Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150833/9/Lg/Hue

Linz, 27.04.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 13. April 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des X X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/I. vom 25. Jänner 2011, Zl. BauR96-43-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.    

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden verhängt, weil er am 29. August 2009 um 0.41 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X und einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn bei km 60.184, Gemeinde Ort/I., benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliege.

 

2. In der Berufung brachte der Vertreter des Bw vor, dass die Behörde der im Gesetz normierten Verpflichtung zur entsprechenden Sachverhaltsermittlung nicht nachgekommen sei. Sie habe die entsprechenden Beweismittel nicht gewürdigt (Scheinbegründung) und habe folglich auch nicht rechtliche Schlüsse gezogen, die auf Tatsachen beruht hätten.

Die belangte Behörde liste den Verfahrensgang insofern auf, als die Behauptungen der ASFINAG aber auch die Stellungnahmen des Bw dargestellt worden seien. Die Behörde führe weiters aus, diesen Sachverhalt "erwogen" zu haben. In weiterer Folge würden allerdings nur die gesetzlichen Bestimmungen zitiert und lapidar festgehalten, dass ein Mautaufsichtsorgan deshalb glaubwürdiger sei, als ein "einfacher" Autolenker, weil das Organ im Falle einer wahrheitswidrigen Aussage mit dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Dies sei jedoch eine Scheinbegründung, weil die Behörde die Verpflichtung habe, die einzelnen Aussagen auf den Wahrheitsgehalt zu prüfen und nicht ohne jegliche Begründung davon auszugehen, dass ein Aufsichtsorgan ohnehin Recht habe. Außerdem ergebe sich aus der Aussage des Zeugen X, dass er den Bw am 13. Oktober 2009 angehalten habe. Die erste Anzeige sei am 8. Jänner 2009 gewesen. Aus dem Sachverhalt bzw. aus keinem Beweisergebnis sei ersichtlich, dass die Behörde über eine Anzeige vom 8. Jänner 2009 abzusprechen gehabt hätte. Es sei auch völlig irrelevant, wenn Herr X von einer Anhaltung am 13. Oktober 2009 spreche, bei der festgestellt worden wäre, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß montiert gewesen sei, wenn im gegenständlichen Erkenntnis ein völlig anderer Tatzeitpunkt an einem ganz anderen Tag zur Last gelegt werde. Man könne nicht davon ausgehen, dass dann – was im Übrigen bestritten werde – hätte der Bw am 13. Oktober 2009 ein tatbildliches Verhalten gesetzt, dies zwingend den Schluss zulasse, dies sei auch zum Tatzeitpunkt im Straferkenntnis gewesen.

Die Behörde habe in keinster Weise aufzeigen können, in wiefern sie zur Ansicht gelangt sei, es sei kein Computerfehler vorgelegen. Die offenkundige bloße Behauptung der ASFINAG habe offenbar ausgereicht. Die ASFINAG wiederhole ihre völlig haltlose Behauptung, der Bw hätte in den letzten 6 Jahren gegen die Mautordnung verstoßen. Diesbezüglich gebe es überhaupt keinen Nachweis bzw. auch keinerlei Verfahrensergebnisse. Außerdem werde von der ASFINAG behauptet, dass der Bw bis zur Kontrollstelle von Suben 3 Mautbalken passiert habe und erst beim dritten Mautbalken durch automatische Überwachung festgestellt worden sei, dass keine Maut entrichtet wurde. Es erhebe sich die Frage, wie dies technisch möglich sei, dass bei nicht aktivierter GO-Box zwei Mautbalken anzeigenfrei passiert habe werden können. Es sei wohl kaum nachvollziehbar, dass der Bw die GO-Box bei einem Balken aktiviere, beim nächsten wieder deaktiviere. Es liege sohin offenkundig ein Computerfehler vor.

Der Zeuge X und in weiterer Folge auch die Behörde lege nicht dar, in wiefern die GO-Box nicht ordnungsgemäß montiert gewesen sein solle bzw. weshalb die Maut nicht abgebucht worden sei.

Seine Ansicht, die Aussage des Bw "er habe die Bundesstraße benützt" sei durch einen Blick auf die Tachoscheibe widerlegt, könne insofern sachlich sein, da ein Mautaufsichtsorgan wohl kaum in der Lage sei, durch einen Blick auf eine Tachoscheibe eine Fahrtstrecke zu rekonstruieren. Für eine solche technisch aufwendige Konstruktion bedürfe es eines Sachverständigen. Außerdem werde auf ein Beweismittel verwiesen, welches sich nicht im Akt befinde und daher keinen zulässigen, weil nicht nachvollziehbaren Beweis, darstelle. Das Verfahren sei deshalb mangelhaft geblieben.

Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Behörde zwar von einem objektiven Verstoß gegen das Mautgesetz ausgehe, den Feststellungen aber in keinster Weise subjektive Tatbestandsvoraussetzungen zu entnehmen seien. Selbst wenn die GO-Box nicht ordnungsgemäß funktioniert hätte, werde vehement bestritten, dass dies dem Bw aufgefallen sei bzw. hätte müssen. Sobald dies nicht feststehe, könne auch von keinem Verschulden gesprochen werden.

 

Beantragt wurde die Einstellung des Strafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 26. Jänner 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Gem. § 19 Abs. 2 BStMG sei dem Bw am 18. Oktober 2009 mündlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: "Vorsatzmautpreller durch Entfernen der Go-Box vorwiegend bei Nachtfahrten. LKW wurde auf frischer Tat gestellt. Go-Box wurde überprüft und ist o.k. Lenker besteht auf Anzeige. Zeuge ABP X".

 

Nach Strafverfügung vom 10. Februar 2010 brachte der Vertreter des Bw vor, dass der Bw seit dem Jahr 2000 Transportunternehmer sei. Er habe die ASFINAG kontaktiert, welche einen Mitarbeiter entsandt, die GO-Box mitgenommen und eine "Tauschbox" zurückgelassen habe. Es sei dem Bw mitgeteilt worden, dass die GO-Box überprüft werde. Ein Überprüfungsergebnis sei ihm jedoch nie mitgeteilt oder die Box rückgestellt worden. Dieser Vorfall habe sich im Laufe der Jahre mehrmals wiederholt. Es sei auch vorgekommen, dass die Funktion seiner GO-Box kurzfristig gesperrt gewesen sei. Über Anfrage sei wiederum ein ASFINAG-Mitarbeiter entsandt worden, welcher den Bw zur Bezahlung von Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe aufgefordert habe. Befragt nach dem Grund sei "dieses Ansinnen" zurückgezogen und die GO-Box wieder in Funktion gesetzt worden. Im Laufe der Jahre sei der Bw kein einziges Mal wegen Vergehen nach dem BStMG bestraft worden. Seit etwa 14 Tagen seien jedoch an den Bw von unterschiedlichsten Bezirkshauptmannschaften in Österreich "gebündelt" etwa 60 Straferkenntnisse zugestellt worden, jeweils mit der Behauptung, er hätte zu bestimmten Tatzeiten die Maut an einer ganz bestimmten Stelle nicht ordnungsgemäß entrichtet. Begründungen oder Beweismittel seien keine erbracht worden. Der Bw gehe deshalb von einem Computerfehler aus.

Der Bw bestreite, seine im Kfz angebrachte GO-Box nicht ordnungsgemäß installiert zu haben. Er verwende die ihm von der ASFINAG überlassene originale GO-Box. Es scheine nicht nachvollziehbar, dass seine GO-Box nur an bestimmten Punkten funktioniere. Wenn die Box defekt wäre, hätten Beanstandungen bei sämtlichen Mautprüfstellen erfolgen müssen. Zugunsten der ASFINAG bestehe eine Einziehungsermächtigung über die Kreditkarte des Bw, sodass auch mangelhafte "Befüllung" der GO-Box auszuschließen sei. Beantragt wurde mitzuteilen, auf welche Wahrnehmung sich der Tatvorwurf gründe und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen. Falls die ASFINAG behaupten sollte, der Bw sei von Prüforganen angehalten worden, möge bekanntgegeben werden, wer dies gewesen ist, wann dies erfolgt sei und wie das Organ die Übertretung festgestellt habe bzw. weshalb der Bw mit der Übertretung nicht unverzüglich vor Ort konfrontiert worden sei. Die bekannt gegebenen Personen mögen einvernommen werden. Weiters seien diese zu befragen, inwiefern und wo die GO-Box unrichtig angebracht gewesen sei. Letztlich möge die ASFINAG aufgefordert werden bekanntzugeben, wie die Prüfergebnisse der bereits in den letzten Jahren ausgetauschten Boxen ausgefallen seien.

 

Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG am 22. März 2010 der belangten Behörde ein Beweisfoto. Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 12. April 2010 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass der Bw in den letzten 6 Jahren etwa 200 Delikte verursacht habe. Ein Computerfehler würde nicht vorgelegen sein, da alle unterlassenen Aktivitäten des Bw vom Mautsystem dokumentiert worden seien. Derzeit würden Anzeigen bei 7 verschiedenen Bezirkshauptmannschaften und in 4 Bundesländern vorliegen. Daher sei die Behauptung widerlegt, die Kontrollfälle entstünden nur zu bestimmten Tatzeiten und an ganz bestimmten Stellen.

