Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252567/7/Kü/Ba

Linz, 04.05.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn Ing. X X, vertreten durch Anwaltssocietät X & Partner, X, X; vom 19. August 2010, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juli 2010, GZ. 0051546/2009, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. März 2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF            iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991       idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juli 2010, GZ. 0051546/2009, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1 Z1 lit. a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 34 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma X Bau GmbH mit dem Sitz in X, X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Firma als Beschäftiger von 18.05.2009 bis zumindest 22.06.2009 auf der Baustelle "X" in X die nachfolgend angeführten ungarischen Staatsbürger, die der oa. Firma zur Arbeitsleistung durch die Firma X X, X, X überlassen wurden, als Arbeiter – beschäftigt mit Maurerarbeiten – beschäftigt wurden, obwohl Ihnen für diese Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder die Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzen:

1.     Herr X X, geboren X, wohnhaft X, X und

2.     Herr X X X, geboren X, wohnhaft X, X."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf den Umstand hingewiesen habe, dass es sich gegenständlich um einen Werkvertrag gehandelt habe, der in keinster Weise unter den Tatbestand der Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des §  2 Abs.4 AuslBG bzw. § 4 Abs.1 AÜG als Arbeitskräfteüberlassung zu subsumieren sei.

 

Dessen ungeachtet habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz das gegenständliche Straferkenntnis erlassen, ohne sich substantiiert mit dem Vorbringen des Bw auseinanderzusetzen bzw. hier weitere Beweise zu erheben oder sich mit den beigefügten Beweismitteln inhaltlich auseinanderzusetzen, was die Entscheidung im Ergebnis rechtswidrig mache.

 

Die Firma Baubetrieb X X, X (X), X sei als Subunternehmer für die X Bau GmbH tätig gewesen. Aus dem Auftragsschreiben vom 28.4.2009 gehe eindeutig und unwidersprüchlich hervor, dass die allgemeinen Vorbemerkungen sowie ein Leistungsverzeichnis mit den allgemeinen technischen Vorbemerkungen und Ausführungsplänen und sonstige Ausführungsunterlagen des Auftraggebers dem gegenständlichen Werkvertrag zu Grunde gelegen seien. Die Firma Baubetrieb X X sei mit der Errichtung verschiedener Gewerke laut Leistungs­verzeichnis beauftragt worden. Für das gegenständliche Werk sei ein Gesamtentgelt in Höhe von 411.946,00 Euro (exkl. MwSt) vereinbart worden. Gehe man daher nach den vorliegenden Unterlagen von einer Gesamtbeurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt aus, gelange man zweifelsfrei zu dem Ergebnis, dass ein echter Werkvertrag und nicht eine Überlassung von Arbeitskräften vorgelegen sei.

 

Die von der Firma X Bau GmbH beauftragte Firma Baubetrieb X X habe für die übernommenen Leistungen auch die Haftung gemäß Punkt 7 des gegenständlichen Werkvertrages (Haftung) sowie die Gewährleistung (Punkt 9) in die allgemeinen Vorbemerkungen übernommen.

 

Die Mitarbeiter der Firma Baubetrieb X X, Herr X und Herr X hätten in ihren Aussagen vor dem Finanzamt Grieskirchen Wels unmissverständlich angegeben, dass sie als Maurer bei der Firma X X in X seit 5.11.2008 bzw. 7.7.2008 beschäftigt seien. Die von den Mitarbeitern der Firma Baubetrieb X X geleisteten Stunden seien in einem Regiebericht aufgenommen worden und vom Auftraggeber als richtig anerkannt unterfertigt worden. Ferner habe der Auftragnehmer in diesem Zusammenhang auch ein Bautagebuch geführt, aus dem die Fortschritte für die Errichtung der verschiedenen Gewerke eindeutig ersichtlich seien und auch für den Auftraggeber protokolliert worden seien.

 

Die Mitarbeiter der Firma Baubetrieb X X seien ausschließlich für die Errichtung des vertraglich vereinbarten Werkes, nämlich konkrete Maurerarbeiten und Versetzarbeiten sowie Beton- und Stahlbetonarbeiten und Schalungsarbeiten zu einem Gesamtentgelt in Höhe von 411.956,00 Euro für die Firma X tätig gewesen.

