Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522803/5/Zo/Jo

Linz, 10.05.2011

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 01.03.2011 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 21.02.2011, Zl. 10/445713, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die festgelegten Einschränkungen der Lenkberechtigung anlässlich der Erteilung der Lenkberechtigung angeordnet wurden.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 und 5 Abs.5 Führerscheingesetz sowie

§ 13 Abs.1 und 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die BPD Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid die Gültigkeit der mit Führerschein der BPD Linz zu Zl. 10/445713 für die Klassen A, B und EzB erteilten Lenkberechtigung nachträglich wie folgt eingeschränkt:

 

fachärztliche Begutachtung (inklusive Behandlungsbestätigung) wegen Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeitsstörung durch Facharzt für Psychiatrie;

Kontrolluntersuchung wegen schädlichem Gebrauch von Kokain, THC, Benzodiazepine sowie alkoholrelevante Laborparamter (CDT, yGT) durch Facharzt für Labormedizin.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber nach Akteneinsicht aus, dass die Diagnose des Berufungswerbers sich offensichtlich auf die Auseinandersetzung mit dem Amtsarzt im Oktober 2008 beziehe. Seit dieser Zeit bestehe offensichtlich der "Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeit". Dieser Verdacht sei nie tatsächlich verifiziert worden und nach 4 Jahren der Untersuchung könne man erwarten, dass ein derartiger Verdacht entweder bestätigt oder ausgeräumt sei. Der Amtsarzt dürfte selbst zu Übertreibungen neigen, weil die Anzeige wegen der gefährlichen Drohung wegen dieses Vorfalles von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden ist. Da seit 2008 keine anderen Vorfälle dokumentiert sind, dürfe dieser Streit mit dem Amtsarzt den Berufungswerber nicht für alle Ewigkeit mit dem Verdacht einer emotionalen instabilen Persönlichkeit belasten. Jedenfalls habe er seither keinerlei Drohungen mehr begangen.

 

Es stehe fest, dass er nicht drogenabhängig sei und die bloße Möglichkeit, dass er wieder Drogen nehme, ohne dass es derzeit konkrete Hinweise darauf gebe, würden die Kontrolluntersuchungen viermal im Jahr nicht rechtfertigen. Das Gutachten enthalte also keine stichhaltigen Begründungen für die von der Behörde angeordneten Einschränkungen.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in den bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach aufliegenden Führerscheinakt des Berufungswerbers. Dem Berufungswerber wurde weiters die Möglichkeit eingeräumt, eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vorzulegen.

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Nach einer im Jahr 2002 vorerst befristet erteilten Lenkberechtigung (unter anderem auch wegen der notwendigen Überprüfung der Leberwerte) wurde dem Berufungswerber am 12.05.2003 die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und EzB unbefristet und ohne Einschränkungen erteilt. Aufgrund einer Meldung vom 20.06.2006, wonach der Berufungswerber eine gefährliche Drohung iSd StGB begangen habe und es nach Angaben aus der Bevölkerung bei ihm in letzter Zeit immer häufiger zu Alkoholmissbrauch komme, leitete die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach damals ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers ein. In diesem Zusammenhang legte der Berufungswerber eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme des X vom 09.11.2006 vor. Dabei wurde ein Alkoholmissbrauch, gegenwärtig abstinent, diagnostiziert. Hinweise auf eine sonstige psychiatrische Störung ergaben sich nicht. Unter der Voraussetzung einer weiteren Alkoholabstinenz wurde der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen als geeignet beurteilt.

Aus einem ärztlichen Attest des X vom 29.11.2006 ergibt sich, dass der Berufungswerber kurz vorher wegen einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion im X in Behandlung war und der Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung bestehe.

 

Wegen eines Vorfalles am 21.01.2007 wurde der Berufungswerber wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung, des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung angezeigt. Weiters erfolgte eine Anzeige wegen des Verdachtes eines Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz.

 

Wegen dieser Vorfälle erstellte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 13.06.2007 einen Bescheid, mit welchem der Berufungswerber zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens betreffend seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verpflichtet werden sollte. Dieser Bescheid konnte wegen Ortsabwesenheit des Berufungswerbers nicht zugestellt werden. Im Dezember 2007 erfuhr die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, dass sich der Berufungswerber wieder in Österreich aufhält. Der Bescheid betreffend die Verpflichtung zur Überprüfung seiner gesundheitlichen Eignung wurde dem Berufungswerber letztlich erst am 05.05.2008 zugestellt. Im Rahmen dieser Untersuchung legte der Berufungswerber die psychiatrische Stellungnahme des X vom 07.07.2008 vor. Entsprechend dieser fachärztlichen Stellungnahme besteht beim Berufungswerber eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion, der Verdacht auf eine emotionale instabile Persönlichkeitsstörung, schädlicher Gebrauch von Kokain und THC, derzeit abstinent, sowie schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen und Alkohol. Der Facharzt bestätigte die Fahrtauglichkeit nur bei einer regelmäßigen psychiatrischen Behandlung mit entsprechenden Psychopharmaka-Therapie und zusätzlich psychosozialer Begleitung. Unter diesen Voraussetzungen sei der Berufungswerber befristet und mit entsprechenden Behandlungsnachweisen sowie zusätzlichen Harnkontrollen auf psychotrope Substanzen inklusive Benzodiazepine, CDT und yGT geeignet. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Lenkberechtigung des Berufungswerbers mit Bescheid vom 21.07.2008, Zl. 08274767 entsprechend eingeschränkt und insbesondere die Vorlage entsprechender Labor- bzw. Harnbefunde angeordnet.

 

Der Berufungswerber hat die geforderten Befunde nicht vorgelegt, trotzdem lenkte er am 30.10.2008 einen PKW, weshalb ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid vom 31.10.2008 für die Dauer von 3 Monaten entzogen wurde. Am 05.02.2009 wurde X der Führerschein wieder ausgefolgt, wobei er ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass er die angeordneten Befunde weiterhin vorlegen muss. Entsprechende Befundvorlagen erfolgten im Februar und März 2009. Anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung zur Verlängerung der befristet erteilten Lenkberechtigung am 07.07.2009 konnte der Berufungswerber keine psychiatrische Stellungnahme vorlegen. Bei dieser Untersuchung kam es auch zu einem Vorfall, welcher vom Amtsarzt bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurde. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 18.01.2010 eingestellt.

 

In weiterer Folge beantragte der Berufungswerber am 16.11.2010 bei der BPD Linz die Wiedererteilung seiner Lenkberechtigung für die Klassen A, B und EzB. Anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung legte er eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme des X vom 18.01.2011 vor, in welcher wiederum eine "Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion", der Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeitsstörung, der schädliche Gebrauch von Kokain, THC, derzeit abstinent, sowie der schädliche Gebrauch von Benzodiazepinen und Alkohol diagnostiziert wurde. Der Facharzt kam zum Schluss, dass aufgrund der Komorbidität und der Vorgeschichte eine erhöhte Gefährdung einer Exazerbation bezüglich der psychischen Symptomatik als auch der psychotropen Substanzen besteht. Es bestehe Fahrtauglichkeit nur unter einer regelmäßigen psychiatrischen Behandlung und unter diesen Voraussetzungen sei die Lenkberechtigung nur mit Befristung und entsprechenden Behandlungsnachweisen möglich. Zusätzlich sei die regelmäßige Harnkontrolle auf psychotrope Substanzen (inklusive Benzodiazepinen), CDT und Gamma-GT erforderlich. In 12 Monaten wurde eine neuerliche Kontrolle und Begutachtung empfohlen. Der Berufungswerber legte auch Laborwerte vom 21.10.2010 vor, welche sowohl hinsichtlich der alkoholrelevanten als auch der suchtmittelbezogenen Werte unauffällig war, allerdings war der Wert betreffend Benzodiazepine erhöht. Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen kam der Amtsarzt zum Schluss, dass der Berufungswerber nur unter den im Spruch angeführten Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist.

