Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165676/9/Sch/Eg

Linz, 10.05.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27. Dezember 2010, Zl. VerkR96-2577-2010, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. April 2011 wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird hinsichtlich Fakten 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Im Übrigen (Faktum 1)) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt werden.

 

II.               Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 15 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 bzw. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 27. Dezember 2010, VerkR96-2577-2010, über Herrn x wegen Verwaltungsübertretungen nach

1) § 4 Abs. 5 StVO 1960,

2) § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 und

3) § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960

Geldstrafen von

1) 200 Euro (101 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe)

2) 250 Euro (134 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und

3) 250 Euro (134 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe)

verhängt, weil er am 9. November 2010, 18.47 Uhr, in der Gemeinde Scharten, Gemeindestraße Ortsgebiet, Raxham Gemeindestraße,

1) auf Höhe Haus 31, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe

2) mit einem Verkehrsunfall  in ursächlichen Zusammenhang gestanden sei und an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt habe, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen

3) als Lenker des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von insgesamt 70 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt erörtert. Unbestritten ist, dass der Berufungswerber als Lenker eines PKW an der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit einen Verkehrsunfall mit Sachschaden insofern verursacht hat, als es zu einer Berührung des Außenspiegels links seines Fahrzeuges mit jenem eines entgegen kommenden PKW kam. Dabei wurde der Spiegel des gegnerischen Fahrzeuges stark beschädigt. Der Berufungswerber bestritt auch nicht, dass er die Berührung der beiden Fahrzeugspiegel wahrgenommen hat.

 

Bei der Verhandlung gab der Berufungswerber an, er habe unmittelbar nach der Berührung sein Fahrzeug angehalten und auch bemerkt, dass das gegnerische Fahrzeug in einiger Entfernung von ihm angehalten worden war. Dann verschwanden allerdings die Rücklichter des letztgenannten Fahrzeuges in der Dunkelheit. Als später ein Fahrzeug wiederum hinter ihm auftauchte, kam es dem Berufungswerber nicht in den Sinn, dass dies das Fahrzeug gewesen sein könnte, mit dem es gerade zu einer Berührung gekommen war. Er nahm daher an, dass der gegnerische Fahrzeuglenker ebenfalls die Unfallstelle verlassen hätte, dies insbesondere deshalb, da allenfalls – so wie beim Fahrzeug des Berufungswerbers – auch am gegnerischen Fahrzeug durch die Berührung kein Schaden entstanden sein könnte.

 

Der zeugenschaftlich einvernommene Zweitbeteiligte gab bei der Verhandlung an, dass er, nachdem er nach der Berührung angehalten hatte, in eine Querstraße eingebogen war, um dort zu wenden. Für diesen Zeitraum konzendierte, dass ihn hier der Berufungswerber allenfalls vorübergehend nicht gesehen haben könnte. Als er sich dann wieder hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers zur Nachfahrt begeben hatte, habe er wahrgenommen, dass dieser keine Anstalten machte, allenfalls vorübergehend später an einer geeigneten Örtlichkeit anzuhalten. Er gab einmal ein Zeichen mit der Lichthupe, dann ließ er die Sache auf sich beruhen in der Annahme, dass es mit dem gegnerischen Fahrzeuglenker zu keiner Schadensregulierung an Ort und Stelle mehr kommen würde.

Sodann erfolgte durch den Zeugen die Meldung des Vorganges bei der Polizei in Eferding.

 

Die Schilderungen des Zeugen decken sich im Wesentlichen mit jenen des Berufungswerbers. Es kann also davon ausgegangen werden, dass, über welchen Zeitraum auch immer, das Fahrzeug des Zeugen aus dem Blickfeld des Berufungswerbers verschwunden war. Der Zeuge nahm zwar an, dass ihn der vorausfahrende Berufungswerber als jenen Fahrzeuglenker zuordnen könne, mit dem er gerade einen Spiegel touchiert hatte. Genauso gut denkbar ist allerdings auch, dass er das geschilderte Wendemanöver nicht mitbekommen haben könnte. Diesfalls wäre der Schluss, den der Berufungswerber gezogen hat, nämlich, dass das nachfolgende Fahrzeug  mit dem Unfall nichts zu tun gehabt hatte, auch nicht von der Hand zu weisen.

Das Anhalten und Verbleiben an der Unfallstelle macht bekanntermaßen keinen Sinn, wenn der zweitbeteiligte Fahrzeuglenker die Unfallstelle verlässt. Zum Vorfallszeitpunkt herrschte nach der gegebenen Jahreszeit bereits Dunkelheit, sodass, wenn man im Hinblick auf die Identifizierung eines anderen Fahrzeuges bloß die Schlussleuchten bzw. in der Folge die Scheinwerfer bei der Nachfahrt sieht, auch bei gehöriger Aufmerksamkeit ein Irrtum unterlaufen kann in der Form, wie ihn der Berufungswerber für sich in Anspruch nimmt. Ein Anhalten und in der Folge ein Verbleiben an der Unfallstelle setzt im Hinblick auf den Sinn und Zweck der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen voraus, dass nicht der andere Unfallbeteiligte die Unfallstelle verlassen hat (vgl. etwa VwGH 6.4.1978, 754/77).

 

Bei der Berufungsverhandlung hat der zweitbeteiligte Fahrzeuglenker zum Ausdruck gebracht, dass beim Berufungswerber der Eindruck entstanden sein konnte, er habe die Unfallstelle verlassen. Angesichts der hier angegebenen besonderen Sachverhaltskonstellation kann nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht mit einer für ein verurteilendes Erkenntnis ausreichenden Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber Verstöße gegen § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 zu vertreten hätte.

 

4. Anders verhält es sich im Zusammenhang mit der Meldepflicht im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO 1960. Aufgrund der Berührung der beiden Außenspiegel im Gegenverkehr hätte der Berufungswerber nicht so ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der gegnerische Unfallbeteiligte die Unfallstelle deshalb verlassen hat, weil an seinem Fahrzeug kein Schaden entstanden wäre. Bekanntermaßen gibt es auch andere Gründe, weshalb ein Fahrzeuglenker nach einem Verkehrsunfall die Unfallstelle verlässt. Da es zu keinem Identitätsnachweis gekommen ist, wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, den Vorgang bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Eine solche Meldung ist allerdings nicht erfolgt, weshalb ihm der Vorwurf zu machen ist, dass er der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 5 StVO 1960, nämlich der Verpflichtung zur Meldung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub, nicht entsprochen hat.

 

5. Zur Strafbemessung:

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalls hintan gehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Angesichts dieser Erwägungen wäre die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro durchaus angemessen. Andererseits muss dem Berufungswerber aber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute gehalten werden. Dieser lässt erwarten, dass auch mit der herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um ihn künftighin wiederum zur genauen Einhaltung der einschlägigen Verkehrsvorschriften zu bewegen.

Dazu kommt noch, dass der Berufungswerber bei der Verhandlung glaubwürdig angegeben hat, derzeit in finanziell etwas eingeschränkten Verhältnissen leben zu müssen. Dieser Umstand durfte gemäß § 19 Abs. 2 VStG auch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Unbeschadet dessen muss vom Berufungswerber aber die Bezahlung des nunmehr festgesetzten Strafbetrages ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung erwartet werden.



Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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