Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231255/2/Gf/Rt

Linz, 26.05.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. Mai 2011, Zl. Sich96-1024-2011, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 61 Stunden neu festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als es in dessen Spruch an die Stelle von  "im Zeitraum von 01.03.2011, 09:01 Uhr bis 10.03.2011, 9:00 Uhr" nunmehr "am 1. März 2011" zu heißen hat.

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; 65 Abs. 1VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. Mai 2011, Zl. Sich96-1024-2011, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geld­strafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag 100 Euro) verhängt, weil er sich als Fremder vom 1. bis zum 10. März 2011 außerhalb jenes Gebietes, in dem er geduldet war, aufgehalten habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 121 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: FPG), i.V.m. § 12 Abs. 2 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: AsylG), begangen, weshalb er nach § 120 Abs. 2 Z. 2 FPG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass sich nach den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen ergeben habe, dass der Beschwerdeführer – obwohl er sich als Asylwerber lediglich im Sprengel jener Behörde, in dem sich sein Aufenthaltsort befindet, hätte bewegen dürfen – am 1. März 2011 als Beifahrer in einem PKW widerrechtlich in die BRD ausgereist und dort von den Behörden aufgegriffen und am 10. März 2011 wieder nach Österreich rücküberstellt worden sei. Dass ihm die Gebietsbeschränkung nicht bekannt bzw. die entsprechenden Belehrungen nicht verständlich gewesen seien, sie hingegen als eine reine Schutzbehauptung zu werten.

1.2. Gegen dieses ihm am 10. Mai 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Mai 2011 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin wird eingewendet, dass dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses kein Tatort zu entnehmen und auch nicht nachvollziehbar sei, wie die belangte Behörde die genaue Tatzeit eruiert habe; Letzteres erweise sich vornehmlich deshalb als rechtserheblich, weil er die Tat überwiegend im Ausland begangen habe und er deshalb somit schon aus diesem Grund nicht strafbar sei. Außerdem sei sein Zugeständnis, den Sprengel der Erstbehörde verlassen zu haben, nicht als ein Schuldeingeständnis zu werten, denn insoweit habe er die ihm seitens der Behörde erteilten Informationen infolge von Sprachschwierigkeiten nicht intellektuell erfassen können. Schließlich erscheine die in § 121 FPG normierte Mindeststrafe von 1.000 Euro als unsachlich, insbesondere auch deshalb, weil der Rechtsmittelwerber über keinerlei Vermögen verfüge und somit der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe drohe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. Sich96-1024-2011; da sich der maßgebliche Sachverhalt – soweit entscheidungsrelevant – bereits aus diesem klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 121 Abs. 2 FPG i.V.m. § 12 Abs. 2 AsylG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder außerhalb des Gebietes jener Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort befindet, aufhält.

3.2. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer – was auch von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt wird – den Sprengel der belangten Behörde, in dem er sich zwecks Stellung eines Asylantrages aufgehalten hat, verlassen; in der Folge ist er am 1. März 2011 widerrechtlich in die BRD ausgereist, weshalb er am 10. März 2011 von den deutschen Behörden rücküberstellt wurde.

Anders als etwa § 120 Abs. 1 FPG findet sich in § 121 Abs. 2 FPG keine spezifische Regelung bezüglich des Tatorts; demnach kommt hier die generelle Anordnung des § 2 VStG zum Tragen, wonach Verwaltungsübertretungen nur dann geahndet werden können, wenn und soweit sie im Inland begangen wurden, d.h., dass entweder der Täter im Inland gehandelt hat oder der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 VStG).

Im vorliegenden Fall hat sich der Rechtsmittelwerber daher, wie er zutreffend vorbringt, nur insoweit tatbestandsmäßig verhalten, als er am 1. März 2011 den Amtssprengel der BH Vöcklabruck – der nicht unmittelbar an die BRD angrenzt – verlassen hat, um nach Durchquerung der Sprengel anderer Bezirksverwaltungsbehörden nach Suben (Bezirk Schärding) und damit zur deutschen Grenze zu gelangen sowie umgekehrt im Zuge seiner Rücküberstellung aus Deutschland (über Suben) am 10. März 2011.

