Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522810/5/Br/Th

Linz, 04.05.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. März 2011, Zl. VerkR21-773-2010, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. 

 

Der Punkt 5. wird mit der Maßgabe geändert, dass sich der Berufungswerber einem Verkehrscoaching (zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen, bei Vorliegen eines Tatbestandes nach § 99 Abs.1b StVO) zu unterziehen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG § 7 Abs.3 Z2 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung erster Instanz in Bestätigung deren Mandatsbescheides vom 2.12.2010, betreffend die dem Berufungswerber von der der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 25.6.2008 unter Zahl: 06/379111 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung, folgendes abgesprochen:

"1.     Gemäß §§ 24 Abs.1 Ziff. 1, 25 Abs.1 und Abs.3 , 7 Abs.3 Ziff. 2 FSG 1997 wird Ihnen die Lenkberechtigung für die Klassen A und B (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 25.6.2008 unter Zahl: 06/379111) für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab 29.12.2010 bis einschließlich 29.12.2011, entzogen.

 

2.      Gemäß § 30 Abs.1 FSG 1997 wird Ihnen das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung (nur Nicht-EWR-Staat) auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

3.      Gemäß § 24 Abs.1 zweiter Satz FSG 1997 ist auch das Lenken von Vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für die oben angeführte Dauer unzulässig.

 

4.      Gemäß § 32 Abs.1 Ziff.1 FSG 1997 wird Ihnen das Lenken von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen für die oben angeführte Dauer verboten.

 

5.      Gemäß § 24 Abs.3 FSG 1997 in Verbindung mit § 11 und § 5 Abs.3 und § 2 Abs.1 Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung haben Sie sich vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung bzw. der Wiedererlangung der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen einer Nachschulung zu unterziehen. Die Nachschulung hat bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu erfolgen, die Anmeldung haben sie selbst vorzunehmen (siehe Beiblatt).

 

6.      Die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid allenfalls einzubringenden Berufung wird gemäß § 64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 ausgeschlossen."

 

 

1.1. In der ausführlichen und im Detail auf die Aktenlage eingehenden Begründung führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Mit Schriftsatz vom 11.1.2011 erhoben Sie das Rechtsmittel der Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2.12.2010, Zahl: VerkR21-773-2010 und beantragten in Ihrer abschließenden Stellungnahme vom 3.3.2011 die Herabsetzung der Entzugsdauer auf 9 Monate und um Aufhebung der Anordnung einer Nachschulung.

 

Rechtlich gilt folgendes:

Gemäß § 3 Absatz 1 Ziffer 2 Führerscheingesetz darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die Verkehrszuverlässig sind (§ 7 Führerscheingesetz).

 

Eine Person gilt gemäß § 7 Absatz 1 Führerscheingesetz 1997 dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

 

Dies ist gemäß § 7 Absatz 3 Ziffer 1 und 2 Führerscheingesetz 1997 insbesondere dann der Fall, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß §99 Absatz 1 bis 1b Straßenverkehrsordnung 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist oder beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher aufgrund des § 99 Absatz 6 lit. c Straßenverkehrsordnung 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist.

 

Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Absatz 1 Ziffer 2 bis 4 Führerscheingesetz 1997) nicht mehr gegeben sind, ist gemäß § 24 Absatz 1 Ziffer 1 Führerscheingesetz 1997 von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A,B oder F ist gemäß § 24 Absatz 1 zweiter Satz Führerscheingesetz 1997 auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig.

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG 1997 kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) anordnen.

Wurde die Anordnung der begleitenden Maßnahme nicht befolgt oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Gemäß § 25 Absatz 1 Führerscheingesetz 1997 ist bei einer Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 25 Absatz 3 Führerscheingesetz 1997 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 Führerscheingesetz) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 29 Absatz 2 Ziffer 1 Führerscheingesetz 1997 hat die Behörde den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, mit dem das Delikt begangen wurde, wenn er nicht selbst der betroffene Lenker war, von der vollstreckbaren Entziehung der Lenkberechtigung zu verständigen.

