Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166037/2/Fra/Gr

Linz, 30.05.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. April 2011, AZ.S-57309/10, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe (30 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit Kennzeichen X auf Verlangen der Behörde Bundespolizeidirektion Linz binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung vom 16. Februar 2011 – zugestellt am 21. Februar 2011 bis zum 7. März 2011 – keine dem Gesetz entsprechende Auskunft darüber erteilt hat, wer dieses KFZ am 23. Oktober 2010 um 12:27 Uhr in Linz, Rudolfstraße, Kreuzung Hagenstraße, Richtung stadtauswärts geradeaus fahrend, gelenkt hat. Sie hat eine unrichtige Auskunft erteilt.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die durch den ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.3.1. Anlass für die Lenkeranfrage der nunmehr belangten Behörde vom 16. Februar 2011 war die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Dezember 2010, wonach der/die Lenker(in) des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen: X am 23. Oktober 2010 um 12: 27 Uhr in Linz, Rudolfstraße, Kreuzung Hagenstraße, Richtung stadtauswärts geradeaus fahrend das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet hat.

 

Die Bw als Zulassungsbesitzer des o.a. KFZ beantwortete die o.a. Lenkeranfrage fristgerecht dahingehend, dass das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt von X, wohnhaft in X, X gelenkt wurde.

 

Unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH (4. Juni 1991, VwSlg. 13451/A) erließ die belangte Behörde an die nunmehrige Bw die Verfahrensanordnung vom 8. März 2011, AZ: Cst 09/10, zur Beantwortung folgender Fragen:

 

1.     In welcher Beziehung steht der angegebene Lenker zum Zulassungsbesitzer, da er ihm das Fahrzeug zum Lenken überlassen hat?

2.     Wann ist diese Person nach Österreich ein- und wieder abgereist?

3.     Wo hat sie sich aufgehalten und war sie polizeilich gemeldet?

4.     Wo und wann wurde das Fahrzeug zur betreffenden Fahrt (siehe Anzeige) übergeben? Ziel und Zweck der Fahrt?

5.     Ist Ihnen die aktuelle Zustellanschrift der angegebenen Lenkerin im In- oder Ausland bekannt?

 

Der Vertreter der Bw gab mit Schriftsatz vom 24. März 2011 der belangten Behörde bekannt, dass der Lenker und die Bw in keiner "Beziehung" stehen. Der Lenker sei ein Freund und Geschäftskollege einer Schwester und deren Gatten und betreibt ein Reinigungsunternehmen in Antalya. Er sei zu Geschäftszwecken in Österreich gewesen und seien Geschäftskontakte zu einer Reinigungsfirma, in der ihre Schwester und deren Gatte in leitender Position beschäftigt sind, aufgenommen worden. Ihre Schwester habe sie gefragt, ob sie ihr das Auto für die Verwendung durch Herrn X borgen könne, weil sie (ihre Schwester) der Bw wusste, dass sie sehr selten mit dem Fahrzeug fährt, weil sie in Linz wohnt und beschäftigt ist und für die Fahrten zum Arbeitsplatz öffentliche Verkehrsmittel verwendet. Das Fahrzeug sei im Wege ihrer Schwester bereits einige Tage vor dem Vorfall übergeben worden und es sei demgemäß weder ein bestimmtes Ziel oder ein bestimmter Zweck der Fahrten bekanntgegeben worden. Wo Herr X gewohnt habe, sei ihr nicht bekannt. Ebenfalls sei ihr nicht bekannt, wann genau Herr X ein- und wieder ausgereist ist. Ihr sei lediglich die in der Lenkerbekanntgabe angeführte Adresse des Lenkers bekannt gegeben worden, nachdem sie zur Lenkererhebung aufgefordert wurde. Ob der Lenker eine Zustelladresse in Österreich hat, könne sie nicht angeben, vermute jedoch, dass dem nicht so ist, weil ihr ansonsten wohl die österreichische Adresse mitgeteilt worden wäre.

 

Mit Schreiben vom 28. März 2011, AZ: S-09/10-01, ersuchte die nunmehr belangte Behörde Herrn XX. X, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens um Mitteilung, ob er das KFZ-Kennzeichen: X am 23. Oktober 2010 um 12:27 Uhr gelenkt hat. Mit dem Postvermerk "Déménagé", also: "verzogen" vom 5. April 2011 wurde dieses Schreiben wieder an die belangte Behörde zurückgesendet. Von diesem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde der Vertreter der Bw mit Schreiben vom der belangten Behörde vom 12. April 2011 verständigt. Mit Eingabe vom 26. April 2011 teilte der Vertreter der Bw der belangten Behörde mit, dass in der gegenständlichen Rechtssache bis dato von der Bw keine neue Adresse des Lenkers X erhoben werden konnte. Weiter wies er darauf hin, dass das Schreiben  der belangten Behörde vom 28. März 2011 an Herrn X eine falsche Schreibweise des Vornamens aufweist. Wohin er verzogen ist, könne derzeit nicht ermittelt werden.