 

Die Begründung, dass Mitarbeiter der Firma X nicht außerhalb der Arbeitszeiten der Firma X Bau auf der Baustelle tätig gewesen seien, finde die Grundlage in den Arbeitnehmerschutzvorschriften, zumal die Firma X Bau GmbH für die Einhaltung dieser auch verantwortlich gewesen sei. Weiters sei in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hinzuweisen, dass gerade bei einem Werkvertrag sich der Werkunternehmer an die Vorgaben des Werkbestellers zu orientieren habe. So obliege es dem Auftraggeber, auch die entsprechenden Zeiten vorzugeben, in denen das Werk zu errichten sei. Die Argumentation, dass die Mitarbeiter der Firma X nicht außerhalb der Arbeitszeiten der Firma X Bau GmbH auf der Baustelle tätig gewesen seien, stelle keinesfalls eine substantiierte Begründung für das Nichtvorliegen eines Werkvertrages dar.

 

Dem Bw seien neben Bestätigungen der Österreichischen Sozialversicherung über die Anmeldung der beiden Arbeitnehmer zusätzlich auch Bestätigungen des AMS vorgelegt worden, aus denen unzweifelhaft hervorgegangen sei, dass Beschäftigungsbewilligungen für die beiden Mitarbeiter der Firma X X im maßgeblichen Zeitraum auch vorgelegen seien. Auf Grund der Tatsache, dass der Auftraggeber immer davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem gegenständlichen Vertragsverhältnis um einen Werkvertrag gehandelt habe, und der Werkunternehmer auch die geforderten Unterlagen habe vorlegen können, könne dem Bw keinesfalls eine Schuld- bzw. eine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, sodass auch der subjektive Tatbestand als keinesfalls erfüllt angesehen werden könne.

 

Ferner würde in eventu der Antrag gestellt, die Strafe nachzusehen, wie das im gerichtlichen Strafrecht – und zwar bei viel schwereren Straftaten – üblich sei.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat die Berufung mit Schreiben vom 30.3.2010, eingelangt am 6.9.2010, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafe verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. März 2011, an welcher der Rechtsvertreter des Bw, der zweite Geschäftsführer der X Bau GmbH sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben. Als Zeuge wurde in der mündlichen Verhandlung Herr X X einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Bau GmbH mit dem Sitz in X, X. Bei der Baustelle X war die X Bau GmbH als Generalunternehmer tätig. In Fällen, in denen die X Bau GmbH als Generalunternehmer tätig ist, ist es üblich, dass für ca. 60 % der Gewerke wie Heizung, Elektro, Sanitär und Außenanlagen Subunternehmer beigezogen werden.

 

Auf der gegenständlichen Baustelle wurde zudem für Maurerarbeiten, Schalungs- und Betonierarbeiten die Firma Baubetrieb X X, mit dem Sitz in X, X an der Melk, welche über das Baumeistergewerbe verfügt, eingesetzt. Zwischen der X Bau GmbH und der Firma Baubetrieb X X wurde am 28. April 2009 bezüglich des Bauvorhabens Wohnanlage X der Auftrag zur Durchführung von Maurerarbeiten zum vorläufigen Gesamtpreis von 411.956,09 Euro (exkl. MwSt) vereinbart. Festgelegt sind in diesem Auftrag die Termine bezüglich Arbeitsbeginn und Rohbau der Häuser 1 bis 5. Als bauseitige Leistungen werden die Baustoffe, Baustellenkran und Ziegelschneidmaschine, Pausenunterkunft und Sanitärzelle, Beistellung Bockgerüst, Vermessung gemeinsam Auftraggeber und Auftragnehmer, festgelegt.

