Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550578/7/Kü/Ba

Linz, 07.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der m, H, P, vertreten durch Rechtsanwälte G – L - T + Partner, S, L, vom 24. Mai 2011 auf Nichtigerklärung der von der L G L, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung (kurz: L) namens der "V ", beide vertreten durch  H & P, K, L, versandten Widerrufsentscheidung vom 17. Mai 2011 im Vergabeverfahren betreffend das Vorhaben "Sanierung Hauptschule T, Schlosserarbeiten", zu Recht erkannt:

 

 

I.         Dem Nachprüfungsantrag wird Folge gegeben und die Widerrufsentscheidung vom 17. Mai 2011 für nichtig erklärt.

 

II.     Die "V " wird verpflichtet, der m gmbH die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3750 Euro (2500 Euro für den Nachprüfungsantrag und 1250 Euro für die einstweilige Verfügung) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3, 5, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010 iVm §§ 2, 19, 139 und 140 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl.I Nr. 17/2006 idF. BGBl.I Nr. 15/2010.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 24. Mai 2011 hat die m gmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Erklärung des Widerrufs bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin im Wesentlichen hiezu aus, dass die gegenständlichen Bauleistungen (Schlosserarbeiten) im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben worden seien. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein Angebot mit einer Angebotssumme von 229.257,30 Euro (netto), 275.108,76 Euro (brutto) gelegt. Am 29.4.2011 habe die Angebotsöffnung stattgefunden. Von insgesamt 5 Bietern habe lediglich die M M GmbH, T, ein Angebot mit einer niedrigeren Angebotssumme als die Antragstellerin abgegeben. Unter Beachtung der Bonuspunkte wegen längerer Gewährleistungsfristen sei jedoch die Antragstellerin als Bestbieterin einzustufen. Dies ergebe sich aus der Punkteermittlung. Demnach sei das Angebot der Antragstellerin mit 97,25 Punkten und jenes der M M GmbH mit 94 Punkten zu bewerten.

 

Mit Schreiben vom 17.5.2011 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, das Vergabeverfahren aufgrund der Vereinfachung der Schlosserarbeiten und der damit verbundenen Kostenreduzierung, zu widerrufen.

 

Die Antragstellerin legte ihr Interesse am Vertragsabschluss ausführlich dar und führte weiters aus, dass ihr durch den Entgang des Deckungsbeitrages ein Schaden in Höhe von ca. 64.000 Euro entstehen würde, zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem subjektiv gewährleisteten Recht auf Zuschlagserteilung, auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens und auf Einhaltung der Vorschriften des BVergG 2006 verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Widerrufsentscheidung bezeichnet die Antragstellerin im Wesentlichen die keinesfalls nachvollziehbare bzw. objektivierbare Begründung. Es würden Ausführungen dazu fehlen, ob und in welchem Ausmaß bzw. Umfang die Schlosserarbeiten zu "vereinfachen" seien und welche Auswirkungen dies voraussichtlich auf die Auftragssumme habe. Offen sei daher auch, ob die vereinfachten Schlosserarbeiten dann noch dem Stand der Technik entsprechen würden. Da die Auftraggeberin in der Widerrufsentscheidung nicht schlüssig nachprüfbar dargelegt habe, ob und welche Art der Vereinfachung der Schlosserarbeiten vorliege, sei eine Überprüfung  der Widerrufsentscheidung keinesfalls möglich und könne daher der von der Auftraggeberin in § 139 Abs.2 Z3 BVergG 2006 normierte Widerrufstatbestand (sachliche Gründe) nicht zu einer Rechtfertigung der Widerrufsentscheidung führen. Andere Gründe – soweit ersichtlich – kommen nicht in Betracht. Auch dadurch dokumentiere sich die mangelnde Begründung, weil selbst die Kategorisierung des Grunds iSd § 139 BVergG 2006 fehle. Zum anderen bestreite die Antragstellerin das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf. Nach Zitierung des § 139 Abs.1 und 2 BVergG 2006 wurde ausgeführt, dass die Auftraggeberin den Widerruf wohl ausschließlich entweder auf das Bekanntwerden von Umständen, die zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätte oder auf das Vorliegen von sachlichen Gründen stützen könne. Aus statischer Sicht scheine eine geringere Dimensionierung der Geländer und Handläufe nicht möglich (Holmlasten sind genormt), in optischer Hinsicht erfolge keine auffällige Gestaltung.

 

Aus diesen Gründen könne ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf iSd § 140 BVergG 2006 vorliegen würden. Es liege daher eine rechtswidrige Widerrufsentscheidung vor, wobei diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sei. Der Antragstellerin werde dadurch die Möglichkeit genommen, den Zuschlag zu erhalten.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die L als Antragsgegnerin am Nach­prüfungsverfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 31.5.2011 führt die L aus, dass gemäß § 5 Abs.1 Z 2 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 ein Nachprüfungsantrag jedenfalls die genaue Bezeichnung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin zu enthalten habe. Maßgeblich sei dabei der zivilrechtlich geprägte Auftraggeberbegriff (§ 2 Z 8 BVergG 2006), die Antragstellerin nenne in ihrem Nachprüfungsantrag konkret die L als Antragsgegnerin. Demgegenüber sei in Ausgabe 6/2011 der Amtlichen Linzer Zeitung auf Seite 28 – im Rahmen der gebotenen öffentlichen Bekanntmachung – als Bauherr der V bekanntgegeben worden. Die L fungiere ausschließlich als vergebende Stelle. Sie sei im Rahmen des Betreuungsvertrages mit dem V bzw. der Marktgemeinde T vom 18.3.2011 zu nichts anderem berechtigt.

