Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310433/3/Kü/Hue/Ba

Linz, 31.05.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung von Herrn X X, X, X, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. X X, X, X, vom 8. März 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21. Februar 2011, Zl. UR96-28-2010-Kg, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

 I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.   

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24, 45 Abs. 1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21. Februar 2011, Zl. UR96-28-2010-Kg, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z 17 und  § 62 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) iVm der Verfahrensanordnung des Landeshauptmannes von Oö. vom 20. September 2010, Zl. UR-2006-10149/49-Kb/Ner, eine Geldstrafe von 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt.

 

Ferner wurde gem. § 64 VStG ein Kostenbeitrag in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Als Betreiber der Kompostierungsanlage auf den Grundstücken X und X KG X, Gemeinde X, haben Sie es zu verantworten, dass den nachstehend angeführten behördlichen Anordnungen und Aufträgen vom 20. Sep. 2010 nicht fristgerecht nachgekommen worden ist:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. November 2008, UR-2006-10149/43, wurde Ihnen die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostierungsanlage auf den Grundstücken X und X, KG X, Gemeinde X, erteilt.

Anläßlich einer behördlichen Überprüfung am 14. Sep. 2010 wurde vor Ort unter Beiziehung eines Amtsachverständigen für biologische Abfallbehandlung die Nichteinhaltung von Bescheidauflagen festgestellt und die daraus resultierenden Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes abgeleitet.

Aus diesem Grund wurden vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Sep. 2010, UR-2006-10149/49-KB/Ner, gemäß § 62 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 idgF folgende Anordnungen und Aufträge (Verfahrensanordnung) erlassen:

1. Die in der Rottehalle lagernden Hackschnitzel sind umgehend zu entfernen und zukünftig die frisch angelieferten biogenen Abfälle, insbesondere leicht faulhältige Materialien wie Grünschnitt, dort zu übernehmen bzw. zu lagern. Weiters ist diese Fläche zukünftig zum Aufsetzen vom Kompostmieten zu verwenden.

2. Das auf nicht flüssigkeitsdichter Fläche gelagerte Schreddermaterial ist sofort von dort zu entfernen oder mittels Kompostvlies abzudecken. Zukünftig sind Grünschnitt, Laub sowie Obst- und Gemüseabfälle nur mehr auf flüssigkeitsdichter Fläche zu übernehmen bzw. binnen 24 Stunden zur Rotte aufzusetzen.

3. Das in Nachrotte befindliche (in Haufenform gelagerte) Material, welches noch einen hohen organischen Anteil aufwies, ist mit frischen Grünabfällen bzw. Schreddermaterial sofort zur Rotte aufzusetzen.

4. Die erforderlichen Betriebsaufzeichnungen sind ab sofort zu führen und der Behörde zukünftig auf Verlangen jederzeit vorzuweisen. Der erzeugte Kompost ist zu beproben und die Analysenergebnisse der zuständigen Behörde vorzulegen.

5. Die Rasenfläche des Sickergrünbeckens ist unverzüglich zu mähen.

6. Die Heißrottefläche muss im Bereich der Einlaufschächte zusätzlich abgegrenzt werden.

7. Ein Ausführungsbericht, in dem die geänderte Lage der Sammelbecken, Einlaufschächte, Rohrkanäle und Drainageleitungen eingezeichnet sind, ist der Behörde vorzulegen.

8. Eine Nachrüstung mit entsprechender Beschilderung ist durchzuführen und hierüber der Behörde ein entsprechender Fotonachweis vorzulegen.

9. Es ist die Nachrüstung mit entsprechenden Handfeuerlöschern durchzuführen und hierüber der Behörde ein entsprechender Fotonachweis vorzulegen.

10. Ein entsprechender Schlussbericht des Bauführers ist der Behörde vorzulegen.

11. Hinsichtlich der vorgenommenen Änderungen an der gegenständlichen Kompostierungsanlage ist bis 1. Nov. 2010 unter Vorlage entsprechender Projektsunterlagen um Genehmigung bei der Abfallwirtschaftsrechtsbehörde anzusuchen.

