Die Vignette sei dann einige Tage nach der Rückkehr des Bw am 2. April 2009 aufgeklebt worden.

Als Beilage ist die Kopie eine Überweisungsbestätigung an die ASFINAG über 120 Euro vom 26. Mai 2009 angeschlossen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 29. April 2009, Zl. 77012009032006575665, zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs.4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 31. März 2009 schriftlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 4. Juni 2009 brachte der Bw vor, dass er die Ersatzmaut zu dieser Übertretung mit der Kontrollfall Nr. 770012009040115204437 bereits überwiesen hätte. Die Vignette sei Ende 2008 erworben, aber nicht aufgeklebt worden. Als Beilage ist ein Überweisungsbeleg vom 26. Mai 2009 angeschlossen.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 1. September 2009 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass eine Ersatzmaut zum Delikt Nr. 770012009040115204437 auf dem ASFINAG-Konto eingegangen sei. Die Ersatzmaut für die gegenständliche Übertretung sei nicht überwiesen worden.

Als Beilage sind zwei Beweisfotos angeschlossen.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben ist, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen) ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

4.2. Unbestritten ist, dass zur Tatzeit keine gültige Vignette auf der Windschutzscheibe des Kfz aufgeklebt war. Dies wird auch durch die vorliegenden Beweisfotos belegt. Der Bw hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Wenn der Bw vorbringt, er habe Ende 2008 eine Vignette gekauft, diese aber nach einem Auslandsaufenthalt nicht sofort aufgeklebt, ist entgegen zu halten, dass es nicht auf den Kauf sondern auf das ordnungsgemäße Aufkleben vor Benutzung einer Mautstrecke ankommt. Alleine der Kauf einer Vignette reicht zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Mautentrichtung nicht aus.

 

Der Bw bringt vor, er habe die Ersatzmaut für das Delikt Nr. 770012009040115204437 rechtzeitig einbezahlt. Er übersieht dabei jedoch, dass es sich bei der Kontrollfall-Nr. 770012009040115204437 nicht um die gegenständliche sondern um eine weitere Übertretung des BStMG (an einem anderen Tag) gehandelt hat. Für das gegenständliche Delikt vom 20. März 2009 (Kontrollfall-Nr. 77012009032006575665) wurde die Ersatzmaut nicht bezahlt. Der Strafausschließungsgrund des § 20 Abs.3 BStMG ist deshalb nicht zustande gekommen. 

 

Wenn der Bw mit seiner Rechtfertigung, er habe innerhalb von 11 Tagen zwei Anzeigen wegen Übertretungen des BStMG erhalten, die Ansicht vertreten sollte, die beiden Delikte vom 20. März und 1. April 2009 seien als Tateinheit zusammenzufassen, ist zu entgegnen, dass ein fortgesetztes Delikt dann gegeben ist, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 18.3.2004, Zl. 2003/05/0201).

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes neuerliche Auffahren auf die Autobahn löst die Lenkerpflichten (im gegenständlichen Fall: das Aufkleben einer gültigen Vignette auf die Windschutzscheibe bzw. die Überprüfung des Vorhandenseins einer solchen Vignette auf der Windschutzscheibe) aus. Bei Missachtung der Lenkerpflichten beginnt somit mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung.

 

Der Bw muss zwischen dem 20. März und 1. April 2009 die mautpflichtige Strecke verlassen haben bzw. später auf eine solche wiederum aufgefahren sein. Dies ergibt sich in erster Linie aus der zeitlichen Distanz der beiden Tage. Gegenteiliges wurde vom Bw nicht vorgebracht.

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für die von ihm angesprochenen Verwaltungsübertretungen am 20. März und 1. April 2009 getrennte Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerpflichten schlagend werden.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine Rechtsunkenntnis bzw. eine Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken. Selbst ausländische Lenker sind verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Insbesondere wirkt nicht entschuldigend, dass der Bw nach einem Auslandsaufenthalt vergessen habe, die Vignette aufzukleben. Trotz Zweifel (das selbe Delikt wurde mindestens zweimal innerhalb eines Zeitraumes von 11 Tagen begangen) sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw übersehen hat, eine gültige Vignette vor Benützung einer Mautstrecke auf die Windschutzscheibe des Kfz aufzukleben.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Weshalb die Tatsache, dass der Bw in einem Zeitraum von 11 Tagen das selbe Delikt zumindest zweimal begangen hat, mildernd wirken soll, ist nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind. Der Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit ist deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke eine gültige Mautvignette auf die Windschutzscheibe des Kfz ordnungsgemäß aufkleben hätte müssen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis waren zusätzlich gem. § 64ff VStG die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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