Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150818/16/Lg/Hue/Ba

Linz, 03.06.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 13. April 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X X, 8942 Wörschach, In der Au 216, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 28. Dezember 2010, Zl. VerkR96-26792-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 11. September 2008 um 15.11 Uhr als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen X die A9 Pyhrnautobahn bei Stkm. 10,060 in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass für das tatgegenständliche Kennzeichen X kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt worden sei.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass es nicht richtig sei, dass kein Vertrag mit der ASFINAG bestanden habe. Leider sei vom Zulassungsbesitzer für die Post-Pay-GO-Box mit der Nr. C04001000107B070A6 keine Kennzeichenänderung an die ASFINAG bekanntgegeben und somit die Maut für das Kfz mit dem Kennzeichen X abgerechnet worden. Es seien alle Mautentgelte immer bezahlt worden. Der Zulassungsbesitzer habe nicht gewusst, dass man eine Kennzeichenänderung melden müsse. Der Bw sei für die Angelegenheit nicht verantwortlich, weshalb er ein Absehen von der Strafe beantragt hat.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 4. Dezember 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt gewesen. Der Zulassungsbesitzer sei am 5. Oktober 2008 gemäß § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung sei jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 20. Februar 2009 brachte der Bw vor, dass der ASFINAG sofort der Defekt der GO-Box mitgeteilt worden sei. Leider hätte der Bw dies nicht erkannt, jedoch sei dies von der Firma sofort gemeldet worden. Der Bw habe "es" sicher nicht mit Absicht gemacht.

Von der Bitte einer Absehung von der Strafe sei von der ASFINAG wie folgt informiert worden: "Wir sollen erst ansuchen, wenn wir tatsächlich einen Strafbescheid erhalten!!" Dies sei dann auch gemacht worden. Der Bw sei ein ehrlicher österreichischer Staatsbürger und hätte sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen. Außerdem sei die ASFINAG vorher informiert worden, bevor "es" dort aufgeschienen sei.

 

Als Beilagen sind in Kopie folgende Schriftstücke angeschlossen:

a) folgender Brief des Zulassungsbesitzers an die ASFINAG vom 16. September 2008: "Bitte melde eine Defekte-Go-BOX-Pol. Kennz. X. Leider wurden wir von unserem Fahrer erst heute informiert, das die GO-Box in der Zeit von 9.9. – 15.9.2008 nicht funktionierte. In dieser Zeit hatten wir einen Ersatzfahrer, und dieser hatte uns darüber nicht informiert. Die GO-Box wurde heute in der Früh ausgetauscht. Wir bitten höflichst von einer Strafe abzusehen."

 

b) Das Antwortschreiben der ASFINAG vom 29. September 2008 lautet wie folgt: "Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 16. September 2008 hinsichtlich der Vorfälle im Zeitraum 09. September bis 15. September 2008 teilen wir Ihnen mit, dass wir ein Ansuchen um eine Kulanz erst bearbeiten können, wenn tatsächlich eine Ersatzmaut ausgestellt und an die Anschrift des Zulassungsbesitzers zugestellt wurde. Aus diesem Grund ersuchen wir Sie, erst nach Erhalt einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut eine schriftliche Darstellung des Sachverhaltes an uns zu übermitteln."  

 

c) folgender Brief des Zulassungsbesitzer an die ASFINAG vom 5. März 2009: "Wir haben Ihnen bereits telefonisch als auch per FAX mitgeteilt, daß unsere GO-Box – Kennzeichen X in der Zeit von 9.9.2008 bis 15.9.2008 defekt war. Nun haben wir Ihre Ersatzmaut per Einschreiben erhalten, und bitten höflichst um Rücksicht und Kulanz. Bisher haben wir unsere Maut immer ordnungsgemäß abgeführt. Leider können auch hier Fehler passieren, und unser Fahrer wurde nicht gleich auf die defekte GO-Box aufmerksam. Als er dies dann bemerkte, tauschte er sie sofort aus, wobei dies keine alte GO-Box war. Wir bitten Sie nochmals höflichst um Rücksichtnahme."