 

Die Antragstellerin habe in ihrem Nachprüfungsantrag einen konkreten Antrags­gegner genannt, welcher nicht der zivilrechtliche Auftraggeber sein könne, weshalb der vorliegende Nachprüfungsantrag nicht den Mindestanforderungen des § 5 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 entspreche. Eine nachträgliche Änderung des Antragsgegners komme nicht in mehr in Frage. Es würde daher beantragt, den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen.

 

Nur in eventu würde sowohl von der Antragsgegnerin als auch vom Bauherrn eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag abgegeben. Zutreffend merke die Antragstellerin an, dass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handle. Das von der L als vergebende Stelle eingehaltene Prozedere sei in diesem Fall gemäß § 140 Abs.7 BVergG 2006 nicht zwingend vorzusehen. Insofern könne die Antragstellerin nicht dieselben inhalt­lichen Erfordernisse an die Widerrufsentscheidung knüpfen, wie dies bei der nicht positiven Zuschlagsentscheidung und –erteilung der Fall wäre.

 

Auch sei die Antragstellerin auf die dementsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach allenfalls mangelhafte Begründungen einer Widerrufsentscheidung bei inhaltlicher Berechtigung derselben, unschädlich seien.

 

Die vergebende Stelle habe sämtlichen am Verfahren beteiligten Bietern mittels Fax vom 17.5.2011 den Grund für den beabsichtigten Widerruf wie folgt bekanntgegeben:

 

"Grund: Vereinfachung der Schlosserarbeiten und damit verbundene Kosten­reduzierung."

 

Allgemein dürfe als bekannt vorausgesetzt werden, dass infolge der Wirtschafts­krise und der allgemeinen Budgetknappheit weite Teile der oö. Gemeinden sogenannte "Abgangsgemeinden" seien. Die exakte Einhaltung der Kosten sei daher unumgänglich. Nicht von ungefähr sei in der Ausschreibungsunterlage eine Kostenschätzung in Position 00 10 00 B (Seite 21) mit ca. 210.000 Euro exklusive Mehrwertsteuer angegeben worden. Das preislich günstigste Angebot der Firma M M GmbH liege bei 222.246 Euro. Die Abweichung des Angebotspreises der Antragstellerin betrage darüber hinaus rund 10 %.

 

Im Zuge der budgetären Knappheit seien Einsparungspotentiale erkannt worden. Im Bereich der Brandschutzportale sei eine Ausführung in Aluminium als technisch hochwertig einzustufen; aufgrund der leichteren Verarbeitbarkeit ergebe sich hieraus eine technisch gleichwertige Lösung samt wesentlicher Kosteneinsparung. Darüber hinaus sei eine Umplanung des Vordaches im Eingangsbereich notwendig, um zusätzliche Einsparungen zu lukrieren. In einer Gesamtbetrachtung (wesentliche Kostenüberschreitung durch die angebotenen Preise) samt nachträglich hervorgekommenen Einsparungspotentialen sei ein zwingender Widerrufsgrund im Sinne des § 139 Abs.1 Z 2 BVergG 2006 gelegen.

 

Selbst wenn von keinem zwingenden Widerrufsgrund auszugehen wäre, sei dieser jedenfalls gemäß § 139 Abs.2 Z 3 BVergG 2006 zweckmäßig. Die vor­stehenden Umstände seien zweifellos sachliche Gründe, welche einen Widerruf des Vergabeverfahrens zulässig machen würden. Gemäß den Gesetzes­materialien sei an den fakultativen Widerruf gemäß § 139 Abs.2 Z 3 BVergG 2006 kein strenger Maßstab anzulegen. Es sei zureichend, wenn der Auftrag­geber die Leistung generell oder – wie hier vorliegend – in der ausgeschriebenen Form nicht mehr benötige. Gehe dies einher mit einer Überschreitung der in der Ausschreibung bekanntgegebenen Kostenschätzung, so könne in der Widerrufs­entscheidung vom 17.5.2011 keine rechtswidrige Vorgangsweise erblickt werden.

 

 

3. Der Antragstellerin wurde Gelegenheit gegeben, zu den Ausführungen der Antragsgegnerin Stellung zu nehmen. Im Schriftsatz vom 10. Juni 2011, einge­bracht durch die Rechtsvertretung der Antragstellerin, führt diese aus, dass der Antrag auf Zurückweisung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages nicht nachvollziehbar sei. Dem von der Antragstellerin vorgelegten Ausschreibungs- und Leistungsverzeichnis sei unter der Position 00 10 06 A eindeutig und un­zweifelhaft zu entnehmen, dass Auftraggeber des gegenständlichen Bauvor­habens die L sei. Gemäß § 79 Abs.1 BVergG 2006 sei der Auftraggeber oder der Auftraggeber und die vergebene Stelle in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung genau zu bezeichnen.

 

Betreffend die Einschaltung in der Amtlichen Linzer Zeitung sei festzuhalten, dass der Verweis auf den Bauherrn, den V, lediglich als Zusatzinformation diene. In der Ausschreibung sei in keiner Weise darauf hingewiesen worden, dass die Antrags­gegnerin nur die vergebende Stelle wäre, wie die Antragsgegnerin nunmehr behaupte. Insofern sei auch der Einschaltung in der Amtlichen Linzer Zeitung zu entnehmen, dass Auftraggeber für gegenständliches Bauvorhaben die Antrags­gegnerin sei. Selbst wenn man nicht davon ausgehe, dass die Antragsgegnerin in der Einschaltung als Auftraggeber hervorgehe, so gelte doch, dass in den Ausschreibungsunterlagen unter Position 00 10 06 A der Auftraggeber, nämlich die Antragsgegnerin, genau bezeichnet sei.