Als Beilagen sind Kontrollfalllisten vom August 2009 bis Jänner 2010 angeschlossen.

 

Dazu brachte der Vertreter des Bw vor, dass richtig sei, dass die ASFINAG im Zeitraum August 2009 bis Jänner 2010 eine Vielzahl von Anzeigen an den Bw eingebracht habe. Es sei jedoch bis dato in keinem einzigen Fall zu einer Bestrafung gekommen. Die Behauptung, der Bw habe in den letzten Jahren ca. 200 Delikte verursacht, sei schlichtweg falsch und stelle eine ungeheuerliche Entgleisung dar. Ebenso werde der Bw gegen die ASFINAG rechtlich wegen der beleidigenden Behauptung "er sei ein Vorsatzmautpreller" gerichtlich vorgehen.

Wenngleich dies bereits beantragt worden sei, habe die ASFINAG neuerlich nicht bekannt gegeben, wer die Mautaufsichtsorgane seien. Deshalb werde der Antrag auf deren Ausforschung und Einvernahme zu den vorgehaltenen Delikten gestellt.

Die ASFINAG lege ein Foto vom 20. November 2009 vor, welches jedoch beinahe völlig schwarz sei und man nur die Scheinwerfer des LKW und dessen Kennzeichen erkennen könne. Es sei jedoch in keinster Weise ersichtlich oder nachgewiesen, dass an der Windschutzscheibe keine GO-Box angebracht gewesen sei. Genauso verhalte es sich mit dem vorgelegten Foto vom 29. Oktober 2009. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf das vorher Gesagte auch hinsichtlich der übrigen Fotos verwiesen. Aus dem Vorbringen der ASFINAG sei in keinster Weise ersichtlich, ob die Behauptung, es sei keine GO-Box angebracht gewesen, richtig sei. Der Umstand, dass der Bw lediglich unsachlich beleidigt werde, könne keinen tauglichen Beweis ersetzen.

Abschließend wurden die Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten des Bw dargelegt.

 

Das Mautaufsichtsorgan X X sagte am 31. Mai 2010 Folgendes als Zeuge aus:

"Ich bin mit dem Sachverhalt, die den gegenständlichen Anzeigen zu Grunde liegen vertraut. Ich bin Mautaufsichtsorgan und habe in dieser Funktion sowohl bei PKW´s als auch bei LKW´s zu kontrollieren, ob die Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde. Dies geht so vor sich, dass ich mit einem Dienstfahrzeug auf den Autobahnen unterwegs bin, im konkreten Fall einen Lastwagen überhole und auf Grund meiner Ausrüstung, die ich im Fahrzeug mitführe, kontrollieren kann, ob der Betroffene keine Go-Box mitführt und diese auch ordnungsgemäß funktioniert.

Ich kann mich an Herrn X noch sehr gut erinnern. Ich habe gegen ihn mehrer Anzeigen erstattet, wobei die erste Anzeige am 22.10.2009 erfolgte. Angehalten habe ich Herrn X jedoch erst am 20.01.2010, die vorherigen Anzeigen beruhen auf Kontrollen der automatischen Überwachung. Auf Grund dieser Überwachung wurde eben festgestellt, dass an der Scheibe keine Go-Box montiert war und gibt es zu jeder Anzeige Fotos, die dies bestätigen. Auf Grund der automatischen Überwachung wurde auch ein Zeit-Weg-Diagramm erstellt, nach diesen kann festgestellt werden, wo der LKW unterwegs ist, bzw. wo er seine Maut entrichtet hat und wo nicht.

Erinnerlich ist mir auch die Anhaltung am 20.01.2010. Wir standen mit unserem Dienstfahrzeug in einer Pannenbucht und LKW´s ausgelesen. Beim LKW des Herrn X wurden keine Transaktionen festgestellt und sind wir ihm deshalb nachgefahren bzw. haben ihn überholt. Eine neuerliche Kontrolle ergab, dass Herr X keine Go-Box aktiviert hatte. Beim nächsten Parkplatz wurde Herr X von uns angehalten. Meine Kollegin hat Herrn X ersucht Fahrzeugpapiere sowie Go-Box vorzuweisen. Herr X übergab in der Folge die Go-Box jedoch keine Papiere. In der Zwischenzeit nahm ich Kontakt mit unserer Zentrale auf und wurde ich von dort angewiesen, sofort die Polizei zu verständigen, was ich tat. Auch den Polizeibeamten händigte Herr X erst aus, nachdem sie ihm mit einer Festnahme drohten. Die Go-Box wurde von uns ausgelesen und wurde festgestellt, dass diese nicht aktiviert gewesen ist. Herr X hat, nachdem er über Suben eingereist ist, bis zur Kontrollstelle drei Mautbalken passiert und wurde beim 3. Mautbalken auch durch die automatische Überwachung festgestellt, dass keine Maut entrichtet worden ist. Wir haben von Herrn X die erforderliche Ersatzmaut verlangt, Herr X hat die Bezahlung mit der Bemerkung, er habe kein Geld, verweigert. Daraufhin wurde Anzeige erstattet.

