Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165994/2/Br/Th VwSen-165995/2/Br/Th

Linz, 09.05.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung von  Herrn X, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 4.4.2011, Zlen. VerkR96-34763-2010/Dae u. VerkR96-34764-2010/Dae, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird in beiden Fällen stattgegeben; die Zurückweisungsbescheide werden ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 32, Abs.1 u. 2 u. 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG § iVm § 17 Abs.3 ZustellG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit den oben angeführten Bescheiden dem Berufungswerber dessen Einsprüche (gegen die Strafverfügungen 16.9.2011  - wg. je einer Übertretung nach dem KFG und der StVO   - vom 24.11.2010 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Die Behörde erster Instanz ging von einer per 8.11.2010 durch Hinterlegung bewirkten Zustellung und demnach einem Ablauf der Berufungsfrist per 22.11.2010 aus.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung verweist der Berufungswerber auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Buchungsbelege eines Ägyptenaufenthaltes idZ vom 21.10.2010 bis 14.11.2010. Im übrigen vermeint er wegen einer Krankheit nach seiner Urlaubsrückkehr den Einspruch nicht sofort einzubringen in der Lage gewesen zu sein, zumal er die Wohnung nicht verlassen habe können. Am ersten Arbeitstag habe er dann den Einspruch geschrieben.

 

 

2.1. Seinem Rechtsmittel kommt Berechtigung zu!

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich unbestritten der für die Berufungsentscheidung schlüssige Sachverhalt.

Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte demnach verzichtet werden.

 

 

 

4. Die Faktenlage:

Die Ortabwesenheit bis 14.11.2010  ist durch die Buchungsbestätigung von TUI-Reisen belegt. Demnach flog der Berufungswerber am 21.10.2010 von Linz nach Hurghada und kehrte am 14.11.2010 mit FlyNiki wieder nach Linz zurück.

Folglich gilt die Ortsabwesenheit bis zum letztgenannten Datum  als erwiesen, wobei als frühest möglicher Zeitpunkt die Sendung zu beheben der 15.11.2010 anzunehmen ist.

Sollte die Behörde erster Instanz die Auffassung vertreten haben die Frist hätte dennoch mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung zu laufen begonnen hätte sie die Rechtslage verkannt.

 

 

4.1. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 32 Abs.1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll (hier der dem Rückkehr an die Abgabestelle folgende Tag, demnach der  15.11.2010).

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

§ 17 ZustellG:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (Hervorhebung im Gesetzestext durch die Berufungsbehörde).

 

 

4.2.1. Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Zustellung durch Hinterlegung unzulässig machen bzw. die Anwendung des dritten Satzes des § 17 Abs.3 ZustellG nach sich ziehen würde, liegt vor, wenn der Empfänger gehindert war die Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie zB im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes (s. insb. VwGH 19.1.1995, 94/09/0248 mit Hinweis auf VwGH 23.3.1981, 1799/80).

Wäre der Adressat jedoch nur berufsbedingt tagsüber ortsabwesend gewesen – so wie dies wohl die Regel bei derartigen Zustellvorgängen darstellt - wäre er etwa am Abend wieder an die Abgabestelle zurück gekehrt, würde keine Ortsabwesenheit im Sinne der obzitierten Bestimmung vorgelegen haben (VwGH 20.9.2001, 2001/11/0130).

Wenn die Behörde erster Instanz offenbar vom Vorliegen einer derartigen Faktenlage ausging erwies sich dies als nicht haltbar, indem die Ortsabwesenheit am 8.11.2010 und demnach die Möglichkeit von der Hinterlegung des Schriftstückes mit diesem Datum Kenntnis zu erlangen nicht gegeben war.

 

Da sohin der Einspruch als rechzeitig erhoben gilt, waren die Zurückweisungsbescheide zu beheben und die Behörde erster Instanz wird das ordentliche Ermittlungsverfahren einzuleiten haben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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