 

Ein Hinweis auf die Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin finde sich auch auf der Homepage der Gemeinde T, wonach für die Hauptschulsanierung die Antragsgegnerin als Generalunternehmer bestellt worden sei. Diesbezüg­lich sei festzuhalten, dass ein Bauherr, der einen Generalunternehmer bestellt habe, nicht in Vertragsbeziehung mit den einzelnen Subunternehmen stehe.

 

Gemäß der vorliegenden Ausschreibungsunterlage führe die Antragsgegnerin das gegenständliche Vergabeverfahren im eigenen Namen durch und sei daher zwingend auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin auch den Zuschlag im eigenen Namen zu erteilen beabsichtige. Eine etwaige Vertretungsfunktion der Antragsgegnerin sei nach außen weder kundgetan worden, noch sei erkenn­bar gewesen, dass diese für einen anderen Auftraggeber tätig geworden wäre.

 

Die Antragsgegnerin führe häufig Vergabeverfahren durch und würde im Fall des Einschreitens der Antragsgegnerin im Namen und auf Rechnung eines Dritten stets auf diesen Umstand in den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen. Zum Beweis würde ein Auszug aus einem anderen Vergabeverfahren vorgelegt. Ein derartiger Hinweis finde sich in den gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen unter der Position Auftraggeber nicht. Es sei daher zwingend davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin weiterhin als Auftraggeber zu behandeln sei. Der Bauherr sei mangels erkennbaren Willens, einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen erteilen zu wollen, nicht Auftraggeber. Aus diesen Gründen sei daher der Antrag auf Zurückweisung des Nachprüfungsantrages zu verwerfen.

 

Aufgrund der Mitteilung der Widerrufsentscheidung sei jedenfalls zwingend das Prozedere gemäß § 140 Abs.1 bis 6 BVergG 2006 einzuhalten. Dass an die Begründung der Widerrufsentscheidung geringere Anforderungen zu stellen seien, könne nicht nachvollzogen werden. Gemäß den Gesetzeserläuterungen zu § 140 Abs.7 BVergG 2006 obliege die Entscheidung über die Vorgangsweise dem freien Ermessen des Auftraggebers. Die Erlassung einer Widerrufsentscheidung könne etwa dann sinnvoll sein, wenn das Vorliegen eines sachlichen Grundes fraglich sei und der Auftraggeber die Gefahr möglicher Schadenersatzansprüche hintanhalten möchte. Gerade dieser in den Erläuterungen genannte Hintergrund dieser Bestimmung mache deutlich, dass an die Anforderungen für die Begründung der Widerrufsentscheidung im Vergabeverfahren keine Erleichterungen zu gewähren seien.

 

Die Antragsgegnerin beziehe sich ganz allgemein auf die Budgetknappheit der oberösterreichischen Gemeinden aufgrund der Wirtschaftskrise. Offen sei jedoch, inwieweit der zur Verfügung stehende Kostenrahmen durch den Angebotspreis der Antragstellerin tatsächlich überschritten worden wäre. Es sei nämlich davon auszugehen, dass lediglich eine erhebliche Überschreitung des veranschlagten Kostenrahmens einen zwingenden Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist darstelle.

 

Dieses Argument der Antragsgegnerin würde im Übrigen schon dadurch widerlegt, als gemäß Position 00 02 28 B des Leistungsverzeichnisses als Kriterium für die Auftragserteilung das "wirtschaftlich günstigste Angebot" genannt würde. Würde betreffend gegenständliches Bauvorhaben tatsächlich budgetäre Knappheit vorliegen, wäre wohl das Zuschlagskriterium des "niedrigsten Preises" zur Anwendung gekommen. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen, dass die budgetäre Knappheit sich erst nach Ablauf der Angebotsfrist offenbart hätte, was jedoch Voraussetzung für einen zwingenden Widerruf nach § 139 Abs.1 Z 2 BVergG 2006 sei. Die von der Antragsgegnerin für die Budgetknappheit verantwortlich gemachte Wirtschaftskrise sei bereits im Jahr 2008 evident gewesen. Von nachträglichen Umständen, die zu einer wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, könne daher keine Rede sein.

 

Widerrufsgründe seien beispielsweise wesentliche Einsparungsmöglichkeiten. In der Stellungnahme der Antragsgegnerin sei jedoch auch weiterhin nicht konkre­tisiert, worin eine wesentliche Kosteneinsparung liegen solle.

 

Eine Ausführung der Brandschutzportale in Aluminium stelle (wenn überhaupt) nur eine minimale Kosteneinsparung dar. Die Vordächer (Vordach Kultursaal und Vordach Haupteingang) seien in Form einer (ohnehin kostengünstigen) Vordach­konstruktion aus Stahlträgern ausgeschrieben (Position 31 21 des Leistungs­verzeichnisses). Inwiefern hier eine kosteneinsparende Umplanung möglich sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Offen sei, wie die Vordächer konkret geändert werden sollen. Gemäß dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Schreiben des Bauherrn vom 27.5.2011 sei offenbar eine Überdachung in Glasausführung geplant. Eine derartige Änderung habe aber keinesfalls eine Kosteneinsparung zur Folge. Das Gegenteil wäre der Fall. Eine Überdachung in Glasausführung sei bei weitem teurer als die Stahlträgervariante.