Anmerken möchte ich noch, dass die Box von uns konfisziert wurde und jederzeit beweisbar ist, dass diese im angegebenen Zeitraum funktionstüchtig war bzw. ist."

 

In seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 31. Mai 2010 sagte das Mautaufsichtsorgan X X Folgendes aus:

"Ich bin mit dem Sachverhalt, die den gegenständlichen Anzeigen zu Grunde liegen, vertraut. Ich bin Mautaufsichtsorgan und habe in dieser Funktion mehrere Anzeigen (insgesamt 71) gegen Herrn X getätigt, wobei die erste Anzeige am 08.01.2009 (Tatzeitpunkt) erstattet wurde. Auf Grund der zahlreichen Kontrollfälle, wurde die ASFINAG auf Herrn X aufmerksam und wurden von seinem Fahrzeug Kontrollfallprotokolle erstellt, aus denen ersichtlich war, wann und wo Herr X die Autobahn ohne Entrichtung der Maut benützt hatte. Ich lege ein derartiges Protokoll als Beweis vor. Am 13.10.2009 erfolgte die erste Anhaltung und wurde festgestellt, dass Herr X die Go-Box nicht ordnungsgemäß montiert hatte bzw. die Maut nicht entrichtet worden ist. Es ist nämlich möglich, anhand eines Transaktionsprotokolls festzustellen, ob an den letzten 30 Mautabschnitte die Maut bezahlt wurde. Herr X rechtfertigte sich damit, dass er die Bundesstrasse benützt hatte, was jedoch auf Grund der Tachoscheibe, die von den gleichzeitig anwesenden Polizeibeamten kontrolliert wurde, widerlegt wurde, da eine gleichbleibende Geschwindigkeit über einen längeren Zeitraum von ca. 85 bis 90 km/h aufgezeigt wurde. Die Go-Box wurde von uns bei der 500m weiter gelegenen Raststätte gegen eine neue ausgetauscht und als Beweismittel sichergestellt."

In den Akt aufgenommen wurde das Kontrollfallprotokoll vom 8. Jänner 2009 bis 24. September 2009.

 

Dazu brachte der Vertreter des Bw vor, dass sich aus der Aussage des Zeugen X ergebe, dass die erste Anzeige am 22. Oktober 2009 erfolgt sein solle. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie es zu den der davor liegenden Strafverfügungen zugrunde liegenden Anzeigen gekommen sei bzw. worauf diese beruhen sollen. Tatsächlich sei der Bw am 20. Jänner 2010 angehalten worden. Für die davor liegenden Anzeigen bzw. Strafverfügungen werde lediglich auf für den Bw nicht nachvollziehbare Protokolle verwiesen. Insbesondere könne der Bw die Zeitpunkte dieser Protokolle nicht mit den Tatvorwürfen und den vorliegenden Strafverfügungen in Einklang bringen. Es würden daher, abgesehen von der Strafverfügung für den 20. Jänner 2010, keinerlei taugliche Beweismittel vorliegen. Aber auch die Anzeige vom 20. Jänner 2010 sei für den Bw nicht nachvollziehbar, zumal Herr X behaupte, es sei festgestellt worden, dass die offensichtlich im LKW vorhandene GO-Box nicht aktiviert gewesen sei. Außerdem werde behauptet, dass der Bw bis zur Kontrollstelle von Suben 3 Mautbalken passiert habe und erst beim dritten Mautbalken durch automatische Überwachung festgestellt worden sei, dass keine Maut entrichtet worden sei. Es erhebe sich die Frage, wie dies technisch möglich sei, dass bei nicht aktivierter GO-Box zwei Mautbalken anzeigefrei passiert werden haben können. Es sei wohl kaum nachvollziehbar, dass der Bw die GO-Box bei einem Balken aktiviert, beim nächsten wieder deaktiviert habe. Es liege sohin offenkundig ein Computerfehler vor.

