Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165869/11/Bi/Kr

Linz, 27.04.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Herrn RA x, x, vom 3. März 2011  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Braunau/Inn vom 3. Februar 2011, VerkR96-9305-2010-Fs wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 26. April 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) im Schuldspruch bestätigt, jedoch die Geldstrafe auf 170 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden herabgesetzt. Im Punkt 2) wird die Berufung abgewiesen und der Schuldspruch der Maßgabe bestätigt, dass der Tatort mit "Jet-Tank­stelle, Braunauer Straße 1," ergänzt wird.

 

II.         Im Punkt 1) ermäßigt sich der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz auf 17 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelver­fahren entfällt. Im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 8 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittel­verfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 und 2) §§ 92 Abs.1 iVm 99 Abs.4 lit.g StVO 1960 Geldstrafen von 1) 200 Euro (96 Stunden EFS) und 2) 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er

1) am 16. Oktober 2010, 21.37 Uhr, im Ortsgebiet Braunau/Inn, Salzburger Straße 99, Kreisverkehr bei der OMV-Tankstelle, als Lenker des Pkw x mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in einem ursächlichen Zusammen­hang gestan­den sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienst­stelle verständigt habe und

2) vom 16. Oktober 2010, 21.37 Uhr, bis 17. Oktober 2010, 12.30 Uhr, im Orts­gebiet Braunau/Inn, Zufahrtsstraße zur Jet-Tankstelle, und in weiterer Folge Park­platz nächst Jet-Tankstelle, als Lenker die Straße gröblich verunreinigt habe, indem er das Fahrzeug vorerst auf der Zufahrtsstraße und dann in weiterer Folge auf einen Parkplatz gestellt habe, obwohl bei dem unfallbeschädigten Fahrzeug erkenn­bar Öl ausgetreten sei und dadurch die Straße gröblich verunreinigt wurde.  

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 24 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 26. April 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA x und der Zeugen Meldungsleger x (Ml), x (W) und x (B) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsent­scheidung wurde mündlich verkündet.    

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aufgrund der zur Tatzeit gegebenen Lichtverhältnisse seien für ihn die geringfügigsten Beschädigungen an den Straßen­­­einbauten nicht erkennbar gewesen. Der allgemeinen Aussagen der Erstinstanz, dass auch wenn man über eine Grünanlage fahre, Sachschaden entstehen könne, sei grundsätzlich nicht zu widersprechen, aber das treffe im ggst Fall nicht zu. Nach dem geringfügigen Einfahren in die baulichen Anlagen des Kreisverkehrs hätten seine Beifahrer das Fahrzeug aus dem Kreisverkehr geschoben. Im Nachhinein habe sich gezeigt, dass an der Bepflanzung einzelne Äste abgebrochen gewesen seien und im ggst Bereich wie auch an anderen Stellen des Kreisverkehrs ein einzelner Granitstein locker gewesen sei. Es sei aber nicht objektivierbar, dass der lockere Granitstein überhaupt auf diesen Vorfall zurückzuführen sei. Der Schaden sei als absolut geringfügig einzu­stufen und für ihn nicht wahrnehmbar gewesen, zumal auch die Beifahrer, bei denen er sich rückversichert habe, bestätigt hätten, es sei nichts passiert. Die Erstinstanz habe diese Beifahrer nicht zeugenschaftlich einvernommen.

