Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240806/3/BP/Gru

Linz, 23.05.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 6. April 2011, GZ. SanRB96-93-2010, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die im erstinstanzlichen Bescheid verhängte Geldstrafe auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 20 Euro herabgesetzt werden; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allge­meines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65f. VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 6. April 2011, GZ. SanRB96-93-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500,-- Euro, (Ersatzfreiheitsstrafe: 76 Stunden) verhängt, weil er als Betreiber des X, X, X, das auf Produktions‑, Verarbeitungs- und Vertriebsstufe von Lebensmitteln tätig sei, die der Primärproduktion nachgeordnet  seien, am 30. August 2010 um 11:00 Uhr, einen Kontrollvorgang gemäß § 35 LMSVG nicht geduldet habe.

 

Der Bw habe 2 der belangten Behörde zugeordneten Lebensmittelauf­sichtsorganen nach deren Ankündigung eine Betriebskontrolle nach § 35 LMSVG durchzuführen, geantwortet, dass eine Kontrolle um 11:00 Uhr nicht möglich sei, da er sich auf das Mittagsgeschäft vorbereiten müsse und keine Zeit habe, mit den beiden Organen durch die Arbeitsräume zu gehen, weshalb diese um 14:00 wiederkommen sollten.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 90 Abs. 4 Z. 2 iVm: § 38 Abs. 1 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG genannt. 

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen kommt die belangte Behörde zu dem Schluss, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen seien.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wertet die belangte Behörde 36 verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wegen Übertretungen des LMSVG als erschwerend. Sonstige Milderungs- und Erschwerungsgründe seien nicht berücksichtigt worden. Angesichts des Strafrahmens von 20.000 Euro erscheine die verhängte Strafe als tat- und schuldangemessen.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitige, mit 2. Mai 2011 zur Post gegebene Berufung, in der der Bw – rechtsfreundlich vertreten – das ggst. Straferkenntnis in vollem Umfang bekämpft.

 

Zunächst wird dazu begründend ausgeführt, dass – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – in der Mitteilung des Bw, er habe zum Kontrollzeitpunkt keine Zeit, weil er sich auf das Mittagsgeschäft vorbereiten müsse, keinesfalls eine Verweigerung der Kontrolle an sich vorgelegen sei. Nachdem der Bw anwesend gewesen sei, hätte die Kontrolle auch jedenfalls durchgeführt werden können, ohne dass das Mitgehen des Bw erforderlich gewesen wäre. Im Hinblick auf § 35 Abs. 2 LMSVG sei zudem die "a priori-Beiziehung" von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes unzulässig und rechtswidrig erfolgt. Es sei auch fraglich,  ob dem Bw überhaupt die Tatsache, dass sein Ersuchen um Verschiebung des Kontrolltermins als Verweigerung gewertet werde, kommuniziert worden sei.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe und damit verbunden seiner derzeitigen finanziellen Situation verweist der Bw darauf, dass er sich in einem gerichtlichen Abschöpfungsverfahren befinde. Darüber hinaus sei der Verweigerungs­tatbestand dem Bw von den Lebensmittelaufsichtsorganen nicht klar mitgeteilt worden, was strafmildernd zu werten sei.

 

Abschließend wird der Antrag gestellt, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;

in eventu

die ausgesprochene Strafe herabzusetzen.    

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Mit E-Mail vom 18. Mai 2011 schränkte der Bw die Berufung auf das Strafausmaß ein.

 

Da sich die Berufung nunmehr lediglich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und keine Partei einen entsprechenden Antrag gestellt hat, konnte gemäß § 51 Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 4 Z. 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetz, LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, BGBl. Nr. 339/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer den Verpflichtungen der §§ 21, 22, 36 Abs. 7, 38, 47 Abs. 1 oder 52 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 LMSVG haben die Aufsichtsorgane gemäß Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 im Rahmen der einzurichtenden Qualitätsmanagementsysteme nach schriftlich festgelegten Verfahren vorzugehen. Das Qualitätsmanagementsystem ist im gesamten Bundesgebiet einheitlich zu überprüfen. Über jede amtliche Kontrolle ist ein Bericht im Umfang des Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zu erstellen. Im Falle einer Beanstandung ist dem Unternehmer eine Ausfertigung des Berichtes zur Verfügung zu stellen. Dieser Bericht kann auch der bei der Kontrolle anwesenden betriebsangehörigen Person ausgehändigt werden.

 

Gemäß § 35 Abs. 2 LMSVG sind die Aufsichtsorgane befugt, alle für die amtliche Kontrolle maßgeblichen Nachforschungen anzustellen und dabei insbesondere

1.      die entsprechenden Grundstücke, Gebäude und Transportmittel zu betreten,

2.      die erforderlichen Auskünfte zu verlangen und Personen zu befragen,

3.      Geschäftsunterlagen auf Schrift- und Datenträgern einzusehen und         gegebenenfalls davon Kopien oder Ausdrucke anzufertigen oder anfertigen    zu lassen,

4.      Proben nach den §§ 36, 37,55 und 56 zu entnehmen und

5.      Hilfestellung bei der Durchführung der Untersuchungen und der Kontrolle

         zu verlangen.

 

Gemäß § 35 Abs. 4 LMSVG haben die Aufsichtsorgane bei der amtlichen Kontrolle die Störung des Geschäftsbetriebes und jedes Aufsehen tunlichst zu vermeiden.

 

Gemäß § 35 Abs. 6 LMSVG kann die Durchführung einer Kontrolle erzwungen werden, wenn deren Duldung verweigert wird. In diesem Fall haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Aufsichtsorganen über deren Ersuchen zur Sicherung der Ausübung der Kontrollbefugnisse im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches Hilfe zu leisten.

 

Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 LMSVG sind Unternehmer verpflichtet, Kontrollvorgänge gemäß den §§ 35, 53, 54 und 55 zu dulden. 

 

3.2. Im vorliegenden Fall war aufgrund der Einschränkung der Berufung auf eine Berufung lediglich gegen die Strafhöhe dem Oö. Verwaltungssenat eine materiellrechtliche Überprüfung des Tatvorwurfs bzw. des Schuldausspruchs verwehrt. Hingegen war die Höhe des verhängten Strafausmaßes einer Überprüfung zu unterziehen.

 

3.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung (vgl. ua. VwGH vom 28. November 1966, 1846/65), die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH vom 13. Dezember 1971, Slg. 8134 A). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit genannten, wie z.B. das Verschulden oder die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die § 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Je mehr ein Täter Pflichten durch seine Handlung verletzt hat, je reiflicher er seine Tat überlegt hat, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat, ist gemäß Abs. 3 leg cit. relevant. Besondere Milderungsgründe liegen ua. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der eben dargestellten Überlegungen zunächst festzuhalten, dass die dem Bw von der belangten Behörde vorgeworfenen 36 "einschlägigen" Verwaltungsvorstrafen aus Sicht des Oö. Verwaltungssenates nicht als einschlägig im engeren Sinn angesehen werden können, zumal es sich dabei zwar um Verstöße gegen Bestimmungen des LMSVG handelt, nicht aber um allfällige bereits vom Bw begangene Kontroll-Verweigerungsdelikte. Dies war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

Weiters ist im Hinblick auf das in § 19 Abs. 2 VStG explizit genannte Verschulden als Strafzumessungsmaßstab anzuführen, dass es dem Bw – nach Aktenlage - nicht darum ging die Kontrolle überhaupt zu verweigern, sondern, dass er diese – mit Hinweis auf seine Vorbereitungen für das Mittagsgeschäft um 3 Stunden aufschieben wollte. Ihm war wohl nicht ausreichend bewusst, dass er damit aber schon den Tatbestand des § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG erfüllte, da er zu erkennen gab, dass die Kontrolle nicht zu dem von den Aufsichtsorganen gewählten Zeitpunkt und in seinem Beisein stattfinden könnte. Nichts desto trotz ist das Verschulden als leicht fahrlässig einzustufen, was sich ebenfalls mäßigend auf das Strafausmaß auszuwirken hat. Nachdem die Aufsichtsorgane – obwohl in Begleitung von Organen der öffentlichen Sicherheit – die "Verweigerung" der Kontrolle, ohne diese gemäß § 35 Abs. 6 LMSVG durchzusetzen, offensichtlich ohne weiteres akzeptierten, war dem Bw wohl das Unrecht seiner Tat nicht ausreichend bewusst. Nicht zuletzt ist auch auf die Einkommensverhältnisse des Bw zu verweisen, der sich in einem gerichtlichen Abschöpfungsverfahren befindet. 

 

Bei der Strafbemessung war fraglos der Umstand, dass der Bw das Unrecht seiner Tat nunmehr einsieht, weshalb er die Tatbegehung an sich nicht mehr in Abrede stellt, zu berücksichtigen.

 

3.6. Hinsichtlich der Strafbemessung sah sich das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates – unter Einbeziehung der eben dargestellten Gründe - somit veranlasst, das Strafausmaß zu senken, um den von der belangten Behörde nicht gänzlich berücksichtigten Umständen, zu genügen.

 

Eine Anwendung des § 21 VStG und damit verbunden ein Absehen von der Strafe konnte alleine schon mangels geringfügigen Verschuldens, nicht in Betracht gezogen werden.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß den Kriterien des § 16 VStG wie auch der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde aliquot  herabzusetzen.

 

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 65f. VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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