Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252808/15/Fi/Fl

Linz, 08.06.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die auf das Strafausmaß beschränkten Berufungen der X, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. März 2011, GZ 0002940/2011 sowie GZ 0002943/2011, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2011 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Den Berufungen wird stattgegeben, der Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen, wobei der Berufungswerberin unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens jeweils eine Ermahnung erteilt wird.

II.              Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 7. März 2011, GZ 0002940/2011, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) sowie vier Geldstrafen in der Höhe von je 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 56 Stunden) verhängt, weil sie es als Gewerbeinhaberin der Firma X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass die genannte Firma als Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (im Folgenden: ASVG) fünf näher bezeichnete Arbeitnehmer zu den jeweils angeführten Arbeitsantritten beschäftigt habe, obwohl sie diese vor Aufnahme ihrer Tätigkeit nicht zur Pflichtversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet habe. Die fünf Arbeitnehmer seien verspätet beim zuständigen Sozialversicherungsgeber angemeldet worden.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs. 1 und Abs. 1a sowie § 111 ASVG angeführt.

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. März 2011, GZ 0002943/2011, wurde über die Bw eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil sie es als Gewerbeinhaberin der Firma X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass die genannte
Firma als Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (im Folgenden: ASVG) Herrn X, geringfügig beschäftigt habe und diesen ebenso wenig vor Aufnahme seiner Tätigkeit, sondern verspätet zur Pflichtversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet habe.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden erneut § 33 Abs. 1 und Abs. 1a sowie
§ 111 ASVG angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des Ablaufs des bisherigen Verfahrens und der gesetzlichen Bestimmungen – jeweils im Wesentlichen aus, dass die Beschäftigung der genannten Arbeitnehmer nicht bestritten worden sei. Im Zuge der Kontrolle sei angegeben worden, dass die Arbeitnehmer jeweils am ersten Arbeitstag um 08:00 Uhr ihre Arbeit aufgenommen haben. Insofern sei aus den ELDA-Protokollen deutlich erkennbar, dass die Meldungen verspätet erfolgt seien. Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zum Verschulden und zur Strafbemessung, wobei der Umstand, dass die Bw unbescholten sei, strafmildernd gewertet, der Umstand, dass einer der Arbeitnehmer sehr lange ohne Anmeldung beschäftigt worden sei, betreffend diesen (vgl. dazu GZ 0002940/2011) straferschwerend gewertet worden sei.

1.2. Gegen diese Straferkenntnisse, die der Bw am 23. März 2011 – betreffend die GZ 0002940/2011 – sowie am 26. März 2011 – betreffend die GZ 0002943/2011 – jeweils durch Hinterlegung zugestellt wurden, richten sich die vorliegenden, am 31. März 2011 – betreffend die GZ 0002940/2011 – bzw am
5. April 2011 – betreffend die GZ 0002943/2011 – zur Post gegebenen und somit rechtzeitigen Berufungen vom 28. März bzw 31. März 2011, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 19. April bzw 18. April 2011 unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes der elektronisch geführten Verwaltungsakte zur Entscheidung vorgelegt wurden.

Begründend führt die Bw in ihren Berufungen im Wesentlichen aus, dass sie ihrer sozialversicherungsrechtlichen Meldeverpflichtung durch einen von ihr ermächtigten Steuerberater entsprochen habe; die Arbeitnehmer hätten ihre Arbeit erst nach der erfolgten Meldung aufgenommen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2011.

2.2. In der mündlichen Verhandlung schränkte die Bw die Berufungen auf die Strafhöhe ein. Begründend führte die Bw insbesondere aus, dass es sich um eine erstmalige Übertretung handle, sie ihr Unrecht nunmehr einsehe und sie weitere Verwaltungsübertretungen vermeiden werde. Ferner wies die Bw darauf hin, dass sämtliche Arbeitnehmer am Tag des Arbeitsbeginns und aus eigenem gemeldet worden seien. Der Vertreter der Amtspartei hält angesichts dieser Umstände den Ausspruch einer Ermahnung für gerechtfertigt.

2.3. Aus dem vorliegenden Akt sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Über die Bw wurden mit den Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. März 2011, GZ 0002940/2011 sowie GZ 0002943/2011, mehrere Geldstrafen in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) bzw 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 56 Stunden) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ASVG verhängt. Der Bw wurden verspätete Meldungen angelastet. Strafmildernd wurde die Unbescholtenheit der Bw gewertet; straferschwerend hingegen betreffend einen Arbeitnehmer der Umstand, dass dieser über einen längeren Zeitraum unangemeldet beschäftigt worden sei. Die Bw schränkte ihre Berufungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2011 auf die Höhe der Strafe ein. Die Bw gestand ihr Fehlverhalten ein und versicherte, sich künftig zu bemühen, Übertretungen nach dem ASVG zu vermeiden.

Diese Reumütigkeit der Bw ist ebenso strafmildernd zu bewerten wie der Umstand, dass aus den ELDA-Protokollen ersichtlich ist, dass die Meldung der Arbeitnehmer jeweils am Tag des Arbeitsbeginns und zudem aus eigenem vor dem Kontrollzeitpunkt erfolgte. In Anbetracht dessen hält der Vertreter der Amtspartei den Ausspruch einer Ermahnung für gerechtfertigt.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit den angefochtenen Straferkenntnissen eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Da sich die Berufungen ausschließlich gegen das Strafausmaß der Straferkenntnisse richten, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich insoweit inhaltlich mit der Entscheidung der belangten Behörde auseinanderzusetzen.

3.3. Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 150/2009 – eine spätere für die Bw günstigere Fassung wurde nicht erlassen – handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist -, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Diese Anmeldeverpflichtung kann gemäß § 33 Abs. 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tat der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs. 2 ASVG eine modifizierte Regelung.

3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der verhängten Strafen ist die Bw zunächst darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die dies unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß wäre grundsätzlich jedenfalls vertretbar. Rein aus Gründen der Generalprävention bedürfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintanzuhalten.

Im gegenständlichen Fall sind die Umstände jedoch so gelagert, dass es keiner Bestrafung bedarf, um die Bw zur Einsicht und zur zukünftigen Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bewegen, zumal die Bw bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung ihr Fehlverhalten eingestanden sowie erklärt hat, sich zukünftig rechtskonform zu verhalten.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Norm bleibt das tatbildliche Verhalten hier in einem Ausmaß zurück, das – gerade noch, auch nach Einschätzung der Amtspartei – die Anwendbarkeit des § 21 VStG rechtfertigt, zumal die Meldung der Arbeitnehmer noch am Tag ihres Arbeitsbeginns aus eigenem erfolgte, woraus auch unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit klar erkennbar ist, dass die Absicht Sozialversicherungsbeiträge zu entziehen bzw. den Beschäftigten Versicherungsleistungen vorzuenthalten, nicht erschließbar ist.

Es bedurfte daher aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe und konnte mit einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens das Auslangen gefunden werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte daher von der Verhängung einer Strafe abzusehen und die Ermahnung auszusprechen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

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