Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522815/2/Bi/Kr

Linz, 02.05.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Herrn RA x, x, vom 23. März 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 8. März 2011, GZ:08/174843-Tr, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch die Auflage, regelmäßig Befunde vorzulegen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gemäß §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5, 8 Abs.2, 13 Abs.5 und 24 Abs.1 Z2 FSG iVm §§ 8 und 11 Abs.1 FSG-GV die dem Berufungswerber (Bw) von der BH Kirchdorf/Krems zu GZ. 08/174843 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 14. Jänner 2011 und der ergänzenden amtsärztlichen Stellungnahme vom
3. Februar 2011 durch die Auflage eingeschränkt: "Sie haben sich in Abständen von drei Monaten einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und bis spätestens 14.4.2011, 14.7.2011, 14.10.2011 und 14.1.2012 der Behörde persön­lich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen: CDT (Carbohydrate-deficient-transferrin)"

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 14. März 2011.


 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw beantragt die ersatzlose Streichung der Auflage und macht im Wesentlichen geltend, die Begründung der Erstinstanz, Kontrollen der Trinkge­wohn­heiten seien wegen Delikten aus den Jahren 2009 und 2010 erforderlich, reiche nicht aus, um derartige Einschränkungen zu erteilen. Zum Zeitpunkt seiner klinischen Untersuchung hätten keine Zeichen für erhöhten Alkoholkonsum vorgelegen und aus dem Gutachten vom 14.1.2011 ergebe sich eindeutig, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B geeignet sei. Die Auflage werde damit allein auf den Vorfall in Gallneukirchen beschränkt. Es sei aber diesbezüglich zu keiner strafrechtlichen Verurteilung gekommen; er habe im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs Schadenswiedergutmachung geleis­tet und das Strafgericht habe keine Veranlassung gesehen einzuschreiten. Eine derartige Einschränkung seiner Lenkberechtigung würde ihn auch in seiner weiteren beruflichen Laufbahn benachteiligen. Aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 4.1.2011 ergäben sich keine Auffälligkeiten. Ein Verkehrs­unfall im Jahr 2009 und ein datumsmäßig nicht genannter Vorfall im Jahr 2010 stellten noch keinen hochgradigen Hinweis auf "wiederholten" Alkoholmissbrauch dar. Da es wegen des Vorfalls 2010 zu keiner Verurteilung gekommen sei, sei nur vom Vorfall 2009 auszugehen. Er habe seither keine Verwaltungsüber­tretungen oder gerichtliche Übertretungen begangen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass dem 1985 geborenen Bw seitens der Erstinstanz vom 8. März bis 8. September 2009, dh für die Dauer von sechs Monaten, die am 11.7.2008 erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wurde, weil er am 8. März 2009 als Lenker eines Pkw in Micheldorf an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt war und eineinhalb Stunden später 0,68 mg/l AAG festgestellt wurde. Der Bw, damals Inhaber eines Probe­führerscheins, hat eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker absolviert.  Laut Bericht der PI Gallneukirchen an die Erstinstanz vom 1. November 2010 hat der Bw am 25. September 2010 in Gallneukirchen, Alte Straße 3, vor einem  Nachtlokal S.S. einen Faustschlag ins Gesicht und danach dem dadurch am Bodern liegenden Fußtritte gegen den Kopf versetzt, F.K. einen Faustschlag ins Gesicht versetzt und ihn von hinten niedergerissen, sodass dieser mit dem Gesicht auf der Straße aufschlug, wobei beim Bw im Zuge eines freiwilligen Alkotests 0,78 mg/l AAG festgestellt wurde.

 

Der Bw wurde seitens der Erstinstanz mit Bescheid vom 16. November 2010, VerkR21-408-2010, gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich einer amtsärzt­lichen Untersuchung zu unterziehen, worauf ihm eine VPU und ein CDT-Befund aufgetragen wurden. Beides wurde ihm mit Bescheid der Erstinstanz vom
9. Dezember 2010, VerkR21-408-2010, gemäß § 24 Abs.4 FSG bescheidmäßig bis zum 14. Jänner 2011 aufgetragen.

 

Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 11. Jänner 2011 ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe I (uneingeschränkt) geeignet. Aus der Begründung ergibt sich, dass der Bw in nachvollziehbarer Weise Einsicht in sein vergangenes Delikt geäußert habe und auch eine problembewusste Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Fehlverhalten bei einhergehender Deliktreflexion fassbar sei. Die vom Bw berichteten früheren Alkoholtrink­gewohnheiten ließen einen gele­genheitsbezogenen vermehrten Alkoholkonsum erkennen. Aufgrund der Ergeb­nisse der erhobenen Befunde und der aus verkehrspsychologischer Sicht zu beurteilenden Hinweise aus den explorativ gewonnenen Daten sowie der Verhaltens­­beobachtung in der Unter­suchungs­situation könne eine durch Aus­gleich ausreichende kraftfahrspezifische Leistungs­fähigkeit und eine Bereit­schaft zur Verkehrsanpassung angenommen werden.

