Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252463/10/Lg/Ba

Linz, 20.06.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26. Mai 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwälte DDr. X, Dr. Y, und Dr. Z gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 25. März 2010, Zl. SV96-18-2009/La, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäfti­gungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, dass als Tatzeitraum  der 17.3.2009 gilt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Betrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz nach außen zur Vertretung Berufene der Firma X Tanz-Bar GesmbH mit Sitz in X zu vertreten habe, dass "seit 4 Tagen zumindest aber zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17.3.2009" von dieser Gesellschaft die ungarische Staatsangehörige X beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 23.3.2009 sowie auf Stellungnahmen der Bw vom 12.10.2009 und vom 31.8.2009.

 

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass aufgrund der Feststellungen des Finanz­amtes Grieskirchen Wels von einer Beschäftigung durch die Bw am 17.3.2009 auszugehen sei.

 

Die Tätigkeit der Ausländerin sei als Beschäftigung in Form eines arbeitnehmer­ähnlichen Verhältnisses zu qualifizieren.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"'In Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z 1 lit. a AuslBG muss für die Unterbrechung der Verjährung unverwechselbar feststehen, wann, wo und für welche Ausländer der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat.' (VwGH 93/09/0423). Diesem Erfordernis entspricht die angefochtene Entscheidung nicht:

Der Nachtclub X befindet sich nicht in X, bei welchem Objekt es sich um ein nicht öffentlich zugängliches Wohnhaus handelt, sondern in X, wie dies durch die an den beiden Häusern angebrachten Hausnummern jederzeit ersichtlich ist.

 

Der angefochtene Bescheid enthält keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, sondern lediglich einen Verweis auf die Anzeige, der jedoch behördliche Tatsachenfeststellungen nicht substituieren kann und den Begründungs­erfordernissen für einen Bescheid nicht genügt und eine Überprüfung der Entscheidung aufgrund des Fehlens einer Subsumptionsgrundlage ausschließt, was notwendiger Weise die Bescheidaufhebung zur Folge haben muss (vgl. VwGH 2006/09/0202 mwN). Das Personenblatt wäre auch gar nicht in der Lage, zur Abklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes einen adäquten Beitrag zu leisten, und dies nicht nur aufgrund der mangelnden Sprachkompetenz der ungarischen Prostituierten. Wie aktenkundig ersichtlich und aufgrund des Parallelverfahren SV96-83-2008/La amtsbekannt ist, hat diese massive und auch für die einschreitenden Behördenorgane offenkundige schwere Mängel in Bezug auf die deutsche Sprache aufgewiesen. Die diffizilen Abgrenzungen bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit sind sogar juristischen Laien mit deutscher Muttersprache schwer verständlich und können bei Befragungen nur nach entsprechenden aufklärenden Erläuterungen und Belehrungen aussagekräftige, richtige und verlässliche Ergebnisse erwartet werden. Das schematische Ausfüllen eines Formulars, das die entscheidungswesentlichen Kriterien nicht einmal enthält (vgl. VwGH 2005/09/0012 und die dort angeführten 10 Abgrenzungskriterien, die im Personenblatt des FA fast vollständig fehlen!) kann diesen Anforderungen in keiner Weise genügen und wären für eine genaue und präzise Befragung die Deutschkenntnisse der Prostituierten nicht ausreichend gewesen. Wie der VwGH in 2000/09/0115 ausgesprochen hat berechtigt der Umstand, dass eine Person mit nichtdeutscher Muttersprache sich im normalen Leben verständigen kann, nicht zu dem Schluss, dass sie auch in der Lage ist, ihr gegenüber gebrauchte rechtliche Ausdrücke zu verstehen und deren Auswirkungen zu begreifen. Dies trifft im vorliegenden Fall uneingeschränkt zu. Auch wenn es sich bei diesem Personenblatt nicht um eine Niederschrift handelt, ist deren Verwertung als belastendes Beweismaterial in einem Strafverfahren in Anbetracht von deren Zustandekommen insbesondere durch Unterlassung der Beiziehung eines Dolmetschers eine Verletzung der rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien.

