Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522629/13/Sch/Eg

Linz, 20.04.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufungen des Herrn x, geb. x, jeweils vertreten durch x vom 8. Juli 2010 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 21. Juni 2010, Zl. VerkR21-137-2010, wegen Vorschreibung einer amtsärztlichen Untersuchung sowie vom 8. September 2010 gegen den Bescheid dieser Behörde vom 3. September 2010, VerkR21-137-2010, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. Februar 2011 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung vom 8. Juli 2010 wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 21. Juni 2010 behoben.

 

Die Berufung vom 3. September 2010 wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4, § 67a und § 71 Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Bescheid vom 21. Juni 2010, VerkR21-137-2010, Herrn x gemäß §§ 8 und 24 Abs.4 Führerscheingesetz (FSG) aufgetragen, sich zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

Mit Eingabe des nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerbers vom 8. Juli 2010 wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist unter gleichzeitiger Erhebung des Rechtsmittels der Berufung gegen eingangs angeführten Bescheid eingebracht.

 

Die Erstbehörde hat den Schriftsatz samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, welcher diese Eingabe zur Erledigung über den Wiedereinsetzungsantrag an die Erstbehörde weitergeleitet hat, die mit Bescheid vom 3. September 2010, GZ. VerkR21-137-2010, den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abgewiesen hat.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde wiederum Berufung erhoben. Der Verfahrensakt wurde von der Erstbehörde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung an den Oö. Verwaltungssenat übermittelt. Damit ist dessen Zuständigkeit zur Entscheidung über beide Rechtsmittel gegeben.

 

3. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, durch die Abführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der allerdings nur der Rechtsvertreter des Berufungswerbers erschienen ist, sowie durch Einsichtnahme in die vom Berufungswerber im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens vorgelegten weiteren Unterlagen.

 

4. Demnach ergibt sich folgende Sachverhaltslage:

 

Die Polizeiinspektion G hat mit Bericht vom 4. Juni 2010 der Bezirkshauptmannschaft Perg angezeigt, dass der nunmehrige Berufungswerber bei der Polizeidienststelle Anzeige erstattet habe, wonach ihn die Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen x an diesem Tage im Vorbeifahren mit Wasser "vollgespritzt" habe. Bei der relevanten Verkehrsfläche, der L 569, handelte es sich zum Vorfallszeitpunkt um eine wegen Hochwassers gesperrte Straße. Die Lenkerin dieses Fahrzeuges und der Berufungswerber konnten von Polizeiorganen in der Folge bei einer Tankstelle angetroffen werden. Im Zuge der Aufnahme des Vorfalles durch die Beamten verhielt sich der Berufungswerber laut obzitierter polizeilicher Meldung dergestalt:

 

"Die Überprüfung des PKWs von xx ergab, dass der PKW bodenseitig absolut trocken war. xx gab an, soeben von ihrer Arbeitsstätte im Seniorenwohnheim direkt zur Tankstelle gefahren zu sein. x zeigte sich mit dem Erhebungsergebnis nicht einverstanden, zeigte während der gesamten Amtshandlung ein verbal ungestümes Verhalten und wurde deshalb mehrmals von RevInsp. x abgemahnt und zur Ruhe aufgefordert. Er gab lauthals an, dass mehrere Personen, sowie ein Filmteam von "LIFE-Radio" den Vorfall beobachtet bzw. gefilmt hätten. Nachdem RevInsp. x sich nochmals xx zuwendete, um ihre Angaben hinsichtlich ihres Abganges von der Arbeitsstätte überprüfen zu können, verließ Hauser unbemerkt den Vorfallsort in Fahrtrichtung G. Die Fahrtauglichkeit des x, welche auf Grund seiner verwirrenden Angaben und Äußerungen vor Ort zu prüfen gewesen wäre, konnten somit nicht überprüft werden. Eine örtliche Nachschau bei x blieb erfolglos.

 

Die Angaben von xx wurden umgehend überprüft und entsprechen der Wahrheit. xx gab an, sich durch x durch dessen haltlose Anschuldigungen belästigt gefühlt zu haben.

 

Auf Grund des oa Sachverhaltes ergeht seitens der ho. PI das Ersuchen an die BH Perg um Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit des x."

 

Die Erstbehörde hat diesen Bericht zum Anlass genommen, den erwähnten Bescheid vom 21. Juni 2010 zu erlassen. Die Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör erschien ihr aus von der Berufungsbehörde nicht nachvollziehbaren Gründen nicht geboten.

 

Laut Postrückschein ist dieser Bescheid, nach einem vergeblichen Zustellversuch am 22. Juni 2010, in der Folge am 23. Juni 2010 beim Postpartner L hinterlegt worden. Gemäß § 63 Abs.5 AVG begann damit die gesetzliche Berufungsfrist von zwei Wochen zu laufen und endete am 7. Juli 2010. Die mit 8. Juli 2010 datierte und am 9. Juli 2010 bei der Erstbehörde eingelangte Berufung gegen diesen Bescheid ist vom Berufungswerber bzw. dessen Rechtsvertretung als verspätet eingebracht angesehen worden, zumal der erwähnte Wiedereinsetzungsantrag ebenfalls in dem Berufungsschriftsatz enthalten ist.

