Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165617/8/Zo/Jo

Linz, 08.06.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X Dr. X, X, vom 14.12.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 29.11.2010, Zl. VerkR96-1472-2010, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.05.2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.          Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 23.03.2010 um 12.30 Uhr in St. Ägidi auf der L 136 bei km 27,365 in Fahrtrichtung Engelhartszell als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X diesen nicht am rechten Fahrbahnrand gelenkt habe, obwohl es die Verkehrssicherheit wegen eines mehrspurigen Gegenverkehrs erfordert hätte, sondern über die Fahrbahnmitte hinaus gefahren sei und dadurch die Lenkerin des Gegenverkehrs gefährdet habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er den Vorwurf von Anfang an bestritten habe und im Verfahren entsprechende Beweisanträge gestellt habe, welche die Erstbehörde nicht berücksichtigt habe (Ortsaugenschein unter Beiziehung eines Amtssachverständigen).

 

Auch sein Beifahrer habe bestätigt, dass er sich an überhaupt keinen gefährlichen Vorfall erinnern könne. Wenn es aber tatsächlich eine so gefährliche Situation gegeben hätte, wie sie die Anzeigerin geschildert hat, so hätte sich auch sicher sein Beifahrer an diese erinnern müssen. Auffällig sei auch, dass die Anzeigerin nicht bereit sei, ihren angeblichen Beifahrer bekannt zu geben.

 

Selbst wenn er – so wie die Anzeigerin behaupte – mit dem linken Reifen über der Leitlinie gefahren wäre, so sei der Gegenverkehr wegen der Breite der B 136 dadurch keinesfalls gefährdet worden. Daraus sei abzuleiten, dass die Anzeigerin in ihren Schilderungen übertreibe. Tatsächlich habe er die Fahrbahnmitte überhaupt nicht überfahren.

 

Insgesamt sei keinesfalls mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisbar, dass er die ihm vorgeworfene Übertretung begangen habe. Das Verfahren hätte daher eingestellt werden müsse.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.05.2011 an Ort und Stelle. Bei dieser waren der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Erstinstanz anwesend und es wurden die Zeugen X und X zum Sacherhalt befragt.

 

 

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der L136 von St. Ägidi kommend in Richtung Engelhartszell. In seiner Fahrtrichtung verläuft die Fahrbahn in Annäherung an die Kurve einige 100 m annähernd gerade und weist dann eine starke Linkskurve auf, deren Scheitelpunkt sich in etwa bei km 27,365 befindet. Die Fahrbahnbreite beträgt zwischen 6 und 6,5 m, beide Fahrstreifen sind annähernd gleich breit. Die Fahrbahn weist auch ein deutliches Gefälle auf. In Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen befindet sich rechts der Fahrbahn eine steil abfallende und links eine steil ansteigende Böschung. Zur gleichen Zeit lenkte die Zeugin X ihren PKW von Engelhartszell kommend in Richtung St. Ägidi. Im Bereich der Kurve bei km 27,365 kam es zur Begegnung der beiden Fahrzeuge. Der Fahrstreifen der Anzeigerin weist eine Breite von ca. 3 bis 3,25 m auf und ist vom Gegenverkehr durch eine – zumindest zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines nur sehr schlecht wahrnehmbare – Leitlinie getrennt. In Fahrtrichtung der Zeugin steigt das Gelände rechts neben dem Fahrstreifen unmittelbar steil an, sodass ein Befahren dieses rechts neben dem Fahrstreifen befindlichen Geländes nicht möglich gewesen wäre.

 

Fraglich ist, ob bzw. wie weit der Angezeigte in der gegenständlichen Kurve die Fahrbahnmitte überschritten hat. Dazu führte die Anzeigerin bereits bei ihrer Aussage vor der Polizeiinspektion Engelhartszell am 23.03.2010 aus, dass der entgegenkommende schwarze Golf mit sehr hoher Geschwindigkeit gefahren sei und die Kurve geschnitten habe, sodass der linke Reifen des Golf über die Fahrbahnmitte (dh über die Leitlinie) geragt habe. Sie habe daher, um einen Zusammenstoß zu verhindern, auf den äußerst rechten Fahrbahnrand ausweichen müssen. Diese Angaben bestätigte sie auch im erstinstanzlichen Verfahren, wobei sie weiters ausführte, dass für sie wegen des notwendigen Ausweichmanövers die Gefahr bestanden habe, auf das nicht befestigte Bankett und die angrenzende Böschung zu gelangen. In der Berufungsverhandlung führte sie aus, dass der schwarze Golf "auf ihrer Seite" entgegengekommen sei. Sie habe stark abgebremst und sei soweit wie möglich nach rechts gefahren, glaublich bis fast zum Randstein. Auf Befragen konnte sie nicht angeben, wie weit dieses Fahrzeug über der Fahrbahnmitte war, es sei aber ungefähr mit dem linken Reifen über der Leitlinie gewesen.