 

Ich habe wie im gegenständlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Prostituierten, die sich im Nachtclub X aufhalten bzw. aufgehalten haben, nicht bei der X Tanz-Bar GmbH als Dienstgeber beschäftigt sind, sondern Selbständige, die ihr Gewerbe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausüben, sich selbst bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichern und unter einer eigenen Steuernummer beim FA veranlagt sind. Bei der geschilderten Vorgangsweise handelte es sich auch nicht um einen speziellen Einzelfall, sondern um die den zuständigen Behörden und Sozialversicherungs­trägern bekannte und nicht beanstandete Praxis, die auch mit der einschlägigen Lebensrealität übereinstimmte. Es kann unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung aber nicht einerseits von der Wirksamkeit und Zulässigkeit der entsprechenden Sozialversicherungsmeldungen und finanzbe­hörd­lichen Anzeigen und steuerlichen Erklärungen sowie andererseits von der Unzulässigkeit und Strafbarkeit des zugrunde liegenden Verhaltens ausgegangen werden.

In jedem Fall bin ich deshalb auch berechtigter Weise davon ausgegangen, dass die auch von den zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern akzeptierte Qualifikation der Prostituierten als selbständige Gewerbetreibende (anders als die angestellten Kellnerinnen und das Barpersonal im Nachtclub X) richtig ist und ich mich rechtmäßig verhalte.

 

In Anbetracht der bereits erwähnten Kriterien der Arbeitnehmerähnlichkeit ist diese Beurteilung auch zutreffend, weil die X Tanz-Bar GmbH gegenüber der erwähnten Prostituierten keine Arbeitgeberpflichten treffen und diese auch nicht als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, womit sich die erstinstanzliche Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt hat:

 

Die Prostituierte X hat ihr selbständiges Gewerbe (eigener Gewerbeschein) tagsüber meist auch in X ausgeübt und ist oft erst gegen 19.00-22.00 Uhr mit dem Zug nach X gefahren, wobei sie je nach Gutdünken und bisherigem Geschäftsgang auch noch in der Tanzbar X auf weitere Freier gewartet hat. Diesbezüglich gab es weder Dienstpflichten noch Anweisungen, es gab weder eine Unternehmensbindung oder ein Konkurrenzverbot, keine Weisungsgebundenheit und keine Berichterstattungspflicht und überhaupt keine Pflicht zu einem bestimmten Handeln. Dass nach der Art der Gewerbetätigkeit keine Stellvertretung in Betracht kommt, schadet nicht; jedenfalls hat die Prostituierte die von ihnen benötigten Utensilien selbst beigestellt. In den entscheidenden Punkten unterscheidet sich die Sachlage hier auch von dem Sachverhalt, den der VwGH zu 98/09/0334 zu entscheiden hatte und auf den gestützt die Anzeigerin und die erste Instanz fälschlicher Weise die Arbeitnehmerähnlichkeit abgeleitet haben: Keine Differenzierung zwischen angestellten und selbständigen Prostituierten, rasche Fluktuation und nur kurze Dauer des Aufenthaltes sowie die kurze Leistungsdauer pro Tag, die mit einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht in Einklang zu bringen ist, da dadurch keinerlei Hinderung gegeben ist, die Arbeitskraft für anderweitige Erwerbszwecke einzusetzen (wie dies tatsächlich ja auch geschah - vgl.oben).

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

1.     eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen

2.     den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird

in eventu aufzuheben und der ersten Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen

in dritter Linie von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 23.3.2009 bei. Der Strafantrag enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 17.03.2009 gegen 23'50 Uhr wurde durch Ermittlungs- und Erhebungsorgane des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Abt. KIAB (FOI X, FOI X) gemeinsam mit der Polizeiinspektion X im Rahmen des KFD (Koordinierter fremdenplizeilicher Dienst) im Nachtclub X in X, eine Kontrolle nach dem AuslBG und nach dem ASVG durchgeführt.

 

Dabei wurde die ungarische StA., X, geb. X, ausgewiesen mit ung. Personalausweis Nr. X, wohnhaft in X, in typischer Clubbekleidung angetroffen.

 

Im Personenblatt wurde von Fr. X die tägliche Arbeitszeit mit 18'00 bis 05'00 Uhr angegeben.

 

Angesichts der starken wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfungen (Wohnmöglichkeit, Bindung an die Öffnungszeiten, Getränkeprovision), ist von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen (gl. VwGH 98/09/0334 v. 15.5.2001).

 

Auf Grund des Sachverhaltes liegt ein Verstoß gegen das AuslBG vor und es wird die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahren beantragt."