 

Dem Berufungswerber wurde die letzte fachärztliche psychiatrische Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und es wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine neuerliche derartige Stellungnahme vorzulegen. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten iSd § 3 Abs.1 Z1, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Entgegen dem Berufungsvorbringen wird dem Berufungswerber nicht eine Auseinandersetzung mit dem Amtsarzt im Oktober 2008 vorgeworfen, der entsprechende Vorfall hat sich ohnedies erst im Juli 2009 ereignet. Dieser war auch nicht Anlass für die Diagnose "Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeit", sondern es tauchte diese Diagnose erstmalig in einem ärztlichen Attest des X im November 2006 auf, wonach der Berufungswerber wegen einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion im X in Behandlung gewesen sei und der oben angeführte Verdacht bestehe. Auch die in Punkt 4.2. geschilderte Vorgeschichte lässt den Schluss zu, dass der Berufungswerber in belastenden Situationen überdurchschnittlich aggressiv reagiert. Auch im Straßenverkehr können jederzeit Konfliktsituationen auftreten, weshalb von allen Verkehrsteilnehmern ein besonnenes und rücksichtsvolles Verhalten verlangt werden muss. Aufgrund der beim Berufungswerber festgestellten psychischen Beeinträchtigungen besteht jedoch die Gefahr, dass er auf eine entsprechende Konfliktsituation im Straßenverkehr (insbesondere dann, wenn sie aus seiner subjektiven Sicht ausschließlich ein anderer Verkehrsteilnehmer zu verantworten hat) aggressiv reagiert und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet.

 

Bezüglich des in der Vergangenheit liegenden Missbrauches von Alkohol und Suchtmitteln ist zwar zuzugestehen, dass die konkret bekannten Vorfälle bereits längere Zeit zurückliegen, andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass der Berufungswerber die geforderten Befunde jahrelang nicht bzw. nur vereinzelt vorgelegt hat. Aus diesen wenigen Befunden kann keinesfalls auf eine stabile Abstinenz des Berufungswerbers hinsichtlich Alkohol und sonstiger Suchtmittel geschlossen werden. Auffällig ist auch der erhöhte Wert bei den Benzodiazepinen im Oktober 2010. Dies lässt darauf schließen, dass der Berufungswerber Beruhigungsmittel oder Schlaftabletten verwendet hat, wobei allgemein bekannt ist, dass derartige Medikamente häufig von ehemals suchtmittelabhängigen Personen eingenommen werden, weil dadurch die Einhaltung der Suchtmittelabstinenz erleichtert wird. Die Einnahme von Beruhigungsmitteln wirkt sich jedoch ebenfalls negativ auf die Verkehrssicherheit aus, weil dadurch die Wahrnehmungsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit herabgesetzt werden. Es war daher auch die Vorlage der von der BPD verlangten Laborwerte notwendig.

 

Insgesamt erscheint das amtsärztliche Gutachten, welches sich im wesentlichen auf die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme stützt, schlüssig und nachvollziehbar. Der Berufungswerber hat trotz Aufforderung keine weitere psychiatrische Stellungnahme vorgelegt und konnte daher das schlüssige Gutachten nicht widerlegen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 FSG-GV kann in allen Fällen der §§ 5 bis 16 eine Befristung der Lenkberechtigung vorgeschrieben werden. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist beim Berufungswerber eine Verschlechterung der Situation durchaus zu erwarten, weshalb eine neuerliche Untersuchung des Berufungswerbers – und damit die Befristung – erforderlich waren. Die Berufung war daher abzuweisen.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber bis zum angefochtenen Bescheid nicht im Besitz einer Lenkberechtigung war. Es handelt sich daher also trotz der anders lautenden Formulierung in der von der BPD Linz aufgenommenen Niederschrift um eine Erteilung der Lenkberechtigung unter Einschränkungen, nicht jedoch um eine nachträgliche Einschränkung einer bestehenden Lenkberechtigung. Dies war im Spruch des Berufungsbescheides ebenso wie die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen richtig zu stellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26,40 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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