3.3.1. Seine im Zuge der Rücküberstellung aus der BRD erfolgte Durchquerung der Sprengel anderer Bezirksverwaltungsbehörden kann ihm naturgemäß schon deshalb nicht angelastet werden, weil diese aus der Sicht des Beschwerdeführers zwangweise erfolgte; insoweit liegt somit nicht einmal eine vom Willen des Rechtsmittelwerbers getragene "Handlung" und daher schon von vornherein kein zurechenbares strafbares Verhalten vor.

3.3.2. Dem gegenüber ergibt sich aus der Niederschrift des Bundesasylamtes vom 15. März 2011, Zl. 105653/2011, dass dem Rechtsmittelwerber anlässlich seiner Asylantragstellung am 25. Februar 2011 das Merkblatt zum Asylverfahren und die Informationsblätter zur Dublin-II-V und zur EURODAC-VO jeweils in einer ihm verständlichen Sprache ausgefolgt und er im Beisein eines Dolmetschers über seine Pflichten als Asylwerber aufgeklärt wurde und er die Erstaufnahmestelle vornehmlich deshalb unerlaubt verlassen habe und nach Deutschland weitergereist sei, weil er von anderen Fremden darauf hingewiesen worden sei, dass er unmittelbar nach seiner Einvernahme in den Irak abgeschoben werden wird; daher habe er es mit der Angst zu tun bekommen und in die BRD flüchten wollen.

Vor einem derartigen Hintergrund erweist sich aber der erst ex post erhobene Einwand, dass er die ihm seitens der Behörden erteilten Informationen infolge von Sprachschwierigkeiten nicht intellektuell habe erfassen können – wie von der belangten Behörde zutreffend angenommen – offenkundig bloß als eine Schutzbehauptung, sodass im Ergebnis daher auch kein Schuldausschließungsgrund vorliegt.

Insoweit hat der Beschwerdeführer daher tatbestandsmäßig und schuldhaft – nämlich insoweit bedingt vorsätzlich, als er unter der unzutreffenden Annahme, unmittelbar nach seiner Einvernahme in seinen Heimatstaat abgeschoben zu werden, die Verletzung der ihn treffenden Gebietsbeschränkung billigend in Kauf genommen hat – gehandelt, sodass diesbezüglich seine Strafbarkeit gegeben ist.

3.4. Von dem insgesamt besehen sonach wesentlich eingeschränkten Tatzeitraum sowie davon ausgehend, dass Erschwerungsgründe nicht vorliegen, der Rechtsmittelwerber dem gegenüber jedoch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und das Motiv für sein Fehlverhalten (Furcht vor unmittelbarer Abschiebung in den Irak) i.S.d. § 34 Abs. 1 Z. 4 und Z. 11 StGB in erster Linie durch andere veranlasst wurde und dadurch einem Schuldausschließungsgrund nahe kommt, war daher unter Heranziehung des § 20 VStG die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 61 Stunden herabzusetzen.

3.5. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die Geldstrafe mit 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 61 Stunden neu festgesetzt werden; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es in dessen Spruch an die Stelle von  "im Zeitraum von 01.03.2011, 09:01 Uhr bis 10.03.2011, 9:00 Uhr" nunmehr "am 1. März 2011" zu heißen hat.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Berufungswerber hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

VwSen-231255/2/Gf/Rt vom 26. Mai 2011

 

Erkenntnis

 

FPG 2005 §121 Abs2;

AsylG §12;

VStG §2;

VStG §20

 

Anders als etwa § 120 Abs1 FPG 2005 findet sich in § 121 Abs2 FPG 2005 keine spezifische Regelung bezüglich des Tatorts. Demnach kommt hier die generelle Anordnung des § 2 VStG zum Tragen, wonach Verwaltungsübertretungen nur dann geahndet werden können, wenn und soweit sie im Inland begangen wurden.

Hier hat sich der Fremde daher nur insoweit tatbestandsmäßig verhalten, als er am 1. März 2011 den Amtssprengel der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verlassen hat, um nach Durchquerung der Sprengel anderer Bezirksverwaltungsbehörden zur deutschen Grenze zu gelangen sowie umgekehrt im Zuge seiner Rücküberstellung aus Deutschland am 10. März 2011. Zur Rückstellung aus Deutschland ist jedoch anzumerken, dass diese zwangweise erfolgte, sodass keine vom Willen des Rechtsmittelwerbers getragene "Handlung" und daher schon von vornherein kein zurechenbares strafbares Verhalten vorliegt.

 

 

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