Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420497/5/BP/Gru

Linz, 23.05.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, vertreten durch X, wegen der Vorführung zur nigerianischen Botschaft des Beschwerdeführers zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch - dem Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zurechenbare - Organe des Landespolizeikommandos Oberösterreich am 1. März 2007, nach Aufhebung des Erkenntnisses vom 21. März 2007, GZ.: VwSen-420497/7/Ste/FJ durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. April 2011, Zl. 2007/21/0322-5, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt.

 

II.              Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer die Kosten in Höhe von 737,60 Euro (Schriftsatzaufwand) sowie 13,00 Euro (Eingabegebühren), insgesamt also 750,60 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Nach Schilderung des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) wurde er durch Beamte des Landespolizeikommandos Oberösterreich im Auftrag des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Vöcklabruck am 1. März 2007 der nigerianischen Botschaft zur Feststellung seiner Identität vorgeführt. Zum Zeitpunkt der Vornahme der Vorführung habe er sich im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wels in Schubhaft befunden, wohin er auch in Folge zum weiteren Vollzug zurückgebracht worden sei. In diesem Zusammenhang sei es überdies zu einer gemäß § 57 Abs. 10 Asylgesetz 2005 unzulässigen Übermittlung personenbezogener Daten an die obgenannte Botschaft gekommen.

1.1.2. Gegen diese Maßnahmen (Vorführung und Übermittlung personenbezogener Daten) richtet sich die vor­liegende, am 1. März 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Be­schwerde in der Fassung der dazu mit Schreiben vom 5. März 2007 (VwSen-420497/2/Ste) aufgetragenen und am 15. März 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Verbesserung.

Darin wird zunächst ausgeführt, dass der Bf nigerianischer Staatsbürger sei, der am 16. Jänner 2007 einen (neuerlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid der Erstaufnahmestelle West vom 1. Februar 2007, Zl. 07 00.543, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Februar 2007, 267.785-2/3E-XII/05/07 sei über seine Berufung diesem Antrag jedoch stattgegeben worden. Am 19. Februar 2007 sei ihm vom Bundesasylamt eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden.

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 1. Februar 2007, Sich40-2372-2004, sei über den Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet worden.

Darin sei begründend ausgeführt worden, dass der Bf am 14. September 2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist sei und sein Asylantrag mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2006 abgewiesen worden sei. Eine Behandlung seiner Beschwerde sei vom VwGH abgelehnt worden. Weiters sei ausgeführt worden, dass sich der Bf gelinderen Mitteln, angeordnet durch den Polizeidirektor der Stadt Linz mit 25. Oktober 2006, entzogen habe und erst am 15. Jänner 2007 aufgegriffen worden sei. Aus diesem Grund sei die Schubhaft anzuordnen gewesen. Am 28. Februar 2007 habe der Bf dagegen eine Schubhaftbeschwerde erhoben.

Am 1. März 2007 sei der Bf durch Beamte des Landespolizeikommandos Ober­österreich im Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck der nigerianischen Botschaft zur Feststellung seiner Identität vorgeführt worden und danach wieder in das PAZ Wels zurückgebracht worden. In diesem Zusammenhang sei es auch zu einer unzulässigen Übermittlung von personenbezogenen Daten an die nigerianische Botschaft gekommen. 

In der Verbesserung brachte der Bf ergänzend vor, dass seine Schubhaft mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 7. März 2007 ab 15. Februar 2007 für rechtswidrig erklärt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, dass es sich bei dem Bf gemäß § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG um einen Asylwerber handle und daher gemäß § 57 Abs. 3 Z. 10 AsylG (gemeint wohl § 57 Abs. 10 AsylG) die Übermittlung der Daten eines Asylwerbers nicht zulässig sei. Lediglich zur Beschaffung der Bewilligungen, die zur Einreise erforderlich seien, dürften Daten übermittelt werden, wenn der Antrag des Asylwerbers ab- oder zurückgewiesen worden sei und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt sei.

