Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550575/10/Kl/Hu VwSen-550577/3/Kl/Hu

Linz, 09.06.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der x GmbH, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, x, vom 13. Mai 2011 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der x GmbH x betreffend das Vorhaben "Neue Schienenachse x, Baugrunderkundung, geophysikalische Bohrlochuntersuchung, Pumpversuche, zu Recht erkannt:

 

 

Der Nachprüfungsantrag vom 13. Mai 2011, die Zuschlagsentscheidung vom 6. Mai 2011 für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.

Gleichzeitig wird auch der Antrag auf Zuerkennung des Gebührenersatzes abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 6, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl.Nr. 130/2006 idF LGBl.Nr. 68/2010 iVm §§ 180 Abs.1 Z2, 187 Abs.1, 269 Abs.2 und 272 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl.I.Nr. 17/2006 idF BGBl.I.Nr. 15/2010, iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 13. Mai 2011 hat die x GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, die Auftraggeberin habe mit Veröffentlichung vom 10.3.2011 in der Amtlichen Linzer Zeitung das konkrete Vorhaben im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich im Sektorenbereich eingeleitet. Das gegenständliche Verhandlungsverfahren ziele auf die Vergabe eines Bauauftrages mit Ausfüh­rungs­zeitraum Mai 2011 bis August 2011 ab. Die Auftraggeberin habe sich in den Teilnahmeunterlagen vorbehalten, die Teilnehmeranzahl auf 10 Unternehmen zu beschränken. Hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit wurde in den Teilnahmeunterlagen festgelegt, dass die Bewerber Referenzen über die Abwicklung von facheinschlägigen Rahmenaufträgen in den letzten fünf Jahren vorzulegen haben. Als Mindestanforderung wurde definiert: 5 Projekte im dicht verbauten innerstädtischen Bereich; Leistungen: je Projekt mindestens 30 Erkundungsbohrungen mit Bohrlängen > 10 m, in Kombination mit geophysi­kalischen Bohrlochuntersuchungen und Pumpversuchen zur Bestimmung der Durchlässigkeitswerte. Abgabeschluss der Teilnahmeanträge war der 21.3.2011.

 

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 22.3.2011 unter Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Die Angebotsfrist – laut Angebotsdeckblatt der Ausschreibungsunterlagen – endete am 11.4.2011, 12.00 Uhr. 

In Teil B.5 Pos. 00B105 der Ausschreibungsunterlagen wurde als Zuschlagsprinzip das Bestbieterprinzip festgelegt und sollte der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden.  In Teil B.5 Pos. 00B106 wurden als Zuschlagskriterium der Preis (mit einer Gewichtung von max. 95 von 100 möglichen Punkten) sowie die Qualität (mit einer Gewichtung von max. 5 von 100 möglichen Punkten) festgelegt. Im Kriterium Qualität wurde die Qualität des Schlüsselpersonals bewertet, wobei zwecks Bewertung max. 5 personenbezogene Referenzen (drei für den zu benennenden Bauleiter, zwei für den zu benennenden Bohrmeister) herangezogen wurden und zählte jede Referenz 1 Punkt.

Die Punkte für das Zuschlagskriterium Preis errechneten sich nach der Formel:

Punkte Preis = (Preis des Billigstbieters dividiert durch Preis des Bieters) x 95.

 

Am 6.5.2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der x GmbH den Zuschlag zu erteilen. Die Zuschlagsentscheidung enthalte neben dem Namen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin lediglich die Vergabesumme sowie die Punkteanzahl der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie der Antragstellerin. Der 13.5.2011 wurde als Ende der Stillhaltefrist angegeben.

Darüber hinaus wurde festgehalten:

Angaben über die Merkmale des erfolgreichen Angebotes: "JA, und zwar preisgünstigstes Angebot".

Weitere Informationen habe die Antragstellerin, insbesondere an welcher Stelle ihr Angebot gereiht wurde, nicht erhalten.

 

Von der Antragstellerin wurde ihr Interesse am Vertragsabschluss dargelegt und wurde zum drohenden Schaden ausgeführt, dass ihr bei Nichterteilung des Zuschlages ein Gewinn inklusive Deckungsbeitrag in Höhe von 34.500 Euro entgehen würde und ihr bereits Aufwandskosten in Höhe von 4.040 Euro sowie Kosten für die Rechtsvertretung in Höhe von 5.000 Euro entstanden seien. Zudem drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie insbesondere auf

-                    vergaberechts- und ausschreibungskonforme sowie objektiv nachvollziehbare Angebotsprüfung und Bestbieterermittlung,

-                    Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter,

-                    für den Zuschlag in Aussicht genommen zu werden,

-                    Durchführung eines transparenten und dem freien und lauteren Wettbewerb entsprechenden Vergabeverfahrens,

-                    Nichtberücksichtigung des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin,

-                    Ausscheiden von auszuscheidenden Angeboten,

-                    Ausschluss eines nicht geeigneten Unternehmens,

-                    Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu Gunsten ihres Angebots als Bestbieterin,

-                    gesetzeskonforme Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung,

-                    Teilnahme an einem gesetzmäßigen Vergabeverfahren,

-                    Teilnahme an einem neuerlichen Vergabeverfahren infolge eines allenfalls gebotenen Widerrufs,

verletzt.

 

Zu den Rechtswidrigkeiten der bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Nachstehendes aus:

Die Zuschlagsentscheidung erfülle nicht alle zwingenden gesetzlichen Anforderungen gemäß § 272 Abs.1 BVergG 2006, zumal verabsäumt wurde, der Antragstellerin die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots, die für eine Beurteilung der Recht­mäßigkeit der Zuschlagsentscheidung erforderlich sind, vollständig mitzuteilen. Die Zuschlagsentscheidung benenne weder die Punkteanzahl der beiden Angebote in den beiden Zuschlagskriterien Qualität und Preis noch eine Erläuterung, weshalb den beiden Angeboten in den jeweiligen Zuschlagskriterien die dort vergebene Punkteanzahl zuerkannt wurde. Des weiteren sei keine Reihung der Angebote bekannt gegeben worden; dies wiege umso schwerer, als aufgrund des gewählten Verhandlungsverfahrens keine öffentliche Angebotsverlesung stattgefunden habe.

 

Des weiteren liege der Zuschlagsentscheidung eine vergaberechtswidrige Best­bieterermittlung zugrunde. Nach der in der Zuschlagsentscheidung dargelegten Begründung, das Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin sei das preisgünstigste bzw das Angebot der Antragstellerin sei nicht das preisgünstigste, sei davon auszugehen, dass die Bewertung der Angebote lediglich nach dem Preis erfolgte. Dies widerspreche allerdings dem in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungssystem, nach dem die Qualität mit 5 % der Gesamtpunkte in die Gesamtbewertung einfließen müsse. Es sei nicht auszuschließen, dass bei Bewertung anhand des festgelegten Bewertungssystems das Angebot der Antragstellerin als Bestbieterin aus dem Bietervergleich hervorgegangen wäre.

 

Überdies wurde von der Antragstellerin die mangelnde Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aufgezeigt. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass es sich bei der Antragstellerin um ein Unternehmen handle, das mittlerweile mehrere Jahrzehnte Markterfahrung im Bereich Umwelttechnik, insbesondere im Bereich Erkundungsbohrungen habe. Sie verfüge daher über ein sehr konkretes Wissen um den jeweiligen Stand der Nachfrage am Markt, um die Tätigkeiten der anderen am Markt tätigen Unternehmen und jeweils am Markt laufenden Projekten. Die nunmehr nachgefragten Leistungen finden im dicht verbauten innerstädtischen Gebiet statt. Bohrungen in dieser Umgebung stellen eine große Herausforderung dar, da hier eine hohe Dichte an Infrastruktur im Boden vorliegt (Gas-, Wasser-, Stromleitungen, etc). Auch müsse die Planung und Durchführung einen minimalinvasiven Ablauf derartiger Bohrungen ohne Verursachung übermäßiger Störungen im städtischen Verkehr bzw im Hinblick auf Lärm- und sonstiger Emissionen sicherstellen. Aufgrund der genannten Schwierigkeiten derartiger Arbeiten soll daher nur ein erfahrenes und mit der Abwicklung derartig komplexer Projekte bestens vertrautes Unternehmen für den Zuschlag in Frage kommen. Der über die umfangreichen Mindest­referenzen abgefragte hohe Stand der technischen Leistungsfähigkeit spiegle daher zu Recht diese hohen Anforderungen an den Zuschlagsempfänger wider. Die Anfor­derungen an die Mindestreferenzen erhöhen sich insbesondere dadurch, dass nur jene Projekte heranzuziehen sind, bei denen je Projekt mindestens 30 Bohrungen mit Bohrlängen von mehr als 10 m (je Bohrung) durchzuführen waren. Derartige Projekte, die Erkundungsbohrungen im dicht verbauten innerstädtischen Gebiet in derartigem Umfang erfordern, sind am Markt nicht sehr häufig.

 

Der Nachweis derartiger Referenzen sei auch für die Antragstellerin, die seit nunmehr über 20 Jahren eine der größten Anbieter in diesem Bereich ist, nicht einfach gewesen.

Nach der umfassenden und genauen Marktkenntnis der Antragstellerin betätige sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin erst seit rund zwei Jahren in dem für den gegenständlichen Auftrag relevanten und mit den Referenzen abgefragten Tätigkeitsbereich. Aus diesem Grund sei die Antragstellerin davon überzeugt, dass die zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit geforderten Referenzprojekte von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht nachge­wiesen werden können und daher deren Angebot auszuscheiden gewesen wäre.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die x GmbH x als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 18.5.2011 wurde beantragt, den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 19 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ohne weiteres Verfahren ab- bzw.  zurückzuweisen, in eventu eine mündliche Verhandlung anberaumen und sodann den Antrag auf Nichtigerklärung der gegenständlichen Zuschlagsentscheidung mangels Vorliegens der Voraussetzungen ab- bzw. zurückzuweisen. Begründend wurde ausgeführt, dass in der  Zuschlagsentscheidung vom 6.5.2011 zwar das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als preisgünstiges Angebot bezeichnet worden sei, jedoch beruhe diese Bezeichnung nur auf einem Irrtum, welcher sowohl aufgrund des optischen Erscheinungsbildes der Zuschlagsentscheidung als auch aufgrund des Inhaltes der Zuschlagsentscheidung leicht zu erkennen sei. Tatsächlich erfolgte die Angebotsbewertung jedoch nach dem in der Ausschreibung angegebenen Bestbieterprinzip. Es sei sowohl die Vergabesumme und die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erreichte Punkteanzahl als auch die Angebotssumme der Antragstellerin und die von dieser erreichte Punkteanzahl angegeben worden. Bei einer Angebotsbewertung nur nach dem Billigstbieterprinzip wäre nicht erklärbar, warum die präsumtive Zuschlagsempfängerin von 100 möglichen Punkten nur 97 Punkte erreicht habe. Der Antragstellerin sei aufgrund des am 21.4.2011 geführten Vergabegespräches bekannt gewesen, wie viele Punkte sie beim Zuschlagskriterium "Qualität Schlüsselpersonal" erhalten habe. Aus der aus den Ausschreibungsunterlagen angegebenen Formel zur Bestbieterermittlung – Vergabesumme: Angebotssumme der Antragstellerin x 95 + die beim Zuschlagskriterium "Qualität Schlüsselpersonal" erreichte Punkteanzahl – lässt sich sowohl die von der Antragstellerin erreichte Punkteanzahl erkennen sowie auch die Bewertung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Ein Begründungsmangel und eine Benachteiligung der Antragstellerin liege insbesondere aufgrund der einfachen Formel zur Berechnung der Gesamtpunktezahl nicht vor. Auch nach den Materialien sei ausreichend, wenn der Zuschlagsentscheidung die von § 272 Abs.1 BVergG geforderten Informationen implizit entnommen werden können (erläut. RV 1171 Blg.Nr. 22.GP 86). Es sei daher nach der Rechtsprechung für die von § 272 Abs.1 BVergG geforderte Begründungstiefe ausreichend, wenn die Punkte vergabemathematisch errechnet werden kann. Es hätte daher der Antragstellerin klar sein müssen, dass die Höhe ihrer Angebotssumme dafür ausschlaggebend war, dass ihr Angebot nicht zum Zug gekommen sei. Lediglich unter der Voraussetzung, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Zuschlagskriterium "Qualität Schlüsselpersonal" mit 0 Punkten bewertet worden wäre, hätte die Antragstellerin den Zuschlag erhalten. Eine nähere Begründung der Punkteanzahl zum Kriterium "Qualität Schlüsselpersonal" hätte die Offenlegung der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Referenzen und eine eingehende Würdigung der selben erfordert, was im Widerspruch zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen stehe. Zur technischen Leistungsfähigkeit wurde ausgeführt, dass nach Einlangen aller Teilnahmeanträge festzustellen war, dass kein Bieter in der Lage war, die hochgesteckten Anforderungen an die in den Teilnahmebedingungen festgelegten Referenzen der technischen Leistungsfähigkeit zu erfüllen, allerdings stand nach Prüfung der vorgelegten Referenzen eindeutig fest, dass die technische Leistungsfähigkeit bei allen Bietern gegeben sei. Es habe daher die Auftraggeberin unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 269 Abs.2 BVergG davon abgesehen, alle Bieter aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden. Aus den Materialien zu § 269 Abs.2 BVergG gehe hervor, dass eine Verpflichtung zum Ausscheiden im Unterschwellenbereich nicht bestehe (erläut. RV 1171, Blg. Nr. 22.GP 124.). Die Auftraggeberin habe das ihr eingeräumte Ermessen zugunsten aller Bieter in gleicher Art und Weise angewandt, so dass damit nicht gegen das Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgebot verstoßen worden sei. Auch verstoße die Vorgehensweise der Auftraggeberin nicht gegen die Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbes, zumal alle wesentlichen auf dem gegenständlichen Markt tätigen Wettbewerber am gegenständlichen Vergabeverfahren teilgenommen hätten und die Auftraggeberin sichergestellt hätte, dass genügend Anbieter vorhanden sind. Ansonsten wäre auch die Antragstellerin auszuscheiden gewesen, weil aus der von ihr vorgelegten Referenzliste sich eindeutig ergebe, dass die Antragstellerin im Bereich geophysikalische Bohrlochuntersuchungen lediglich über 2 statt der geforderten 5 Referenzen verfüge. Es käme daher der Antragstellerin nach ständiger Rechtsprechung des VwGH auch keine Antragslegitimation zu, sodass ihr Antrag auf Nichtigerklärung schon aus diesem Grunde ab- bzw. zurückzuweisen wäre. Gleichzeitig wurden die Vergabeunterlagen vorgelegt.

