Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240818/2/SR/Sta

Linz, 16.06.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des Dipl. Volkswirt H O, H, F, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 13. April 2011, Zl. SanRB-13-2011-Ru, wegen Übertretungen nach der Trinkwasserverordnung zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG; § 46 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat mit Bescheid vom
13. April 2011, GZ.: SanRB-13-2011-Ru den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt ermahnt:

"Sie haben es als Betreiber bzw. Wasserbezieher einer Wasserversorgungsanlage in der Marktgemeinde M verabsäumt, Befunde und Gutachten über die gemäß Anhang II der Trinkwasserversorgung durchgeführten Untersuchungen der Jahre 2008 und 2009 unverzüglich an die zuständige Behörde – Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abt. Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz – vorzulegen, wodurch eindeutig ein Verstoß gegen die zitierte Verordnung vorliegt.

Mit Eingabe vom 17.8.2010 hat das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abt. Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, mitgeteilt, dass die betreffenden Befunde bisher nicht vorgelegt wurden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Z. 4 Trinkwasserverordnung – TWV, BGBl. II 304/2001 i.d.g.F. i.V.m. § 90 LMSVG

 

Es wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit Ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

 

Rechtsgrundlage: § 21 Abs. 1 VStG"

 

Die "Begründung" erschöpft sich in der Wiedergabe des § 21 Abs. 1 VStG.

 

2. Der Bescheid wurde dem Bw am 15. April 2011 zugestellt. Innerhalb offener Frist hat der Bw das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt und der Eingabe Kopien seiner sechs bisherigen Eingaben (Zeitraum 2007 bis 2011) beigelegt. 

 

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, dass er keine Trinkwasserprüfberichte vorlegen könne, weil er keine Wasserversorgungsanlage betreibe und er auf seiner Liegenschaft in M seit über 40 Jahren keinen Wasseranschluss habe. Es bestehe lediglich ein grundbücherliches Brunnenmitbenützungsrecht. Der Brunnen sei seit mehr als 40 Jahren trockengelegt, weil beide Häuser nicht mehr bewohnt würden. Auf seine wiederholten Eingaben habe er jahrelang keine Antwort oder eine sachliche Stellungnahme erhalten. In größeren Abständen habe er ungerechtfertigte Mahnungen und Informationen über eine jährliche Trinkwasseruntersuchung erhalten.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems zu den Zl. SanRB-13-2011-Ru.

 

3.2. Aus den Vorlageakten ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, vom 22. Juli 2009 wurde Dipl. Ing. B S (laut Kanzleivermerk erging das Schreiben gleichlautend auch an den Bw) als Betreiber der Wasserversorgungsanlage der Wassergemeinschaft S, Anlagen-ID 0909/1024, aufgefordert, die "geforderten Unterlagen" bis spätestens 2. September 2009 nachzureichen. Mit Stichtag 30. Juni habe die genannte Abteilung überprüft, ob alle erforderlichen Trinkwasserprüfberichte der Wasserversorgungsanlage eingelangt sind. Dabei sei festgestellt worden, dass "bis zum heutigen Tag keine bzw. nicht alle erforderlichen Prüfberichte über Untersuchungen gemäß der Trinkwasserverordnung vorgelegt wurden, deren Probenahme im folgenden Zeitraum stattgefunden hat: 01.07.2008 bis 30.06.2009".

 

Dipl. Ing. B S teilte mit Schriftsatz vom 31. August 2009 mit, dass eine Wassergemeinschaft S nicht existiere und dieser Umstand der Behörde mehrfach mitgeteilt worden sei. Die vorliegenden "Aufträge" müssten daher als unwirksam angesehen werden, da es sich bei der "Wassergemeinschaft S" um keine existente juristische Person handle. Wie bereits wiederholt vorgebracht, ersuche er daher um Klarstellung.

 

Am 17. August 2010 erstattete die Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, Anzeige gegen die "Betreiber der Wasserversorgung S" und führte dabei u.a. den Bw namentlich an. Bei der Sachverhaltsdarstellung bezog sich die Anzeigerin auf eine bescheidmäßige Vorschreibung und eine Anzeigeerstattung aus dem Jahr 2008. Der Bescheid sei vom UVS als ins Leere gehend betrachtet worden, da er an die Wassergemeinschaft S gerichtet gewesen sei, die juristisch nicht existent sei. Den Bescheidauflagen sei nicht nachgekommen worden und es würden daher von den letzten 5 Jahren keine Befunde und Gutachten gemäß § 5 Trinkwasserverordnung vorliegen. In der aktuellen Novellierung des LMSVG sei der Begriff der Gemeinschaftsversorgung präzisiert worden. Danach liege ein Inverkehrbringen von Trinkwasser dann vor, wenn eine gemeinsame Nutzung einer Wasserversorgung gegeben sei. Als Betreiber in Sinne des § 5 der Trinkwasserverordnung seien alle Liegenschaftsbesitzer zu verstehen, die anteilig Wasser aus der Wasserversorgungsanlage beziehen würden bzw. wenn eine Möglichkeit zur Entnahme vorliege. Der Betreiber habe für die letzten Überprüfungszeiträume im Jahr 2008 und 2009 Befunde und Gutachten über die gemäß Anhang II durchgeführten Untersuchungen nicht unverzüglich an die zuständige Behörde weitergeleitet.

 

Ohne ein Ermittlungsverfahren zu führen hat die belangte Behörde den angefochtenen Ermahnungsbescheid vom 13. April 2011 erlassen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 verst. Sen.; 11.894 A/1985 verst. Sen.).

 

Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht aus (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15.2.1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2).

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a. im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2; VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

 

4.1.2. Der Spruch des angefochtenen Ermahnungsbescheides wird § 44 a VStG nicht gerecht. Mangels Bescheidbegründung sind auch unklare Spruchausführungen einer Korrektur innerhalb des "Tatvorwurfes" nicht zugänglich. So ist nicht erkennbar, ob der Bw als Betreiber oder als Wasserbezieher zur Verantwortung gezogen werden soll und welche Befunde und Gutachten nicht "unverzüglich" vorgelegt worden sind. Da auch nicht zu ersehen ist, ob Befunde und Gutachten lediglich verspätet oder überhaupt nicht vorgelegt worden sind, kann auch die Tatzeit nicht festgestellt werden.

 

4.2. Der angefochtene Bescheid hat zwar keinen Strafcharakter, ist jedoch im Verwaltungsstrafverfahren ergangen und unterliegt denselben Vorschriften wie ein Straferkenntnis.

 

Ergänzend zu den einschlägigen Regelungen der §§ 58 bis 61a AVG, die gemäß   § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren gelten, hat der Bescheid gemäß     § 46 Abs. 2 VStG u.a. eine Begründung zu enthalten.

 

Der vorliegende Bescheid ist als begründungslos anzusehen, da dieser lediglich    § 21 Abs. 1 VStG wiedergibt. Das gänzliche Fehlen der Begründung belastet den Bescheid mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel (siehe VfSlg 9293/1981).

 

4.3. Da der Spruchfassung weder ein in zeitlicher noch inhaltlicher Hinsicht konkretisierbarer Tatvorwurf zu entnehmen ist und der Bescheid darüber hinaus keine Begründung aufweist, war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

5. Der Bw habt keinen Kostenbeitrag zum Verfahren zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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