Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301045/2/Gf/Mu

Linz, 08.06.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Eingabe des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding gegen die Mitteilung des Bezirkshauptmannes von Ried vom 28. April 2011, Zl. Pol96-24-2011, über die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: x, vertreten durch RA x), beschlossen:

Die Eingabe des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding wird zuständigkeitshalber dem Bezirkshauptmann von Ried zurückgestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 6 Abs. 1 AVG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Schreiben des Bezirkshauptmannes von Ried vom 28. April 2011, Zl. Pol96-24-2011, wurde der im Spruch angeführten mitbeteiligten Partei mitgeteilt, dass das gegen sie wegen des Verdachtes einer Übertretung des Glücksspielgesetzes eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt worden sei. Dieses Schreiben wurde u.a. auch der nunmehr Beschwerde führenden Amtspartei zugestellt.

 

Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Einstellung des Verfahrens selbst erfolgte, lässt sich dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt jedoch nicht entnehmen.

 

1.2. Dagegen hat das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding mit Schreiben vom 4. Mai 2011, Zl . 50/76000/25/2011, eine als "Gegenäußerung" bezeichnete Beschwerde erstattet, in der die Rechtsansicht vertreten wird, dass diese Einstellung "rechtsunwirksam bzw. nichtig" sei.

 

1.3. Der Bezirkshauptmann von Braunau hat diese Beschwerde dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 1. Juni 2011, Zl. Pol96-24-2011, vorgelegt und darin u.a. die Auffassung vertreten, dass diese "als Berufung zu werten" ist; unter einem wurde deren Abweisung beantragt.

 

 

2. Hierzu hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

2.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem die belangte Behörde im gegenständlichen Fall offenbar zu der Auffassung gekommen ist, dass die materiellen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG vorliegen, war sie – weil diese Bestimmung kein Ermessen einräumt – dazu gehalten, mit einer Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

 

2.2. Bezüglich der Rechtsform einer derartigen Einstellung sieht § 45 Abs. 2 VStG vor, dass diese in der Regel im Wege eines mit einer Begründung versehenen Aktenvermerkes gemäß § 16 AVG – also einer kurzen schriftlichen Feststellung samt Unterschrift und Datum des Organwalters – zu verfügen ist.

 

Ausnahmsweise – nämlich dann, wenn der Beschuldigte nach der Aktenlage von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wusste – ist eine aktenvermerksmäßige Einstellung auch diesem mitzuteilen.

 

Im gegenständlichen Fall hatte die belangte Behörde die mitbeteiligte Partei bereits mit Schreiben vom 14. März 2011, Zl. Pol96-24-2011, dazu aufgefordert, sich zu der ihm zur Last gelegten Übertretung des Glücksspielgesetzes zu äußern, sodass dieser der gegen sie gerichtete Verdacht bewusst war. Dass sie daher die belangte Behörde mit der hier in Rede stehenden Mitteilung vom 28. April 2011, Zl. Pol96-24-2011, von der Einstellung des Verfahren verständigte, entsprach daher dem § 45 Abs. 2 letzter Satz VStG.

 

2.3. Als weitere Ausnahme vom Regelfall legt jedoch § 45 Abs. 2 erster Satz zweite Alternative VStG fest, dass die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens dann – anstelle eines bloßen Aktenvermerkes – mit Bescheid zu erfolgen hat, wenn einer Partei das Recht zur Berufung gegen die Einstellung zusteht. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Parteistellung nicht explizit derart eingeschränkt ist, dass der Partei nicht sämtliche, sondern nur spezifisch normierte Rechte zukommen.

 

Da im gegebenen Zusammenhang der Abgabenbehörde gemäß § 50 Abs. 5 des Glücksspielgesetzes, BGBl.Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 73/2010 (im Folgenden: GSpG), dann, wenn die Anzeige – wie hier – von ihr stammt, in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem GSpG die Parteistellung samt dem Recht zur Erhebung einer Berufung gegen Bescheide sowie eines Einspruches gegen Strafverfügungen zuerkannt ist, wäre daher die Einstellung nicht bloß mittels Aktenvermerk, sondern im Wege eines Bescheides anzuordnen gewesen.

 

Dass die Mitteilung des Bezirkshauptmannes von Ried vom 28. April 2011, Zl. Pol96-24-2011, jedoch nicht als ein derartiger Bescheid qualifiziert werden kann, folgt schon daraus, dass es dieser Erledigung nicht nur an einem eindeutigen Spruch, sondern offensichtlich auch an jeglichem Bescheidwillen mangelt (vgl. dazu ausführlich J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, Wien 2005, RN 16 ff zu § 56 AVG, m.w.N.). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die belangte Behörde in ihrem dem Oö. Verwaltungssenat übermittelten Vorlageschreiben zur Beschwerde des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding vom 1. Juni 2011, Zl. Pol96-24-2011, ihre seinerzeitige Mitteilung vom 28. April 2011 nunmehr als Bescheid verstanden wissen will.

 

2.4. Im Ergebnis liegt daher lediglich eine durch Aktenvermerk verfügte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens samt der in § 45 Abs. 2 VStG vorgesehenen Mitteilung vor.

 

Dass die Einstellung stattdessen mit Bescheid anzuordnen gewesen wäre, kann von der Amtspartei jedoch – mangels tatsächlichen Vorliegens eines Bescheides – nicht im Wege einer Berufung, sondern mittels eines Antrages auf Bescheiderlassung geltend gemacht werden (vgl. W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, S. 1583, unter Hinweis auf VwGH v. 26. Mai 1988, Zl. 88/10/0063).

 

Im Ergebnis zutreffend hat daher das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding die belangte Behörde bereits im letzten Satz ihrer "Gegenäußerung" vom 4. Mai 2011, Zl. 50/76000/25/2011, "um Zustellung eines Bescheides in gegenständlicher Angelegenheit" ersucht.

3. Die Eingabe des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding vom 4. Mai 2011, Zl. 50/76000/25/2011, war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber dem Bezirkshauptmann von Ried zurückzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

VwSen-301045/2/Gf/Mu vom 8. Juni 2011

Beschluss

 

AVG §6 Abs1;

VStG §45;

GSpG §50 Abs5

 

Wenn die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens bloß im Wege eines Aktenvermerkes erfolgt, obwohl aufgrund der explizit ein Berufungsrecht umfassenden Parteistellung des Finanzamtes nach § 50 Abs5 GSpG ein Bescheid zu erlassen gewesen wäre, kann diese Unterlassung seitens des Finanzamtes nicht im Wege einer Berufung, sondern nur mittels eines Antrages auf Bescheiderlassung bekämpft werden. Die (ohnehin einen derartigen Antrag enthaltende, aber) von der Erstbehörde unzutreffend als Berufung gewertete "Gegenäußerung" des Finanzamtes gegen die aktenvermerksmäßige Einstellung des Verfahrens war daher gemäß §6 Abs1 AVG an die Erstbehörde zurückzustellen.

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum