Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165932/2/Ki/Kr

Linz, 26.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 29. März 2011, gegen den Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. März 2011, VerkR96-3242-2010, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 19 und 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Ladungsbescheid vom 15. März 2011, VerkR96-3242-2010, hat die Bezirkshauptmannschaft Perg den Berufungswerber zu einer Befragung als Zeuge geladen. Ausdrücklich wurde festgestellt, es sei nötig, dass er persönlich zur Bezirkshauptmannschaft komme und wurden ihm hinsichtlich dieser Ladung folgende Daten bekannt gegeben:

 

Datum: binnen 2 Wochen

 

Zeit: 08:00 – 11:00 Uhr

 

Stiege/Stock/Zimmer Nr.: 1. Stock, Zi.Nr. 131.

 

Als Begründung wurde die Befragung als Zeuge hinsichtlich einer Strafverfügung gegen Herrn X wegen Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG (keine ausführliche Lenkerauskunft) angegeben.

 

Ausdrücklich wurde er darauf hingewiesen, dass, wenn er dieser Ladung ohne wichtigen Grund – z.B. Krankheit, Gebrechlichkeit, zwingende berufliche Behinderung, nicht verschiebbare Urlaubsreise – nicht Folge leiste, er damit rechnen müsse, dass über ihn eine Zwangsstrafe von 100 Euro verhängt wird.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 29. März 2011 Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass der Gesetzgeber (§ 19 Abs.1 AVG) eine Ladung von Personen nur dann vorsehe, wenn deren Erscheinen nötig ist. Eine Notwendigkeit sei in der gegenständlichen Ladung aber auf keinen Fall ersichtlich und daher fehle der Unterbehörde jegliche Berechtigung. Im Zuge der vorliegenden Causa habe er der Zulassungsbehörde fristgerecht die geforderte Auskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 gegeben.

 

Weitere Auskünfte habe er nicht zu tätigen und seien auch durch kein Gesetz gedeckt.

 

In Frage gestellt wurde auch, wann die "zwei angeführten Wochen" beginnen sollten.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung mit Schreiben vom
5. April 2011 vorgelegt.

 

2.2. Festgestellt wird, dass sich der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich grundsätzlich für eine Berufungsentscheidung im Zusammenhang mit einer Berufung gegen einen Ladungsbescheid in einer Verwaltungsstrafangelegenheit zuständig erachtet. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach verfahrensrechtliche Bescheide in Verwaltungsstrafsachen im Hinblick auf Artikel 129a Abs.1 Z.1 B-VG ausnahmslos bei den UVS in den Ländern anfechtbar sind. Ein einfachgesetzlicher Ausschluss der Zulässigkeit ordentlicher Rechtsmittel kann sich verfassungskonform nur auf den normalen administrativen Instanzenzug beziehen, nicht auf die Anrufung der UVS (siehe VfGH, 06.10.1997, G 1393/95 u.a., zitiert in Walter – Thienel "Verwaltungsverfahren", Manzsche Sonderausgabe 13. Auflage, Seite 62, Fußnote 7, zu
§ 19 AVG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung entfällt, zumal bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid zu beheben ist.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Auf eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 vom 16. November 2010 der Bezirkshauptmannschaft Perg teilte der Berufungswerber mit, dass er dazu keine Auskunft erteilen könne. Auskunft könne Herr X, wohnhaft in X, erteilen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat daraufhin mit Schreiben vom 19. November 2010, VerkR96-3242-2010, Herrn X gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, als vom Zulassungsbesitzer genannte Person, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Perg mitzuteilen, wer das Fahrzeug, PKW, Kennzeichen X, am 12.9.2010, um 11.38 Uhr, auf der B 3 bei StKm. 224.300 Richtung Mauthausen gelenkt hat. Ausdrücklich wurde er darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Weiters wurde Herr X informiert, dass Anlass dieser Aufforderung eine Geschwindigkeitsüberschreitung sei.

 

Herr X teilte daraufhin mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 mit, dass er in den letzten Monaten über eine Menge an Fahrzeugen mit X Kennzeichen verfügte, welche er fallweise auch selbst lenkte oder aber auch an andere Personen zum Lenken überließ. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe er beispielsweise Fahrzeuge (X Kennzeichen) von X, X, X, X etc. gelenkt.

 

Im Hinblick auf diese Fakten könne er mit dem Kennzeichen alleine – hier:
X – nichts anfangen. Um eine korrekte Auskunft erteilen zu können, benötige er sowohl den Namen des Zulassungsbesitzers, als auch die Marke und Type des Fahrzeuges.

 

Um einer eventuellen Strafverfügung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft von vornherein jegliche Basis zu nehmen führe er an, dass nicht nur er, sondern auch Herr X, aber auch Herr X, oder aber auch andere Personen das betreffende Fahrzeug gelenkt haben könnten.