Er bestreite nicht den geringfügigsten Schaden an der Bepflanzung des Kreisver­kehrs, der sich nachträglich herausgestellt habe, aber eine Verletzung einer Sorgfaltspflicht sei ihm nicht anzulasten. Analoges gelte auch für den Ölaustritt am Fahrzeug und einer damit verbundenen Verunreinigung der öffentlichen Straße. Mangels subjektiver Wahrnehmung sei es "natürlich" unmöglich gewe­sen, entsprechende Veranlassungen zu treffen. Der im Nachhinein objektivier­bare Ölaustritt habe sich ausschließlich auf den nicht dem öffentlichen Gut zugeordneten Parkplatzbereich der Jet-Tankstelle bezogen und er habe den Schaden geregelt. Bei der Strafbemessung habe die Erstinstanz Milderungs­gründe des § 34 StGB nicht berücksichtigt. Beantragt wird Verfahrenseinstellung. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 16. Oktober 2010 um 21.37 Uhr den auf ihn zugelassenen Pkw x, ein schwarzes Golf Cabrio, im Ortsgebiet Braunau/Inn auf der Salz­burger Straße stadtauswärts; die Zeugen W und B fuhren mit. Auf Höhe Salz­burger Straße 99 fuhr der Bw in die Grünanlage im Inneren des Kreisver­kehrs und blieb mit dem Pkw darin stecken. Die beiden Zeugen schoben ihn auf die Straße zurück und stellten fest, dass in der Grünanlage eine Reifenspur war, Pflanzen niedergefahren waren und außerdem Teile des Unterbaus der Stoß­stange am Pkw beschädigt waren. Beide gingen danach zu Fuß zur Jet-Tank­stelle, der Bw fuhr mit dem Pkw dorthin, um wie beabsichtigt Alkohol zu kaufen. Er stellte den von Pflanzen­resten verun­reinigten Pkw hinter dem Gebäude der Jet-Tankstelle ab und ging mit seinen Freunden in die Innenstadt.  

Ein namentlich genannter Zeuge meldete der Polizei den Unfall und dass der Lenker davongefahren sei, worauf der Ml zum Kreisverkehr fuhr. Der Schaden am Kreisverkehr bestand in niedergefahrenen Pflanzen, einer Reifenspur im Schotter und außerdem fand der Ml Kunststoffteile des Pkw vor. Auf der Suche nach dem Pkw traf der Ml den Zeugen W, der leugnete, etwas von einem Unfall am Kreisverkehr oder dem Aufenthalt des Lenkers zu wissen.

Der Pkw wurde hinter dem Gebäu­de der Jet-Tankstelle offensichtlich beschädigt gefunden, wobei nach dem Eindruck des Ml die Beschädigungen für das Über­fahren der Begrenzung der Grünanlage im Kreisverkehrs typisch waren. Es waren Pflanzenreste zu sehen und vorne war der Unterbau beschädigt; zu dieser Zeit war kein Ölaustritt zu sehen.  

 

Der Ml eruierte den Bw als Zulassungsbesitzer und telefonierte mit dessen Mutter, die die Handynummer des Bw bekannt gab. Der Ml telefonierte daraufhin mit dem Bw, der jeglichen Zusammenhang mit einem Unfall im Kreisverkehr abstritt und behauptete, die Schäden am Fahrzeug stammten von einem Unfall am Nachmittag, wozu er aber nichts konkretes angeben konnte. Der Ml forderte ihn daraufhin auf, zur 15 Minuten Fußweg entfernten Polizeiinspektion Braunau zu kommen, um den Sachverhalt aufzu­klären. Der Bw gab dem Ml zu verstehen, er sei mit Freunden im "x" in x und habe nach dem Unfall Alkohol getrunken. Der Ml forderte ihn am Telefon mehrmals auf, zur Dienststelle – und zwar ausdrücklich nicht zur neben dem Lokal befindlichen Stadtwache, sondern zur Polizeiinspektion Braunau beim AMS – zu kommen und dort einen Alkotest zu machen, worauf der Bw zusagte, er werde in 20 Minuten da sein und wörtlich wiederholte, er komme zur Polizei­inspektion beim AMS. Als er aber nicht kam, fuhr der Ml erneut zum Pkw und stellte fest, dass der Pkw anderswo abgestellt war. Er war zuerst versperrt mitten auf der Fahrbahn gestanden im Bereich der markierten Parkplätze. Nun stand er versperrt auf dem Parkplatz und sowohl am alten wie am neuen Standort war Öl ausgetreten und dieses befand sich großflächig auf der Zu­fahrts­­straße zur Jet-Tankstelle und am Parkplatz. Da die Straße feucht war und die Tankstelle 24-Stunden-Betrieb hatte, holte der Ml die Feuerwehr, die die Fläche mit Ölbindemittel reinigte. Der Ml ging am nächsten Morgen außer Dienst und erfuhr später vom Tagdienst-Beamten, dass die Feuer­wehr wegen des weiterhin ausgetretenen Öls nochmals geholt werden musste und schließlich der Vater des Bw erreicht werden konnte, der zu Mittag des nächsten Tages die Abschleppung veranlasste.