 

I.3.2. Darauf erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Begründend führt die belangte Behörde u.a. aus, dass das Tatbild des § 103 Abs.2 KFG 1967 (objektiv) schon dann erfüllt sei, wenn eine der beiden geforderten Qualifikationen der Lenkerauskunft, nämlich Name und Adresse des Lenkers / Abstellers, nicht stimmen (VwGH 20. September 1989, 89/03/0068). Durch den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem von der Bw als Lenker angegebenen X mittels einer eingeschriebenen Briefsendung habe sie ihrer Verpflichtung Genüge getan, von Amts wegen jene Ermittlungen über die Richtigkeit der Angaben des Zulassungsbesitzers anzustellen, die ihr ohne Schwierigkeiten möglich sind (vgl. VwGH 26.1.2001,99/02/0180). Der Postvermerk "Déménagé'" (also: verzogen) vom 5. April 2011 auf dem zurückgesendeten Schreiben der Bundespolizeidirektion Linz an Herrn X lasse darauf schließen, dass der angegebene Lenker X zwar existent ist, aber nicht (mehr) an der von der Bw angegebenen Adresse wohnhaft ist. Die von der Bw bemerkte falsche Schreibweise des Vornamens "X" seitens der Bundespolizeidirektion Linz sei zwar richtig, sie war jedoch für den korrekten Zustellungsversuch an den Adressaten nicht von Belang, weil ansonsten nicht der Postvermerk "Verzogen" sondern "Unbekannt" auf dem Kuvert vermerkt worden wäre.

 

I.3.3. Die Bw hält in ihrem Rechtsmittel dagegen, dass sie ihrer Auskunftsverpflichtung nachgekommen sei. Wenn die Person zwischen der Auskunftserteilung und den Verfolgungshandlungen der Behörde verzogen ist, so sei es nicht ihre Verpflichtung nachzuforschen, wohin dieser verzogen ist, weil dies im Gesetz nicht vorgesehen sei. Sie habe den ihr bekannten Namen und die ihr bekannte Adresse angegeben. Wenn der Täter später verzogen sei, so sei eine Auskunft nicht als unrichtig anzusehen, weil auf dem Rückschein des Schreibens der Behörde ausdrücklich vermerkt ist, dass dieser, obwohl die Behörde den Vornamen des Lenkers falsch geschrieben hat, verzogen sei. Der Zusteller habe wohl richtigerweise erkannt, wer gemeint war und habe zur Erleichterung der behördlichen Arbeit den richtigen Vermerk angemerkt und das Schreiben retourniert. Die Bw beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses ohne Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

 

I.3.4. Rechtlich beurteilend wird seitens des Oö. Verwaltungssenat festgehalten, dass die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, dass die Benennung des "Auskunftspflichtigen" durch den Zulassungsbesitzer richtig und vollständig sein muss und durch die Unterlassung der Angabe der genauen Anschrift dieser Person bereits der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 erfüllt ist. Wenngleich der Vorname des von der Bw bekanntgegebenen Lenkers falsch geschrieben wurde, ist dennoch zu konstatieren, dass, zumal der Postvermerk "Déménagé" (Verzogen) und nicht "Unbekannt" auf dem Kuvert vermerkt wurde, von der Bw angegebene Lenker existiert, aber nicht an der von der Bw angeführten Adresse wohnhaft ist. Wenn nun die Bw – wie sie vorbringt – der von ihr bekanntgegebene Lenker ein Freund und Geschäftskollege ihrer Schwester und ihres Schwagers ist, welche ein Reinigungsunternehmen in Antalya betreiben und die zu Geschäftszwecken in Österreich waren und Geschäftskontakte zu einer Reinigungsfirma, in der ihre Schwester und deren Schwager in leitender Person beschäftigt sind, aufgenommen haben, muss davon ausgegangen werden, dass es ihr grundsätzlich möglich gewesen wäre, von ihrer Schwester bzw. ihrem Schwager die richtige Adresse des bekanntgegebenen Lenkers zu eruieren. Dass ihr dies nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, behauptet sie nicht. Da es sohin der Bw nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, hat sie die ihr zu Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist die Strafe unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten tat- und schuldangemessen festzusetzen. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die Bw kein hiefür relevantes Vermögen besitzt, für niemanden sorgepflichtig ist und ein monatliches Einkommen von 1000 Euro bezieht.

 

Die Bw hat dieser Einschätzung nicht widersprochen, weshalb diese Verhältnisse auch seitens des Oö. Verwaltungssenat der Strafbemessung zugrunde gelegt werden. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Als mildernd wird die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw gewertet. Der gesetzliche Strafrahmen wurde lediglich zu drei Prozent ausgeschöpft. Anlass für die Lenkeranfrage war eine gravierende Verwaltungsübertretung (Missachtung des Rotlichtes einer Verkehrslichtsignalanlage). Diese Übertretung konnte nicht geahndet werden, weshalb der Unrechts- und dadurch indizierte Schuldgehalt als erheblich einzustufen ist, liegt doch das durch § 103 Abs.2 KFG 1967 geschützte Interesse zweifellos darin, jederzeit und ohne unnötige Verzögerung Personen zu ermitteln, die verdächtig sind, u.a. eine straßenpolizeiliche Übertretung begangen zu haben, sohin an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung ist sohin nicht zu konstatieren. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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