Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252624/2/SR/Mu/Ba

Linz, 13.05.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 25. September 2010, Zl. SV96-58-2010, wegen einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird: „Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Gleichzeitig wird Ihnen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit Ihres Handelns eine Ermahnung erteilt.“

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:§§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 25. September 2010, Zl. SV96-58-2010, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben, wie im Zuge einer KIAB-Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr am 25. 04. 2010 um 10.30 Uhr in dem von Ihnen geführten Gastronomiebetrieb in x festgestellt wurde, als Dienstgeber die Dienstnehmerin x, geb. x als Reinigungskraft im Ausmaß von 4 Stunden täglich in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt von 30,-- Euro pro Tag beschäftigt. Sie haben die vorgenannten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte (vollversicherte) Dienstnehmerin, bei der keine Ausnahme von der Meldepflicht gemäß § 5 ASVG gegeben war und die Höhe des Entgeltes über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG gelegen ist, vor Arbeitsantritt nicht bei der Oö. Gebietskrankenkasse in Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Krankenversicherungsträger angemeldet.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 33 Abs. 1 ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs. 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 36,50 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei kein Umstand als straferschwerend, hingegen die erstmalige einschlägige Verwaltungsübertretung als strafmildernd zu werten gewesen. Die Verhängung der herabgesetzten Mindeststrafe auf die Hälfte wurde als ausreichend angesehen.

 

2. Gegen dieses dem Bw am 13. Oktober 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Oktober 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsvertreter des Bw vor, dass er bereits sowohl in seiner Stellungnahme vom 16. September 2010 als auch in seiner Rechtfertigung vom 30. Juni 2010 ausgeführt habe, dass die im Spruch angeführte beschäftigte Person lediglich am 25. April 2010 für drei Stunden ohne Entgelt gefälligkeitshalber die nicht vorgesehenen Reinigungsarbeiten in seinem Gastgewerbebetrieb verrichtet habe. Im Übrigen habe es sich bei dieser Person um eine gute Bekannte gehandelt, die sich selbst bereit erklärt habe, ihn für drei bis vier Stunden zu unterstützen. Da diese Person keinen Führerschein habe, habe er ihr lediglich die Taxikosten in Höhe von 30 Euro ersetzt. Bereits in seiner Stellungnahme vom 16. September 2010 habe er die Einvernahme dieser Person beantragt. Allerdings sei diese von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden, weshalb das gegenständliche Verfahren mangelhaft geblieben sei. Hätte die belangte Behörde die beantragte Zeugin einvernommen, wäre sie sicher zu einem anderen Ergebnis gekommen, sodass das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen wäre.

 

Es wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Vorlageschreiben vom 3. November 2010 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des von ihr geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Zl. SV96-58-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Aus der Aktenlage ergibt sich für den Oö. Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt:

 

In der Anzeige des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr vom 27. April 2010, FA-GZ. 051/14075/15/2010, wird der Bw einer Verwaltungsübertretung nach dem ASVG verdächtigt, weil im Zuge einer Arbeitnehmerkontrolle von Organen dieses Finanzamtes am 25. April 2010 um 10.30 Uhr im gegenständlichen Gasthaus in X sechs österreichische Staatsangehörige überprüft worden seien und in der Folge weitere innendienstliche Erhebungen ergeben haben, dass die im Spruch angeführte Person zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet gewesen war. Diese Person hatte im Personenblatt angegeben, dass sie nur am Kontrolltag im Ausmaß von vier Stunden in diesem Gasthaus beschäftigt sei und dafür als Entgelt 30 Euro netto pro Tag sowie Essen und Trinken erhalten würde, weshalb nach Ansicht des zuständigen Finanzamtes das Ausmaß der täglichen Geringfügigkeitsgrenze überschritten wurde. Dieser Anzeige wurde in Kopie das gegenständliche ausgefüllte Personenblatt sowie ein Versicherungsdatenauszug beigelegt.