Der Ml legte sowohl zu den Beschädigungen des Bewuchses des Kreisverkehrs als auch zum Schaden und den Abstellorten bzw dem Ölaustritt aus dem Pkw Fotos vor.

 

Die Zeugen W und B bestätigten in der Berufungsverhandlung, sie hätten nicht mitbekommen, wie es zum Unfall gekommen sei, hätten aber zu zweit den Pkw rückwärts aus der Grünfläche geschoben. Beide bestätigten die Reifenspuren als "Schotterverschiebung" und dass Pflanzen niedergefahren waren, aber nicht, dass am Unfallort davon die Rede gewesen wäre, es sei "eh nichts passiert". Der Bw gab an, er sei gar nicht ausgestiegen, habe dann aber bemerkt, dass der Pkw schwerer zu lenken gewesen sei und daraus auf dessen Beschädigung geschlossen. Die Zeugen gaben an, sie hätten außer den Schäden am Pkw die niedergefahrenen Pflanzen und die Reifenspur im Schotter wahrgenommen, ein lockerer Randstein aus der Begrenzung sei ihnen nicht aufgefallen. Eine Unfallmeldung stand nie zur Diskussion. Beide Zeugen hatten nach eigenen Angaben Alkohol getrunken.

 

Der Bw gab an, der Unfall sei dadurch entstanden, dass er ins Schleudern gekommen sei. Er sei in der Grünanlage gestanden und nach dem Heraus­schieben durch die Zeugen zu seinem ursprünglichen Ziel gefahren, der Jet-Tankstelle, wo er Alkohol kaufen wollte; die Zeugen seien zu Fuß hingekommen. Er habe den Pkw dort stehen lassen und sei mit den Zeugen in die Stadt gegangen. Er könne sich erinnern, dass er später einmal mit dem Ml telefoniert habe, der ihn nach einem Unfall beim Kreisverkehr gefragt habe. Von ausge­tretenem Öl sei keine Rede gewesen und er wisse auch nicht, dass von Alkohol die Rede gewesen sei. Er hätte beim Polizeiposten vorbeikommen sollen, habe dem Ml aber gesagt, dass er nach dem Unfall Alkohol getrunken habe und er werde das Auto morgen von der Jet-Tankstelle holen. Er habe nur einmal mit dem Ml telefoniert. Auf konkreten Vorhalt der Fotos bestätigte der Bw, er habe die Bepflanzung so wahrgenommen wie auf den Fotos zu sehen ist, und habe später eine Rechnung von der Stadtgemeinde Braunau bekommen, die Höhe wisse er nicht. Der Schaden habe ua an einem der Randsteine in der Einfassung bestanden, einen solchen habe er aber nicht gesehen. Zu den Fotos vom Pkw, der zunächst mit der Parkplatz­markierung in Kennzeichenhöhe und später am Fahrbahnrand geparkt zu sehen ist, gab der Bw an, er wisse nicht, wie der Pkw dorthin gekommen sei. Er sei jedenfalls nicht beim Pkw gewesen. Er gab aber zu, nur er habe den Fahrzeugschlüssel, der zweite liege normalerweise zu Hause, er wisse aber nicht, ob dieser bei seiner Rückkehr noch dort gewesen sei. Er habe am nächsten Morgen seinen Vater angerufen, der ihn abgeholt und heimgebracht habe. Die Abschleppung des Pkw habe sein Vater veranlasst. Er habe sich weder um den Schlüssel noch sonst weiter gekümmert, er habe einen ziemlichen Rausch gehabt und sich sofort schlafen gelegt. Den Feuerwehreinsatz habe er bezahlen müssen.