 

Laut Niederschrift vom 26. Februar 2010 sagte Herr  X als informierter Vertreter der ASFINAG Folgendes aus:

"Über Befragen und nach Einsicht in den Verwaltungsstrafakt, insbesondere zu den Einspruchsangaben der Herrn X gebe ich Folgendes zu Protokoll:

Auf dieses Kennzeichen X wurde nie ein Vertrag mit der ASFINAG abgeschlossen, das heißt für dieses Kennzeichen gibt es bis dato überhaupt keine GO-BOX. Die auf dem Kontrollfoto ersichtliche GO-BOX muss auf ein anderes Kennzeichen ausgestellt sein. Der Lenker ist somit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen."

 

Dazu brachte der Bw am 19. März 2010 vor, dass die GO-Box für das Kennzeichen X nicht über die ASFINAG sondern über die Euroshell  abgerechnet worden sei; jedoch nur bis Dezember 2008. Das Kennzeichen sei vorerst hinterlegt und dann im März 2009 verkauft worden. Es sei daran erinnert, dass der Zulassungsbesitzer die ASFINAG über die defekte GO-Box sofort informiert habe, wobei bei diesem "dieser Fehler" nicht einmal aufgeschienen sei. Es wurde "inständig" darum gebeten, von einer Strafe abzusehen, da sofort reagiert worden sei. Fehler könnten immer wieder passieren, wobei es davon abhänge, wie man reagiere. Der "Fehler" sei sofort weitergeleitet worden. Dies sei auch durch Fax belegbar.

 

Folgender Aktenvermerk der Erstbehörde vom 24. März 2010 findet sich im Akt:

"Habe mit Herrn X die Eingabe von Herrn X besprochen. Es ist egal, wo man abrechnet (Euroshell ist ja nur eine Zahlungsart bzw. – stelle). Herr X ersucht, ihm die Stellungnahme nach seinem Urlaub zu schicken (nach Ostern), da er noch im Zentralcomputer wegen des Kennzeichens nachschauen möchte. Als er zur Zeugeneinvernahme bei mir war, hat er (nur) in seinem Laptop nachgeschaut."

 

Die Rechtfertigung des Bw vom 19. März 2010 wurde Herrn X von der ASFINAG am 20. April 2010 mit dem Ersuchen um Stellungnahme übermittelt.

 

Dieser teilte am 21. April 2010 mit, dass es mehrere Verträge mit dem Zulassungsbesitzer gebe, aber keinen das Kennzeichen X betreffend. Wenn in der Stellungnahme von der Abrechnung mit Euroshell die Rede sei, sei damit das Zahlungsverfahren, über welches die Maut verrechnet werde, gemeint.

Als Beilage angeschlossen ist eine Auflistung der Kontrollfälle vom 9. bis 11. September 2008 sowie folgender Brief der ASFINAG an den Zulassungsbesitzer vom 17. Oktober 2008:

"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben teilen wir Ihnen mit, dass die Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmauten gerechtfertigt ist [...]. Sollte im Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X zum Zeitpunkt der Kontrollfälle eine GO-Box mitgeführt worden sein, so ersuchen wir Sie um Bekanntgabe der GO-Box-Nummer. Einer Stornierung der gegenständlichen Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmauten steht sohin entgegen, dass in den vorliegenden Fällen den im Bundesstraßen-Mautgesetz und in der Mautordnung Teil B statuierten und für jeden Kraftfahrzeuglenker gleichermaßen zur Anwendung gelangenden Mitwirkungspflicht nicht entsprochen wurde [...].