 

3. Mit Eingabe vom 23.5.2011 wurden von der x GmbH, Perg, als präsumtive Zuschlagsempfängerin (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) begründete Einwendungen erhoben und die Zurück-, in eventu Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass bezüglich des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin auch zu prüfen sei, ob das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden gewesen wäre. Ein selbst nicht ausschreibungs- bzw. vergaberechtskonform agierender Bieter sei nicht schützenswert. Da die Antragstellerin im Bereich geophysikalische Bohrlochuntersuchungen lediglich über 2 statt der geforderten 5 Referenzen verfügt, könne ihr kein Schaden erwachsen und wäre ihr Teilnahmeantrag auszuscheiden gewesen. Es liege keine Antragslegitimation vor. Auch verfüge die Antragstellerin über die notwendigen Informationen betreffend die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, ungeachtet allfälliger fehlender Referenzen sei aber die technische Leistungsfähigkeit bei allen Bietern gegeben. 

 

3.1. Die Antragstellerin hat mit Eingabe vom 25. Mai 2011 hiezu eine Stellungnahme abgegeben und näher ausgeführt, dass der Bieter jene Informationen erhalten muss, die es ihm ermöglichen einzuschätzen, ob die Zuschlagsentscheidung rechtens getroffen wurde und ob ihre Bekämpfung aussichtsreich ist. Die Antragstellerin konnte aus dem Wissen um die Höhe der vergebenen Punkte für die Referenzen eben noch nicht die Gründe für die Ablehnung und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes ersehen. Dieses Zuschlagskriterium war jedoch entscheidungswesentlich. Auch sei der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht gefährdet, weil zwischen der Bekanntgabe von bewertungsrelevanten Referenzprojektinformationen und der völligen Offenlegung sämtlicher Informationen der Referenzen eines Bieters ein breites Spektrum an Möglichkeiten liege, dem Informationsbedürfnis- und –recht der nicht für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieter zu entsprechen und die Geheimhaltungsinteressen der Bieter zu schützen. Darüber hinaus gebe die Auftraggeberin zu, dass neben den anderen am Verfahren teilnehmenden Bietern auch die Antragstellerin die für die Teilnahme am Verfahren zwingend erforderlichen Mindestkriterien in Bezug auf die technische Leistungsfähigkeit (Mindestreferenzen) nicht erfüllt hätte und demnach auszuscheiden gewesen wäre, und gestehe damit zu, dass auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin die Mindestkriterien nicht erfüllt hat. Die Antragstellerin sei von der Auftraggeberin mit E-Mail vom 24.5.2011 um Vorlage der Unterlagen zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit aufgefordert worden und werde die Antragstellerin fristgemäß bis 30.5.2011 dieser Aufforderung nachkommen. Bei sämtlichen von der Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren genannten Projekten fanden geophysikalische Bohrlochuntersuchungen statt. Somit erfülle die Antragstellerin als einzige Bieterin die bekanntgegebenen Mindestkriterien für die technische Leistungsfähigkeit. Es wären daher sämtliche Angebote bis auf das der Antragstellerin auszuscheiden gewesen. Es komme daher der Antragstellerin jedenfalls Antragslegitimation zu. Dadurch, dass die Antragstellerin die Mindestkriterien als einzige erfüllt, wird sie durch die Zulassung von Unternehmen zum Verfahren, die die bekanntgemachten Mindestkriterien nicht erfüllen, diskriminiert. Dies widerspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung und nicht Diskriminierung gemäß § 187 Abs.1 BVergG. Da aber die Auftraggeberin feststellte, dass die technische Leistungsfähigkeit bei allen Bietern gegeben sei, muss geschlossen werden, dass die Auftraggeberin nachträglich die Kriterien der technischen Leistungsfähigkeit geändert und die Bieter anhand dieser neuen Kriterien geprüft und für geeignet befunden habe. Diese Kriterien seien nicht vorab bekannt gemacht worden, sodass dies dem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleiteten Transparenzgebot widerspricht. Auch widerspreche das Verhalten der Auftraggeberin dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs, zumal durch die sehr hohen Mindestanforderungen für die technische Leistungsfähigkeit viele potentielle Bieter aus dem Kreis der Wettbewerber der teilnehmenden Unternehmen sich nicht am gegenständlichen Verfahren durch Abgabe eines Teilnahmeantrages beteiligt haben, weil sie von den bekanntgemachten Mindestkriterien gleichsam "abgeschreckt" wurden.