12. Die Maßnahmen in den Punkten 1.-10. sind bis spätestens 30. September 2010 durchzuführen und die Erledigung dieser Maßnahmen ist der zuständigen Behörde bis spätestens 10. Oktober 2010 schriftlich unter Bezugnahme zu den einzelnen Auflagepunkten sowie unter Vorlage von Beweisfotos bzw. Kopien anzuzeigen.

Von der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht des Amtes der O.Ö. Landesregierung wurde bei einem weiteren unangekündigten Ortsaugenschein am 4. Nov. 2010 festgestellt, dass Sie den vorgenannten Anordnungen und Aufträgen vom 20. Sep. 2010 nicht nachgekommen sind bzw. dass keiner einzigen Auflage der genannten Verfahrensanordnung entsprochen worden ist."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig über die Rechtsvertretung des Bw  eingebrachte Berufung vom 8. März 2011, in welcher das gesamte Erkenntnis bekämpft wird. Der Bw legte mit ausführlicher Begründung dar, dass er dem behördlichen Auftrag zumindest teilweise nachgekommen sei und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens bzw. Reduktion der Strafe auf das Mindestmaß, in eventu die teilweise Einstellung des Verfahrens in den Punkten 1, 2, 3, 4, 5, 8 und 9, und die Gewährung einer neuerlichen Frist zur Erfüllung der Auflagenpunkte 6, 7, 10 und 11 sowie die Durchführung eines Lokalaugenscheines. 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Schreiben vom 9. März 2011 den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 62 Abs.2 AWG 2002 hat die Behörde, wenn der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage besteht, die gemäß den       §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, – unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens – den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

 

Gemäß § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 bis 36.340 Euro zu bestrafen ist, – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – wer den Anordnungen oder Aufträgen gemäß § 62 Abs.2, 2a, 2b, 3, 6 oder 7 nicht nachkommt; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirt­schaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahme­verfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521).

 

5.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde wird auf die Verfahrensanordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. September 2010, Zl. UR-2006-10149/49-Kb/Ner, in welcher dem Bw gemäß § 62 Abs.2 AWG 2002 die Erfüllung von im Bescheid des Landeshaupt­mannes von Oberösterreich vom 18. November 2008, Zl. UR-2006-10149/43-Fe/Mt (abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung), verfügten Auflagen bis zu einem bestimmten Termin aufgetragen wurde, Bezug genommen. Es werden dabei im Spruch des bekämpften Erkenntnisses zwar die Punkte 1. – 12. dieser Verfahrensanordnung vom 20. September 2010 aufgelistet, jedoch in keiner Weise beschrieben, inwiefern bzw. im welchem Umfang diesen Anordnungen nicht entsprochen wurde, zumal der Bw in seiner Rechtfertigung vom 30. November 2010 seine Sicht der Erfüllung der behördlichen Anordnung vom 20. September 2010 dargelegt hat. Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses erschöpft sich somit einerseits damit, dass anlässlich eines Lokalaugenscheins am 14. September 2010 vom Amtssachverständigen für biologische Abfallbehandlung festgestellt wurde, dass die in der abfallrechtlichen Genehmigung vom 18. November 2008 verfügten Auflagen nicht eingehalten wurden, und andererseits in der Wiederholung der in der Verfahrensanordnung vom 20. September 2010 angeordneten Maßnahmen. Mit dem alleinigen Hinweis, den Auflagen sei nicht entsprochen worden, werden die weiter oben dargelegten Erfordernisse des § 44a Abs.1 Z1 VStG jedoch nicht erfüllt. Insbesondere aber wäre es von der Erstbehörde erforderlich gewesen, der Rechtfertigung des Bw vom 30. November 2010 in der Tatbeschreibung entgegen zu treten. Dies ist nicht erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.   

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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