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf das Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates um Stellungnahme teilte die ASFINAG mittels E-Mail vom 14. und 15. Februar 2011 mit, dass für jedes Kfz-Kennzeichen nur 1 GO-Box-Vertrag abgeschlossen und diese GO-Box ausschließlich für dieses Kfz verwendet werden dürfe. Sobald die GO-Box für ein anderes Kennzeichen verwendet werde, würden die individuellen Fahrzeug-Daten in der GO-Box nicht mehr übereinstimmen. Aufgrund dieser Datendiskrepanz könne es zu einer Nichtabbuchung der Maut kommen. Die GO-Box mit der Nummer C04001000107B070A6 sei erst am 15. September 2008 erworben worden, weshalb sie sich zur Tatzeit nicht im Kfz befunden habe, eine Abbuchung mit dieser Box habe erst wieder am 16. September 2008 stattgefunden. Als Beilage ist wiederum die Kontrollfallliste angeschlossen. Zudem wurden vom Oö. Verwaltungssenat die Beweisfotos beigeschafft.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er als Freundschaftsdienst für den Zulassungsbesitzer drei Fuhren nach X unternommen und dabei angenommen habe, dass mit der GO-Box "alles in Ordnung" sei. Der Bw sei über einen Schranken auf die Autobahn aufgefahren. Da sich dieser anstandslos geöffnet hätte, hätte sich der Bw keine weiteren Gedanken über die Mautentrichtung gemacht. Plötzlich seien die Anzeigen gekommen. Bezüglich der GO-Box wisse der Bw nichts. Er habe aber im Nachhinein recherchiert, dass der Zulassungsbesitzer noch vor den besagten Fahrten ein Kfz verkauft hätte. Die Frau des Zulassungsbesitzers habe dem Bw erzählt, die alte GO-Box des verkauften LKW sei in das neue Fahrzeug gegeben worden.

 

Der Bw legte einen Notizzettel über diese Informationen der Gattin des Zulassungsbesitzers vor. Danach habe die neue GO-Box die Nummer C04001000107B070A6 aufgewiesen. Der Verhandlungsleiter stellte dabei fest, dass es sich dabei um jene GO-Box handelt, von welcher aktenkundig die ASFINAG mitgeteilt habe, dass diese erst nach den gegenständlichen Tattagen angemeldet wurde.

 

Auf diesem Notizzettel fand sich die weitere GO-Box-Nr. C04001001D07B10EF2 sowie das Kfz-Kennzeichen X. Der Behauptung des Bw nach müsse es sich dabei um jene GO-Box handeln, welche bei den gegenständlichen Fahrten verwendet worden sei.

Nach telefonischer Nachfrage des Oö. Verwaltungssenates während der Berufungsverhandlung teilte die ASFINAG mit, dass die GO-Box mit der Nummer C04001001D07B10EF2 auf das Kennzeichen X angemeldet gewesen sei. Diese sei  jedoch am 15. September 2008 (nach den gegenständlichen Tattagen) abgemeldet worden. Die letzte Abbuchung mit dieser Box sei am 8. September 2008 (einen Tag vor den Tattagen) erfolgt. Aus den soeben übermittelten Einzelleistungsnachweisen der ASFINAG ist ersichtlich, dass zwischen dem 8. und 16. September 2008 keine Abbuchungen erfolgt sind. Ferner geht daraus hervor, dass die GO-Box am 16. September 2008 ausgetauscht wurde.

 

Der Bw erklärte auf Befragen, dass der Zulassungsbesitzer damals mehrere LKWs gehabt habe. Der Bw könne nicht ausschließen, dass die "alte" GO-Box bis zum 8. September 2008 in einem anderen LKW verwendet worden sei und dann nicht mehr. Er könne ebenfalls nicht ausschließen, dass die "alte" GO-Box im gegenständlichen LKW verwendet worden und dann unmittelbar vor der ersten Fahrt des Bw herausgenommen worden sei.

