Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290134/43/Wim/Bu

Linz, 10.06.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X vom 29.7.2005, vertreten durch RA. Dr. X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14.7.2005, ForstR96-19-2004 wegen einer Übertretung des Forstgesetzes 1997 soweit sie sich gegen den Strafausspruch richtet zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden herabgesetzt.  

 

II.         Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag vermindert sich auf 20 Euro. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs. 1, 2 und 65  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 174 Abs. 1 lit. a Z 6 iVm § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden sowie ein 10 %-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. Oktober 2006, VwSen-290134/13/Wim/Be wurde einer vom Berufungswerber rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung unter Spruchabschnitt I keine Folge gegeben. Unter Spruchabschnitt II wurde der Berufungswerber verpflichtet als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zusätzlich den Betrag von 100 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Einem Wiederaufnahmeantrag vom 18.12.2006 wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 7. März 2007, VwSen-290151/5/Wim/Be keine Folge gegeben. Diese Entscheidung ist sowohl formell als auch in materieller Hinsicht in Rechtskraft erwachsen.

 

Aufgrund einer gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. Oktober 2006, VwSen-290134/13/Wim/Be erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.12.2009, Zl. 2006/10/0250-9 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27. Jänner 2010, Zl. 2006/10/0250-10 den angefochtenen Bescheid hinsichtlich seines Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit eines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich des Schuldspruches wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

In der Begründung zur Aufhebung des Strafausspruches hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die belangte Behörde das Gesetz bei der Strafbemessung in einer gemäß Artikel 6 Abs. 1 EMRK widersprechenden Weise angewendet habe, weil sie die überlange Verfahrensdauer nicht festgestellt und strafmildernd bewertet habe.

 

Daraufhin hat der Unabhängige Verwaltungssenat mit Berufungsentscheidung vom 30. April 2010, VwSen-290134/30/Wim/Bu der Berufung teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt. Einer dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. März 2011, Zl. 2010/10/0138-5 Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, da die belangte Behörde dem Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer zu wenig Gewicht beigemessen habe. Hinsichtlich des fortgesetzten Verfahrens wurde angemerkt, dass eine gesetzmäßige Strafbemessung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles eine spürbare und maßgebliche Minderung der ursprünglich verhängten Strafe voraussetze.

 

2.1. Im Zuge des Verfahrens zu Erlassung des ersten Ersatzbescheides wurde dem Berufungswerber im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit gegeben, sich zu Fragen der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG nochmals abschließend zu äußern. Insbesondere wurde dem Berufungswerber auch die Möglichkeit geboten Ausführungen zu dem Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu machen, andernfalls von den im Erstverfahren geschätzten persönlichen Verhältnissen ausgegangen werde.

 

Dazu hat der Berufungswerber mit Stellungnahme vom 26. März 2010 zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschuldigte in der Zwischenzeit Pensionist sei, sodass eine Wiederholung der Tat nicht einmal theoretisch möglich wäre.

 

Unter Berücksichtigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof sei die Vollstreckbarkeitsverjährung nach § 31 Abs. 3 VStG eingetreten.

 

Es würden auch die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen. Das Verschulden des Beschuldigten sei geringfügig und die Folgen der Übertretung seien in Anbetracht der nachträglich erteilten Rodungsbewilligung unbedeutend. Aufgrund des Umstandes, dass dem Beschuldigten von Anfang an klar gewesen sei, dass für die gegenständliche Fläche bzw. die zu Roden beabsichtigende Fläche eine Rodungsbewilligung erteilt werde, läge hinsichtlich der Nichtbeendigung eines Dauerdeliktes jedenfalls ein Rechtfertigungsgrund vor. Der Beschwerdeführer habe alles unternommen um die Rodungsbewilligung  zu erreichen. Ein allfälliges Verschulden wäre aufgrund gemachter Zusagen von Behörden u. Behördenleitern völlig vernachlässigbar. Zu berücksichtigen sei auch, dass der rechtskräftig (auch vom Land) bewilligte Flächenwidmungsplan Nr. X der Gemeinde X aus dem Jahr 2002 nördlich des Bereiches des Waldbades in X eine Sonderwidmung im Grünland (bewilligtes Jugendcamp) vorgesehen habe. Diesbezüglich wäre nicht nur eine Rodung sondern sogar eine Bebauung zulässig gewesen.