 

 

Im Personenblatt trug die gegenständliche Ausländerin ein, sie wohne in X. Sie arbeite für die Firma X als Prostituierte. Sie sei seit 4 Tagen beschäftigt. Als Lohn ist eingetragen "€ 40". Bei der Frage nach der Wohnung ist eingetragen: "10E". Die tägliche Arbeitszeit sei von 18.00 Uhr bis 5.00 Uhr. Der Chef sei nicht bekannt.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert nahm die Bw mit Schreiben vom 12.10.2009 wie folgt Stellung:

 

"Ich verweise vorweg auf meine Stellungnahme vom 31.8.09 im Verfahren SV98-83-2008/La, in der ich den Sachverhalt allgemein geschildert habe, und die von mir vollinhaltlich aufrecht erhalten wird.

Richtig ist dass Frau X am 17.3.09 ebenso wie kurz vorher und nachher, insgesamt für einen Zeitraum von etwa 2 Wochen, ihr selbständiges Gewerbe als Prostituierte auch in den Räumen der X Tanz-Bar GmbH ausgeübt hat und daher immer wieder auch in deren Lokal in der X in X anwesend gewesen ist. Wie auch schon kurzzeitig im Sommer 2008 hat sie dabei ihr Gewerbe selbständig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausgeübt. Beweis: meine Einvernahme

 

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

 

Die bezogene Stellungnahme der Bw vom 31.8.2009 liegt einem anderen Akt bei. Sie hat folgenden Inhalt:

 

"Die in der Aufforderung zur Rechtfertigung angeführten 4 Prostituierten sind wie andere Prostituierte, die sich im Nachtclub X aufhalten bzw. aufgehalten haben, im Gegensatz zu den Kellnerinnen und dem Barpersonal nicht bei der Fa. X Tanz-Bar GesmbH als Dienstgeber beschäftigt, sondern Selbständige, die ihr Gewerbe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausüben, sich selbst bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichern und unter einer eigenen Steuernummer beim FA veranlagt sind.

Dies ist den zuständigen Behörden und Amtsorganen aufgrund der regelmäßigen Nachschauen schon seit Jahren bekannt, ohne dass dies in irgendeiner Weise beanstandet worden wäre, wofür sich nach der einschlägigen Sach- und Rechtslage auch kein Grund ergibt.

Betreffend X, X und X ist mir die Tatsache der aufrechten Pflichtversicherung beim oben angeführten zuständigen Sozialversicherungsträger bekannt, Frau X  hat dies glaubwürdig versichert.

So haben beispielsweise X, X und X ihr selbständiges Gewerbe tagsüber u.a. auch in X ausgeübt und sind oft erst zwischen 19.00 - 22.00 Uhr mit dem Zug nach X gefahren, wobei sie je nach bisherigem Geschäftsgang und eigenem Gutdünken bzw. Lust und Laune im Nachtclub X auf weitere Freier gewartet haben. Dabei wie auch bei ihrer gesamten Gewerbetätigkeit sind sie frei von irgendwelchen Dienstpflichten oder sonstigen Anweisungen gewesen sind. Schon nach relativ kurzer Zeit sind die angeführten Personen übersiedelt, um ihr Gewerbe anderswo weiter auszuüben.

Beweis:       meine Einvernahme, Anfrage bei der SVA der gewerblichen                        Wirtschaft betreffend die 4 angeführten Personen

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte die Bw dar, beim gegenständlichen Nachtclub handle es sich um einen Bordellbetrieb. Die Damen würden sich über Inserat melden und erhielten eine Wohngelegenheit für 40 Euro pro Monat (bzw. entsprechend weniger bei kürzerer Bleibedauer). Die Wohngelegenheit bestehe aus mit Kolleginnen zu teilenden möblierten Schlafzimmern mit Gemeinschaftsküche in einem Nachbarhaus. Dort würden sich die Damen auch für ihre Tätigkeit im Bordell umkleiden. Damals hätten alle Damen bei der Berufungswerberin gewohnt.

 

Im Lokal gäbe es "allgemeine Tarife". Dabei handle es sich um einen unverbindlichen Vorschlag. Die Damen könnten verlangen was sie wollten. Das Geld für die Prostitutionsleistungen werde von den Damen selbst kassiert. Am Morgen werde vom Kellner mit den Damen abgerechnet, bis die Arbeitszimmermiete vollständig geleistet sei.