 

Auf Befragen legte der Amtssachverständige dar, dass mit einer GO-Box, welche auf einen anderen LKW zugelassen sei, Abbuchungen erfolgen können. In diesem Fall würden auch die Piepssignale ertönen. Eine Zuordnung dieser GO-Box zum tatsächlich gefahrenen LKW sei aber nur bei Kontrollportalen, bei denen Fotoaufnahmen abgefertigt würden, möglich. Auf den vorliegenden Beweisfotos sei auf dem LKW das Kennzeichen X sowie ein Gegenstand hinter der Windschutzscheibe ersichtlich, welcher eine GO-Box sein könne. Seitens der ASFINAG sei kundgegeben worden, dass für diesen (gegenständlichen) LKW keine GO-Box angemeldet worden sei und Abbuchungen nicht bekannt seien.

 

Auf die Frage wie es möglich ist, dass mit der "alten" GO-Box bis zum 8. September 2008 Abbuchungen stattgefunden haben, mit dem gegenständlichen LKW jedoch keine mehr, antwortete der Amtssachverständige, dass sich (zu den Tatzeiten) entweder überhaupt keine GO-Box im LKW befunden oder es sich dabei nicht als die als "alte" bezeichnete Box gehandelt habe. Eine dritte Möglichkeit sei eine kaputte GO-Box, wofür es aber keine ausreichenden Anhaltspunkte gebe.

Zu den Angaben des Bw, beim Auffahren auf die Autobahn habe sich eine Schranke anstandslos geöffnet, sagte der Sachverständige, dass es sich dabei offensichtlich um die "Pyhrnmaut" gehandelt habe, welche mit der GO-Box nichts zu tun habe.  

 

Der Bw sagte aus, dass sich seinem Eindruck nach eine GO-Box im LKW befunden, er Piepssignale aber nicht gehört hätte. Das Aussehen einer tschechischen GO-Box sei ihm nicht bekannt, die österreichischen kenne er aber. Die sich im LKW befundene GO-Box habe so ausgesehen, wie die vom Amtssachverständigen soeben vorgezeigte (österreichische) Box. Welche Farbe die GO-Box gehabt habe, sei dem Bw nicht mehr erinnerlich. Glaublich sei sie so grau gewesen, wie die vorgezeigte Box. Die GO-Box sei aber sicherlich nicht blau oder gelb gewesen, wie auf einem vom Sachverständigen vorgezeigten Foto. Der LKW sei regelmäßig unter denselben Voraussetzungen im Einsatz gewesen. Dem Bw sei nichts bekannt, dass es hier jemals Probleme gegeben hätte. Deshalb habe er sich auch nichts dabei gedacht, als er das Kfz, welches seiner Ansicht nach ja über eine GO-Box verfügt habe, verwendet habe. Einige Tage nach den Fahrten sei der reguläre Fahrer wieder zurückgekommen und habe sofort festgestellt, "dass mit dieser Box etwas nicht stimmt". Dies sei dann sofort reklamiert worden. Die Gattin des Zulassungsbesitzers habe dabei von der ASFINAG die Auskunft erhalten, "man müsse den Bescheid abwarten". Den gegenständlichen LKW gebe es schon länger nicht mehr.

Eine Statusabfrage bei der GO-Box habe der Bw vor Fahrtantritt nicht durchgeführt, da er nicht wisse, was dies sei. Auch von einem Ersatzmautangebot sei ihm nichts bekannt.

 

Der Bw beantragte, die GO-Box-Nummern sämtlicher zu den Tattagen im Betrieb des Zulassungsbesitzers vorhandene GO-Boxen vorzulegen zu wollen. Dies zum Beweis dafür, dass mit einer falschen GO-Box abgebucht wurde.

Der Verhandlungsleiter vereinbarte mit dem Bw die Vorlage dieser Informationen innerhalb zweiwöchiger Frist an den Oö. Verwaltungssenat. Der Bw verzichtete auf die Fortsetzung der Berufungsverhandlung und beantragte die Beurteilung der Situation durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nach "bestem Wissen und Gewissen" aufgrund der noch von ihm vorzulegenden GO-Box-Nummern sowie die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

6. Der Bw teilte dem Oö. Verwaltungssenat am 14. April 2011 per Fax die GO-Box-Nummern C04001000106203949 für das Kfz-Kennzeichen X und C04001001D07413E62 für das Kfz-Kennzeichen X mit. Die Nummer einer weiteren GO-Box für das Kfz mit dem Kennzeichen X sei nicht bekannt, da diese über eine "Euro-Shell-Karte" abgerechnet worden sei. 