 

Gemäß § 30 Absatz 1 Führerscheingesetz 1997 kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

Gemäß § 32 Absatz 1 Ziffer 1 Führerscheingesetz 1997 hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 FSG 1997 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Absatz 3 und 4, 25 , 26 und 29 sowie 30a und 30b FSG 1997 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Nach der Anzeige der Polizeiinspektion Gmunden vom 30.11.2010 lenkten Sie am 27.9.2010 um 23.40 Uhr den PKW X im Gemeindegebiet von Altmünster auf der Ebener Gemeindestraße ca. 100 Meter vor dem Bahnübergang "Gasthaus zur Salzkammergutbahn" in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,0 Promille Blutalkoholgehalt zum Zeitpunkt 28.9.2010 um 01.15 Uhr laut Laborbefund des Landeskrankenhaus Gmunden vom 28.9.2010 -Zeitdifferenz zwischen Lenkzeit und Messzeitpunkt: 1 Stunde und 35 Minuten - zum Lenkzeitpunkt am 27.9.2010 um 23.40 Uhr lag daher nach Rückrechnung bei einem stündlichen Abbau von 0,12 Promille ein Blutalkoholgehalt von 1,18 Promille vor).

 

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, dass der durchschnittliche Verbrennungswert des Alkohols im Blut im Verlauf einer Stunde 0,1 bis 0,12 Promille beträgt. Diesbezüglich besteht keine Verpflichtung für die Behörde, ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 28.6.1989, 89/02/0022 und VwGH 15.5.1990, 90/02/0013).

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und das Verschulden einen Verkehrsunfalls stellt eine gravierende Gefährdung der allgemeinen Verkehrssicherheit dar und es ist daher zum Schutze der Rechtsgüter Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer jedenfalls aus generalpräventiven Gründen mit aller Strenge entgegen zu treten, um die Allgemeinheit entsprechend zu sensibilisieren. Dazu kommen auch spezialpräventive Gedanken, nämlich dass der Beschuldigte durch die Entziehung der Lenkberechtigung davon abgehalten werden soll, zukünftig gleichartige Straftaten zu begehen.

 

Sie haben, obwohl Sie vor Antritt der Fahrt eine größere Menge an alkoholischen Getränken konsumiert haben, in Kauf genommen, dass die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet ist und dadurch ein besonders rücksichtsloses Verhalten gesetzt. Sie haben in erheblich alkoholbeeinträchtigten Zustand einen PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt, wobei es in der Folge zu einem folgeschweren Verkehrsunfall gekommen ist.

 

Die Behörde hat im Rahmen Ihrer Prognoseentscheidung das gesamte für die Verkehrszuverlässigkeit relevante strafbare Verhalten zu berücksichtigen. Diese Feststellungen sind erforderlich, um im Rahmen der Wertung ein einwandfreies Bild von der charakterlichen Einstellung des Betreffenden in Bezug auf die Teilnahme am Straßenverkehr zu gewinnen. Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die - unter Berücksichtigung der Wertungskriterien gemäß § 7 Abs. 4 FSG 1997 zu erstellende - Prognose maßgebend, wann Sie die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werden, das heißt, wann Sie die Sinnesart gemäß § 7 Abs. 1 FSG 1997, derentwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit angenommen wurde, überwunden haben werden. Dazu wird ergänzt, dass es im Zusammenhang mit der Bemessung der Entziehungsdauer auf das Ausmaß der Unfallfolgen nicht ankommt.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung war auszusprechen, weil Sie ein Alkoholdelikt gesetzt haben. Im gegenständlichen Anlassfall haben Sie, wie bereits angeführt, ein Verhalten gesetzt, welches geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Sie haben also in Kauf genommen, dass die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wird und dadurch ein besonders rücksichtsloses Verhalten gesetzt.

 

Aufgrund des - vorstehend angeführten Sachverhaltes - und dessen Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass Sie für die im Spruch des gegenständlichen Bescheides angeführte Zeit nicht verkehrszuverlässig sind (Prognoseentscheidung). Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung für die im Spruch angeführte Zeit zu entziehen. Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine Entziehungsdauer von 15 Monaten, ab Tatbegehung, gerechtfertigt.

Die Anordnung zur Absolvierung einer Nachschulung war erforderlich, um bei Ihnen eine Änderung in der Sinneshaltung in Verbindung mit Lenken und Alkohol zu erwirken."