 

Aus dem vorgelegten Verfahrensakt lässt sich ersehen, dass die Erstinstanz laut Aktenvermerk vom 26. November 2010 von der Einleitung eines Verwaltungs­straf­ver­fahrens wegen Verweigerung des Alko­tests sowie eines Verwaltungs­verfahrens wegen Entziehung der Lenkberechti­gung abgesehen hat, weil beim Telefonge­spräch zwischen Ml und Bw, der sich in einem Lokal mit lauter Musik befunden habe, die Aufforderung zum Alkotest möglicher­weise nicht als solche verstanden werden habe können; davon wurden der Bw und sein Rechtsvertreter mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. November 2010 schriftlich verständigt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, die an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt sind, die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht des Abs.5 ist als objektives Tatbestandsmerk­mal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

 

Der Ml bestätigte in der Berufungsverhandlung, ihm seien bei der Besichtigung des Kreisverkehrs Kunststoffteile eines Pkw, niedergefahrene Pflanzen und die Reifenspur im Schotter auf­ge­fallen, einen beschädigten "lockeren" Randstein der Einfassung habe er nicht gesehen. Die Stadtgemeinde Braunau als Geschädigter habe bestätigt, dass der Bw für den angerichteten Schaden eine Rechnung in Höhe von 351 Euro erhalten habe. Der Ml hat die Beschädigungen bzw das Erscheinungsbild des Pkw als typisch für einen der­artigen Unfall und diesen sofort bei der Besichtigung des Kreis­verkehrs als "Sachschadenunfall" eingestuft. 

Der Bw zweifelt daran, ob die "geringfügigsten" Beschädigungen überhaupt als Sach­schaden zu sehen sind, und sieht auch den angeblich lockeren Stein nicht zwingend von diesem Unfall herrührend. Auch den – allerdings nach eigenen Angaben alkoholisierten – Zeugen W und B ist ein solcher Stein oder ein Schleif­geräusch an der Unterseite des Pkw nicht aufgefallen, wohl aber ein Schaden an der Unterseite der Stoßstange.

Fest steht, dass der Bw nach dem Verkehrsunfall gar nicht ausgestiegen ist, sondern der Pkw von den Zeugen rückwärts hinausgeschoben wurde und er danach die Fahrt fortgesetzt hat. Er hat allerdings selbst bemerkt, dass der Pkw schwerer zu lenken war und daraus auf eine Beschädigung geschlossen. Fest steht auch, dass er die ruinierten Pflanzen und die Reifenspur im Schotter im Scheinwerferlicht gesehen hat, auch wenn die Ausleuchtung dieser Fläche durch Straßen­beleuch­tung in der Verhandlung nicht eindeutig geklärt werden konnte. Aus den vom Ml ange­fertigten Fotos lässt sich jedenfalls die beschädigte Bepflanzung ersehen, sodass an der Qualifikation als Verkehrsunfall mit Sach­schaden kein Zweifel besteht, wobei die Äußerung des Bw, der angeführte Stein müsse nicht durch sein Verhalten "locker" geworden sein, eine bloße Behauptung bleibt, zumal er in der Berufungsverhandlung aus eigener Beobachtung nichts dazu zu sagen vermochte.   

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH löst auch ein geringfügiger Schaden die Meldpflicht aus (vgl E 25.9.1991, 90/02/0217; 24.4.1986, 85/02/0283; ua). Lediglich geringfügige Spuren, die ohne Kostenaufwand beseitigt werden können oder vom Betroffenen gar nicht als Beschädigung aufgefasst werden, stellen keinen Sachschaden dar zB Spurrillen auf einer Ackeroberfläche (vgl OGH 30.1. 1992, 7 Ob 33/91).

Eine Beschädigung in Form von niedergefahrenen Pflanzen in einer Grünanlage in der Mitte eines Kreisverkehrs im Stadtzentrum stellt hingegen sehr wohl einen Sachschaden dar, auch wenn manche Pflanzen Mitte Oktober bereits etwas welk gewesen sein sollten. Auf den Fotos sind außerdem Blattpflanzen erkennbar, die eine typische Herbstbepflanzung darstellen. Dass eine Reifenspur ("Schotterver­schiebung") in der mar­kanten Grün­fläche im Kreisverkehr nicht als gestalter­isches Element akzeptiert und belassen werden konnte, liegt ebenfalls auf der Hand, sodass auch die Rechnung der Stadtgemeinde Braunau, die auch die für die Wiederherstellung des früheren gepflegten Zustandes der Grünfläche erfor­der­lichen und kostenintensiven Arbeitsstunden umfasst, nachvoll­ziehbar ist.   