 

Weitere Grundlage des Auftrages bilden die allgemeinen Vorbemerkungen (Auflage Februar 2006) mit den darin festgelegten Angebotsgrundlagen und die Baustellenordnung bzw. Vorbemerkungen hinsichtlich "Bauarbeiter­schutz­verordnung und Baustellenkoordination2 (Auflage Februar 2006) der X Bau GmbH, weiters das Leistungsverzeichnis mit den allgemeinen und technischen Vorbemerkungen sowie die Ausführungspläne und sonstigen Ausführungs­unterlagen des Auftraggebers.

 

In der Auftragsbestätigung vom 11.5.2009 erklärt die Firma Baubetrieb X X unter anderem, dass Mängel ihre Leistung betreffend unverzüglich vom Auftraggeber gemeldet werden müssen und die Abnahme gemeinsam nach Fertigstellung der Arbeiten erfolgt.

 

Auf Grundlage dieses Auftrages wurden auf der gegenständlichen Baustelle Maurer- und Schalungsarbeiten von der Firma Baubetrieb X X auch im fraglichen Zeitraum Mai und Juni 2009 durchgeführt. Der Vorarbeiter der Baubetrieb X X, Herr X X, war im Besitz der Pläne für die Maurerarbeiten. Die Firma Baubetrieb X X führte die beauftragten Maurerarbeiten mit eigenem Personal eigenständig durch, ohne dass es zu vermischten Arbeitseinsätzen mit Arbeitern der Firma X Bau GmbH gekommen ist. Erst nach Abschluss der Maurerarbeiten hat es Kontrollen durch den Polier der X Bau GmbH gegeben.

 

Zu Überschneidungen der Arbeitsleistungen der X Bau GmbH und der Baubetrieb X X GmbH ist es nicht gekommen. Die Arbeiter der Firma Baubetrieb X X konnten sich die Arbeitszeiten frei einteilen und waren an keine Vorgabezeiten der X Bau GmbH gebunden. Es bestanden keine Meldepflichten der Arbeiter der Firma Baubetrieb X X gegenüber der X Bau GmbH. Es war Sache der Firma X mit wie vielen Leuten  die Maurerarbeiten durchgeführt wurden. Die Firma X war nur an Terminvorgaben gebunden.

 

Die Arbeiter der Firma Baubetrieb X X wurden vom Vorarbeiten X eingeteilt. Sie verwendeten eigenes Handwerkzeug. Ebenso wurden die Pausen vom Vorarbeiter vorgegeben. Es hat keine organisatorische Eingliederung in die Tätigkeiten der X Bau GmbH gegeben.

 

Das Aufreißen der aufzustellenden Mauern ist im Zusammenwirken zwischen dem Vorarbeiter der X Bau GmbH und dem Vorarbeiter der Firma Baubetrieb X X durchgeführt worden. Ebenso wurden planliche Änderungen vom Vorarbeiter der  X Bau GmbH an den Vorarbeiter der Firma Baubetrieb X X weitergegeben, da die Änderungen der Wohnungen in den übergebenen Plänen nicht eingezeichnet gewesen sind.

 

Vom Vorarbeiter der Baubetrieb X X GmbH wurden Stundenaufzeichnungen über den Einsatz der eigenen Leute in den Bautagesberichten  geführt, welche vom Polier der X Bau GmbH gegengezeichnet wurden. Für den Fall, dass es zu Planänderungen gekommen ist, wurden in einem Regiebericht Stundenaufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden geführt. Diese dienten der Firma Baubetrieb X X als Abrechnungsgrundlage für Regiearbeiten.

 