 

3.2. Mit Eingabe vom 30. Mai 2011 wurden von der Antragstellerin weitere Urkunden betreffend Referenzen der letzten 5 Jahre (Referenzbestätigungen) vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von der Auftraggeberin vorgelegten Vergabeunterlagen sowie die beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Schriftstücke und Unterlagen. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte hingegen abgesehen werden, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der verfahrenseinleitende Antrag abzuweisen ist (§ 19 Abs.3 Z3 Oö. VergRSG 2006).

 

4.1. Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Unterlagen und der Parteiäußerungen steht als erwiesen fest:

 

Mit Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 10.3.2011 wurde die Ausführung von Erkundungsbohrungen, geophysikalischen Bohrlochversuchen und Pumpversuchen zur Erkundung des Untergrundes und der hydrogeologischen Situation im Trassenbereich der neuen Schienenachse x als Bauauftrag im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich im Sektorenbereich veröffentlicht. Als Ausführungszeitraum wurde der Mai 2011 bis August 2011 festgelegt. Zur technischen Leistungsfähigkeit wurde festgelegt:

-                    Angaben über die Personalkapazität in dieser Sparte; Mindestanforderung 10 Mitarbeiter insgesamt, 4 Mitarbeiter mit speziellem Know-how und Erfahrung für die Abwicklung gegenständlicher Leistungen

-                    Angaben über technische Ausrüstung

-                    Referenzen über die Abwicklung von facheinschlägigen Rahmenaufträgen in den letzten fünf Jahren; Mindestanforderung: fünf Projekte in dicht verbautem innerstädtischen Bereich, Leistungen je Projekt mindestens 30 Erkundungsbohrungen mit Bohrlängen >10 m, in Kombination mit geophysikalischen Bohrlochuntersuchungen und Pumpversuchen zur Bestimmung der Durchlässigkeitsbeiwerte

-                    Angaben über Zertifizierungen und/oder Maßnahmen zur Qualitätssicherung.

 

Mindestens 7 Unternehmen haben einen Teilnahmeantrag abgegeben. 5 Angebote wurden eingereicht und mit 3 Anbietern wurden Verhandlungen durchgeführt.

Laut Punkt B.5 Pos. 00B105A und Pos. 00B107A der projektsspezifischen Bestimmungen wurde das Bestbieterprinzip festgelegt. In B.5 Pos. 00B106A wurde als Zuschlagskriterium neben dem Preis die Qualität des Schlüsselpersonals mit max. 5 Punkten bewertet. Hiefür sind 5 Referenzen, 3 für den Bauleiter und 2 für den Bohrmeister vorzulegen und wird je Referenz 1 Punkt vergeben. Hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Preis (Pos. 00B107A) können max. 95 Punkte vergeben werden und wird die Formel wie folgt festgelegt: Preis des Billigstbieters : Preis des Bieters x 95.

Am 21.4.2011 wurde sowohl mit der Antragstellerin als auch mit der mitbeteiligten Partei ein Vergabegespräch bzw. Verhandlungsgespräch durchgeführt und die von der Auftraggeberin vorbereiteten Fragen gleichermaßen gestellt. Auch wurde mit beiden Bietern eine Information zur Qualifikation des Schlüsselpersonals durchgenommen. Dabei wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass 5 Punkte vergeben werden, 3 Punkte für den Bauleiter und 2 Punkte für den Bohrmeister. Der mitbeteiligten Partei wurde die Information zur Qualifikation des Schlüsselpersonals gegeben, dass 1 Punkt von 5 Punkten vergeben wird, nämlich für den Bauleiter. Es wurden Nachweise nachgefordert. Weiters wurden die Bieter aufgefordert, bis Mittwoch, 27.4.2011, 10.00 Uhr, schriftlich einen Letztpreis bekanntzugeben.

Die Antragstellerin legte ein Letztangebot mit Euro 690.747,76 netto bzw. Euro 828.297,31 brutto.

Die mitbeteiligte Partei legte ein Letztangebot mit Euro 657.537,77 netto bzw. Euro 789.045,32 brutto.

Dies ergibt eine Bewertung der Antragstellerin von 90,5 Punkten für den Preis (nach der oben angeführten Formel) + 5 Punkten für die Qualität des Schlüsselpersonals, und für die mitbeteiligte Partei von 95 Punkten für den Preis (Billigstpreis) und 2 Punkten für die Qualität des Schlüsselpersonals (ein Referenznachweis für den Bohrmeister wurde über Aufforderung nachgereicht). Die mitbeteiligte Partei erreichte somit die meiste Punkteanzahl mit 97 Punkten. Dies geht auch aus dem Vergabebericht vom 3.5.2011 hervor.