 

Im Personenblatt hat die im Spruch angeführte Person selbst angegeben, dass sie seit 25. April 2010, 10.00 Uhr, als „Reinigung“ beschäftigt ist und als Lohn 30 Euro netto pro Tag erhalten würde. Weiters hatte sie angekreuzt Essen und Trinken zu bekommen. Zur Frage der täglichen Arbeitszeit füllte sie „HEUTE 4 Std.“ aus. Darüber hinaus sei sie seit 1. November 2006 in Pension.

 

Mit der Strafverfügung vom 11. Mai 2010 wurde dem Bw die ihm angelastete Tat zur Last gelegt.

 

Daraufhin beantragte der Rechtsvertreter des Bw mit dem Einspruch vom 14. Mai 2010 die Einleitung des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Juni 2010 hat die belangte Behörde sodann dem Bw nochmals die ihm angelastete Tat zur Last gelegt und ihm Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

 

In seiner Rechtfertigung vom 30. Juni 2010 bestritt der Rechtsvertreter des Bw die Beschäftigung am 25. April 2010 um 10.30 Uhr nicht. Allerdings sei mangels einer momentanen Reinigungskraft und der unvorhersehbaren überdurchschnitt­lichen Besucherfrequenz des Gasthauses ein Bedarf an einer Reinigungskraft gegeben gewesen. Auch wird darauf hingewiesen, dass die im Spruch angeführte Person im Personenblatt selbst ein Beschäftigungsverhältnis nur für den 25. April 2010 in der Dauer von vier Stunden mit einem Gesamtentgelt von 30 Euro angegeben hat. Es sei unrichtig, dass die Höhe des Entgeltes über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG lag. Vermutlich sei im konkreten Fall irrtümlich eine Arbeitszeit von täglich vier Stunden angenommen worden, obwohl die beschäftigte Person ausdrücklich als Arbeitszeit „Heute 4 Std.“ in das vorliegende Personenblatt ausgefüllt hatte.

 

Daraufhin hat sich der Anzeigenleger in seiner Stellungnahme vom 19. August 2010 dahingehend geäußert, dass für das Jahr 2010 die Geringfügigkeitsgrenze bei 28,13 Euro täglich liegt. Das Entgelt in Höhe von 30 Euro hätte allerdings somit die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, weshalb die Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens sowie die Bestrafung im Sinne der Strafverfügung vom 11. Mai 2010 beantragt wurde.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme führte der Rechtsvertreter des Bw in seiner Stellungnahme vom 16. September 2010 wie in der Rechtfertigung vom 30. Juni 2010 aus, dass diese Person am 25. April 2010 in der Dauer von drei Stunden gefälligkeitshalber, ohne dafür ein Entgelt erhalten zu haben, Arbeiten verrichtet habe. Die Person sei eine gute Bekannte, die sich dazu bereit erklärt habe, nicht vorhergesehene Reinigungsarbeiten von drei bis vier Stunden zu leisten. Bei dem Betrag in Höhe von 30 Euro handle es sich lediglich um die Taxikosten, weil diese beschäftigte Person über keinen Führerschein verfügt.

 

Schließlich erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 25. September 2010.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd. Art. I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen eine zwangsläufige Folge der persönlichen Abhängigkeit und findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl. VwGH v. 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269).

 

Unter „Entgelt“ sind nach § 49 Abs 1 ASVG jene Geld- und/oder Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 Euro, insgesamt jedoch höchstens 366,33 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 Euro gebührte (vgl. Kundmachung vom 17. Dezember 2009, BGBl II Nr. 450/2009).

 

4.2.1. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die im Zuge der behördlichen Arbeitnehmerkontrolle am 25. April 2010 angetroffene im Spruch namentlich genannte Person nur an diesem Kontrolltag für drei bis vier Stunden im Gasthaus des Bw als Reinigungskraft beschäftigt war.

 

In diesem Zusammenhang wird allerdings vom Bw vorgebracht, dass diese Person kein Entgelt erhalten habe, sondern es sich bei dem Betrag in Höhe von 30 Euro um die Taxikosten gehandelt habe.