 

Die ASFINAG übermittelte dem Unabhängigen Verwaltungssenat daraufhin auf Anforderung am 22. April 2011 Einzelleistungsinformationen für diese beiden GO-Box-Nummern: Mit der GO-Box mit der Nummer C04001000106203949 seien am 9. und 10. September 2008 und mit der Nummer C04001001D07413E62 am 9. September 2008 Abbuchungen im Bundesland Steiermark erfolgt.

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

7.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs.1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 20 Abs.2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Übertretung gemäß Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs.2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

7.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen LKW war und die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Wie das Ermittlungsergebnis zeigt, hat sich der Bw – unbestritten – in keiner Weise über die faktischen und rechtlichen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken in Kenntnis gesetzt. Folglich war der Bw in völliger Unkenntnis seiner Lenkerpflichten (insbesondere hinsichtlich seiner Verantwortung für die Ausstattung des LKWs mit einer GO-Box). Somit ist auch die Behauptung des Bw, es seine funktionsfähige österreichische GO-Box vorhanden gewesen, stark in Zweifel zu ziehen und wird dieses Vorbringen deshalb als Schutzbehauptung qualifiziert. Eine Überprüfung durch den Oö. Verwaltungssenat hat zudem ergeben, dass mit sämtlichen vom Bw alternativ ins Treffen geführten GO-Box(-Nummern) die Maut zu den Tatzeiten in einem anderen Bundesland (somit mit einem anderen LKW) bezahlt wurde, überhaupt keine Abbuchungen erfolgt sind bzw. die GO-Box erst nach den Tatzeiten zum System angemeldet wurde. Gleichzeitig ist nunmehr unbestritten, dass eine Anmeldung einer GO-Box für den verfahrensgegenständlichen LKW nie erfolgt ist. Dieser Sachverhalt erklärt auch, weshalb es nie zu einer Entrichtung der Maut an den Tattagen gekommen ist. Schon aus den vorerwähnten Gründen hat der Bw das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Weiters gibt es für einen (hypothetisch angenommenen) technischen Defekt des Mautsystems (u.a. durch das Vorliegen der Kontrollfalllisten) keinerlei Hinweise, wie der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit dieses Gutachtens – dem der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist – keinen Zweifel. Ein technischer Defekt des Mautsystems – der im Übrigen vom Bw auch nie behauptet wurde – lag zu den Tatzeiten somit nicht vor.

 

Die Tat ist dem Bw daher in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt die Unkenntnis der österreichischen Rechtslage, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Den Bw kann auch nicht entschuldigen, dass der Zulassungsbesitzer (im Übrigen erst nach Erhalt des Ersatzmautangebotes) mit der ASFINAG Kontakt aufgenommen hat, da der Bw bereits vor Befahren einer Mautstrecke seinen Lenkerpflichten nachkommen hätte müssen. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, da es der Bw versäumt hat, sich vor Benützung der mautpflichtigen Strecken im ausreichenden Maße über die rechtlichen Vorschriften und die Erfordernisse der ordnungsgemäßen Mautstreckenbenützung in Österreich zu informieren.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer gegebenenfalls schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Mildernd wirken lediglich die Unbescholtenheit. Die Rechtsunkenntnis des Bw beruht auf Fahrlässigkeit und kommt einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungs­grund nicht gleich. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden nicht als entsprechend geringfügig einzustufen, auch wenn man die vom Bw vorgebrachten besonderen Umstände (Gefälligkeitsfahrten) berücksichtigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

     

 

Dr. Ewald Langeder

 

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