 

Für das Vorliegen eines zwingenden Widerrufsgrundes würde die Antragsgegnerin jedenfalls auch zu beweisen haben, dass die Umstände betreffend die behauptete Kosteneinsparung erst nach Ablauf der Angebotsfrist hervorgetreten seien.

 

Auch würde das Vorliegen von sachlichen Gründen für die gegenständliche Widerrufsentscheidung ausdrücklich bestritten. Auch hier berufe sich die Antragsgegnerin wiederum auf die Überschreitung der Kostenschätzung. Wäre die Kostenfrage für die Antragsgegnerin jedoch tatsächlich von so großer Bedeutung, stelle sich auch hier die Frage, warum in der gegenständlichen Ausschreibung nicht das Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises zur Anwendung gekommen sei.

 

Festgehalten würde, dass mit dem Angebotspreis der Antragstellerin die Kostenschätzung der Antragsgegnerin lediglich um rund 9 % überschritten worden sei. Im Zusammenhang mit der Wahl des Zuschlagskriteriums ("wirt­schaftlich günstigstes Angebot") liege ein sachlicher Grund für die Widerrufs­entscheidung objektiv jedenfalls nicht vor.

 

Dass die Auftraggeberin die Leistung in der ausgeschriebenen Form nicht mehr benötige, sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es sei davon auszugehen, dass eine Kosteneinsparung durch die behaupteten Planungsänderungen nicht erzielt werden könne. Durch die Glasausführung betreffend die Vordächer würde es vielmehr zu einer Preiserhöhung kommen und stelle die Begründung der Wider­rufsentscheidung (Budgetknappheit, kosteneinsparende Änderungen) demnach eine Scheinbegründung dar. Jedenfalls würden diese Widersprüche zwingend darauf hinweisen, dass kein sachlicher Grund für die Widerrufsentscheidung vorliege.

 

Geringfügige Änderungen der Ausschreibung könnten jedenfalls auch ohne Widerruf des gesamten Vergabeverfahrens durchgeführt werden. Üblich sei, dass der Bestbieter gebeten würde, bei jenen Positionen, welche sich gegenüber dem LV ändern sollten, K7-Blätter zu erstellen, die die Positionspreise offenlegen würden. Damit sei gewährleistet, dass etwaige Änderungen mit demselben Kostenschema erstellt würden.

 

In Anbetracht des straffen Terminplans für gegenständliches Bauvorhaben sei die Widerrufsentscheidung der Antragsgegnerin umso unverständlicher. Der dicht gedrängte Bauzeitplan ergebe sich daraus, dass die Sanierung der Hauptschule T zu Schulbeginn im September 2011 weitgehend abgeschlossen sein solle. Die nunmehrige Widerrufsentscheidung der Antragsgegnerin sei daher in keiner Weise nachvollziehbar. Den einzigen (unsachlichen) Grund für diese Entscheidung sehe die Antragstellerin darin, dass bei gegenständlicher Aus­schreibung der in T ortsansässige Bieter nicht zum Zug gekommen wäre.

 

Die Vereinbarungen zwischen Bauherr und Antragsgegnerin im Betreuungsver­trag seien für gegenständliches Vergabeverfahren irrelevant. Zumal gegen die Ausschreibung, die Ausschreibungsunterlagen und ihre Textierung kein Nach­prüfungsverfahren beantragt bzw. geführt worden sei, seien die Ausschreibung selbst, die Ausschreibungsunterlagen und deren Textierung bestandfest geworden. Eine Berichtigung der Ausschreibung gemäß § 90 BVergG sei nicht möglich, zumal die Angebotsfrist bereits abgelaufen sei. Es bleibe demnach dabei, dass die Antragsgegnerin als Auftraggeberin zu behandeln sei. Nur für den Fall, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis gelangen sollte, dass die Antragsgegnerin nicht Auftraggeber betreffend gegenständliches Vergabe­verfahren sei, stelle die Antragstellerin den Eventualantrag, die Parteienbezeich­nung betreffend die Antragsgegnerin auf V, K, T, zu berichtigen.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Unterlagen des Vergabeverfahrens, und zwar die öffentliche Bekannt­machung, die Ausschreibungsunterlagen, die Mitteilung der Widerrufsentschei­dung, den Betreuungsvertrag abgeschlossen zwischen der "V " und der L sowie dem Schreiben der "V " an die L vom 27. Mai 2011. Da sich bereits aus diesen Unterlagen der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben hat, zudem von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, konnte gemäß § 19 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 von der Durchführung einer solchen abgesehen werden.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

In der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 6/2011, Seite 28, wurde für das Bauvorhaben Sanierung Hauptschule T über Auftrag der L folgende öffentliche Bekanntmachung vorgenommen:

"L, G L. L; am 21.3.2011 Bauvorhaben Sanierung Hauptschule T (Bauherr: V), Bauaufträge im offenen Verfahren Unterschwellenbereich gemäß BVergG 2006.

1.     Schlosserarbeiten:

2.     abgehängte Decken:

3.     Maler- und Anstreicharbeiten:

Die Ausschreibungsunterlagen und der Volltext können unter der Internetplatt­form des Landes Oberösterreich www. herunterge­laden werden."

