Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590276/3/Gf/Mu VwSen-590277/4/Gf/Mu

Linz, 09.05.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufungen der x, vertreten durch RA x (Erstbeschwerdeführerin), und der x, vertreten durch RA x (Zweitbeschwerdeführerin), gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. November 2011, Zl. 51426/2005, wegen der Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke im Hauptbahnhof Linz (mitbeteiligte Partei: x, vertreten durch RA x), zu Recht erkannt:

 

Den Berufungen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. November 2011, Zl. 51426/2005, wurde der mitbeteiligten Partei die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der voraussichtlichen Betriebsstätte im Gebäude des Hauptbahnhofes Linz erteilt.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die mitbeteiligte Partei bereits am 17. November 2005 einen entsprechenden Konzessionserteilungsantrag gestellt und diesen in der Folge mit Eingabe vom 1. August 2008 im Wege eines Eventualantrages dahin modifiziert habe, dass – falls der innerhalb der sog. "Sperrfrist" gestellte Hauptantrag mangels wesentlicher Änderung der maßgeblichen lokalen Verhältnisse abzuweisen sei – dieser nunmehr erst nach Ablauf der Sperrfrist gestellte "Eventualantrag" als ein Neuantrag auf Konzessionserteilung gelten solle. Da der hinsichtlich des Hauptantrages erlassene Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20. Mai 2009 aufgrund dagegen eingebrachter Rechtsmittel mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 10. Juni 2010, Zl. VwSen-590222/25/Gf/Mu, aufgehoben worden sei, sei nunmehr dem inhaltsgleichen, aber als erst nach Ablauf der Sperrfrist gestellt anzusehenden "Neuantrag" der mitbeteiligten Partei deshalb stattzugeben gewesen, weil sich zum einen aus dem Gutachten der Apothekerkammer vom 15. November 2006 ergeben habe, dass an der Errichtung der beantragten Apotheke ein entsprechender Bedarf bestehe und zum anderen das Versorgungspotential der umliegenden öffentlichen Apotheken auch weiterhin mehr als 5.500 Personen betragen werde.

 

1.2. Gegen diesen ihnen am 17. November 2010 zugestellten Bescheid richten sich die vorliegenden, am 1. Dezember 2010 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.

 

1.2.1. Darin bringt die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie von dem Eventualantrag der mitbeteiligten Partei bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides keine Kenntnis gehabt habe und sie sohin als übergangene Partei anzusehen sei. In der Sache wird geltend gemacht, dass ein ursprünglich innerhalb der Sperrfrist gestellter Hauptantrag nicht im Wege eines Eventualantrages in einen unmittelbar nach dem Ablauf dieser Frist gestellten Konzessionsantrag umfunktioniert bzw. umgedeutet werden könne, weil dies einer unzulässigen Umgehung der gesetzlichen Sperrfristregelung gleichkomme.

 

1.2.2. Die Zweitbeschwerdeführerin wendet ein, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei ergebe, dass sich dieser auf ein im Nachhinein von der Apothekerkammer selbst als inhaltlich unrichtig erklärtes Gutachten stütze. Außerdem sei die Erstbehörde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung weder zu einer inhaltlichen Erledigung noch zur Einholung eines neuen Gutachtens zuständig gewesen, weil bereits eine rechtskräftige Sachentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vorgelegen sei. Davon abgesehen stelle der "Eventualantrag" der mitbeteiligten Partei vom 1. August 2008 – der der Erstbeschwerdeführerin im Übrigen nie zugestellt und entgegen zwingenden Rechtsvorschriften auch nie im Amtsblatt verlautbart worden sei – in Wahrheit keinen neuen Antrag dar, sodass mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich – und im Widerspruch zu § 68 Abs. 1 AVG – über eine bereits entschiedene Sache abgesprochen worden sei.

 

Aus allen diesen Gründen wird von beiden Beschwerdeführerinnen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 51426/2005; da sich bereits aus diesem ergeben hat, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51 Abs. 3 des Apothekengesetzes, RGBl.Nr. 5/1907, in der hier (vgl. § 62a Abs. 6 ApG i.d.F. BGBl.Nr. I 75/2008) maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 90/2006 (im Folgenden: ApG), entscheiden u.a. über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde, mit denen eine Konzession zum selbständigen Betrieb einer Apotheke erteilt wurde, die Unabhängigen Verwaltungssenate, und zwar – wie sich aus § 67a AVG ergibt – durch ein Einzelmitglied.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG ist die Konzession zum Betrieb einer Apotheke u.a. dann zu erteilen, wenn ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

 

Gemäß § 47 Abs. 2 ApG ist ein dementsprechendes Konzessionsersuchen dann ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn ein früherer Antrag eines anderen Bewerbers wegen fehlenden Bedarfes i.S.d. § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG abgewiesen wurde und einerseits vom Tag der Zustellung dieses abweisenden Bescheides an gerechnet nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind und andererseits seither keine wesentliche Änderung in den für die abweisende Entscheidung maßgebenden lokalen Verhältnissen eingetreten ist.

 

3.2.1. Im gegenständlichen Fall steht zunächst allseits unbestritten fest, dass ein ursprüngliches Konzessionsansuchen einer Dritten für den hier maßgeblichen Standort mit dem am 9. Jänner 2004 zugestellten und in der Folge am 23. Jänner 2004 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Dezember 2003, Zl. SanRB-20248/36-2003-A, abgewiesen wurde.