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wie folgt entgegen:

"Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 08.03.2011, VerkR21-773-2010, zugestellt am 09.03.2011, erhebt Herr X innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

 

Berufung.

 

Angefochten wird Punkt 1. und 5. des genannten Bescheides.

 

Geltend gemacht wird der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

 

Außer streit steht, dass X zum Unfallszeitpunkt einen Blutalkoholgehalt zwischen 1,15 Promille und 1,18 Promille, aber jedenfalls unter 1,2 Promille, hatte.

 

Mit der gegenständlichen Berufung bekämpft wird die Entzugsdauer von zwölf Monaten, gerechnet ab der Abgabe Zustellung des Entziehungsbescheides. Dieses konkrete Ausmaß wird von der erstinstanzlichen Behörde (lediglich) damit begründet, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Entziehungsdauer von fünfzehn Monaten ab Tatbegehung gerechtfertigt ist.

 

Die angeführte Rechtsprechung des VwGH kann aber entgegen der erstinstanzlichen Behörde nur eine ungefähre Orientierung bieten. Letztlich kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf das Ausmaß der Alkoholisierung und den bisherigen Lebenswandel des Betroffenen. Es wäre sicher nicht rechtskonform, unabhängig von diesen Parametern immer mit einer Entzugsdauer von fünfzehn Monaten ab Tatbegehung vorzugehen.

 

Weil die Bezirkshauptmannschaft Gmunden bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom 20.01.2011 unter Verweis auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH und das Erkenntniss des UVS des Landes Oberösterreich vom 12.12.2007, VwSen-521799/2/Br/Ps, eine Entzugsdauer von fünfzehn Monaten ab Tatbegehung ankündigte, hat der Berufungswerber schon in seiner Stellungnahme vom 03.03.2011 detailliert ausgeführt, dass der dem genannten Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich zugrundeliegende Sachverhalt erheblich vom gegenständlichen abweicht. Auf die entsprechende Argumentation ist die erstinstanzliche Behörde im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort eingegangen, sodass diese hier zu wiederholen ist.

 

Der dem genannten Erkenntnis VwSen-521799/2/Br/Ps zugrundeliegende Sachverhalt ist nur im Grundsätzlichen (tödlicher Verkehrsunfall aufgrund Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers), nicht aber hinsichtlich entscheidungswesentlicher Details mit dem gegenständlichen Fall des X vergleichbar: In dem dem genannten Erkenntnis des UVS zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Lenker einen Blutalkoholgehalt von 1,75 Promille und damit einen erheblich höheren Wert als die maximal 1,18 Promille des X und vor allem war bei dem Lenker der zitierten UVS-Entscheidung die Lenkberechtigung bereits einmal für die Dauer von vier Wochen wegen eines Alkoholdelikts entzogen, während dies auf X nicht zutrifft.

 

Bei der Bemessung der Entziehungsdauer kommt es bekanntlich nicht auf das Ausmaß der Unfallsfolgen an, sondern auf die Prognose, wann die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt werden wird. Diese Prognose muss für X wesentlich günstiger bewertet werden als beim Lenker der UVS-Entscheidung, zumal es sich bei X um keinen „Wiederholungstäter" handelt. Unter Berücksichtigung des niedrigeren Blutalkoholwertes und des Umstandes, dass es sich bei X um den erstmaligen Führerscheinentzug wegen eines Alkoholdelikts handelt, erscheint daher eine Entzugsdauer von zwölf Monaten ab Tatbegehung und damit, da vom Zeitpunkt der Tatbegehung bis zur Erlassung des Entzugsbescheides bereits drei Monate verstrichen waren, eine Entzugsdauer von neun Monaten ab Erlassung des Entzugsbescheides jedenfalls ausreichend.

 

Der gegenständliche Fall des X muss "milder", also mit einer geringeren Entzugsdauer als der Vergleichsfall VwSen-521799/2/Br/Ps geahndet werden, wie umgekehrt ein Alkolenker mit einem Blutalkoholgehalt von 2,3 Promille und einem schon erfolgten zweimaligen Führerscheinentzug mit

Sicherheit eine längere Entzugsdauer als fünfzehn Monate ab Tatbegehung zu erwarten hätte.