 

Der Bw hat keinerlei Überlegungen dahingehend angestellt und, obwohl für ihn eine Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten, der Stadtgemeinde Braunau/Inn, faktisch zu dieser Zeit (Samstag, gegen 21.40 Uhr) nahezu unmöglich war, eine Meldung an die nächste Polizeidienststelle überhaupt nicht in Erwägung gezogen, ja sogar jeglichen Zusammenhang geleugnet, als ihn der Ml konkret auf das auf ihn selbst zugelassene beschädigte Fahrzeug und den Schaden am Kreis­verkehr ansprach. Seine Version von einem angeblichen Unfall um 16.00 Uhr hat schon seine Mutter gegenüber dem Ml dadurch widerlegt, dass sie angab, der Bw sei erst um 17.00 Uhr von daheim weggefahren. 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates hat der Bw zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsüber­tretung zu verantworten, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Ver­schuldens an der Nichtmeldung des Verkehrsunfalls mit Sach­schaden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG absolut keine Rede sein kann.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Arbeitslosigkeit des Bw, seine Schulden und das Fehlen von Vermögen und Sorge­pflichten berücksichtigt und die Schwere von "Fahrerfluchtsdelikten" general­prä­ventiv mit besonderem Unrechtsgehalt betont. Dem ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nichts entgegenzusetzen. Der Bw ist wegen einer nicht einschlägigen Vormerkung aus dem Jahr 2007 nicht mehr unbescholten, und seine beim ggst Vorfall zum Ausdruck gebrachte Gleichgültig­keit ist geradezu erschreckend. Zugute kommt ihm allerdings, dass er das
21. Lebensjahr zum Vorfallszeitpunkt noch nicht vollendet hatte, was als Milderungs­grund gemäß § 34 Abs.1 Z1 StGB und damit als Ansatz für eine Strafherab­setzung zu berücksichtigen war. Der Bw bezieht nach eigenen Angaben eine Unter­stützung von 250 Euro monatlich nach Beendigung seiner befristet gewe­sen­en Arbeitsver­hältnisses mit Jahresende 2010 und ist arbeitslos.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, liegt noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält general­präventiven Überlegungen stand und soll den Bw dazu veranlassen, die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung hinsichtlich der Verpflich­tungen des Unfall-Lenkers nach einem Verkehrsunfall mit Schaden am Vermögen anderer einzuhalten. Es steht ihm frei, bei der Erstinstanz als Vollstreckungsbehörde um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Verhältnis zur Geldstrafe herabzusetzen. Die Voraus­setzungen der §§ 20 und 21 VStG lagen nicht vor.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 92 Abs.1 1.Satz StVO 1960 ist jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßen­benützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten.

Gemäß § 99 Abs.4 lit.g StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Straßen gröblich verunreinigt.

 