 

Von der L als Auftraggeber der Einschaltung in der Amtlichen Linzer Zeitung wurde darauf hingewiesen, dass die Rechnung für diese Einschaltung mit der Anschrift "V, zu Handen L, G, L", zu versehen ist.

 

Die Ausschreibungsunterlagen für das Bauvorhaben Sanierung Hauptschule T Leistungsverzeichnis Schlosserarbeiten weisen im Summenblatt sowie in der Kopfzeile auf den einzelnen Seiten des Leistungsverzeichnisses ausschließlich die L auf.

 

In der zusammenfassenden Beschreibung der Leistung (Positionen 00 10) werden die geschätzten Kosten für die ausgeschriebenen Leistungen mit ca. 210.000 Euro exkl. MWSt. (Position 00 10 00 B) angegeben. Die Position 00 10 05 0 nennt als Bauherr die V, K, T. Die folgende Position 00 10 06 A mit der Überschrift Auftraggeber  benennt als Auftraggeber die L – G L, G, L. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten keinen Hinweis über die Funktion der L als vergebende Stelle.

 

Die Öffnung der Angebote erfolgte am 29.4.2011 und ergab die Angebotsöffnung, dass die Firma M M GmbH, T, die Schlosserarbeiten zu einer Angebotssumme von 222.246 Euro und die m m gmbH (Antragstellerin) zu einer Angebotssumme von 229.257,30 Euro angeboten hat. Die Antrag­stellerin hat eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist im Ausmaß von drei Jahren angeboten. Die M M GmbH hat keine Verlängerung der Gewährleistungsfrist angeboten.

 

In der von der L mit den Unterlagen des Vergabeverfahrens vorgelegten Kostenverfolgung vom 4.5.2011 sind die geschätzten Kosten für das Gesamtvor­haben ersichtlich, wobei für die Schlosserarbeiten ein geschätzter Betrag von 253.550 Euro ausgewiesen ist. Als Auftragssumme der Schlosserarbeiten ist in dieser Aufstellung der Betrag von 229.257,30 Euro ausgewiesen, wobei in der Folge in einer Spalte "Differenz" ein Wert von – 9,58 % festgehalten wurde. Der in dieser Kostenverfolgung ausgewiesene Auftragspreis entspricht dem Angebotspreis der Antragstellerin.

 

Zwischen der V als Bauherrn und der L wurde am 18.3.2010 eine mit Betreuungsvertrag über­schriebene Vereinbarung unterzeichnet. Gegenstand dieses Betreuungsvertrages ist die Übertragung der Betreuung des Vorhabens zur Sanierung der Hauptschule T vom Bauherrn an die L, wobei im Vertrag die Bedingungen sowie die von der L zu erbringenden Leistungen beschrieben werden. In Punkt III.2. ist festgelegt, dass der Beschluss zur Vergabe aller Arbeiten und Lieferungen dem Bauherrn obliegt. Dieser Beschluss ist der Auftragsvergabe zugrunde zu legen. Die L vergibt alle erforderlichen Bauleistungen aufgrund der sachlich und rechnerisch überprüften Ausschreibungen im Namen und auf Rechnung des Bauherrn entsprechend dem Vergabebeschluss des zuständigen Organs des Bauherrn.

 

Mit Schreiben vom 17. Mai 2011 gab die L den Bietern des Verfahrens bekannt, dass der Widerruf des Vergabeverfahrens gemäß § 139 beabsichtigt ist. Als Grund wurde die Vereinfachung der Schlosserarbeiten und die damit verbundene Kostenreduzierung bekanntgegeben. Weiters wurde die Stillhaltefrist mit 24.5.2011 festgelegt.

 

Im Schreiben vom 27. Mai 2011 teilte die V der L Folgendes mit:

"Das Bauvorhaben Sanierung HS T wird gem. Beschluss des Gemeinderates vom 25.03.2010 durch die V abgewickelt, wobei gem. Punkt 5.4 des Gesellschaftsvertrages vor Vergabe von Aufträgen die Zustimmung des jeweils zuständigen Gemeindeorgans einzuholen ist

 

Mit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde T vom 24.03.2011, wurde das Beschlussrecht des Gemeinderates bei der Abwicklung des Bauvorhabens 'Sanierung Hauptschule T' gem. § 43 (3) GemO 1990 an den Gemeindevorstand übertragen.

 

Der Vergabevorschlag der L für die Schlosserarbeiten wurde dem Gemeindevorstand am 10.05.2011 zur Zustimmung vorgelegt. Dieser hat keine Zustimmung gegeben, da nach Ansicht des Gemeindevorstandes dieses Gewerk zu teuer ist. Die Ausschreibung soll daher aufgehoben werden und durch Umplanungen eine Kostenreduktion erreicht werden. Diese Entscheidung wurde der L mitgeteilt (Tel. 11.05.2011, mail 13.05.2011).

 

Mit Schreiben vom 25.05.2011 wurde nunmehr die Gemeinde informiert, dass der im Rahmen der Ausschreibung ermittelte Bestbieter gegen die Aufhebung der Ausschreibung beim UVS berufen hat.

 

Nach neuerlicher Beratung mit den Verantwortlichen der Gemeinde teile ich dazu mit, dass an der Aufhebung der Ausschreibung festgehalten wird. Begründet wird dies damit, dass folgende Bereiche der Ausschreibung geändert werden sollen:

 

Vordach Kultursaal/Vordach Eingang

Die derzeit ausgeschriebene Ausführung ist hinsichtlich Lichteinfall nicht günstig. Es soll daher eine Überdachung in Glasausführung ausgeschrieben werden.