Am 22.6.2009 wurde die Baustelle X von Beamten des Finanzamtes Grieskirchen Wels kontrolliert. Die Beamten hielten fest, dass vor Ort kein abgrenzbares Werk des Subunternehmers Baubetrieb X X festgestellt werden konnte. Die beiden angetroffenen ungarischen Staatsangehörigen X X und X X, welche über Beschäftigungsbewilligungen für die Tätigkeit als Maurer für den Arbeitgeber Baubetrieb X X verfügten, wurden von den Organen der Finanzverwaltung zur Anzeige gebracht, zumal sie davon ausgegangen sind, dass diese ausländischen Staatsangehörigen als überlassene Arbeitskräfte für die X Bau GmbH tätig geworden sind. Die beiden Ausländer haben bei der Kontrolle gegenüber den Finanzbeamten angegeben, dass sie bei der Firma Baubetrieb X X als Maurer beschäftigt sind.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den genannten schriftlichen Unterlagen, insbesondere dem Auftragsschreiben sowie den im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Abrechnungen und Bautagesberichten. Weiters wird vom einvernommenen Zeugen X bestätigt, dass es keine Überschneidungen der Arbeitsbereiche der Arbeiter der X Bau GmbH sowie der Firma Baubetrieb X X gegeben hat und er als Vorarbeiter seinen Arbeitern die Tätigkeitsbereiche zugewiesen hat. Insofern konnte die eigenständige Tätigkeit der Arbeiter der Firma Baubetrieb X X  auf der gegenständlichen Baustelle festgestellt werden. Die Ausführungen zur Kontrolle ergeben sich aus dem vom Finanzamt Grieskirchen Wels erstellten Strafantrag vom 4. November 2009.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 4 Abs.1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 4 Abs.2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.   kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.   die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werk­unternehmers leisten oder

3.   organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.   der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

5.2. Vorweg ist festzuhalten, dass um die Verwendung von ausländischen Arbeitskräften als Beschäftigung im Sinn des § 3 Abs.1 AuslBG zu qualifizieren, es keinen Unterschied macht, ob derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, selbst Arbeitgeber der Ausländer ist, oder ob im Sinn des § 2 Abs.2 lit.e AuslBG in Verbindung mit dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) die Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfolgt. In beiden Fällen ist derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder Anzeigebestätigung zu sein, und ohne dass der Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt, wegen Übertretung des § 3 Abs.1 AuslBG gemäß § 28 Abs.1 Z 1 lit.a AuslBG strafbar.

 

In § 2 Abs. 2 AuslBG wurde ein eigener Beschäftigungsbegriff - abweichend vom Sozialversicherungsrecht und Arbeitsvertragsrecht - geschaffen, der vor allem den spezifischen Gegebenheiten und verschiedenen Formen, unter denen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt tätig werden können, Rechnung trägt und damit jede Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit erfasst, gleichgültig ob es sich um ein Arbeitsverhältnis, um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis, um ein Ausbildungsverhältnis oder um eine sonstige bloße Tätigkeit in Österreich handelt.

 

Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG vorliegt, ist gemäß § 2 Abs.4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. In Anwendung dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Frage, ob die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen eines Ausländers als Entgegennahme einer Leistung im Rahmen eines "echten Werkvertrages" oder als Verwendung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses oder die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 AÜG anzusehen ist, ausgesprochen, dass es für die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses nicht entscheidend ist, in welche zivilrechtliche Form dieses gekleidet ist. Maßgeblich für diese Beurteilung ist vielmehr die Beurteilung sämtlicher für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im konkreten Fall sprechender Umstände, die nicht isoliert voneinander gesehen werden dürfen, sondern in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht zu bewerten sind (vgl. VwGH vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0030 mwN). In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente nicht ausreichend ist, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenslage Gegenteiliges ergibt.

 

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. VwGH 23.5.2007, Zl. 2005/08/0003, 16.10.2008, Zl. 2008/09/0232-3).

 