 

4.2. Die Antragstellerin legte eine Liste "Referenzen im dicht verbauten innerstädtischen Bereich" im Rahmen der Teilnahme vor, aus der 7 Referenzen hervorgehen. Alle Referenzen weisen mehr als 30 Bohrungen aus. Allerdings sind nur bei 2 Referenzen geophysikalische Bohrlochuntersuchungen ausgewiesen. Im Rahmen von Subunternehmererklärungen der Antragstellerin wurden auch Referenzlisten der Subunternehmer vorgelegt, wobei sich unter den angeführten Projekten auch ausgewählte Projekte der Referenzliste der Antragstellerin befinden. Aus den Referenzlisten der Subunternehmer sind keine genaueren Daten über Bohrungen und Untersuchungen ersichtlich.

Auch die Referenzliste der mitbeteiligten Partei weist nicht die geforderten Mindestangaben der Referenzen in den letzten 5 Jahren aus.

 

4.3. Mit Schreiben vom 6.5.2011 wurde den Bietern die Zuschlagsentscheidung zugunsten der x GmbH in Perg mit einer Vergabesumme von Euro 657.537,77 und 97 Punkten bekanntgegeben. Als Merkmale des erfolgreichen Angebotes wurde das preisgünstigste Angebot angeführt. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 13.5.2011 festgesetzt. Der Antragstellerin wurde mitgeteilt, dass sie leider nicht das preisgünstigste Angebot (Euro 690.247,76 und 95,5 Punkte) abgegeben habe.

 

4.4. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 19. Mai 2011, VwSen-550576/4/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 13. Juli 2011, untersagt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Alleiniger Gesellschafter der "x GmbH x" ist die "x AG x, x, x und x", welche im 100 %igem Eigentum der Stadt x steht. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat de Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

  1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und
  2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.dd ist die Zuschlagsentscheidung eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung.

Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht und richtet sich gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung. Auch die übrigen Antragsvoraussetzungen liegen vor. Der Antrag ist zulässig.

Dem Vorbringen der fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin ist entgegenzusetzen, dass die Teilnahmevoraussetzungen, ua. auch die Voraussetzungen der technischen Leistungsfähigkeit bereits im Teilnahmeverfahren und daher in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens geprüft wurden und festgestellt wurden. Die Zulassung zur Teilnahme bzw. die Aufforderung zur Angebotsabgabe wurde nicht angefochten und ist daher rechtskräftig geworden bzw. in Bestandskraft erwachsen. Darüber hinaus wurde von einem Ausscheiden sämtlicher Bieter und damit auch der Antragstellerin, von der Auftraggeberin gemäß § 269 Abs.2 BVergG 2006 Abstand genommen. Eine nähere Prüfung wird im Folgenden vorgenommen. Weitere Ausscheidensgründe liegen nicht auf der Hand und wurden nicht vorgebracht. Es liegt daher die Antragslegitimation der Antragstellerin vor.

 

Aufgrund des geschätzten Auftragswertes ist von einer Vergabe eines Bauauftrages im Unterschwellenbereich im Sektorenbereich gemäß § 180 Abs.1 Z2 BVergG 2006 auszugehen.

 

5.2. Gemäß § 272 Abs.1 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, hat der Sektorenauftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 273 Abs.1, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekanntzugeben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würden.

 

Die Zuschlagsentscheidung vom 6.5.2011 enthält sowohl die Zuschlagssumme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie die Angebotssumme der Antragstellerin. Weiters teilt sie die an die mitbeteiligte Partei vergebenen Punkte sowie die der Antragstellerin vergebenen Punkte mit. Auch ist das Merkmal für das erfolgreiche Angebot, nämlich der günstigste Preis, angeführt. Es sind daher sämtliche im § 272 Abs.1 BVergG 2006 geforderten Angaben in der Zuschlagsentscheidung enthalten.

Wenn hingegen von der Antragstellerin ausgeführt wird, dass als Zuschlagsprinzip das Bestbieterprinzip bestimmt wurde, in der Zuschlagsentscheidung vom "preisgünstigsten Angebot" gesprochen wird, so schadet diese Diktion nicht, da aus der angeführten Punktezahl ersichtlich ist, dass nicht nur der Preis bewertet wurde, sondern auch weitere Zuschlagskriterien. Nach den Ausschreibungsbestimmungen erhält nämlich der günstigste Preis 95 % bzw. 95 Punkte. Aus der der mitbeteiligten Partei vergebenen Punktezahl von 97 Punkten ist daher ersichtlich, dass noch ein weiteres Kriterium berücksichtigt wurde. Vielmehr ist die formularhafte Ausführung der Zuschlagsentscheidung im Sinne des dort angeführten Wortlautes "Angaben über die Merkmale des erfolgreichen Angebotes" so zu lesen, dass eben das Merkmal des erfolgreichen Angebotes der beste Preis ist. Schon der Vergleich der Vergabesumme mit der Angebotssumme der Antragstellerin ergibt den Vorteil der mitbeteiligten Partei. Aus der in den Ausschreibungsunterlagen in Pos. 00B107A angeführten Formel zur Punkteberechnung für den Preis kann daher auch die Antragstellerin die ihr zukommende Punkteanzahl hinsichtlich des Preises errechnen und ergibt diese Formel hinsichtlich des Preises einen gerundeten Punktestand von 90,5 Punkten zugunsten der Antragstellerin. Sie liegt daher hinsichtlich des Preises 4,5 Punkte hinter der mitbeteiligten Partei. Es ist daher der Preisvorteil der mitbeteiligten Partei klar ersichtlich.