 

2.2. Im Zuge des Verfahrens zur Erlassung des nunmehrigen Ersatzbescheides wurde dem Berufungswerber im Rahmen des Parteiengehörs wieder die Möglichkeit gegeben, sich zur Fragen der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG nochmals abschließend zu äußern.

 

Der Berufungswerber hat dazu mit Stellungnahme vom 6.6.2011 ausgeführt, dass die bisherigen Ausführungen zur Strafbemessung aufrecht erhalten werden und das Vorbringen der beiden Verwaltungsgerichtshofsbeschwerden zur Strafhöhe zum Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren erhoben werde.

 

Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass für die gegenständlichen Flächen nunmehr Bewilligungen vorlägen, sodass ein allfälliger Schaden weder bestünde noch eingetreten sei und das diesbezügliche Verschulden aufgrund gemachter Zusagen von Behörden und Behördenleitern, die ja letztendlich auch zum beabsichtigten Zustand geführt hätten, vernachlässigbar sei. Das Recht auf außerordentliche Strafmilderung bzw. dass weitere strafmildernde Gründe herangezogen werden oder würden, sei verletzt worden. Die lange Verfahrensdauer sei nicht durch den Beschuldigten zu vertreten und habe sich dieser darüber hinaus über den langen Verfahrenszeitraum immer Wohlverhalten und versucht eine Rodungsbewilligung zu erlangen. Das diesbezügliche allfällig allenfalls vorlegende Verschulden sei daher als äußert gering zu bewerten, sodass durchaus mit einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 21 VStG. vorzugehen gewesen wäre. Der Unabhängige Verwaltungssenat habe im ersten Ersatzbescheid gegenüber der ersten Entscheidung zusätzlich Erschwerungsgründe nämlich die lange Dauer der Verwaltungsübertretung, den bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers sowie generalpräventive Gründe ins Treffen geführt und sich damit über die die Aufhebung des Strafausspruches tragenden Gründe hinweggesetzt. Die Berücksichtigung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, der langen Verfahrensdauer sowie das durch die bereits erfolgte Pensionierung des Beschwerdeführers ins Treffen zuführende Fehlen spezialpräventiver Gründe führe zu einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen. Der Unabhängige Verwaltungssenat hätte daher zwingend zu einer Anwendung des § 21 VStG oder einer Ermahnung als unterste Sanktionsstufe kommen müssen. Jedenfalls hätte die Strafe um bedeutend mehr als 50% der ursprünglich verhängten Strafhöhe herabgesetzt werden müssen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Der Schuldspruch ist auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes in materieller Rechtskraft erwachsen. Somit ist dem Berufungswerber anzulasten, dass er es als damaliger Bürgermeister der Gemeinde X und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Gemeinde X zu vertreten hat, dass zumindest vom 22.7.1997 bis 28.6.2004 eine näher beschriebene konsenslose Rodung im Ausmaß von rund 2800m² erfolgt ist. Weiters wurde auch die Annahme des bedingten Vorsatzes als Verschuldensform für diese Übertretung nicht beanstandet.

 

Die Aufhebung des Strafausspruches erfolgte nur wegen der im damaligen Entscheidungszeitpunkt noch nicht gängigen Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer als Strafmilderungsgrund. Auch die übrige Strafbemessung wurde vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden kann grundsätzlich hinsichtlich der Strafbemessung auf die Ausführungen im Straferkenntnis der Erstbehörde und im Erst- und Zweitbescheid der Berufungsbehörde verwiesen werden.

 

Die Ausführungen des Berufungswerbers hinsichtlich seines Verschuldens sind somit obsolet und wurden die Feststellungen des Unabhängigen Verwaltungssenates bereits durch die Ablehnung hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt. Ein näheres Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen erübrigt sich somit.

 

Zum Einwand der eingetretenen Vollstreckbarkeitsverjährung ist festzustellen, dass gemäß § 31 Abs. 3 VStG seit dem im Absatz 2 bezeichneten Zeitpunkt (Abschluss des strafbaren Verhaltens, im konkreten Fall wäre das laut Tatvorwurf der 28.6.2004) die Strafe nicht mehr vollstreckt werden darf, wenn seit der rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten während  deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen. Unter Berücksichtigung dieser Zeiten insbesondere des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist weder eine Strafbarkeitsverjährung noch eine Vollstreckbarkeitsverjährung nach § 31 Abs. 3 VStG eingetreten.