 

Der Berufungswerber räumte von Anfang an ein, zu dieser Zeit mit seinem PKW die gegenständliche Straße befahren zu haben, bestritt jedoch, die Fahrbahnmitte überfahren zu haben. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.09.2010 führte er aus, dass er beim Befahren dieser  Kurve nicht über die Fahrbahnmitte gekommen sei und auch keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe. Er machte dazu auch seinen Beifahrer, Herrn X, als Zeugen geltend. In der Berufungsverhandlung wiederholte er, dass er an jenem Tag die L 136 mehrmals befahren habe, sich jedoch überhaupt nicht an einen Vorfall erinnern könne, bei welchem er ein entgegenkommendes Fahrzeug gefährdet hätte.

 

Der von ihm namhaft gemachte Zeuge X gab an, dass er bei dieser Fahrt sicher Beifahrer des Berufungswerbers gewesen sei. Er fahre mit diesem häufig mit und sie befahren dabei die gegenständliche Straßenstelle regelmäßig. Er konnte sich weder bei dieser Fahrt noch beim sonstigen Befahren dieser Straße an irgendeinen Vorfall erinnern, bei welchem ein entgegenkommendes Fahrzeug ausweichen oder abbremsen musste. Hätte es sich um eine gefährliche Situation gehandelt, so wäre ihm diese sicher aufgefallen.

 

4.2. Zu diesen unterschiedlichen Aussagen ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Die Anzeigerin machte bei der mündlichen Verhandlung einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck. Es ist daher davon auszugehen, dass sie beim damaligen Vorfall ihr Fahrzeug nach rechts verlenkt hat. Andererseits verbleiben doch gewisse Zweifel an ihrer Schilderung: Die Angabe, dass der Berufungswerber mit seinen linken Rädern die Leitlinie überfahren habe, ist insofern nur schwer nachvollziehbar, als die Leitlinie nur sehr schlecht ersichtlich ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Berufungswerber mit dem linken Reifen unmittelbar links neben der Leitlinie gefahren wäre, so hätte er damit die Fahrbahnmitte nur um etwa 40 cm überschritten, sodass aufgrund der Fahrstreifenbreite grundsätzlich noch genügend Platz für die Anzeigerin   verblieben wäre. Auch ihre Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding, dass die Gefahr bestanden habe, dass sie auf das nicht befestigte Bankett gelangt wäre, ist aufgrund der örtlichen Verhältnisse (Randstein und daran anschließende Böschung) nicht wirklich nachvollziehbar.

 

Der Angezeigte und der Zeuge X haben hingegen während des gesamten Verfahrens behauptet, dass der Berufungswerber die Fahrbahnmitte nicht überschritten habe. Dabei darf nicht übersehen werden, dass sich der Berufungswerber so rechtfertigen darf, wie er es für richtig hält und der Zeuge X ohnedies keine konkrete Erinnerung an den Vorfall hatte sondern lediglich pauschal angeben konnte, dass keine gefährliche Situation vorhanden war.

 

Unter Abwägung dieser Umstände ist es zwar  nicht unwahrscheinlich, dass der Berufungswerber beim Befahren der gegenständlichen Kurve die Fahrbahnmitte überschritten hat, weil dies die naheliegendste Erklärung für das Ablenken und die anschließende Anzeigeerstattung durch die Zeugin X ist. Andererseits kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Anzeigerin durch das plötzlich auftauchende Fahrzeug erschreckt wurde und dieses die Fahrbahnmitte tatsächlich nicht überschritten hatte. Es kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung tatsächlich begangen hat.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegene Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Nach dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" reicht es für eine Bestrafung nicht aus, wenn die Begehung einer Betretung durch den Beschuldigten wahrscheinlich ist, sondern es müssen so eindeutige Beweise vorliegen, dass kein vernünftiger Grund verbleibt, an der Begehung der Übertretung durch den Beschuldigten zu zweifeln. Im konkreten Fall konnte das Beweisverfahren dafür keine ausreichenden Beweise erbringen, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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