Hinsichtlich des weiteren Zuschlagskriteriums "Qualität des Schlüsselpersonals" ist aus der Zuschlagsentscheidung ersichtlich, dass der Antragstellerin sämtliche zu erlangenden 5 Punkte hinsichtlich dieses Kriteriums zugewiesen wurden, der mitbeteiligten Partei allerdings nur 2 Punkte. Es ist daher auch aus der Gesamtpunktezahl ersichtlich, dass der große Vorteil des Angebotes der mitbeteiligten Partei im Preis liegt.

Darüber hinaus ist aber auch – wie auch die Auftraggeberin ausführte – der Antragstellerin entgegenzuhalten, dass beim Verhandlungsgespräch am 21.4.2011 ihr die vergebene Punktezahl zum Kriterium "Qualifikation des Schlüsselpersonals" bekanntgegeben und auch im Einzelnen erläutert wurde. Auch aus diesem Wissen heraus ist die Zuschlagsentscheidung für die Antragstellerin klar und eindeutig und ergibt sich für sie, dass hinsichtlich ihres Angebotspreises sich 90,5 Punkte errechnen. Nähere Ausführungen zur Punktevergabe hinsichtlich des Kriteriums "Qualität des Schlüsselpersonals" waren daher nicht mehr erforderlich. Insbesondere ist es nicht erforderlich, eine Aufgliederung dieses Zuschlagskriteriums in der Zuschlagsentscheidung vorzunehmen und zu erläutern, da jede Referenz einen Punkt ergibt und daher die Zahl der anerkannten Referenzen ersichtlich ist.

Es hat daher die Antragstellerin mit der bekanntgegebenen Zuschlagsentscheidung sämtliche relevanten und geforderten Angaben erhalten, um die Entscheidung der Auftraggeberin nachvollziehen zu können und allenfalls die Entscheidung vor der Kontrollinstanz begründet anfechten zu können.

 

5.3. Gemäß § 269 Abs.2 BVergG 2006 kann der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung im Unterschwellenbereich Angebote von Bietern gemäß den in Abs.1 genannten Gründen ausscheiden.

 

Nach den Materialien (RV 1171 Blg Nr. 22.GP 124) enthält Abs.2 eine Sonderregelung für den Unterschwellenbereich, nach der ein Sektorenauftraggeber Unternehmer bei Vorliegen eines der in Abs.1 genannten Gründe ausscheiden kann, aber nicht muss; eine Verpflichtung zum Ausscheiden besteht im Unterschwellenbereich somit nicht. Nach der Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden darf aus dem Wort "kann" in Abs.2 jedoch kein undeterminiertes Ermessen des Auftraggebers geschlossen werden. Dies bedeutet, dass "das Ermessen an den Grundsätzen des Vergaberechts zu  messen ist. Verstieße daher das Unterlassen des Ausscheidens eines Angebotes gegen die Grundsätze des Vergaberechts, ist der Sektorenauftraggeber auch im Unterschwellenbereich zum Ausscheiden des Angebotes verpflichtet." (Schramm, Aicher, Fruhmann, Thienel, Bundesvergabegesetz 2006, Kommentar, Randnummer 118 zu § 269).

Wie von der Auftraggeberin ausgeführt wurde und auch im Sachverhalt fest­ge­stellt wurde, wurden von keinem Bieter anhand der Referenzlisten und –unter­lagen die Anforderungen hinsichtlich der Referenzen der letzten 5 Jahre als Teil der technischen Leistungsfähigkeit erbracht. Es wurden daher sämtliche Bieter dahingehend gleichbehandelt, dass von diesem Erfordernis bei allen Bietern in gleicher Weise abgesehen wurde.

Dieses Abgehen erfolgte bereits in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens, also im Teilnahmeverfahren. Die Beurteilung erfolgte dabei anhand der vorgelegten Unterlagen. In der von der Antragstellerin vorgelegten Referenzliste wiesen nur zwei Referenzen geophysikalische Bohrlochuntersuchungen auf. Auch die vorgelegten Nachweise wiesen keine näheren Angaben – in Bezug auf die Mindestanforderungen – auf. Es konnte daher zu Recht vom Nichtvorliegen dieser Anforderung ausgegangen werden. Diese Entscheidung erwuchs auch in Bestandskraft.