5.3. Den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zufolge, insbesondere den vorliegenden Vereinbarungen, wurden vom Generalunternehmer X Bau GmbH die Maurerarbeiten betreffend Häuser 1 bis 5 der Wohnanlage X an den Baumeisterbetrieb X X vergeben. Auf Grundlage des Bestandteils des auftragsbildenden Leistungsverzeichnisses sowie der übergebenen Baupläne ist eindeutig und klar abgrenzbar, welche Verpflichtung die Firma X gegenüber der X Bau GmbH eingegangen ist. Die Firma X haftet für die ordnungsgemäße Ausführung der Maurerarbeiten und zeigt sich dies insbesondere auch in der Auftragsbestätigung vom 11.5.2009, wonach von der Firma X gefordert wird, dass diverse Mängel ihre Leistung betreffend unverzüglich gemeldet werden müssen. Das Ermittlungsverfahren hat auch ergeben, dass es Sache der Firma X gewesen ist, mit wie viel eigenen Arbeitern die jeweiligen Bauabschnitte zu bearbeiten sind. Die Arbeitseinteilung der Arbeiter wurde vom Vorarbeiter der Firma X vorgenommen, ohne dass es zu organisatorischen Eingliederungen der Arbeiter der Firma X in den Arbeitsablauf der X Bau GmbH gekommen ist. Der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge, welcher als Vorarbeiter der Firma X auf der gegenständlichen Baustelle tätig gewesen ist, bestätigt in seiner Einvernahme, dass es zu keinen Überschneidungen der Arbeitsbereiche der Firma X bzw. der X Bau GmbH gekommen ist. Dass ein Aufreißen der herzustellenden Mauern im Zusammenwirken der Verantwortlichen der beteiligten Firmen, und zwar des Poliers der X Bau GmbH sowie des Vorarbeiters der Firma X stattgefunden hat, kann nicht als Indiz für eine organisatorische Eingliederung gewertet werden, sondern stellt sich vielmehr als übliche Vorgangsweise bei größeren Baustellen dar, zumal vom Generalunternehmer auch die Bauleitung ausgeübt wird. In diesem Umstand allein kann allerdings unter Würdigung der sonstigen Abläufe auf der gegenständlichen Baustelle weder von einer Fachaufsicht oder Weisungsbefugnis durch die X Bau GmbH noch einer organisatorischen Eingliederung der Arbeiter der Firma X gesprochen werden. Die gemäß dem Leistungsverzeichnis durchzuführenden Arbeiten wurden von der Firma X vielmehr eigenverantwortlich ausschließlich ihrer Dispositionsgewalt und ihrem Unternehmerrisiko unterliegend durchgeführt.

 

Hinsichtlich der zu verwendenden Baustoffe wurde bereits im Auftragsschreiben festgelegt, dass dies eine bauseitige Leistung darstellt. Ebenso wurde dies bereits im Vorhinein für Baustellenkran und Ziegelschneidmaschine, Pausenunterkunft und Sanitärzelle und Beistellung Bockgerüst geregelt. Mit dieser Vereinbarung wurde den Vorgaben des § 1166 ABGB entsprochen, wonach die Vertragsparteien die Stoffbeistellung beliebig regeln können. Die zur Durchführung der Maurerarbeiten notwendigen Handwerkzeuge hatten die Arbeiter der Firma X selbst zur Verfügung.

 

Insgesamt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat, dass auf der gegenständlichen Baustelle ein Vermengen der Arbeitserfolge der handelnden Firmen nicht gegeben war, sondern von der X Bau GmbH sowie der Firma Baubetrieb X X abgrenzbare Bereiche bearbeitet wurden und kein Zusammenwirken der Arbeitskräfte stattgefunden hat. Die Firma X hat zudem das unternehmerische Risiko für die fachgerechte Ausführung der von ihr übernommenen Arbeiten getragen. Eine Einweisung in Arbeitsabläufe sowie eine begleitende Kontrolle, die über die bloße Kontrolle der fachgerechten Ausführung hinausgeht, hat es gegenständlich durch die X Bau GmbH nicht gegeben. Stundenaufzeichnungen wurden nur von der Firma Baubetrieb X X geführt und dienten als Basis für die Abrechnung von Regieleistungen. Eine Abrechnung zwischen den beteiligten Firmen über den Einsatz von Arbeitskräften hat es nicht gegeben.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates geht auf Grund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles in Würdigung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes des Sachverhaltes sowie der wirtschaftlichen Interessenslage von der Erfüllung eines Werkvertrages aus. Vorliegend hat daher keine Arbeitskräfteüberlassung nach den Bestimmungen des § 4 Abs.2 AÜG stattgefunden, weshalb dem Bw die Beschäftigung der Ausländer im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG nicht angelastet werden kann. In diesem Sinne war daher dem Berufungsvorbringen Folge zu geben, dass gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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