 

Die Voraussetzungen für eine zwingende Nachschulung nach § 24 Abs.3 FSG liegen nicht vor, insbesondere hat X wegen des jedenfalls unter 1,2 Promille liegenden Blutalkoholgehaltes keine Übertretung gem. § 99 Abs.1 oder 1a StVO zu vertreten. Unter Berücksichtigung der Prognose bzw. der oben dargelegten Umstände bedarf es daher keiner Anordnung einer Nachschulung. Als „Begründung" für die Anordnung einer Nachschulung findet sich im angefochtenen Bescheid lediglich der Satz: „Die Anordnung zur Absolvierung einer Nachschulung war erforderlich, um bei Ihnen eine Änderung in der Sinneshaltung in Verbindung mit Lenken und Alkohol zu erwirken." Dabei handelt es sich allerdings um einen Leerformel ohne Begründungsgehalt. Wenn die Voraussetzungen des § 24 Abs.3 FSG vorliegen, würde der Verweis auf dieses Gesetzesbestimmung genügen. Wenn diese Voraussetzungen aber - wie gegenständlich - nicht vorliegen, bedarf es einer auf die Umstände des konkreten Einzelfalles abzielenden Begründung, warum dennoch eine Nachschulung angeordnet wird. Eine solche inhaltliche, an den konkreten Umständen des gegenständlichen Falles orientierte Begründung wird im erstinstanzlichen Bescheid aber nicht gegeben und kann auch nicht gegeben werden, weil solche besonderen Umstände nicht vorliegen, die die Anordnung einer Nachschulung gerade bei X rechtfertigen würden.

 

Es wird gestellt der

 

Antrag,

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass im Punkt 1. des Spruches des angefochtenen Bescheides die Dauer des Entzugs der Lenkberechtigung herabgesetzt und Punkt 5. des Spruches des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben wird.

 

Altmünster, am 22. März 2011 - Dr.B./Le                                                     X"

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mangels strittiger Tatsachen unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich neben dem Unfallsakt mit Niederschriften und Lichtbildern (in Kopie), ebenfalls Gutachten des gerichtsmedizinischen Institutes Salzburg-Linz (Dr. Tutsch-Bauer, Dr. Keller [über den Umfang der Alkoholbeeinträchtigung zum Zeitpunkt der Unfallfahrt].

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat ergänzend Beweis erhoben durch Beischaffung  das Hauptverhandlungsprotokolls vom LG Wels, 13 Hv 18/11t – 44 mit der gekürzten Urteilsausfertigung. Ebenfalls wurde die im Urteil angeführten und als straferschwerend gewerteten Vorverurteilung  durch Rückfrage beim Gericht erhoben (AV v. 26.4.2011, 09:50 Uhr). Das Ergebnis dieser ergänzenden Beweisaufnahmen wurde den Parteien mit der Einladung dazu binnen Wochenfrist Stellung zu nehmen zur Kenntnis gebracht. Darin wurde auch auf die allfällige Antragstellung auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen  Berufungsverhandlung hingewiesen.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte mit seinem Freund am Beifahrersitz in einem erheblich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen PKW, wobei er offenkundig von der Straße abkam und eine Böschung hinab gegen mehrere Bäume stieß. Dabei wurde sowohl er als auch sein Beifahrer aus dem Fahrzeug geschleudert und Letzterer auf der Stelle getötet.

Das Landesgericht Wels wertete die Mitschuld des offenbar nicht angegurteten Mitfahrers und die geständige Verantwortung des Berufungswerbers als strafmildernd, die vier einschlägigen Vorverurteilungen (3 x wg. § 83 u. 1 x wg. § 125 StGB) als straferschwerend. Das Gericht verurteilte den Berufungswerber wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach §§ 80, 81 Abs.1 Z2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, wobei acht Monate bedingt nachgesehen wurden.

Das Gericht ging von einer Außerachtlassung der im Straßenverkehr gebotenen Sorgfalt aus, wobei sich der Berufungswerber im Wissen des bevorstehenden Fahrtantrittes in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt habe, wobei er in diesem Zustand durch Abkommen von der Fahrbahn und Überschlag des Kraftfahrzeuges den für seinen Beifahrer tödlich endenden Verkehrsunfall unter besonders gefährlichen Verhältnissen verschuldet habe.