Der Zeuge X spreche von einer Anhaltung am 13. Oktober 2009, obwohl gerade an diesem Tag offenbar keine Anzeige erstattet worden sei, zumindest keine Strafverfügung vorliege. Der Zeuge lege nicht dar, inwiefern die GO-Box nicht ordnungsgemäß montiert gewesen sein solle bzw. weshalb die Maut nicht abgebucht worden sei. Seine Ansicht, die Aussage des Bw "er habe die Bundesstraße" benützt, sei durch einen Blick in die Tachoscheibe widerlegt, könne insofern nicht sachlich sein, da ein Mautaufsichtsorgan wohl kaum in der Lage sei, durch einen Blick auf eine Tachoscheibe eine Fahrtstrecke zu rekonstruieren. Für eine solche technisch aufwendige Konstruktion bedürfe es eines Sachverständigen. Außerdem werde auf ein Beweismittel verwiesen, welches sich nicht im Akt befinde und daher keinen zulässigen, weil nicht nachvollziehbaren Beweis darstelle.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Oö. Verwaltungssenat insgesamt 23 Beweisfotos in digitaler Originalqualität für den Zeitraum von August 2009 bis Jänner 2010 sowie Kontrollfalllisten und Einzelleistungsinformationen für die Jahre 2004 – 2010. Zusätzlich führte die ASFINAG aus, dass es sich bei der tatgegenständlichen GO-Box um eine gefälschte Box oder Attrappe handeln müsse. Beweisfotos alleine seien deshalb nicht ausschlaggebend, da darauf nur diese gefälschte Box bzw. die Attrappe zu sehen sei. Durch die Kontrollfallliste bzw. der dabei angefertigten Fotos sei einwandfrei bewiesen, dass eine Störung oder ein Ausfall des Mautsystems nicht vorgelegen sei, da ansonsten keine Fotos und Aufzeichnungen vorliegen würden. Ausschlaggebend seien die enormen und über einen langen Zeitraum aufgetretenen Nichtabbuchungen, auf die der Bw über Monate nicht reagiert und somit kontinuierlich gegen das BStMG verstoßen habe. Laut den Kontrollorganen handle der Bw vorsätzlich, indem er die GO-Box vorwiegend bei Nachtfahrten entferne bzw. durch eine gefälschte oder defekte Box ersetze. So würden Nichtabbuchungen der Maut auffällig in erster Linie in der Nacht bzw. bei Dunkelheit auftreten. Dies möge der Bw erklären. Seit Einführung der GO-Box seien beim Bw insgesamt 6.415 nicht abgebuchte Mautportale nachgewiesen.   

 

5. Der Vertreter des Bw teilte dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 11. April 2011 mit, dass sich der Bw aus Kostengründen in der Berufungsverhandlung selbst vertreten werde. Der zu erlassende Bescheid möge aber an den Vertreter des Bw ergehen.

 

6. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Bw keine vorgängigen Bemerkungen ab.

 

In seiner zeugenschaftlichen Einvernahme sagte Herr X X als Vertreter der ASFINAG aus, dass es in sämtlichen Fällen darum gehe, dass in der Nacht die GO-Box des Bw nicht kommuniziert habe. Am Tag würden ordnungsgemäße Abbuchungen erfolgen. Im Zeitraum vom 8. Jänner 2009 bis 10. Februar 2010 hätte der Bw 5 GO-Boxen und zuvor 3 weitere Boxen in Verwendung gehabt. Diese zahlreichen Boxenaustausche seien so zustande gekommen, dass der Bw im Mautsystem auffällig gewesen sei, sodass die GO-Boxen jeweils gesperrt worden seien. Dadurch sei der Bw jeweils zu einem Boxentausch gezwungen gewesen. Kurze Zeit nach der Anmeldung der neuen (ausgetauschten) GO-Box sei der Bw wieder auffällig geworden, sodass der Austausch-Prozess wieder von vorne begonnen habe. Aus den ihm vorliegenden Unterlagen habe der Zeuge ersehen, dass es im Jahr 2009 bis 5. Februar 2010 zu insgesamt etwa 1.400 Kontrollfällen gekommen sei. Unter Kontrollfälle sei eine einmalige Durchfahrt bei einem Mautportal mit Kamera zu verstehen, bei welcher die Maut nicht abgebucht worden sei. Im Gegenzug dazu sei es zu 980 regulären Buchungen gekommen. Wenn man das Verhältnis der Kameraportale zu den "normalen" Mautbaken mit etwa 1 : 7 bis 1 : 8 hernehme, ergebe sich eine außerordentliche Dichte der Nichtabbuchungen.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte ergänzend aus, dass man bei diesen Verhältniszahlen auf 10.000 Nichtabbuchungen komme, welche im Mautsystem nicht erfasst worden seien. Dies ergebe sich aus den durchfahrenen Portalen, welche nicht mit Fotokameras ausgestattet seien.

