Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100794/16/Weg/Ri

Linz, 01.07.1993

VwSen - 100794/16/Weg/Ri Linz, am 1. Juli 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des J N vom 31. August 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 12. August 1992, VerkR96/4042/1991/Bi/Am, nach der am 21. Juni 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I.: Hinsichtlich der Verwirklichung der Tatbilder nach 1. § 19 Abs.4 iVm § 19 Abs.7 StVO 1960 und 2. § 13 Abs.1 StVO 1960 wird die Berufung abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.: In Anwendung des § 21 VStG wird jedoch von einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

III.: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglichen Kostenbeitrages zum Strafverfahren.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51i und §§ 64 ff Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG). Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 19 Abs.4 iVm § 19 Abs.7 StVO 1960 und 2.) § 13 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 600 S (im NEF 24 Stunden) und 2.) 300 S (im NEF 12 Stunden) verhängt, weil dieser am 24. Mai 1991 gegen 9.15 Uhr seinen Kombi, Kennzeichen auf der W Bezirksstraße von S kommend in Richtung P gelenkt hat, wobei er an der Kreuzung mit der P Landesstraße im Ortsgebiet von P.) den Vorrang trotz entsprechender Verkehrszeichen nicht beachtete, da er als durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" Wartepflichtiger einen aus Richtung Kirchdorf a.d.Krems ankommenden Fahrzeuglenker zum unvermittelten Abbremsen genötigt hat und 2.) vorschriftswidrig nach links in kurzem Bogen eingebogen ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 90 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber bestreitet die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen. Er habe an der angegebenen Stelle kurz angehalten und sei dann vorschriftsmäßig nach links eingebogen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich kein Fahrzeug der Kreuzung genähert, sodaß eine Behinderung nicht möglich gewesen sei. Unmittelbar vor der Kreuzung sei ein Haus eingerüstet gewesen, wodurch die Straße eingeengt worden sei. Die restlichen Einwendungen betreffen unerhebliche Sachverhaltselemente.

3. Die österreichische Rechtslage sieht im Berufungsfall die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, weswegen dem Berufungswerber, einem deutschen Staatsbürger, die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Verhandlungstermin mit einem eventuellen Urlaub in Österreich zu koordinieren, um ihm die Anreise aus Deutschland zu ersparen. Der Berufungswerber teilte jedoch mit, daß er heuer keinen Urlaub in Österreich verbringe. Gleichzeitig legte er eine, von seiner Gattin unterfertigte schriftliche "Zeugenaussage" zur weiteren Verwendung vor. Nach dieser Erklärung seiner Gattin sei der Vorwurf der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht zutreffend.

In Befolgung des § 51e VStG wurde für den 21. Juni 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher auch der Beschuldigte trotz seines voraussichtlichen Nichterscheinens ordnungsgemäß geladen wurde. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.

Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, ist bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist (§ 51i VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt auf Grund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 1993, insbesondere auf Grund der in sich schlüssigen und in jeder Phase glaubwürdig wirkenden Aussage des Zeugen Insp. M H, nachstehenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen an:

Der Berufungswerber näherte sich am 24. Mai 1991 gegen 9.15 Uhr mit seinem PKW auf der Wartberger Bezirksstraße aus Richtung Wartberg kommend der Kreuzung mit der P L und bog bei dieser Kreuzung unter Benützung des linken Fahrstreifens der W Bezirksstraße in die P Landesstraße nach links ein. Dabei bog der Berufungswerber nicht - wie dies gemäß § 13 Abs.1 StVO 1960 vorgeschrieben ist - in weitem Bogen nach links ein, sondern in kurzem Bogen. Außerdem nötigte er einen aus Kirchdorf a.d.Krems kommenden PKW-Lenker (ein weißer Golf) zum unvermittelten Abbremsen, obwohl der Berufungswerber auf Grund des 20 m vor der Kreuzung angebrachten Vorrangzeichens "Vorrang geben" dem Querverkehr den Vorrang einzuräumen gehabt hätte.

Der Lokalaugenschein erbrachte, daß an der gegenständlichen Kreuzung keinerlei Bodenmarkierungen angebracht sind bzw. - und dies war auch schon zum Tatzeitpunkt so - lediglich kaum sichtbare Fragmente am äußerst rechten Fahrbahnrand erkennbar waren. Die W Bezirksstraße hat ca. 30 m vor der Kreuzung lediglich eine Fahrbahnbreite von 5 m, während durch eine trichterförmige Erweiterung im Kreuzungsbereich selbst dieselbe eine Breite von fast 15 m aufweist. Auch die P Landesstraße in Richtung K weist lediglich zwei knapp bemessene Fahrstreifen auf. Die Sicht in die P Landesstraße ist im übrigen durch das Haus P sehr eingeschränkt. Nach Meinung der Berufungsbehörde wäre die Anbringung von Bodenmarkierungen zielführend, die ein Fahrmanöver, wie es letztlich der Berufungswerber gewählt hat, möglicherweise verhindern würde. Außerdem wäre es nach Meinung der Berufungsbehörde angebracht, durch ein Zusatzzeichen auf dem Vorschriftszeichen "Vorrang geben" darzulegen, daß die Pettenbacher Landesstraße im Kreuzungsbereich einen kurvigen Verlauf nimmt.

Da also für einen ortsunkundigen Lenker nur bei äußerster Konzentration ein korrektes Linkseinbiegemanöver zu erwarten ist und diese Konzentration offenbar beim Berufungswerber nicht gegeben war, ist von einem verminderten Verschulden auszugehen. Die Vorrangverletzung selbst ist lediglich die Folge des unkorrekten Linkseinbiegemanövers, sodaß im Zusammenhang mit der vom Beschuldigten gewählten Geschwindigkeit (maximal 20 km/h) auch hier von einem geringen Verschulden gesprochen werden muß. Die Folgen der Tat waren, weil es eben zu keinem Verkehrsunfall kam - geringfügig.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten stellt objektiv die Verwirklichung der Verwaltungsübertretungen nach § 13 Abs.1 StVO 1960 und des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 dar. Aus diesem Grund war dieser Spruchteil des angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen. Auf die hinsichtlich des objektiven Tatbildes gemachten Ausführungen im Straferkenntnis wird verwiesen.

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat von der Rechtswohltat des § 21 VStG infolge des als geringfügig eingestuften Verschuldens und der Unbedeutendheit der Folgen der Verwaltungsübertretung Gebrauch gemacht. Bei Vorliegen dieser beiden Tatbestandselemente besteht ein subjektiv öffentliches Recht auf Zuerkennung dieser Rechtswohltat. Eine Ermahnung war auszusprechen, um dem Berufungswerber anschaulich zu machen, gerade in Situationen, wie der gegenständlichen, mehr Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, weil ein derartiges Fahrmanöver, vor allem die damit verbudene Vorrangverletzung, doch ein erhebliches Gefahrenpotential in sich birgt, dessen sich der Berufungswerber in Hinkunft im klaren sein sollte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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