 

Dem Berufungsvorbringen ist jedoch entgegenzuhalten, dass einerseits – wie aus dem vorgelegten Akt eindeutig hervorgeht – diese Person anlässlich der Kontrolle am 25. April 2010 selbst im Personenblatt angegeben hat, dass sie seit 25. April 2010 um 10.00 Uhr beschäftigt ist und als Lohn 30 Euro netto pro Tag sowie Essen und Trinken erhalten würde. Weiters füllte sie die Frage der täglichen Arbeitszeit mit dem Wortlaut „HEUTE 4 Std.“ aus und anderseits hat hingegen der Bw selbst zunächst in seiner Rechtfertigung vom 30. Juni 2010 das Entgelt in Höhe von 30 Euro nicht bestritten. Allerdings vermutete er, dass die Behörde irrtümlich bei der Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze eine Arbeitszeit von täglich vier Stunden angenommen hat, obwohl die beschäftigte Person dezidiert als Arbeitszeit „HEUTE 4 Std“ angegeben habe. Schlussendlich behauptete der Bw jedoch in seiner Stellungnahme vom 16. September 2010, dass diese Person eine gute Bekannte von ihm sei und die gegenständliche Tätigkeit, ohne dafür ein Entgelt zu erhalten, erledigt hatte sowie, dass es sich bei dem Betrag in Höhe von 30 Euro nur um die Taxikosten gehandelt habe, weil diese Person über keinen Führerschein verfüge.

 

Auf Grund dieser widersprüchlichen Äußerungen des Bw kommt der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass seine Angaben sowohl in seiner Stellungnahme vom 16. September 2010 als auch in seiner Berufung vom 27. Oktober 2010 als reine Schutzbehauptung zu werten sind, weil der Bw zunächst nur die von der beschäftigten Person gemachten Angaben indirekt bestätigt und lediglich die angelastete Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG als unrichtig bekämpft hatte, und erst im Rahmen seiner Stellungnahme vom 16. September vorgebracht hatte, dass diese Person eine gute Bekannte ist, die kein Entgelt erhalten, sondern nur die Taxikosten ersetzt bekommen hat.

 

Die Angaben im Personenblatt, die von der im Spruch angeführten Person selbst verfasst worden sind und aus denen hervorgeht, dass sie nur am 25. April 2010 für vier Stunden im Gasthaus des Bw tätig sein und dafür als Lohn 30 Euro erhalten sollte, scheinen glaubhaft. Im Hinblick darauf, dass die Beschäftigte diese Aussage bereits bei der Kontrolle und unbeeinflusst von sich gegeben habe, kommt diesen Angaben eine erhöhte Beweiskraft zu. 

 

4.2.2. Zur Geringfügigkeitsgrenze wird festgestellt, dass diese lediglich minimal überschritten wurde. Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 Euro betrug. Im gegenständlichen Fall wurde diese Geringfügigkeitsgrenze lediglich an einem Tag, nämlich den 25. April 2010, um 1,87 Euro überschritten.

 

4.2.3. Da der Bw nicht der Meldepflicht entsprochen hat, hat er somit tatbestandsmäßig i.S.d. § 111 Abs.1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG und schuldhaft gehandelt.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

4.3. Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als Verschulden angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17 Dezember 1998, 96/09/0311).

 

Unbestritten hat der Bw die Dienstnehmerin nicht vor Arbeitsbeginn zur Vollversicherung beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet, allerdings wurde im konkreten Fall die Geringfügigkeitsgrenze lediglich um 1,87 Euro überschritten. Nicht unwesentlich ist in diesem Zusammenhang dabei auch, dass das Beschäftigungsverhältnis nur am 25. April 2010 bestanden hat und die Geringfügigkeitsgrenze daher auch nur einmal und dazu nur äußerst gering überschritten worden ist.

 

Sein Verschulden ist daher bloß als geringfügig zu qualifizieren.