 

Der Zeuge X sagte weiters aus, dass das Mautaufsichtsorgan X X den LKW des Bw am 20. Jänner 2010 angehalten, überprüft und die GO-Box eingezogen habe. Die Einziehung der Box sei aus Beweissicherungsgründen erfolgt, da Abbuchungen der Maut nicht erfolgt seien. Weiters könne damit die Funktionsfähigkeit der Box überprüft werden. Tags darauf habe der Bw eine neue GO-Box angemeldet, wobei Abbuchungen mit dieser (neuen) Box bis zum 5. Februar 2010 ordnungsgemäß erfolgt seien. Auf diese Art und Weise seien die GO-Boxen des Bw insgesamt zweimal eingezogen worden. Alle diese GO-Boxen hätten sich als funktionsfähig erwiesen.

 

Der Zeuge legte die diesbezüglichen Transaktionsauszüge sowie die beiden eingezogenen GO-Boxen vor. Die Transaktionsauszüge wurden zum Akt genommen.    

 

Herr X X sagte weiters aus, dass dies zusammengefasst bedeute, dass der Bw mit funktionsfähigen GO-Boxen gefahren sei, ohne dass jedoch abgebucht worden sei. Als Ursache kämen mehrere Möglichkeiten in Frage: Man könne beispielsweise die GO-Box von der Windschutzscheibe entfernen und z.B. in eine metallisierende Verpackung oder in das Handschuhfach geben, um damit eine Kommunikation zu verhindern. Es gebe praktisch eine unabsehbare Zahl an Möglichkeiten, wie man eine Kommunikation der GO-Box mit den Mautbalken verhindern könne. Wenn auf Beweisfotos eine GO-Box sichtbar sei, könne es sich dabei nur um eine Attrappe oder um eine zuvor funktionsuntüchtig gemachte Box handeln. Der Zeuge legte mehrere Methoden dar, um GO-Boxen funktionsuntüchtig zu machen. Zusätzlich würden auch die tschechischen GO-Boxen den österreichischen ähnlich sehen. Die tschechischen Boxen könnten mit den österreichischen Mautbaken nicht kommunizieren.   

 

Der Sachverständige wurde befragt, ob die bisherigen Äußerungen des Zeugen – nach seinem technischen Sachverhalt beurteilt – als korrekt anzusehen sind. Der Amtssachverständige bestätigte, dass sämtliche Aussagen des Zeugen plausibel und aus technischer Sicht nachvollziehbar seien.

 

Der Zeuge X X legte Einzelleistungsnachweise bzw. Kontrollfalllisten für den Zeitraum vom 8. Jänner 2009 bis 5. Februar 2010 vor, welche zum Akt genommen wurden.

 

Exemplarisch wurde vom Zeugen auf den 18. November 2009 verwiesen. Daraus sei ersichtlich, dass an diesem Tag um 2.14 Uhr am Knoten Linz – Asten – St. Florian ein Beweisfoto für die Anzeige angefertigt worden sei. Weiters sei ersichtlich, dass Fotos des LKW des Bw um 2.22, 2.27, 2.40, 3.01, 3.20, 3.27, 3.31, 3.35 und um 3.53 Uhr angefertigt worden seien, da keine Abbuchung der Maut erfolgt sei. Zudem sei ersichtlich, dass am 19. November 2009 um 7.40 Uhr – wie aus der Grünmarkierung auf der Liste ersichtlich sei – wieder ordnungsgemäß und durchgehend Abbuchungen der Maut durchgeführt worden seien. In den roten Bereichen der zurückgelegten Strecke seien jene Mautbaken verzeichnet, welche nicht mit Fotokameras versehen seien und deshalb eine Erfassung des LKW nicht erfolgt sei. Sämtliche Kontrollfälle des Bw würden sich nach demselben Schema aufbauen. Ferner könne aus den überaus zahlreichen Fotoaufnahmen die Situation überblicksweise so dargestellt werden, dass darauf  teilweise Gegenstände ersichtlich seien, welche eine GO-Box sein könnten, teilweise aus diesen Fotos GO-Box-ähnliche Gegenstände nicht erkennbar seien. Diese Problematik ergebe sich daraus, dass die Fotoqualität in der Nacht eingeschränkt sei.    

