Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165984/8/Bi/Eg

Linz, 10.06.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 20. April 2011 gegen das Straf­erkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 19. April 2011, S-1872/11-3, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 9. Juni 2011 durch­geführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 2.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 80 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil sie als Zulassungs­besitzerin des Kfz X, auf Verlangen der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4020 Linz, binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung vom 29. März 2010 – zugestellt am 26. Mai 2010 bis zum 9. Juni 2010 – keine dem Gesetz entsprechende Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kfz am 24.9.2009 von 15.07 Uhr bis 15.08 Uhr im Gemeindegebiet von Enns, Schlosspark, abgestellt habe. Sie habe eine unrichtige Auskunft erteilt und es unterlassen, die geforderte schriftliche beglaubigte Erklärung des angeblich schuldtragenden Lenkers/Abstellers oder ein anderes taugliches Beweismittel vorzulegen.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 8 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 9. Juni 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesen­­heit des Ehegatten der Bw, Herrn X, als deren Vertreter und des Vertreters der Erstinstanz Herrn X durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe die ihr zur Last gelegten Übertretung nicht begangen. A.M. habe von ihr das Kfz X geliehen und zu diesem Zeitpunkt auch an der von ihr angegebenen Adresse  gewohnt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört wurden und der bisherige Verfahrensgang erörtert wurde.

 

Demnach hat die Bw am 10. Jänner 2010 eine Lenkerauskunft auf das Ersuchen der örtlich zuständigen BH Linz-Land dahingehend erteilt, dass zum maßgeb­lichen Zeitpunkt der Pkw an Herrn A.M. verliehen war. Die im Zuge des erstin­stanz­lichen Verfahrens an den Genannten gerichtete Strafverfügung wegen des Grunddeliktes, nämlich des Verstoßes gegen die Kurzparkzonen-Überwach­ungs­verordnung, an die von der Bw genannten Adresse X in Linz kam mit dem Vermerk "unbekannt" zurück.

Daraufhin erging seitens der BH Linz-Land das Schreiben an die Bw vom 29. März 2010, in dem sie informiert wurde, dass eine Zustellung an den von ihr bekannt­gegebenen Lenker nicht möglich gewesen sei und dieser laut Zentralem Melde­register an der genannten Adresse nie gemeldet gewesen sei. Die Bw wurde "auf­ge­fordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche, beglaubigte Erklärung des angeblich schuldtragenden Lenkers/Ab­stellers oder aber ein anderes taugliches Beweismittel vorzulegen". Sie wurde darauf hingewiesen, dass nach ergebnislosem Ablauf dieser Frist das Verfahren ohne weitere Anhörung unter der Annahme, dass eine falsche Lenker­aus­kunft erteilt worden sei und sie somit eine Verwaltungsübertretung nach §103 Abs.2 KFG 10967 zu verantworten habe, durchgeführt werde.

Das Schreiben wurde am 26. Mai 2010 zugestellt; mit Schreiben vom 27. Mai 2010 führte die Bw erneut aus, sie habe den angegebenen Lenker schon mehrfach an dieser Adresse abgeholt, er habe dort ein Zimmer gemietet. Sie sei verpflichtet zu prüfen, ob er eine Lenkberechtigung besitze, aber nicht, ob er seiner Meldepflicht nachgekommen sei. Sie habe keine Übertretung begangen.

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den genannten Lenker wurde von der BH Linz-Land am 4. Juni 2010 eingestellt, weil dieser nicht eruierbar sei, und mit Strafverfügung vom 9. Juni 2010 gegen die Bw das ggst Verwaltungsstraf­verfahren wegen Übertretung des KFG 1967 eingeleitet.

Seitens des an der genannten Adresse befindlichen Hotels wurde am 21. August 2010 mitgeteilt, dass nach Durchsicht sämtlicher Unterlagen vom September 2009 der genannte Lenker dort nicht zu finden sei, zumal auch die Rücksprache mit dort Beschäftigten nichts ergeben habe.

Daraufhin wurde das Verfahren an die Erstinstanz gemäß § 29a VStG abgetreten. Da die Bw bei ihrer Verantwortung blieb, erging das nunmehr angefochtene Straf­erkenntnis.    

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zu­grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jeder­zeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebun­gen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18.11.1992, 91/03/0294 ua).

 

Der von der Erstinstanz vorgelegte Verfahrensakt beginnt mit der Anzeige gegen A.M., den von der Bw als Zulassungsbesitzerin des Pkw X bekanntgege­benen "Absteller". Wie dem Schreiben der BH Linz-Land vom 29. März 2010 zu entnehmen ist, hat die Bw am 10. Jänner 2010 auf die ursprüngliche Lenkeran­frage (deren genaue Daten im Akt nicht vorhanden sind) eine entsprechende Auskunft erteilt, wobei die Erstinstanz nach dem Spruch des angefochtene Straferkenntnisses davon ausging, dass diese Auskunft unrichtig war. In der Berufungsverhandlung hat der Gatte der Bw erklärt, der 1967 geborene A.M. habe einen Führerschein der BPD Wien vorgewiesen, näheres sei ihm und auch der Bw selbst unbekannt. Allerdings habe er selbst noch eine Forderung von 180 Euro gegen A.M., weil der Pkw X am Flughafen Linz abge­schleppt und die Kosten dafür der Bw in Rechnung gestellt worden seien; A.M. sei unauffindbar.

Im ZMR wurde ein Datensatz gefunden, der zur genannten Person passen könnte, was aber angesichts der bereits erfolgten Verfahrenseinstellung nicht mehrt relevant ist.   

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist das Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG objektiv schon dann erfüllt, wenn Name oder Anschrift der angegebenen Person nicht stimmen. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Auskunftserteilung an (vgl E 20.10.1999, 99/03/0237).

Die Behörde kann dann, wenn ihr Versuch, mit der als Lenker bezeichneten Person in Kontakt zu treten, scheitert, den Zulassungsbesitzer dazu verhalten, zumindest die Existenz dieser Person und deren Aufenthalt zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen, zumal davon ausgegangen werden kann, dass der Zulassungsbesitzer sein Kraftfahrzeug nur Personen zum Lenken überlässt, die er näher kennt (vgl E 15.12.2000, 99/02/0290). 

 

Tatzeit wäre damit das Datum der als unrichtig zu qualifizierenden Lenker­auskunft, dh der 10. Jänner 2010. Hinsichtlich dieses Tatzeitpunktes hätte eine Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.1 VStG, dh bis 10. Juli 2010, erfolgen müssen. Die Strafverfügung gegen die Bw vom 9. Juni 2010 bezieht sich ebenso wie der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses allein auf das Schreiben der BH Linz-Land vom 29. März 2010; das ist aber nicht das Auskunftsersuchen, sondern nur die Aufforderung zur Mitwirkung. Damit steht einer Änderung des Tatvorwurfs die bereits in Bezug auf den 10. Jänner 2010 eingetretene Verfolgungsverjährung entgegen. Der der Bw zur Last gelegte Tatvorwurf bildet nicht den Tatbestand einer Verwaltungs­übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967. Damit war gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG spruchgemäß zu entscheiden; Verfahrenskostenbeiträge fallen dabei nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

keine Unfallshandlung im Hinblick auf Lenkerauskunft vom 10.01.2010; Aufforderung zur Mitwirkung v. 29.03.2010 ist keine Grundlage für den Tatvorwurf -> Einstellung

 

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