Der Berufungswerber wurde in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt dreimal wegen vorsätzlicher Körperverletzung und einmal wegen Sachbeschädigung verurteilt.

Die lässt durchaus den sachlich gerechtfertigten Schluss auf eine die Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von fünfzehn Monaten seit dem Unfallereignis ausschließende Sinneshaltung zu.

 

 

4.1. Der Berufungswerber äußerte sich zu den ergänzend erhobenen Beweisen nicht mehr. An die seitens des rechtskräftig festgestellten Fakten ist die Berufungsbehörde gebunden. Deren Wertung und die rechtlichen Konsequenzen bilden den Gegenstand für die Prognosebeurteilung über den Zeitrahmen bis beim Berufungswerber wieder mit dessen Verkehrszuverlässigkeit gerechnet werden kann.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4; darunter insbesondere die Verkehrszuverlässigkeit) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG stellt es u. a. eine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende bestimmte Tatsache dar, wenn der Betreffende die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährdet. Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand – wie hier der Fall – ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Es stellt ferner eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z2 FSG dar, wenn jemand beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften auch (zusätzlich) ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat. 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Der Berufungswerber ist in den letzten Jahren in knapper Zeitabfolge mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten gerichtsfällig geworden. Diese Verhaltensweisen lassen über den Anlassfall hinaus auf mangelhafte Verbundenheit mit den gesetzlich geschützten Werten, insbesondere betreffend die Würde eines Menschen und dessen körperliche Integrität schließen. Die vom Berufungswerber in jüngerer Zeit gelebten Verhaltensmuster – und seine offenkundig sorg- u. rücksichtslose Verwendung eines Kraftfahrzeuges - lassen zusätzlich auf eine ausgeprägt  aggressive Verhaltensneigung und Sinneshaltung  schließen.

Das diesem Verkehrsunfall als Ursache zu Grunde liegende Fahrverhalten ist als Ausfluss dieser Neigung zu sehen, sodass die hier prognostizierte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit insgesamt 15 Monate ab dem Unfallereignis durchaus sachlich gerechtfertigt scheint.

Die Kombination Alkohol und offenbar fehlende Aufmerksamkeit und/oder unangepasste Fahrgeschwindigkeit haben letztlich zu diesem Verkehrsunfall mit leider sehr schwerwiegenden Folgen für den Beifahrer geführt.

 

Obgleich der Behörde erster Instanz nicht gefolgt werden kann, wenn diese die Entzugsdauer mit spezialpräventiven Überlegungen zu begründen scheint, nämlich dass der Beschuldigte durch die Entziehung der Lenkberechtigung davon abgehalten werden sollte, zukünftig gleichartige Straftaten zu begehen.

Damit würde dem Entzugsverfahren Strafcharakter zugesonnen, was einerseits bereits mit der gerichtlichen Verurteilung sanktioniert und mit der hier zu beurteilenden Prognose über die Dauer Verkehrsunzuverlässigkeit nicht in Einklang zu bringen ist  (vgl. VfGH 14. März 2003, G 203/02 u.a.).

Auch die Unfallfolgen für sich betrachtet dürfen die Prognosebeurteilung nicht beeinflussen. Dies würde, wie oben schon gesagt, eine zusätzliche Sanktionierung des bereits mit dem Strafurteil vollständig erschöpften Unwertverhaltens zur Folge haben.

Bei Entzug handelt es sich Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor einer vorübergehend als verkehrsunzuverlässig geltenden Person.

 

Dennoch ist hier die ausgesprochene Entzugsdauer mit Blick auf die Vorgeschichte des Berufungswerbers  berechtigt. Nichts zu gewinnen ist für ihn mit dem Hinweis auf das h. Erk. VwSen-521799/2/Br v. 12.12.2007. Einerseits hatte der dort Betroffene keine nachteilige Vorgeschichte, das Fahrverhalten als solches war von keiner besonders gefährlichen Verhältnisse begleitet und andererseits  lag just dieser Entscheidung die auch hier zutreffende Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose in der Dauer von insgesamt fünfzehn Monaten zu Grunde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Bemessung der Entziehungszeit anlangend vielfach festgestellt, dass Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften zählen, wobei besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht falle. Dies hat analog wohl auch für den Fall wiederholt begangener Aggressionsdelikte zu gelten.

