Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252861/2/Kl/Hu

Linz, 24.05.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24.3.2011, BZ-Pol-78007-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG)  zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als das Straferkenntnis aufgehoben wird und der Spruch des Straferkenntnisses wie folgt geändert wird:

"Dem Einspruch gegen die mit Strafverfügung vom 3. März 2011, BZ-Pol-78007-2011, wird stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden gemäß § 71 Abs.2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl.Nr. 609/1977 idgF, herabgesetzt. Die Beschuldigte hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe, das sind 10 Euro, gemäß § 64 Abs.1 AVG zu leisten."

 

 

II. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19, 20, 49 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24.3.2011, BZ-Pol-78007-2011, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 71 Abs.2, 12 Abs.3 lit.a, 25 Abs.2 und 50 Abs.1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) verhängt, weil sie von 01.09.2010 bis 05.09.2010 Arbeitslosengeld (davon Notstandshilfe von 01.09.2010 bis 02.09.2010) bezogen hat. Am 03.09.2010 um 10.15 Uhr ist sie von Kontroll- und Erhebungsorganen des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Abt. KIAB, bei der Reinigung der Toilettenanlagen im Rahmen der Herbstmesse und Agraria in Wels im Auftrag von Frau x (Werkvertrag von 01.09.2010 bis 05.09.2010) betreten worden. Da sie diese Tätigkeit – trotz gesetzlicher Verpflichtung – nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat, gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Sie hat somit vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen, ohne dazu berechtigt zu sein.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und im Wesentlichen auf ein parallel laufendes Verfahren bezüglich Rückforderung der Notstandshilfe verwiesen. Es wurde die Aufschiebung bzw. Neubearbeitung beantragt, sobald das Arbeitsmarktservice die Berufung bearbeitet habe.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt sowie den bezughabenden Rückforderungsakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Sachverhalt geklärt ist und im Übrigen eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen (§ 51e Abs.3 VStG).

 

Es steht als erwiesen fest, dass gegen die Berufungswerberin mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. März 2011, BZ-Pol-78007-2011, zum gegenständlichen Tatvorwurf eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, gemäß § 71 Abs.2 AlVG verhängt wurde.

Dagegen hat die Beschuldigte rechtzeitig am 8.3.2011 Einspruch erhoben. Der Einspruch richtete sich ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe. Der Einspruch wurde mit der finanziell angespannten Situation begründet und gab die Beschuldigte an: Nettoeinkommen als Alleinverdienerin monatlich ca. Euro 450, Sorgepflicht für ein Kind, Halbwaisenpension vom Kindesvater in Höhe von Euro 287.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da die Beschuldigte rechtzeitig Einspruch nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe der Strafverfügung erhoben hat, ist die Behörde gehalten, gemäß § 49 Abs.2 VStG nur über das Strafausmaß abzusprechen. Es ist die Strafverfügung in ihrem Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Der Schuldspruch hat daher auch in zweiter Instanz Bestandskraft. Es ist darüber nicht mehr zu entscheiden. Im Sinne dieser Bestimmung ist daher der weitere im angefochtenen Straferkenntnis ergangene Schuldspruch rechtswidrig und war daher aufzuheben.

 

5.2. Gemäß § 71 Abs.2 AlVG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

Die belangte Behörde hat gemäß § 71 Abs.2 AlVG die Mindeststrafe von 200 Euro verhängt. Sie hat dies damit begründet, dass keine Milderungsgründe vorliegen.

Dem ist entgegen zu halten, dass Verwaltungsvorstrafen nicht gegen die Beschuldigte aufscheinen, sodass von Unbescholtenheit auszugehen ist. Auch war die persönliche Situation, insbesondere die sehr bescheidenen persönlichen Einkommensverhältnisse der Beschuldigten zu berücksichtigen. Auch war nur von einem geringfügigen Entgelt auszugehen. Angesichts der erstmaligen Tatbegehung und der besonderen Umstände ist daher gerechtfertigt, dass diese Mindeststrafe unterschritten wird.

 

Gemäß § 20 VStG kann eine gesetzlich angeordnete Mindeststrafe um bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Da keine Erschwerungsgründe von der Behörde aufgezeigt wurden und auch im Berufungsverfahren nicht hervortraten, waren daher die Voraussetzungen nach § 20 VStG gegeben.

 

Diese Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist nunmehr tat- und schuldangemessen und geeignet, die Berufungswerberin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Hingegen ist von einem Absehen von der Strafe bzw. einer Ermahnung gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen, weil Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vorliegt, da das tatbildmäßige Verhalten der Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und es zu einer Strafherabsetzung kam, entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Unterschreiten der Mindeststrafe

 

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