 

Portale/Brandschutzportale

Diese wurden alle in Stahlausführung ausgeschrieben. Hier wird allerdings eine Ausführung in Aluminium gewünscht, da diese technisch hochwertiger sowie leichter zu verarbeiten sind. Außerdem ist die Gemeinde der Ansicht, dass eine Ausführung in Aluminium in diesem Bereich eine wesentliche Kosteneinsparung bringt.

 

Die Gemeinde ist der Meinung, dass mit den oben angeführten Änderungen eine wesentliche Kostenersparnis im Bereich Schlosserarbeiten erreicht werden kann. Daher soll die Ausschreibung aufgehoben werden."

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus den genannten schriftlichen Unterlagen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des von der Gemeinde T vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Kommanditerwerbs­gesellschaft "V " ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde T. Dieser Verein bringt in die Gesellschaft lediglich seine Arbeitskraft ein. Kommanditist der Gesellschaft ist die Marktgemeinde T, die zur Leistung einer Geldeinlage in Höhe von 1.000 Euro verpflichtet ist.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl mit mindestens 50 % am jeweiligen Unternehmenskapital beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG. Die Marktgemeinde T leistet die gesamte finanzielle Einlage in der KEG und wird diese auch inhaltlich von der Gemeinde beherrscht. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die V öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist und daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.

  

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat ein Antrag gemäß § 3 Abs. 1 jedenfalls zu enthalten:

1.     die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung;

2.     die genaue Bezeichnung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin und des Antragstellers bzw. der Antragstellerin einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse;

3.     eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung insbesondere die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters bzw. der für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieterin;

4.     Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller bzw. die Antragstellerin;

5.     die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller bzw. die Antragstellerin als verletzt erachtet;

6.     die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;

7.     einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung und

8.     die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

 

 

 

 

§ 5 Abs.5 Oö. VergRSG 2006 erster Satz lautet:

Enthalten die Ausschreibungsunterlagen oder die Bekanntmachung eine unrichtige Angabe über den öffentlichen Auftraggeber bzw. die öffentliche Auftraggeberin, so gilt ein Antrag, der diesen unrichtig angegebenen Auftraggeber bzw. diese unrichtig angegebene Auftraggeberin benennt, dennoch als zulässig eingebracht.

 

§ 79 Abs.1 BVergG 2006 bestimmt, dass in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung der Auftraggeber oder der Auftraggeber und die ver­gebende Stelle genau zu bezeichnen sind.

 

Die Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung trägt die Überschrift L und bezeichnet in der Klammer den Bauherrn V. Die Ausschreibungsunter­lagen weisen in der Kopfzeile die L und das Bauvorhaben aus. In der zusammenfassenden Beschreibung der Leistung ist als Bauherr die V (Position 00 10 05 0) und als Auftraggeber die L (Position 00 10 06 A) ausdrücklich genannt. Die Ausschreibungsunterlagen wurden nicht korrigiert und sind somit bestandfest geworden. Weder in der Bekanntmachung noch in der Ausschreibung findet sich ein Hinweis darauf, dass zwischen dem Bauherrn, der V und der L ein Betreuungsvertrag über die Sanierung der Hauptschule T abgeschlossen wurde und darin vereinbart wurde, dass die L alle er­forderlichen Bauleistungen im Namen und auf Rechnung des Bauherrn entsprechend dem Vergabebeschluss des zuständigen Organs des Bauherrn vergibt. Der sowohl in der Bekanntmachung als auch in den Ausschrei­bungsunter­lagen enthaltene Hinweis auf den Bauherrn allein ist nicht gleichzusetzen mit der Bekanntgabe des öffentlichen Auftraggebers, zumal in den genannten Unterlagen auch die L – in den Ausschreibungsunterlagen aus­drücklich als Auftraggeber – genannt ist. Auch aus der vorliegenden Widerrufs­entscheidung selbst lässt sich nichts anderes erkennen, zumal auch darin nicht der Hinweis enthalten ist, dass die L als vergebende Stelle im Vergabeverfahren fungiert und namens des Bauherrn diese Ent­scheidung bekannt gibt.

 

Der gegenständliche Nachprüfungsantrag richtet sich gegen den in den Aus­schreibungsunterlagen – wenn auch wie im Nachprüfungsverfahren hervorgekommen unrichtig genannten – Auftraggeber, weshalb im Sinne des § 5 Abs.5 Oö. VergRSG 2006 dennoch von einem zulässig eingebrachten Antrag auszugehen ist.

 

In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des Verfassungsgerichts­hofes vom 27.11.2006, B1084/06, zu erwähnen, in welcher der dieser unter Bezugnahme auf den Zweck des § 13 Abs.3 AVG, wonach einer Partei Gelegenheit zu geben ist, allfällige Mängel in schriftlichen Anbringen, wie etwa eine irrtümlich fehlerhafte Parteienbezeichnung, zu korrigieren, feststellt, dass dies umso mehr zu gelten hat, wenn der Auftraggeber selbst nahezu durchgehend falsch bezeichnet wird bzw. nicht eindeutig kenntlich gemacht wird, wer eigentlich Vertragspartner werden soll. Auch im gegenständlichen Fall findet sich – wie bereits erwähnt – kein Hinweis darauf, dass die L, wie im Schriftsatz vom 31.5.2011 dargestellt, lediglich als vergebende Stelle im Vergabe­verfahren fungiert. Der Verbesserung des Antrages gemäß § 13 Abs.3 AVG ist die Antragstellerin in der Eingabe vom 10.6.2011 nachgekommen, in dem sie die Parteibezeichnung und somit den Auftraggeber auf V berichtigt hat.