Auf der bereits vorgelegten Transaktionsliste der am 20. Jänner 2010 vom Mautaufsichtsorgan X eingezogenen GO-Box sei ersichtlich, dass am 14. Jänner 2010 drei Abbuchungen der Maut erfolgt seien. Diese Abbuchungen seien auf der vorliegenden erweiterten Einzelleistungs- bzw. Kontrollfallliste in grüner Farbe dargestellt. Darauf sei auch ersichtlich, dass die Abbuchungen am 14. Jänner 2010 bis 17.16 Uhr (letzte Abbuchung) und ab 17.32 Uhr konsequent nicht mehr erfolgt seien; auf der Liste rot dargestellt. Bei einigen dieser  Nichtabbuchungen sei der LKW des Bw wiederum fotografisch erfasst worden. Dies setzte sich fort bis zum 20. Jänner 2010, für den der Transaktionsauszug der GO-Box vorgelegt worden sei.

 

Der Bw brachte dazu vor, dass er immer eine GO-Box im Kfz gehabt hätte. Ob diese funktioniert habe oder nicht, wisse er nicht. Zur Frage der Piepssignale der Box gab der Bw keine klare Auskunft: Bei "einem bisschen Musik" im Auto würde man die Piepssignale der Box nicht so gut hören.

 

Zur Frage, wie es zu erklären ist, dass mit derselben GO-Box tagsüber Abbuchungen erfolgen und bei Dunkelheit nicht, und zwar dergestalt, dass die Abbuchungen bzw. Nichtabbuchungen nicht sporadisch oder systemlos wechseln, sondern konsequente Blöcke ergeben, erläuterte der Amtssachverständige, dass als Ursache dafür ein Gebrechen der GO-Box aus technischer Sicht ausgeschlossen sei.

 

Das Mautaufsichtsorgan X X sagte in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, dass er den Bw am 20. Jänner 2010 um 17.50 Uhr angehalten habe. Der LKW des Bw sei am Kontrollfahrzeug vorbeigefahren. Dieses sei technisch so ausgestattet, das bei Passieren eines LKW bzw. des Kontrollfahrzeuges die GO-Box automatisch ausgelesen werde. Auf diese Art und Weise würden die Mautaufsichtsorgane darauf aufmerksam, wenn "mit der GO-Box etwas nicht stimme". Daraufhin werde eine Anhaltung des Lenkers vorgenommen. Dies sei auch im gegenständlichen Fall so gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Zeuge nicht gewusst, dass der gegenständliche LKW schon so oft auffällig geworden sei.

Der LKW sei am Parkplatz ausgeleitet worden. Die Kollegin von Herrn X sei zum Fahrer gegangen, während er sich in unmittelbarer Nähe aufgehalten und mitgehört hätte. Der Bw habe der Kollegin die GO-Box mit den Worten "Ich weiß, ich hab´ kein Geld" gegeben. Diese Äußerung habe sich der Zeuge damals notiert, weshalb er sie exakt und wortgetreu wiedergeben könne. Die Box sei anstandslos übergegeben worden. Da der Bw die Box beim Öffnen der Fahrzeugtür bereits in der Hand gehabt hätte, habe der Zeuge keine Wahrnehmung darüber, von wo der Bw diese Box entnommen hat.  Diese Box sei an die Zentrale weitergeleitet worden. Es handle sich um eine der beiden Boxen, welche der Zeuge X zur Verhandlung mitgebracht habe. Die Ausweisvorlage habe der Bw verweigert, weshalb die Polizei Ried verständigt worden sei. Vor dem Eintreffen der Polizei habe sich Herr X noch mit seiner Zentrale in Verbindung gesetzt, wo er die Mitteilung erhalten habe, dass wegen der extrem hohen Auffälligkeit dieses LKW eine Beiziehung der Polizei ohnedies erforderlich sei. Auch der Polizei habe der Bw erst nach Androhung der Festnahme die Papiere ausgehändigt.   

 

Auf Befragen bestätigte der Zeuge X X, dass die damals am 20. Jänner 2010 eingezogene GO-Box funktionsfähig gewesen sei.

 

Zeuge X sagte weiters aus, dass die GO-Box vor Ort mit den technischen Geräten ausgelesen worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass es auch am Kontrolltag Unregelmäßigkeiten bei der Abbuchung gegeben habe. Es sei nämlich so gewesen, dass zwischen dem Standpunkt unseres Fahrzeuges, an dem der Bw zunächst vorbeigefahren sei, und der letztmöglichen Auffahrt des Bw auf die Autobahn ein Kontrollbalken sei, den der Bw naturgemäß passieren hätte müssen. Von diesem Kontrollbalken habe es keine Mautbuchung gegeben. Daher sei für die ASFINAG-Organe klar gewesen, dass "etwas nicht stimmen konnte". Die Mautaufsichtsorgane seien nach der Kontrolle zur Autobahnmeisterei Wels gefahren, da über den dortigen Computer ersichtlich geworden sei, dass seit der letzten Anhaltung des Bw konsequent am Tag Abbuchungen der Maut stattgefunden hätten, in der Nacht nicht. Bei einigen dieser Mautbalken mit Nichtabbuchungen der Maut würden Fotoaufnahmen vorliegen. Es sei zudem nachgewiesen, dass der Bw am selben Tag bei der nächsten Auffahrt wieder auf die Autobahn aufgefahren sei und sich erst am nächsten Tag eine neue GO-Box besorgt habe.