Der Bw hat nach eigenen Angaben bereits bei der Weiterfahrt nach dem Unfall vom Kreisverkehr stadtauswärts bemerkt, dass an seinem Pkw die Lenkung offenbar beschädigt ist, weil die "schwerer ging". Er hat mit dem Unterbau der Stoßstange seines Pkw den Randstein der Einfassung der Grünfläche in der Mitte des Kreisverkehrs gestreift, sodass Kunststoffteile an der Unfallstelle verblieben sind. Fest steht, dass der Ml beim Telefonat mit dem Bw vom Ölaustritt selbst noch nichts wusste, da dieser offenbar erst langsam durch die Öllacke auf dem Tankstellengelände in Erscheinung trat. Der Ml hat den Bw aber auf den Unfall angesprochen und er hat nach dem Telefonat und der vom Bw nicht einge­haltenen Zusage seines Erscheinens bei der PI Braunau den Pkw nochmals besichtigt und dabei festgestellt, dass der Pkw auf einmal anderswo abgestellt war. Er hat auch beide Abstellorte – vorher links von der Parkplatzmarkierung auf der Fahrbahn stehend, nachher rechts davon am Rand geparkt, aber beide Male versperrt – durch Fotos dokumentiert. Auch wenn der Bw in der Berufungs­verhandlung hartnäckig abgestritten hat, selbst nochmals beim Fahrzeug gewesen zu sein, hat er zugegeben, dass nur er selbst den Fahrzeugschlüssel hatte und der Ersatz­schlüssel daheim war, sodass seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates ohne jeden Zweifel davon auszugehen ist, dass der Bw selbst den Pkw umgestellt hat. Da an beiden Abstellorten Öllacken zu sehen waren, die der Bw mit Sicher­heit nicht übersehen konnte, weil er beim Einsteigen aufpassen musste, um nicht hineinzutreten, musste ihm auffallen, dass nicht nur sein Pkw weitgehend fahruntüchtig war, sondern auch auf dem durchgehend geöffneten Tankstellen­areal eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer und vor allem die Umwelt durch das austretende Öl, das sich auf der feuchten Fahrbahn verteilte, bestand und er hätte jedenfalls in Eigeninitiative für die Beendigung des Ölaustritts bzw Entfernung des Fahrzeuges und die Reinigung der Verkehrs­fläche sorgen müssen. Er hat jedoch, offensichtlich ohne sich darüber lange Gedanken zu machen, nur den Pkw ein Stück weiter rechts geparkt, abgesperrt und das Tankstellen­areal ohne weitere Vorkehrungen verlassen.

Sein Argument in der Berufung, die verunreinigte Fläche sei nicht dem öffentlichen Gut zuzurechnen, geht deshalb ins Leere, weil sich aus den Fotos eindeutig ergibt, dass es sich bei der Fläche des Tankstellenareals, auf der der Pkw jeweils abgestellt war, um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sine des § 1 Abs.1 StVO 1960 handelt, da sie von jedermann unter den gleichen Bedin­gungen benützt werden können. Für die Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr sind die Eigentumsverhältnisse irrelevant. Der Bw war – zumindest in Bezug auf den dort gekauften Alkohol – sogar selbst Kunde der Tankstelle (vgl VwGH 3.10.1990, 90/02/0094, 0095; 25.4.1985, 85/02/0122, 0123; 19.12. 1990, 90/02/0164; 27.2.1992, 92/02/0081; uva), sodass das Argument, der Pkw sei auf als solchen gewidmeten Mitarbeiterparkplätzen gestanden, ins Leere geht; im übrigen ist eine solche Einschränkung aus den Fotos nicht ersichtlich. 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht auf dieser Grundlage kein Zweifel, dass der Bw den ihm – durch die Orts­an­gabe "Braunauer Straße 1", wie schon aus der Anzeige ersichtlich und seinem Rechtsvertreter bei der Aktenein­sichtnahme am 26.11.2010 zur Kenntnis gelangt, gemäß § 44a Z1 VStG ergänzt – zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwal­tungs­über­tretung zu verantworten hat, zumal seine Verantwortung zur die Glaubhaft­machung mangeln­den Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG völlig unge­eignet war.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.4 StVO 1960 bis 72 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz mit der Verhängung der festgesetzten Strafe den ihr bei der Strafbemessung zukomm­enden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Strafe ist in Anbetracht des sich durch massive Gleichgültigkeit auszeichnenden Verhaltens des Bw und damit anzunehmenden dolus eventualis – gemäß § 5 Abs.1 StGB handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetz­lichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirk­lichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet – so gering, dass eine Herabsetzung der ohnehin objektiv geringen Geld- und im Verhältnis dazu angemessenen Ersatzfreiheitsstrafe aus general- und vor allem spezialprä­ven­tiven Über­legun­gen nicht gerechtfertigt war.     

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Nichtmelden des VU mit Sachschaden an Grünanlage (Pflanzen, Reifenspuren im Kies, lockerer Randstein), Bw hat austretendes Öl nicht entfernt bzw. abgesichert, Strafmilderung weil unter 21. Lebensjahr

 

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