 

Insgesamt war daher dem Antrag der Antragsgegnerin bzw. der Auftraggeberin auf Zurückweisung des vorliegenden Nachprüfungsantrages nicht zu folgen, sondern erfüllt der vorliegende Nach­prüfungsantrag die in § 5 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 enthaltenen Anforderungen, weshalb dieser als zulässig zu werten ist.

 

5.2. Nach § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z. 16 lit. a Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17/2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.    sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z. 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2.    diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 ist die Widerrufsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Gemäß § 139 Abs.1 BVergG 2006 ist ein Vergabeverfahren nach Ablauf der Angebotsfrist zu widerrufen, wenn

1.     Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen hätten, oder

2.     Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, oder

3.     kein Angebot eingelangt ist, oder

4.     nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

 

Nach § 139 Abs.2 BVergG 2006 kann ein Vergabeverfahren widerrufen werden, wenn

1.     nur ein Angebot eingelangt ist, oder

2.     nach dem Ausscheiden von Angeboten gemäß § 129 nur ein Angebot bleibt, oder

3.     dafür sachliche Gründe bestehen.

 

Gemäß § 140 Abs.1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber nachweislich mitzuteilen, dass er beabsichtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen,

1.     im Fall des § 139 Abs. 1 Z 1 und 2 und des § 139 Abs. 2 Z 3 allen Bietern,

2.     im Fall des § 139 Abs. 1 Z 4 und des § 139 Abs. 2 Z 2 allen Bietern, deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, die Ausscheidensentscheidung jedoch noch nicht rechtskräftig ist,

3.     im Fall des § 139 Abs. 2 Z 1 dem Bieter, dessen Angebot als einziges eingelangt ist,

4.     im Fall des § 139 Abs. 2 Z 2 dem Bieter, dessen Angebot als einziges verblieben ist.

In dieser Mitteilung sind den Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß Abs. 3 oder 4 sowie die Gründe für den beabsichtigten Widerruf bekannt zu geben.

 

5.3. In der Widerrufsentscheidung, versendet von der L am 17. Mai 2011, ist der Hinweis auf § 139 BVergG 2006 enthalten. Der Grund für den beabsichtigten Widerruf liegt in der Vereinfachung der Schlosserarbeiten und der damit verbundenen Kostenreduzierung. Weitere Erläuterungen oder Erklärungen, in welchen Bereichen die Vereinfachung der ausgeschriebenen Arbeiten erfolgen soll bzw. in welchem Rahmen oder welcher Bandbreite sich die Kostenreduzierung ergibt, finden sich in der Mitteilung der L nicht. Die Antragsgegnerin erläutert in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag den Grund für den beabsichtigten Widerruf dahingehend, dass eine exakte Einhaltung der Kosten (für teilweise vom Land Oö. geförderter Baumaßnahmen) unumgänglich sei und im Zuge der budgetären Knappheit Einsparungspotentiale erkannt worden sind.

 

Der von der Antragsgegnerin dargestellten, ihrer Meinung nach wesentlichen Kostenüberschreitung durch die angebotenen Preise, ist die mit den Vergabeunterlagen vorgelegte Kostenverfolgung entgegenzuhalten, die der in der Ausschreibung enthaltenen Kostenschätzung von 210.000 Euro insofern widerspricht, als in dieser Kostenverfolgung die geschätzten Kosten für die Schlosserarbeiten mit 253.550 Euro ausgewiesen sind. Dieser Kostenaufstellung kann auch entnommen werden, dass die Angebotssumme der Antragstellerin eine Differenz von 9,58 % zu den geschätzten Kosten mit sich bringt. Eine Kostenüberschreitung ist demnach nicht erwiesen.

 

Die Antragsgegnerin wurde im Ermittlungsverfahren aufgefordert, neben einer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag auch die Unterlagen des Vergabeverfahrens vorzulegen, wobei insbesondere der Widerrufsvermerk eingefordert wurde. Mit dem Schriftsatz vom 31.5.2011 übersandte die Antragsgegnerin ein Schreiben der V datiert vom 27.5.2011, welchem die Begründung für den Widerruf zu entnehmen ist. Auffällig ist dabei, dass dieses Schreiben erst nach Einlangen des Nachprüfungsantrages verfasst wurde. Zum Inhalt des Schreibens kann auf die Sachverhaltsfeststellungen verwiesen werden. Bemerkenswert ist, dass ein neuer Kostenrahmen für die Schlosserarbeiten nicht dargestellt wird, sondern der Gemeindevorstand lapidar der Ansicht ist, dass dieses Gewerk zu teuer ist. Eine fehlende budgetäre Deckung der Schlosserarbeiten, die nur einen Teil der Sanierung des Schulgebäudes einnehmen, ist nicht Inhalt der Mitteilung.