Im vorliegenden Fall sei aber durch die Behebung der zurückweisenden Entscheidung des Bundesasylamtes durch den Unabhängigen Bundesasylsenat diese zurück­weisende Entscheidung nicht mehr existent. Die Übermittlung der personenbezogenen Daten im Rahmen der Vorführung am 1. März 2007 an die Botschaft von Nigeria sei daher unzulässig gewesen und aus dem gleichen Grund fehle daher auch jegliche Rechtsgrundlage für die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Rahmen der Vorführung vor die og. Botschaft. Dies ergebe sich aus der Verknüpfung der Vorführung mit der Übermittlung personenbezogener Daten.

Der Bf beantragte die Erstattung der Kosten und die Feststellung der Rechts­widrigkeit der Übermittlung der personenbezogenen Daten (bei Vorführung) sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vorführung am 1. März 2007 zur nigeria­nischen Botschaft, durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich. 

1.2.1. Mit Schreiben vom 5. März 2007 wurde der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck als nach dem vom Bf angegebenen Ort der Amtshandlung zuständige Behörde zur Erstattung einer Gegenschrift eingeladen.  

1.2.2. Mit Schreiben vom 6. März 2007 legte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den bezughabenden Akt dem Oö. Verwaltungssenat per Fax vor und teilte mit, dass die in Frage kommende Datenweitergabe an die Botschaft der Republik Nigeria nicht am 1. März 2007 erfolgt sei.

Bereits am 2. Juni 2006 seien vom Bundesministerium für Inneres die Daten des Bf an die genannte Botschaft übermittelt worden. Ein erster Vorführtermin sei abgesagt worden, weil seitens des Verwaltungsgerichtshofs im Asylverfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. 

Am 1. Februar 2007 sei durch das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West eine durchsetzbare Zurückweisung gem. § 68 AVG iVm § 10 AsylG 2005 erlassen worden. In der Folge habe das Bundesministerium für Inneres im Auftrag der Botschaft der Republik Nigeria um Vorführung das Bf am 1. März 2007 um 12.00 Uhr gebeten. Diesem Ersuchen der nigerianischen Botschaft sei die Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck durch die Vorführung des Bf nachgekommen. Eine neuerliche Übermittlung von Daten (nach dem 2. Juni 2006) habe in diesem Zusammenhang jedoch nicht stattgefunden. 

Der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck beantragte die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde und den Ersatz der angelaufenen Kosten. 

1.3. Mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 21. März 2007, GZ.: VwSen-420497/7/Ste/FJ, wurde die in Rede stehende Beschwerde hinsichtlich der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Vorführung des Bf vor die nigerianische Botschaft am 1. März 2007 als unzulässig zurückgewiesen.

1.4. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. April 2011, Zl. 1007/21/0223-5 wurde – einer Beschwerde des Bf folgend - dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte und die vorgelegten Schriftsätze Beweis erhoben. Von der Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde mangels Erforderlichkeit gemäß § 67d Abs. 1 AVG, zumal eine solche durch den rechtsfreundlich vertretenen Bf auch nicht beantragt wurde und sich der maßgebliche, entscheidungswesentliche Sachverhalt aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und den vorgelegten Schriftsätzen schlüssig und widersp­ruchsfrei ergab, abgesehen. 

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt: 

Der Bf reiste am 14. September 2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und beantragte noch am selben Tag Asyl. Der Bf führte bei seiner Einreise keine Dokumente, die seine Identität belegt hätten, mit sich. Sein Antrag wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2006 abgewiesen. Seiner Beschwerde ist vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Mai 2006, zugestellt am 8. Juni 2006, aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Am 2. Juni 2006 richtete die Bundespolizeidirektion Linz ein Schreiben an das Bundesministerium für Inneres mit dem Ersuchen für den Bf bei der Botschaft der Republik Nigeria ein Heimreisezertifikat und einen Vorführtermin zu erwirken. In diesem Zusammenhang wurden ein Fingerabdruckblatt, 2 Fotografien und eine Niederschrift zur Datenbefragung übermittelt. 