 

3.2.2. Weiters steht außer Streit, dass (u.a.) die mitbeteiligte Partei noch innerhalb der am 9. Jänner 2004 zu laufen begonnen habenden (und bis zum Ablauf des 9. Jänner 2006 währenden) zweijährigen Sperrfrist des § 47 Abs. 2 ApG – nämlich am 17. November 2005 – sowie die Erstbeschwerdeführerin nach deren Ablauf – nämlich am 10. Jänner 2006 – jeweils einen Antrag auf Erteilung einer Konzession für den Standort im Gebäude des Hauptbahnhofes Linz gestellt haben.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20. Mai 2009, Zl. 51426/2005, wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei stattgegeben und dieser die Konzession erteilt; unter einem wurden der Antrag der Erstbeschwerdeführerin sowie der Einspruch der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

 

Aufgrund von dagegen erhobenen Berufungen wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 19. August 2009, Zlen. VwSen‑590222/2/Gf/Mu/Bu u.a., wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverwiesen.

 

Dieses der belangten Behörde am 21. August 2009 zugestellte ho. Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof in der Folge mit seinem dem Oö. Verwaltungssenat am 26. Mai 2010 zugestellten Erkenntnis vom 26. April 2010, Zlen. 2009/10/0200 u.a., aufgehoben.

 

Mit Ersatzbescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 10. Juni 2010, Zlen. VwSen‑590222/25/Gf/Mu u.a., wurde sowohl der innerhalb der Sperrfrist gestellte Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei als auch der außerhalb der Konzessionsantrag der Erstbeschwerdeführerin gestellte Konzessionsantrag jeweils mangels Bedarfes i.S.d. § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG abgewiesen.

 

Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei wurde dieser Ersatzbescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 2011, Zl. 2010/10/0167, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

 

3.2.3. Schließlich ist auch unbestritten, dass die belangte Behörde mit ihrem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. November 2011, Zl. 51426/2005, der mitbeteiligten Partei die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im Gebäude des Hauptbahnhofes Linz erteilt und unter einem ein gleichlautendes Konzessionsansuchen der Erstbeschwerdeführerin sowie u.a. (implizit) den dagegen erhobenen Einspruch der Zweitbeschwerdeführerin   abgewiesen hat.

 

3.3. Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts ist sohin vorweg die Rechtsfrage zu klären, ob die belangte Behörde zur Erlassung der angefochtenen Sachentscheidung überhaupt zuständig war.

 

3.3.1. In diesem Zusammenhang vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass das Wesen eines Eventualantrages darin liegt, dass er als unter der aufschiebenden Bedingung gestellt gilt, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird daher ein Eventualantrag noch vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, so belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine derartige Unzuständigkeit ist im Berufungsverfahren von Amts wegen – erst recht dann, wenn dies im Beschwerdeschriftsatz ausdrücklich gerügt wurde – aufzugreifen und der erstinstanzliche Bescheid ist von der Berufungsbehörde schon deshalb aufzuheben (vgl. jüngst z.B. VwGH v. 9. September 2010, Zl. 2008/22/0460, m.w.N.).

 

3.3.2. Auf den gegenständlichen Fall umgelegt bedeutet dies, dass die mitbeteiligte Partei am 17. November 2005 ihren Hauptantrag gestellt hat, wobei über diesen bis dato noch nicht abgesprochen ist, weil jedenfalls das Verfahren zur Entscheidung über den Einspruch der Zweitbeschwerdeführerin, der von dieser gegen die auf Grund des vorerwähnten Hauptantrages durch den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20. Mai 2009, Zl. 51426/2005, erfolgte Konzessionserteilung eingebracht wurde, derzeit noch beim Oö. Verwaltungssenat anhängig ist.

 

Somit war es der belangten Behörde aber verwehrt, mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der (anwaltlich vertretenen) mitbeteiligten Partei am 1. August 2008 eingebrachten und explizit auch als solchen bezeichneten, ansonsten jedoch inhaltsgleichen "Eventualantrages" noch vor der rechtskräftigen Erledigung der Hauptsache inhaltlich abzusprechen.

 

3.3.3. Davon abgesehen resultiert aus dem bisherigen Verfahrensgang, dass die belangte Behörde einerseits seit der am 7. August 2009 übermittelten Berufungsvorlage bezüglich ihres (Erst‑)Bescheides vom 20. Mai 2009, Zl. 51426/2005, an den Oö. Verwaltungssenat bis zu der bei ihr am 21. August 2009 eingelangten ho. Berufungsentscheidung vom 19. August 2009 (Zurückverweisung) sowie andererseits seit dem 26. Mai 2010 (Zustellung der Aufhebung dieser Zurückverweisung durch den Verwaltungsgerichtshof an den Oö. Verwaltungssenat) jedenfalls nicht mehr zur Erlassung einer Sachentscheidung zuständig war.

 

Die mit dem angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. November 2011, Zl. 51426/2005, erteilte Konzession sowie die Zurückweisung der dagegen erhobenen Einsprüche erweist sich sohin auch aus diesem Grund als gesetzwidrig.

 

3.4. Den vorliegenden Berufungen war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind betreffend der Erstbeschwerdeführerin Gebühren in Höhe von 13,20 Euro und betreffend der Zweitbeschwerdeführerin Gebühren in Höhe von 37,20  Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt jeweils bei.

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

VwSen-590276/3/Gf/Mu vom 9. Mai 2011

VwSen-590277/3/Gf/Mu vom 9. Mai 2011

Erkenntnis

 

ApG §47;

AVG §13 Abs4

 

Das Wesen des Eventualantrages liegt darin, dass er als unter der aufschiebenden Bedingung gestellt gilt, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird daher der Eventualantrag noch vor dem Eintritt des Eventualfalls, dh zu einem Zeitpunkt erledigt, zu dem etwa das Verfahren über den Hauptantrag noch bei der Berufungsbehörde anhängig ist, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl dazu jüngst VwGH 9.9.2010, 2008/22/0460).

 

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