Bei einem völlig unbescholtenen Beschwerdeführer ist der Judikatur folgend, dass etwa bei Vorliegen von zwei bestimmten Tatsachen und eines weiteren gewichtigen Umstandes eines sonstigen schwerwiegenden Verschuldens des Beschwerdeführers am Verkehrsunfall bedarf um  eine Entziehungsdauer von 20 Monaten als nicht überhöht angesehen (VwGH 20. Februar 2001, Zl. 98/11/0317).

Vor diesem Hintergrund hegte der Verwaltungsgerichtshof gegen die Annahme, der Beschwerdeführer sei für eine Zeit von 24 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, somit für die Zeit von ca. 26 ½ Monaten nach Begehung der strafbaren Handlung, verkehrsunzuverlässig, keine Bedenken  (VwGH 25.2.2003, 2001/11/0192).

Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 9. Oktober 1985, Zl. 85/11/0152, vom 3. Dezember 1986, Zl. 86/11/0067, und vom 19. Februar 1988, Zl. 87/11/0247, – was das Fehlen von Vorstrafen betrifft – in gleichgelagerten Fällen eine Zeit von zwei Jahren (iSd § 73 Abs.2 KFG 1967) als zu lang befunden. Im Erkenntnis vom 25. September 1985, Zl. 83/11/0128, wurde in vergleichbarem Zusammenhang eine Zeit von 20 Monaten, im Erkenntnis vom 22. Mai 1990, Zl. 90/11/0022, eine Zeit von 15 Monaten als zu lange qualifiziert, wenn bei der betreffenden Person nur ein einziges vorheriges Alkoholdelikt vorlag.

Darin hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass die Schwere der Unfallsfolgen im gegebenen Zusammenhang außer Betracht zu bleiben haben (VwGH 9.2.1999, 97/11/0300, ebenso VwGH 15.3.1994, 93/11/0265, VwGH 20.2.2001, 98/11/0317).

Daraus ist ersichtlich, dass die Judikatur offenbar bei Prognosebeurteilungen nach Alkounfällen sehr auf den Einzelfall abstellt.

Vor diesem Hintergrund wäre wohl durchaus vertretbar eine noch längere Entzugsdauer auszusprechen. Davon wird jedoch vor dem Hintergrund der zu erwartenden positiven Wirkung des Vollzuges der strafrechtlichen Sanktion in Verbindung mit der angeordneten Maßnahme eines Verkehrscoachings abgesehen (vgl. dazu ZVR 2004/97, S. 331 mit Hinweis u.a. auf VwGH 23.10.2001, 2000/11/0038).

Die Anordnung eines sogenannten Verkehrscoachings ist mit Blick auf die Bestimmung des § 24 Abs.3 FSG die gebotene Maßnahme und weniger die auf  die von der Behörde erster Instanz im Rahmen der "Kannbestimmung"  gestützte Nachschulung.

 

 

 

5.1. Hier ist es bei sachlicher Betrachtung durchaus zu erwarten, dass einerseits der Berufungswerber alleine aus dem Strafurteil die Lehren aus einem unter Alkoholeinfluss – durch die fahrlässige Tötung eines Menschen – irreversiblen Ereignis zieht. Darüber hinaus ist auch von der zu absolvierende Maßnahme eines Verkehrscoachings eine Änderung in der Sinneshaltung in Verbindung mit Lenken und Alkohol zu erwarten. Daher kann jedenfalls mit der nunmehr festgelegten Entzugszeit – und damit im Ergebnis 15 Monate nach dem Ereignis – eine Prognose der wieder erlangten Verkehrszuverlässigkeit und "Risikoeignung" für die Teilnahme am Straßenver­kehr ab diesem Zeitpunkt – nach erfolgreicher Absolvierung der begleitenden Maßnahmen – angenommen werden.

Auf die übrigen erstinstanzlichen Aussprüche ist auf die oben wiedergegebenen Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden kann.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von € 220,-- zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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