Aufgrund dieses Ersuchens konnte für den 6. Juli 2006, um 12.00 Uhr ein Vorführ­termin für den Bf bei der genannten Botschaft erwirkt werden. Dieser wurde jedoch nicht wahrgenommen, weil die Bundespolizeidirektion Linz seitens des damaligen rechtsfreundlichen Vertreters des Bf am 8. Juni 2006 über die zuerkannte aufschiebende Wirkung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde des Bf unterrichtet worden war. 

Am 15. Jänner 2007 wurde der Bf festgenommen und Schubhaft angeordnet, nachdem er gelinderen Mitteln nicht Folge geleistet hatte. Am 16. Jänner 2007 stellte der Bf einen Folgeantrag auf Asyl. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Erstaufnahmestelle West vom 1. Februar 2007 gemäß § 68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen und der Bf gem. § 10 AsylG 2005 durchsetzbar aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. 

Am 1. Februar 2007 regte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beim Bundes­ministerium für Inneres die neuerliche Vereinbarung eines Vorführtermins zur Er­wirkung eines Heimreisezertifikates an. Eine neuerliche Übermittlung von Daten - wie dies am 2. Juni 2006 erfolgt war - fand nicht statt. Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 ersuchte das Bundesministerium für Inneres um die Vorführung des Bf am 1. März 2007 um 12.00 Uhr bei der Konsularabteilung der Botschaft von Nigeria. 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Februar 2007, wurde die Zurückweisung des Asylantrages vom 1. Februar aufgehoben und der Bf zum Asylverfahren zugelassen. 

Am 1. März 2007 wurde der Bf von GI X der PI Neustadt im Auftrag des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck mit dem Zweck der Ausstellung eines Heimreisezertifikates in der Zeit von 08.30 bis 17.00 der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Im Zuge dieser Vorführung ergaben sich keine Vorfälle. Der Bf wider­setzte sich der Vorführung zu keinem Zeitpunkt. Daten wurden in diesem Zusam­menhang keine übermittelt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. März 2007 wurde die Schubhaft des Bf ab 15. Februar 2007, 15.24 Uhr für rechtswidrig erklärt und am Tag der Erlassung des Bescheides aus der Schubhaft entlassen. 

2.3.1. Fest steht, dass ein erster Vorführversuch bei der nigerianischen Botschaft bereits für den 6. Juli 2006 terminisiert war. Ebenfalls fügt sich die, durch Unterlagen nachgewiesene, Datenübermittlung am 2. Juni 2006 an die genannte Botschaft zwanglos in den geschilderten zeitlichen Ablauf. Es war auf diese Weise auch möglich festzustellen, welche Daten Gegenstand der Übermittlung waren. 

Diesbezüglich finden sich keine Angaben des Bf, doch ist der Ablauf aus dem vorgelegten Verwaltungsakt lückenlos nachvollziehbar. Aus einem im Akt befind­lichen Schreiben des damaligen rechtsfreundlichen Vertreters ergibt sich zudem, dass die Bundespolizeidirektion Linz erst nach dem 2. Juni 2006 nämlich am 8. Juni 2006 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungs­gerichtshof (mit Beschluss vom 22. Mai 2006, zugestellt am 8. Juni 2006) unterrichtet wurde. Unstrittig ist, dass die Vorführung des Bf am 6. Juli unterblieb. 

2.3.2. Weiters ist im Akt jener Schriftverkehr, der anlässlich der Anbahnung des zweiten Vorführtermins geführt worden war, enthalten. Daraus ergab sich, dass im Gegensatz zu gesetzten Schritten im Vorfeld des ersten Termins am 6. Juli 2006, für die Vorbereitung der Vorführung am 1. März 2006 keine auf den Bf bezogenen Daten mehr an die Botschaft übermittelt wurden. 

Völlig unstrittig ist, dass die Vorführung des Bf zur nigerianischen Botschaft am 1. März erfolgte. 

2.3.3. Dem Akt ist ein Bericht jenes Beamten zu entnehmen, der die Vorführung des Bf bei der nigerianischen Botschaft überwachte. Daraus ergibt sich, dass sich in diesem Zusammenhang keine Vorfälle ereigneten. Gegenteiliges wurde auch vom Bf, trotz ausdrücklicher Aufforderung unter Hinweis auf die bestehende Judikatur der Höchstgerichte, nicht behauptet. Vielmehr machte der Bf weder in seiner Maß­nahmenbeschwerde vom 1. März 2007 noch in seiner Stellungnahme anlässlich der aufgetragenen Verbesserung Angaben darüber, inwieweit er sich der Vorführung widersetzt hätte. Weiters brachte der Bf keine Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, in seine Rechte sei auf andere Weise, als durch die Übermittlung personenbezogener Daten, unter Missachtung der Rechtsordnung eingegriffen worden, um die Durchführung der Vorführung zu ermöglichen.  

Weiters ergibt sich unbestritten, dass die Aufhebung der Schubhaft, mit Wirkung vom 15. Februar 2007, am 7. März 2007 erfolgte. 

2.4. Gemäß § 67a Abs. 1 AVG ist zur Entscheidung über die vorliegende Be­schwerde das durch die Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Oö. Ver­waltungssenates berufen.  

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen: 

3.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991  entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen (vgl. auch Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG). Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim Unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Be­schwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat. 

Die behaupteten Maßnahmen fanden am 1. März 2007 statt. Die Beschwerde, die vom 1. März 2007 datiert ist, langte noch am selben Tag per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat ein; sie ist daher rechtzeitig erhoben worden.

3.2. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 29. Juni 2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ohne Durchführung eines Verfahrens einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff ist im Allgemeinen dann zu bejahen, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde einer bestimmten Person gegenüber voraus und liegt nur vor, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handels mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen. Rechtswidrig sind solche Akte, wenn sie entweder ohne gesetzliche Ermächtigung gesetzt werden oder wenn die gesetzliche Ermächtigung überschritten (missbraucht) wird (vgl. VwGH vom 6. Juli 2010, Zl. 2009/05/023).

 

3.3. Im vorliegenden Fall wurde der Bf in Begleitung von zwei Exekutivorganen vom PAZ Wels zur nigerianischen Botschaft nach Wien gebracht. Allein der Umstand, dass er sich weder verbal noch physisch zur Wehr gesetzt hat und es folglich zu keiner unmittelbaren Gewaltanwendung durch die Beamten kam, schließt die Qualifikation der Maßnahme als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht aus und lässt auch nicht den Schluss zu, dass ihr der Bf zugestimmt habe. Sowohl Umstände des Schubhaftvollzugs als auch Vorkommnisse während des Schubhaftvollzugs können mit einer Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden (vgl. VwGH vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/0545).

 

Die Beschwerde ist somit zulässig.

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist nun zu beachten, dass die Anhaltung des Bf in Schubhaft ab dem 15. Februar 2007 – und somit auch zum Zeitpunkt der bekämpften Vorführung im Grunde des § 41 Abs. 3 zweiter Satz Asylgesetz 2005 rechtswidrig war, was vom Oö. Verwaltungssenat mit Bescheid vom 7. März 2007 festgestellt wurde. Eine zwangsweise Vorführung des Bf, der mittlerweile durch die Zulassung zum Verfahren wieder als Asylwerber anzusehen war, vor die Botschaft seines Heimatstaates war daher rechtswidrig.  

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Verletzung des Bf in seinen subjektiven Rechten zu erkennen.

 

 

4.1. Gemäß § 79a Abs. 1 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

 

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg.cit. die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. gelten als Aufwendungen gem. Abs. 1:

1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

§ 1 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2003, setzt die Höhe der nach § 79a Abs. 5 und Abs. 7 AVG im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge wie folgt fest:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

737,60 €

2. Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

922,00 €

3. Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

57,40 €

4. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

368,80 €

5. Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

461,00 €

 

4.2. Die im Spruchpunkt II angeführte Kostenentscheidung gründet auf die eben dargestellten Rechtsbestimmungen. Nachdem der Bf als obsiegende Partei anzusehen ist, war ihm auch der Kostenersatz für den Schriftsatzaufwand wie auch die Kosten der Gebühren zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

 

 

 

 

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