Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100782/11/Br/Hm

Linz, 30.11.1992

VwSen - 100782/11/Br/Hm Linz, am 30. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Wegschaider sowie durch den Beisitzer Dr. Guschlbauer und den Berichter Dr.Bleier über die Berufung des Herrn M G vom 18. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.Juni 1992, VerkR-96/6724/1992-Li, (zu Faktum 1) zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes die Strafe auf 4.000 S, im NEF 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

II. Der erstinstanzliche Kostenbeitrag ermäßigt sich sohin auf 400 S. Gemäß § 65 VStG entfallen für das Berufungsverfahren sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 5 Abs.2 iVm. § 99 Abs.1 lit.b der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO 1960, § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG, iVm. § 19, § 20, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber unter Punkt 1) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen verhängt, weil dieser am 11.3.1992 um 3.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der L in B bis zum Hause L 53 gelenkt hat und sich um 3.40 Uhr beim Hause L 53 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.300 S in Vorschreibung gebracht.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde im wesentlichen begründend aus, der Beweis des im Spruch angeführten Sachverhaltes ergebe sich aus der widerspruchsfreien Anzeige (GZP-553/92-Hu). Der Berufungswerber sei mit Aufforderung vom 23.3.1992 zur Abgabe einer Rechtfertigung eingeladen worden, habe hievon aber nicht Gebrauch gemacht. Dies sei im Sinne des § 45 Abs.2 AVG 1991 iVm. § 24 VStG als Beweis dafür gewertet worden, daß der Berufungswerber der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nichts entgegenzuhalten gehabt habe.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 18.7.1992 Berufung erhoben. In seinem "Antrag auf Berufung" führt er wörtlich aus: "Hiermit lege ich gegen o.a. Straferkenntnis Berufung ein. Begründung: 1. Ich habe in der gleichen Strafsache bereits eine Strafverfügung über S 2.500,- (BH B, Po196/127/1992 v. 1.4.1992 (DVR 70033.) erhalten. Eine nachträgliche Rechtfertigung hielt ich daher nicht mehr notwendig. 2. Die o.a. Vorg. unter Ziff. 1 vorgebrachten Anschuldigungen sind so nicht zutreffend. Ich bitte um Überprüfung und um Annulierung der Zweitbestrafung. (M G (eh.))." 3. Die Erstbehörde hat die Berufung mit dem Verfahrensakt vorgelegt. Es ist somit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat zu Punkt 1., da eine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eine Kammer zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als erforderlich, da es sich um eine volle Berufung handelt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen in der gemäß § 51e Z.1 VStG anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung des die Amtshandlung führenden Gendarmeriebeamten Bez.Insp. H als Zeugen und des Berufungswerbers als Verfahrenspartei. Beim Kreisgericht R wurde der Sachausgang zum Verfahren 7 EVr 254/92, 7 EHv 149/92 (Aktenvermerk 29.10.1992) eingeholt. Vom Berufungswerber vorgelegt und der Entscheidung grundgelegt wurde ein nervenärztliches Attest vom 16.10.1992.

4.1. Hinsichtlich des Punktes 2. des angefochtenen Straferkenntnisses hat der unabhängige Verwaltungssenat durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Diesbezüglich ergeht unter Geschäftszahl VwSen-100790 eine gesonderte Entscheidung.

4.2. Auf Grund der Zeugenaussage des Meldungslegers ist es als erwiesen anzusehen, daß eine Aufforderung zur Leistung der Atemluftuntersuchung mittels Alkomat erfolgt ist. Als Grund für die Aufforderung lagen Alkoholgeruch aus dem Fahrzeug und gerötete Augenbindehäute am Berufungswerber vor. Dieser wurde jedoch nicht nachgekommen. Es wird in diesem Zusammenhang hingewiesen, daß es zu einer (gemäß den Bestimmungen der Strafprozeßordnung - wegen des Verdachtes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und des Verdachtes der schweren Körperverletzung an den einschreitenden Beamten -) Festnahme gekommen ist. Dabei sei dahingestellt, ob der Berufungswerber den Alkotest absichtlich verweigerte, oder ob auf Grund des Verlaufes der Amtshandlung die Zuführung zur Atemluftuntersuchung als "faktisch verweigert" abgebrochen werden mußte.