 

Selbstverständlich sei er gerne bereit den tatsächlichen Lenker bekannt zu geben, wenn ihm anher mitgeteilt werde, welcher der zahlreichen Zulassungsbesitzer ihn im Sinne der Anfrage überhaupt als Auskunftsperson namhaft gemacht habe.

 

Lediglich der Ordnung halber sei noch angeführt, dass das beigeschlossen gewesene Formular hinsichtlich der Lenkerauskunft nicht gesetzeskonform sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat in der Folge gegen Herrn X eine Strafverfügung (VerkR96-3242-2010 vom 10. Dezember 2010) wegen Nichterteilung der verlangten Auskunft erlassen. Herr X hat gegen diese Strafverfügung Einspruch erhoben.

 

Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 hat die Bezirkshauptmannschaft Perg den nunmehrigen Berufungswerber in Form einer "einfachen Ladung" ersucht, persönlich zu kommen, um in der konkreten Angelegenheit als Zeuge mitzuwirken.

 

Letztlich wurde der nunmehr in Berufung gezogene Ladungsbescheid vom
15. März 2011 erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat die Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. In Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten sind auch Ladungen von Personen, die ihren Aufenthalt (Sitz) außerhalb des Amtsbereiches des Unabhängigen Verwaltungssenates haben, zulässig.

 

Gemäß § 19 Abs.2 AVG ist in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind.

 

Dazu wird festgestellt, dass die Behörde grundsätzlich berechtigt ist, Personen vorzuladen. Allerdings ergibt sich aus der gesetzlichen Bestimmung ausdrücklich, dass eine Ladung nur dann zulässig ist, wenn das Erscheinen der geladenen Person tatsächlich erforderlich ist (siehe auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Bsp. VwGH v. 11.04.2000, 98/11/0273 u.a.)).

 

Im gegenständlichen Falle hat der Berufungswerber auf Anfrage der Behörde Herrn X als jene Person benannt, welche Auskunft erteilen könnte, wer am 12. September 2010 um 11.38 Uhr das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt hat.

 

Auf weitere Anfrage der Behörde hat der vom Berufungswerber bekannt gegebene Lenker zwar reagiert, er hat jedoch, jedenfalls nach dem vorliegenden Verfahrensstand, offensichtlich keine ausreichend gesetzeskonforme Auskunft erteilt, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Perg in der Folge offensichtlich wegen nicht korrekter Erteilung der Lenkerauskunft ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hat.

 

In Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Berufungswerbers erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass in diesem konkreten Verfahrensstadium tatsächlich das persönliche Erscheinen des Berufungswerbers zu dessen zeugenschaftlicher Befragung nicht erforderlich ist. Dieser hat eine entsprechende Auskunft erteilt, ob diese Auskunft richtig war oder nicht, kann im konkreten Falle dahingestellt bleiben. Sollte die Bezirkshauptmannschaft Perg zur Auffassung kommen, dass der Berufungswerber ursprünglich keine richtige gesetzeskonforme Auskunft erteilt hat, so hätte sie ein entsprechendes Verfahren gegen den Berufungswerber einzuleiten, in diesem Falle wäre jedoch eine zeugenschaftliche Aussage des Berufungswerbers problematisch, da er sich wohl nicht durch die verlangte Aussage selbst einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung aussetzen dürfte.

 

Darüber hinaus wird festgehalten, dass die Angaben im zur Beurteilung vorliegenden Ladungsbescheid tatsächlich unbestimmt sind. § 19 Abs.2 AVG sieht vor, dass in der Ladung auch Ort und Zeit der Amtshandlung anzugeben sind. Die Angabe binnen zwei Wochen zu erscheinen, entspricht nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.

 

4. Es war daher der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Ladungsbescheid zu beheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

VwSen-165932/2/Ki/Kr vom 26. April 2011

Erkenntnis

 

AVG §19;

B-VG Art129a Abs1 Z1;

VStG §24

 

Rechtssatz 1

Der Rsp des VwGH zufolge sind verfahrensrechtliche Bescheide in Verwaltungsstrafsachen im Hinblick auf Art 129a Abs1 Z1 B-VG ausnahmslos bei den UVS in den Ländern anfechtbar. Ein einfachgesetzlicher Ausschluss der Zulässigkeit ordentlicher Rechtsmittel kann sich verfassungskonform nur auf den normalen administrativen Instanzenzug beziehen, nicht aber auf die Anrufung der UVS. Gegen einen im Verwaltungsstrafverfahren erlassenen Ladungsbescheid kann daher Berufung an den zuständigen UVS erhoben werden.

 

Rechtssatz 2

In der Ladung sind gemäß § 19 Abs2 AVG unter anderem Ort und Zeit der Amtshandlung anzugeben. Ein Hinweis "binnen zwei Wochen" ist entsprechend dieser gesetzlichen Bestimmung nicht ordnungsgemäß bestimmt.

 

 

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