 

5. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 16. Februar 2011 wurde mit dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Laut Ermittlungen der Berufungsbehörde wurde der angefochtene Bescheid vom Berufungswerber am 1. Juli 2010 beim örtlich zuständigen Postpartner abgeholt. Auf der Empfangsbestätigung, die auch gleichzeitig die Verständigung über die Hinterlegung des Poststückes darstellt, findet sich eine ausführliche und leicht verständliche Rechtsbelehrung über die wesentlichen Faktoren einer Zustellung. Insbesondere ist darauf hingewiesen, dass es für die Wirkung der Zustellung nicht darauf ankommt, wann das Poststück tatsächlich bei der Postfiliale abgeholt wurde, sondern der Zustellvorgang schon früher, namlich im Zeitpunkt der Hinterlegung der Sendung, seine Rechtswirkungen entfalten kann.

 

Vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers wurde bei der Verhandlung vorgebracht, dass unbeschadet dessen die Möglichkeit gegeben ist, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt des Beginnes des Zustellvorganges, das war der 22. Juni 2010, nicht ortsanwesend an der Abgabestelle gewesen sein könnte. Damit wurde im Wesentlichen ein Einwand wiederholt, der sich schon auf Seite 3 der Eingabe des Berufungswerbers vom 8. Juli 2010 findet.

 

Sohin wurde seitens der Berufungsbehörde dem Rechtsmittelwerber eine Frist eingeräumt, innerhalb derer er eine relevante Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz nachweisen könne. Mit Schriftsatz vom 9. März 2011 ist eine nachvollziehbare Erklärung des Berufungswerbers übermittelt worden, wonach er sich zum relevanten Zeitpunkt immer wieder bei seiner damaligen Lebensgefährtin Frau xxx aufgehalten habe. So sei es auch am 22. Juni 2010 gewesen, die Rückkehr an die Abgabestelle sei erst später erfolgt.

 

Der Bestand dieser Lebenspartnerschaft wurde auch von der Mutter des Berufungswerbers in Form einer schriftlichen Erklärung bestätigt, wo es heißt, dass ihr Sohn seit etwa Mitte Juni 2010 bis Ende Juli 2010 in Wohngemeinschaft mit Frau xxx gestanden sei. Genauere zeitliche Angaben über den Aufenthalt ihres Sohnes in diesem Zeitraum konnte sie naturgemäß nicht machen.

 

Die Glaubhaftmachung der Ortsabwesenheit ist nach Ansicht der Berufungsbehörde ausreichend gelungen. Deshalb ist im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz davon auszugehen, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt des Beginnes des Zustellvorganges hievon nicht Kenntnis erlangen konnte, erst anlässlich der Rückkehr an die Abgabestelle (1. Juli 2010) kam er durch die Hinterlegungsanzeige in Kenntnis der versuchten Zustellung eines behördlichen Schriftstückes. Der Bescheid ist dann vom Berufungswerber am 1. Juli 2010 behoben worden, ausgehend vom Beginn der Rechtsmittelfrist im Sinne der Bestimmung des § 17 Abs.3 Zustellgesetz, mit diesem Tag war  die Einbringung der Berufung am 8. Juli 2010 sohin rechtzeitig.

 

Unter der Annahme der Rechtzeitigkeit der Berufung hat die Erstbehörde im Ergebnis rechtsrichtig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen, zumal eben keine Frist versäumt worden ist, wenngleich die Behörde ihren Bescheid auf eine andere Begründung stützt. Da der Bescheid allerdings, soweit es den Spruch desselben betrifft, rechtskonform ist, war nicht weiter hierauf einzugehen. Die Berufung dagegen war jedenfalls abzuweisen.

 

6. Zur Sache selbst:

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 leg.cit. einzuholen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ nicht mehr besitzt. Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 30.9.2002, 2002/11/02120).

 

Das Verhalten des Berufungswerbers bei der eingangs geschilderten Amtshandlung muss zweifelsfrei als seltsam eingestuft werden. In dieser Weise verhält sich kein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer. Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein solcher Vorgang schon das Verlangen rechtfertigt, dass sich der Betreffende amtsärztlich untersuchen lässt. Ob und welche Auswirkungen ein derartiges Verhalten und solche Äußerungen seitens eines Besitzes einer Lenkberechtigung auf sein Verhalten im Straßenverkehr haben, ist damit aber noch nicht in Form von Bedenken begründbar. Die erstbehördlicherseits gesehene Notwendigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung steht zudem im Widerspruch zur fachärztlichen Stellungnahme x, Fachärztin für Psychiatrie in Linz, vom 27. Juli 2010, die der Berufungswerber im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens vorgelegt hat. Dort wird schlüssig begründet ausgeführt, dass gegen den Weiterbesitz der Lenkberechtigung des Berufungswerbers aus psychiatrischer Sicht kein Einwand bestehe.

 

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage war sohin der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 40,80 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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