Dazu ist die Auftraggeberin im Rahmen des § 269 Abs.2 BVergG 2006 im Unterschwellenbereich berechtigt. Die Auftraggeberin hat auch zu Recht ausgeführt, dass die technische Leistungsfähigkeit hinsichtlich der übrigen Anforderungen in der Ausschreibung von ihr anhand der vorgelegten Unterlagen geprüft wurde und bei sämtlichen Bietern, die Angebote gelegt haben, vorhanden war. Es war daher – abgesehen von den Referenzen der letzten 5 Jahre – vom Bestehen der Leistungsfähigkeit sämtlicher Bieter auszugehen.

Wenn hingegen die Antragstellerin vorbringt, dass sie den Anforderungen an die Referenzen entsprechen würde, so ist ihr entgegenzuhalten, dass aus der von ihr vorgelegten Referenzliste einerseits nicht 5 Projekte in dicht verbautem innerstädtischen Bereich hervorgehen, andererseits nicht zu sämtlichen angeführten Projekten geophysikalische Bohrlochversuche angemerkt wurden (dies erfolgte nur bei 2 Projekten), sodass die Erfüllung der Ausschreibungsanforderungen nicht ersichtlich ist. Darüber hinaus werden Referenzen teilweise durch Subunternehmer erbracht, was sich aus der Referenzliste der Subunternehmer ergibt. Auch aus diesen Aufstellungen sind nicht sämtliche Anforderungen laut Ausschreibung ersichtlich. Es ist daher die Beurteilung der Auftraggeberin nicht von der Hand zu weisen.

Aber selbst unter dem Aspekt, dass die Antragstellerin bei näher beizubringenden Nachweisen, welche sie im Vergabenachprüfungsverfahren vorzulegen versuchte, die geforderten Referenzen tatsächlich aufweisen kann, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Auftraggeberin im Sinn des § 269 Abs.2 BVergG 2006 ein Ermessen hinsichtlich des Ausscheidens nach § 269 Abs.1 Z2 BVergG hat. Es kann ihr daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie von diesem Ermessen Gebrauch macht. Dass hingegen Vergabegrundsätze gemäß § 187 BVergG 2006 verletzt wurden, kann vom Oö. Verwaltungssenat nicht erkannt werden. Insbesondere kann das Ermessen nach § 269 Abs.2 BVergG 2006 nicht bedeuten, dass nur in dem Fall vom Ausscheiden abgesehen werden kann, wenn sämtliche Bieter den gleichen Ausscheidungsgrund aufweisen. Solches würde nämlich die Forderung der Antragstellerin bedeuten. Vielmehr bedeutet die Gleichbehandlung, dass unter gleichen Voraussetzungen gleichbehandelt wird, also dass jene Bieter, die die geforderte Anforderung nicht erfüllen, ausnahmslos entweder ausgeschieden oder ausnahmslos alle zugelassen werden. Die Bestimmung des § 269 Abs.2 BVergG 2006 kann hingegen nicht so gelesen werden, dass der Bieter, der keine Ausscheidensgründe liefert, sozusagen das Nichtausscheiden sämtlicher übrigen Bieter verhindern könnte. Die Auftraggeberin hat auch begründet, dass mit Ausnahme der Referenzen die übrigen Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit bei sämtlichen Bietern gegeben waren. Sie hat daher ihr Ermessen begründet und auch anhand der Unterlagen nachgewiesen. Es kann daher von keiner Gesetzwidrigkeit der Ermessensübung ausgegangen werden. Auch ist in der Vorgehensweise der Auftraggeberin keine Wettbewerbsverzerrung zu erkennen, vielmehr ist durch die Zulassung der anderen Bieter (nach Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) ein erhöhter Wettbewerb möglich. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die Auftraggeberin gegen Grundsätze des Vergabeverfahrens gemäß § 187 Abs.1 BVergG 2006 verstoßen hätte. Die übrigen Argumente der Antragstellerin hinsichtlich anderer Zuschlagskriterien und Nichteinhaltung des Transparenzgebotes können hingegen nicht nachvollzogen werden.

 

5.4. Es war daher ein Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen und Grundsätze nicht festzustellen und die Zuschlagsentscheidung zugunsten der mitbeteiligten Partei rechtmäßig. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung war daher abzuweisen.

 

6. Gemäß § 74 Abs.1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten und bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

Da der Nachprüfungsantrag abzuweisen war und kein Obsiegen festzustellen war, entfällt ein Gebührenersatz. Der entsprechende Antrag war abzuweisen.

 

7. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 52,80 Euro für die Antragstellerin und in Höhe von 13,20 Euro für die mitbeteiligte Partei angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt jeweils bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: Sektorenauftraggeber, Ausscheiden, Ermessen, keine Diskriminierung

 

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