Der CDT betrug normwertig 1,03 %.

 

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 14. Jänner 2011 war der Bw damit geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B, unter der Auflage von Kontroll­untersuchungen auf CDT alle drei Monate für ein Jahr. Begründet führt die Amtsärztin x aus, dass sich derzeit keine Hinweise auf erhöhten Alkoholkonsum fänden, aber aufgrund der Anzeige mit aggressivem Verhalten unter Alkoholeinfluss Kontrollen der Trinkgewohnheiten erforderlich seien, weil unter Alkoholeinfluss sowohl die kraftfahrspezifischen Leistungen als auch die Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten deutlich eingeschränkt seien. Der Bw solle zu dreimonatlichen Laborbefunden auf CDT aufgefordert und bei Auffälligkeiten sofort eine Kontrolluntersuchung veranlasst werden. Sollte er über einen Zeitraum von einem Jahr unauffällige Befunde vorlegen können, könnte die Auflage auch ohne neuerliche aä Untersuchung gestrichen werden.

Im Rahmen einer von der Erstinstanz verlangten ergänzenden Stellungnahme vom 3. Februar 2011 führt die Amtsärztin weiter aus, obwohl sich bei der klini­schen Untersuchung am 4. Jänner 2011 keine Zeichen für erhöhten Alkohol­konsum gefunden hätten, bestehe aufgrund der Delikte 2009 und 2010 ein hochgradiger Hinweis auf wiederholten Alkoholmissbrauch. Der Bw gebe an, dass er nicht viel Alkohol trinke, was aber nur durch Laborbefunde (CDT) doku­men­tiert und glaubhaft gemacht werden könne. Zwei solche Vorkommnisse stellten keine Einzelfälle dar, aber weil es unter dem Einfluss von Alkohol zu Körperver­letzung gekommen sei, müsste im Fall neuerlichen Alkoholkonsums mit mangeln­der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung und Gefährdung im Straßenverkehr gerechnet werden.

Daraufhin erging nach widersprechender Äußerung des Bw mit dem Hinweis, der Vorfall 2010 habe sich nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines Fahr­zeuges ereignet,  der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die  gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken. Gemäß Abs.4 dieser Bestimmung ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festge­setz­ten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arznei­mittel­abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärzt­licher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe I zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Auf der Grundlage der vorgelegten Verfahrensakten steht fest, dass der Bw am 8. März 2009 etwa eineinhalb Stunden nach dem Verkehrsunfall einen AAG von 0,68 mg/l aufwies und am 25. September 2010 einen AAG von 0,78 mg/l. Der Bericht der PI Molln vom März 2009 ist unauffällig, dh der damals in Grünburg wohnhafte Bw ist außer beim Verkehrsunfall im Hinblick auf Alkohol nie aufge­fallen.

 


 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.2010, 2008/11/0021, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur (vgl E 22.6.2010, 2010/11/0067; 25.4.2006, 2006/11/0042) zu den Voraus­setzungen einer Einschränkung der Lenkberechti­gung durch Vorschreibung von ärztlichen Nachuntersuchungen dargelegt, dass die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 2 FSG nur dann besteht, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Lenkberechtigung gerechnet werden muss.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist eine Krankheit im Sinne der zitierten Judikatur beim Bw nie festgestellt worden und besteht dafür auch kein Anhaltspunkt. Ebenso kann aus zwei Vorfällen mit Alkohol, die eineinhalb Jahre (März 2009, September 2010) auseinander liegen, bei sonstiger Unauf­fällig­keit kein "gehäufter Missbrauch von Alkohol" konstruiert werden – dabei  wäre irrelevant, ob beim Vorfall von 2010 ein Kraftfahrzeug gelenkt wurde. Insgesamt gesehen gründet sich das amtsärztliche Gutachten samt seiner Ergänzung, die im Ergebnis eine Wiederholung der Argumente darstellt, wiederum nur auf die beiden Vorfälle, wobei aber aus der verkehrspsycholo­gischen Stellungnahme vom Jänner 2011 ersichtlich ist, dass der Bw offenbar im Hinblick auf Alkohol im Straßen­verkehr doch einsichtig geworden ist und nun auch weniger Alkohol trinkt; ansonsten wäre sein aktueller CDT nicht norm­wertig. Erschreckend ist allerdings seine Aggressivität beim Vorfall 2010 – die aber im Hinblick auf Verkehrszuverlässigkeit zu beurteilen wäre und nicht aus dem Blickwinkel fehlender gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen.      

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

2009 0,68 mg/l + VU + Probe FS = 6 Monate FS Entzug

2010 Raufhandel ohne KFZ – keine Verurteilung, AAG 0,78 mg/l

aä Gutachten nach VPU ("geeignet") + normwertiger CDT geeignet mit Auflage für 1 Jahr alle 3 Monate CDT-Befund vorzulegen -> Aufhebung

 

 

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