 

4.4. Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG in der Fassung des SRÄG 2007 kann die Bezirksverwaltungsbehörde "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungs­strafgesetzes 1991" bei erstmaligen ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits im Erkenntnis vom 17. September 2009, VwSen-251903/2/WEI/Se, ausgeführt, dass die im § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehene weitere Möglichkeit der Strafmilderung im Erstfall eine gesetzgeberische Fehlleistung ist, weil sie an dieselben Voraussetzungen geknüpft wird, wie sie in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG über das Absehen von Strafe zu finden sind, und deshalb kaum einen Anwendungsbereich haben dürfte. Nach herrschender Meinung ermächtigt nämlich die Vorschrift des § 21 VStG trotz der Verwendung des Wortes "kann" nicht zur Ermessensübung. Die Behörde hat vielmehr bei Zutreffen der im § 21 Abs. 1 VStG genannten Kriterien "geringfügiges Verschulden" und bloß "unbedeutende Folgen der Übertretung" von einer Strafe abzusehen und der Beschuldigte hat einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm. 4 und E 5 zu § 21 VStG).

 

Darüber hinaus hat der Oö. Verwaltungssenat in seinem Erkenntnis vom
3. Oktober 2008, VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga, ausgesprochen, dass sich aus den Gesetzesmaterialen (RV zum SRÄG 2007, 77 BlgNR 23. GP, S. 4) ebenso wie aus der Bedarfskompetenz nach Art. 11 Abs. 2 B-VG, die nur zur Regelung des Gegenstands erforderliche Abweichungen zulässt, ergibt, dass der § 111 Abs. 2 Satz 2 ASVG bei verfassungskonformer Auslegung nicht im Sinne eines Widerspruchs verstanden werden darf, der die Anwendung des § 21 VStG ausschlösse. Im Ergebnis ist daher aus der Formulierung des § 111 Abs. 2 ASVG idF des SRÄG 2007 abzuleiten, dass die Vorschriften des § 20 VStG über die außerordentliche Milderung der Strafe und jene des § 21 VStG über ein Absehen von der Strafe in vollem Umfang anzuwenden sind.

 

Somit ist im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn diese nicht gegeben sind, ist darüber hinaus noch zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

 

4.4.1. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde in Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe bereits bis zur Hälfte der gesetzlichen Mindeststrafe unterschritten, sodass eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht mehr in Betracht kam.

 

4.4.2. Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Ein geringes Verschulden des Täters liegt vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Nach der strafrechtlichen Judikatur zum alten vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl. Nr. 605/1987) musste die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein. Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt. Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt (siehe mit Verweisungen VwSen-251903/2/WEI/Se vom 17. September 2009).

 

Unbestritten hat der Bw die Dienstnehmerin nicht vor Arbeitsbeginn zur Vollversicherung beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet. Allerdings ist dem Bw zugute zu halten, dass die im Spruch angeführte Person nur am 25. April 2010 im Ausmaß von vier Stunden für den Bw beschäftigt war und dafür nur ein Entgelt in Höhe von 30 Euro erhalten hatte. Darüber hinaus ist der Bw nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Umgekehrt geht die belangte Behörde hinsichtlich der Erschwerungsgründe selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen und wertete sie die erstmalige einschlägige Verwaltungsübertretung als strafmildernd. Dazu kommt, dass die Geringfügigkeitsgrenze lediglich um 1,87 Euro überschritten wurde, weshalb daher das Verschulden des Bw bloß als geringfügig zu qualifizieren ist.

 

Im Ergebnis liegen damit die Voraussetzung des § 21 Abs. 1 VStG vor, sodass der Oö. Verwaltungssenat von der Verhängung einer Strafe abzusehen hatte. Zudem findet das erkennende Mitglied, dass in diesem Fall die Erteilung einer Ermahnung ausreicht, um den Bw künftig von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

4.5. Der vorliegenden Berufung war daher insoweit gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, als von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen war.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein  Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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