 

Wie von der Antragstellerin in ihrer Replik zu den Ausführungen der Antragsgegnerin zutreffend festgehalten, sind die von der Auftraggeberin beabsichtigten Kosteneinsparungen durch Umplanungsmaßnahmen nicht dahingehend konkretisiert, dass diese als wesentliche Einsparungsmöglichkeiten erkennbar nachvollzogen werden können. Eine Überdachung in Glasausführung anstelle von Aluminiumblechen, wie in Position 31 21 01 A, lässt ein wesentliches Einsparungspotential jedenfalls nicht erkennen. Gleiches gilt für die im besagten Schreiben der Auftraggeberin angeführten Portale/Brandschutzportale, die eigenen Angaben zufolge in Aluminium auszuführen sind, da dies technisch hochwertiger sowie leichter zu verarbeiten sei. Inwiefern in einer technisch hochwertigeren Ausführung Einsparungspotential gelegen ist, kann der Begründung des Bauherrn nicht entnommen werden. Eine konkrete Kostenabschätzung der beabsichtigten geänderten Ausführungen ist demnach nicht erstellt worden. Die Auftraggeberin ist lediglich der Meinung, dass mit den angeführten Änderungen eine wesentliche Kostenersparnis im Bereich der Schlosserarbeiten erreicht werden kann.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann bei der gegebenen Sachlage nicht erkennen, dass im Zeitpunkt der Ausschreibung wesentliche Grundlagen für das Vergabeverfahren gefehlt hätten bzw. diese erst nach Beginn des Vergabeverfahrens hervorgekommen wären. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin, wonach eine erhebliche Überschreitung des veranschlagten Kostenrahmens sowie ein Hervortreten eines wesentlichen Einsparungspotentiales nach Ablauf der Angebotsfrist zwingende Widerrufsgründe darstellen, kann nicht entgegengetreten werden, doch muss im vorliegenden Fall festgestellt werden, dass ein Bestehen dieser Gründe im Verfahren bislang nicht objektiviert werden konnte. Es ist nicht Aufgabe der Nachprüfungsbehörde, dass mögliche Einsparungspotential durch Umplanungsmaßnahmen zu ermitteln, vielmehr ist dies bzw. die mangelnde budgetäre Deckung bereits von der Auftraggeberin allenfalls von der vergebenden Stelle in nachvollziehbarer Weise der getroffenen Widerrufsentscheidung zu Grunde zu legen. Der Unabhängige Verwaltungssenat kann daher nicht erkennen, dass im gegenständlichen Fall der zwingende Widerrufsgrund des § 139 Abs.1 Z 2 BVergG 2006 als gegeben zu bewerten wäre.

 

Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin ist auch der fakultative Widerruf im Sinne des § 139 Abs.2 Z 3 BVergG 2006, und zwar das Vorliegen sachlicher Gründe, unter Berücksichtigung des bisherigen Ablaufs des Vergabeverfahrens, nicht als zweckmäßig zu erkennen.

 

Ob ein sachlicher Grund vorliegt, ist objektiv zu beurteilen. Es ist zu fragen, ob der Widerruf für einen besonnen Auftraggeber in der konkreten Situation eine sinnvolle Handlungsalternative und ein taugliches Mittel zur Problembehandlung darstellt. Dabei ist kein strenger Maßstab anzulegen. Dieser entbindet den Auftraggeber freilich nicht davon, die faktischen Grundlagen seiner Entscheidung sorgfältig zu ermitteln (G. Stickler/G. Zellhofer in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel  §§ 138, 139 RZ 27 m.w.N.).

 

Die von der Auftraggeberin angestrengte Umplanung und damit verbundene Kostenreduzierung ist – wie bereits oben dargestellt – gegenwärtig nicht mit der einen Widerruf des Vergabeverfahrens begründeten Nachvollziehbarkeit belegt, zumal die Auftraggeberin nur die Meinung vertritt, eine wesentliche Kostenersparnis im Bereich der Schlosserarbeiten zu erreichen, ohne diese konkret beziffern zu können. Eine sorgfältige Ermittlung der faktischen Grundlagen für den fakultativen Widerruf ist daher vom Unabhängigen Verwaltungssenat zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung durch die Auftraggeberin bzw. Antragsgegnerin nicht erkennbar. Insofern kann auch die in § 139 Abs.2 Z 3 BVergG 2006 festgelegte Voraussetzung der sachlichen Gründe für den Widerruf nicht bestätigt werden.

 

Insgesamt ist daher zu erkennen, dass eine sorgfältige Erhebung der Tatsachengrundlagen und somit eine objektiv nachvollziehbare Dokumentation des Vorliegens eines zwingenden bzw. fakultativen Widerrufsgrundes nicht gegeben ist, weshalb insgesamt wie von der Antragstellerin beantragt, die vorliegende Widerrufsentscheidung vom 17.5.2011 für nichtig zu erklären war, zumal diese für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Bei diesem Ergebnis der Beurteilung erübrigt es sich, auf den weiters vorgebrachten Beschwerdegrund, wonach die Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung nicht den Vorgaben des § 140 Abs.1 BVergG 2006 entspricht, näher einzugehen. Festzuhalten ist allerdings, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Antragsgegnerin ihrer Begründungs­pflicht nur in unzureichendem Maße nachgekommen ist.

 

 

6. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Von der Antragstellerin wurden 3750 Euro an Pauschalgebühren geleistet. Davon entfallen 2500 Euro auf den Hauptantrag und 1250 Euro auf den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung.

 

Da dem Nachprüfungsantrag stattzugeben war und mit Erkenntnis vom 27.5.2011, VwSen-550579/3, im gegenständlichen Verfahren über entsprechenden Antrag eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 23 Abs.1 bzw. Abs.2 Oö. VergRSG 2006 für die Zuerkennung des Gebührenersatzes erfüllt, weshalb der Kostenersatz zuzuerkennen war.

 

 

7. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 60,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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