 

Der Bw bestritt dies und legte Wert auf die Feststellung, dass er die Papiere nicht erst auf Druck der Polizei sondern freiwillig ausgehändigt habe. Außerdem habe er nach der Kontrolle die Autobahn verlassen. Selbst von der ASFINAG könnten nicht lückenlos klare Fotos vorgelegt werden. Es sei ja so, dass auf den Fotos teilweise Stellen ersichtlich seien, welche eine GO-Box sein könnten, teilweise sei dies nicht klar ersichtlich.

Der Bw beantragte die Aufhebung der Strafen.

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:  

 

7.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

7.2. Unbestritten ist, dass der Bw als Lenker eines Kfz zur Tatzeit am Tatort eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung zurückgelegt hat und gem. § 19 BStMG eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde.

 

Der gegenständliche Fall stellt sich (wie weitere 16 beim Oö. Verwaltungssenat anhängige analoge Verwaltungsübertretungen des Bw) dergestalt dar, dass über einen Zeitraum von mehreren Jahren eine Kontaktnahme der eingesetzten GO-Box mit den jeweiligen Mautbaken immer in den Abend- bzw. Nachtstunden nicht erfolgt ist, was – auch zur Tatzeit – zu einer Nichtabbuchung der Maut geführt hat. Zu einer Abbuchung der Maut ist es mit derselben GO-Box jedoch immer bei Tag gekommen. Dies ergibt sich nicht nur aus den beiden Zeugenaussagen sondern auch aus dem vorgelegten und in der Berufungsverhandlung erläuterten umfangreichen Beweismaterial (Einzelleistungs- und Kontrollfalllisten, Fotoaufnahmen, GO-Boxen).        

 

Wenn in der Berufung der Verdacht geäußert wird, ein technischer Defekt ("Computerfehler") könne als Ursache für die Nichtabbuchungen der Maut nicht ausgeschlossen werden, ist auf das Gutachten des Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu verweisen, in dem ein Gebrechen des Mautsystems mit der Wirkung, dass tagsüber Abbuchungen erfolgen, nachts bei Finsternis jedoch nicht, aus technischer Sicht ausgeschlossen ist. Ein solches Gebrechen würde ja darauf hinauslaufen, dass das System in einer unüberschaubaren Anzahl von Fällen allabendlich außer Funktion tritt, sich aber jeden Morgen wieder selbsttätig regeneriert und dies bei mehreren GO-Boxen und nur beim Bw. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieses Gutachtens – dem der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist – keinen Zweifel. Damit ist das Vorbringen des Bw hinsichtlich eines (vermuteten bzw. behaupteten) Systemfehlers als Ursache der Nichtabbuchung der Maut widerlegt. Für die Verwirklichung des Delikts ist es zudem unerheblich, über welche Methode (Verwendung einer Attrappe, Demontage der GO-Box vor einem Mautportal etc.) eine Erfassung der GO-Box durch die Mautbaken und damit eine Abbuchung der Maut verhindert worden ist, da die Ursache für die gegenständliche Nichtabbuchung der Maut unzweifelhaft und nachweislich ausschließlich in der Sphäre des Bw als Lenker des LKW gelegen ist.

 

Die Tat ist daher dem Bw deshalb in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Da die genau Methode, mit welcher der Bw eine Nichtabbuchung der Maut erzeugt hat, im Ermittlungsverfahren nicht eindeutig festgestellt werden konnte, war – obwohl es kaum Anzeichen dafür gibt – im Zweifel von Fahrlässigkeit auszugehen. Eine gegebenenfalls vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften oder eine Rechtsunkenntnis würde den Bw nicht entschuldigen, da nach ständiger Rechtsprechung durch die Höchstgerichte sogar für ausländische Kraftfahrzeuglenker die Verpflichtung besteht, sich über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise in Kenntnis zu setzen. Dies trifft auch auf die Gebrauchsvorschriften für GO-Boxen zu. Das Verhalten des Bw ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm obliegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut Sorge zu tragen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin lediglich die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit zur Tatzeit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Die – hier im Zweifel anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt beim ermittelten Sachverhalt als nicht gering zu veranschlagen. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen. Damit entfällt die Vorschreibung der Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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