Auf die subjektive Schuldkomponente wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung und Begründung zur Straffrage noch eingegangen.

Die Ausführungen des Zeugen Bez.Insp. H waren sachlich vorgetragen, den Denkgesetzen entsprechend dargelegt und daher in vollem Umfang glaubwürdig. Der Berufungswerber tritt den Ausführungen des Zeugen Bez.Insp. H nur insofern entgegen, als nicht zugestanden wird, daß er die Atemluftuntersuchung verweigert hätte. Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, daß das vom Berufungswerber getätigte Verhalten, welches letztlich zur Festnahme und kürzlich zu einer strafgerichtlichen Verurteilung führte, objektiv eine Verweigerung darstellt. Vom Kreisgericht Ried wurde der Berufungswerber am 27.10.1992 wegen § 269 iVm. § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten unter Setzung einer Bewährungsfrist von 3 Jahren verurteilt. Das Urteil wurde vom Berufungswerber angenommen.

4.2.1. Auf Grund des vorliegenden nervenärztlichen Gutachtens steht im Einklang mit dem Vorbringen des Berufungswerbers im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung fest, daß er zur Tatzeit in seiner Steuerungsu. Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist, wodurch auch seine Schuldfähigkeit eingeschränkt war. Diese Einschränkung konnte aber als nicht so weitreichend erachtet werden, daß im Sinne des § 3 Abs.1 VStG ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Zustand vorgelegen hätte. Immerhin hat der Berufungswerber ein Fahrzeug gelenkt und vermochte offenbar auch den Gang der Amtshandlung nachzuvollziehen. Auf Grund des vorliegenden Gutachtens und des glaubhaften Vorbringens des Berufungswerbers war jedoch von einem erheblich reduzierten Verschuldensgrad auszugehen.

4.3. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

Im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO genügt bereits die bloße Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung für die Berechtigung eines Straßenaufsichtsorganes zur Aufforderung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Der Geruch nach Alkohol rechtfertigt daher die Annahme einer derartigen Vermutung und damit die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Atemluftprobe durch das Organ der Straßenaufsicht. Ein Verhalten des Untersuchten, daß das Zustandekommen der mittels Atemalkoholmeßgerät durchgeführten Untersuchung verhindert, gilt als Verweigerung der Atemluftprobe (VwGH 19.6.1991, 91/02/0024; in ZfVB 1992/4 Nr.1608). Da bereits das Vorliegen eines Indizes einer Alkoholbeeinträchtigung, zB. eine nach Alkohol riechende Atemluft oder gerötete Augenbindehäute, die Verpflichtung zur Leistung des "Alkotestes" auslöst (VwGH 23.10.1967, 582/67, ZVR 1968/177; in StVO-Benes-Messiner (Kommentierte Ausgabe), 8. Auflage, Seite 153, E 129; VwGH 30.1.1979 in ZfVB 1979/4/1409 u.v.a.) erfolgte die Aufforderung zu Recht.

5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.1. Als strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Erschwerende Umstände liegen keine vor. Im Falle des "erheblichen" Überwiegens der Milderungsgründe, es kommt hiebei nicht auf die Zahl der mildernden Umstände, sondern auf deren Gewicht an, rechtfertigt dies die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (VwGH 15.12.1989, 89/09/0100). Im Zusammenhang mit der reduzierten Schuldfähigkeit liegt ein "erhebliches Überwiegen" der mildernden Umstände vor. Es war sohin im Sinne des § 20 in Zusammenhalt mit § 19 Abs.1 und 2 VStG der gesetzliche Strafrahmen um die Hälfte zu reduzieren und spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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