 

Durch die Vorerkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes in denen der angefochtene Bescheid nur hinsichtlich seines Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Innhaltes aufhoben wurde hat der Unabhängige Verwaltungssenat sehr wohl entsprechend den allgemeinen Vorgaben des § 19 VStG die Strafe neu zu bemessen, wobei er an den festgestellten Sachverhalt sowie den objektiven und subjektiven Tatvorwurf gebunden ist. Überdies hat auch schon die Erstbehörde zur Strafhöhe ausgeführt, dass diese unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, des Verschuldens und der persönlichen Verhältnisse sowie aus spezialpräventiven Gründen als erforderlich erscheint. Es wurden somit schon im erstinstanzlichen Erkenntnis die nunmehr kritisierten Strafbemessungsgründe im Wesentlichen auch angewendet. Überdies hat der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem nunmehrigen Erkenntnis die Aufhebung nur deshalb verfügt, weil dem Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer zu wenig Strafreduktion beigemessen wurde und nicht wegen anderer Umstände der Strafbemessung.

 

Als mildernd ist die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Weiters als mildernd anzurechnen war die Verminderung des spezialpräventiven Effektes, da der Berufungswerber nunmehr Pensionist und nicht mehr Bürgermeister einer Gemeinde ist und somit eine Wiederholungsgefahr im konkreten Umfang praktisch auszuschließen ist. Der Umstand, dass letztendlich nachtäglich die Rodungsbewilligung erteilt wurde, wirkt sich angesichts des fast 7-jährigen konsenslosen Zustandes nicht maßgeblich mildernd aus. Dies gilt auch für allfällige positive Äußerungen vor Behördenvertretern oder Amtsachverständigen im Vorfeld bzw. während des Rodungsverfahrens, da dem Berufungswerber auch auf Grund seiner Position als Bürgermeister bewusst sein musste, dass die Rodungsbewilligung erst durch rechtskräftigen Bescheid erteilt ist. Auch allfällige Flächenwidmungen wirken sich nicht als strafmildernd aus, zumal ja das Verschulden in Form des bedingten Vorsatzes schon feststeht. Ein konkreter Schaden ist für die Strafbarkeit generell und speziell für die Strafbemessung nicht erforderlich und in Anbetracht der Dauer der Übertretung auch nicht relevant mildernd. Gleiches gilt für das nach der Übertretung vorgebrachte Wohlverhalten des Berufungswerbers.

 

Grundsätzlich ergibt sich aus dem gesamten nunmehrigen Verfahrensgang eindeutig eine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Artikels 6 EMRK und der dazu ergangenen Rechtssprechung, die bei Einrechnung der aktuellen gesamten verstrichenen Zeitspanne vom Unabhängigen Verwaltungssenat nunmehr zusätzlich noch bedeutend als mildernd zu berücksichtigen ist.

 

Als erschwerend ist die lange Dauer der Verwaltungsübertretung von fast sieben Jahren sowie hinsichtlich des Verschuldens der bedingte Vorsatz mit dem die Übertretung begangen wurde, zu werten. Vorallem auch generalpräventive Gründe machen eine Bestrafung erforderlich, da der Berufungswerber die Übertretung in seiner damaligen Funktion als Bürgermeister zu begangen hat und ein solcher als Behördenorgan umso mehr zur Einhaltung der Gesetze verpflichtet ist.

 

Die Höchststrafe der gegenständlichen Verwaltungsübertretung beträgt 7.270 Euro. Bei Berücksichtigung der geschätzten Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse, denen der Berufungswerber nicht entgegen getreten ist, ist die nunmehrige Strafhöhe als angemessen anzusehen und mit nunmehr ca. 2,75% der Höchststrafe keinesfalls überhöht.

 

Auch aus den oben nochmals zusammengefasst angeführten Strafbemessungsgründen verbietet sich die Anwendung des § 21 VStG, der schon alleine wegen der fehlenden Voraussetzung des geringfügigen Verschuldens ausscheidet. Eine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG scheidet schon auf Grund der fehlenden Mindeststrafe für die gegenständliche Übertretung aus und fehlt dafür auch ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen.

 

Da eine Strafherabsetzung vorgenommen wurde, vermindert sich im Sinne der §§ 64 u. 65 VStG auch der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag und entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vollständig.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

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