 

Für das Arbeitszimmer bezahlen die Damen 560 Euro pro Monat. Vom Liebeslohn würden jeweils 100 Euro abgezogen bis die 560 Euro erreicht seien. Analog verhalte es sich mit den 60 bzw. 40 Euro. Von diesem Betrag bezahle die Berufungswerberin das Pauschale an das Finanzamt und die Versicherung. Die Zimmer stünden den Damen nicht exklusiv zur Verfügung, sondern jede Dame benutze im Bedarfsfall jeweils ein gerade freies Zimmer. Das Lokal verfüge über 7 Arbeitszimmer, im Lokal würden in der Regel 6 bis 8 Damen arbeiten. Wenn eine Dame auf das Zimmer gehe, sage sie dem Kellner, ob sie das Zimmer 20 Minuten oder länger brauche, was der Kellner notiere.

 

Die Damen hielten sich im eigenen Interessen weitgehend an die Öffnungszeiten, eine Anwesenheitspflicht bestehe jedoch nicht. X habe tagsüber gelegentlich auch in einem anderen Lokal gearbeitet. Wenn die Damen "frei" haben wollen, sagen sie es vorher, dann würde weder das Geld für das Arbeitszimmer noch für die Wohngelegenheit kassiert.

 

Die im Akt VwSen-252462 auftauchenden Getränkekosten (zB 0,75 Sekt € 70/€ 15) seien geplant gewesen, jedoch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Getränkeumsatzbeteiligung nicht durchgeführt worden. Die von den Damen konsumierten Getränke bezahle der Gast.

 

In den Arbeitszimmern befänden sich Badewannen. Für die Damen gebe es im Lokal eine eigene Toilette.  Die Beistellung der Hygieneartikel, der Bettwäsche und der Handtücher in den Arbeitszimmern erfolge durch das Lokal. Eine Pflicht zur Kondombenützung bestehe nicht. Bekleidungsvorschriften bestünden ebenfalls nicht. Im Jahre 2009 habe es eine Homepage-Werbung gegeben, in der Damen präsentiert worden seien und für die die Bw die Kosten getragen habe. Diese Werbung sei mittlerweile wieder aufgegeben worden. Die Damen seien verpflichtet, die Gesundheitsbücher für den Fall der Kontrolle zu hinterlegen.

 

Das Kontrollorgan X sagte zeugenschaftlich aus, die Ausländerinnen  (darunter X) hätten bei der Kontrolle am 18.7.2008 die Angaben zu den Getränken auf die Frage nach dem Preis und dem Anteil der den Damen bliebe, gemacht. Die Deutschkenntnisse der Damen seien für diese Befragung ausreichend gewesen. Der Zeuge könne die diesbezüglichen Auskünfte der Damen aus eigener Anschauung bestätigen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der Darstellung der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Ausnahme der Frage der Getränkeumsatzbeteiligung, hinsichtlich der Darstellung des Zeugen X zu folgen ist. Dieser ist aufgrund seiner Stellung als Zeuge und staatliches Organ zur Objektivität verpflichtet, verfügt über einschlägige berufliche Erfahrung und trat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung überzeugend auf, wobei seine Aussage durch den Akteninhalt gestützt wird, den die Bw mit dem Hinweis auf ein bloß geplantes System nicht befriedigend erklären vermochte. Dass sich die diesbezügliche Praxis zwischen dem 18.7.2008 und dem 17.3.2009 geändert hätte, wurde nicht vorgebracht und ist auch nicht anzunehmen.

 

Demnach sind für die Selbstständigkeit der Ausländerinnen sprechende Momente auszumachen: Die freie Preisvereinbarung mit dem Kunden und die Weisungsunabhängigkeit hinsichtlich der Art der Tätigkeit. Als, weil auch im eigenen Interesse gelegen, neutral ist die regelmäßige Anwesenheit während der Öffnungszeit einzustufen. Dasselbe gilt für die Nutzung der (nicht kostenlosen) Wohngelegenheit. Die Miete des Arbeitszimmers zu einem Fixbetrag erscheint wirtschaftlich als Beteiligung der Bw am Liebeslohn, weil dem nicht die exklusive Miete eines bestimmten Zimmers für einen bestimmten Zeitraum gegenüber stand, wenngleich die Bw aus diesen Beträgen die Sozialversicherungsbeiträge und das Pauschale für das Finanzamt bezahlte. Darüber hinaus genossen die Damen die Infrastrukturleistungen des Lokals von der Zimmernutzung über die eigene Toilette bis zur Beistellung der Hygieneartikel, der Bettwäsche und der Handtücher, der Werbung, des der Anbahnung dienenden Barbetriebs sowie die Unterstützung in Behördenangelegenheiten (laut Bw gegenüber dem Finanzamt, dem Sozialversicherungsträger und der Gesundheitsbehörde). Umgekehrt profitierte die Bw von der umsatzsteigernden Präsenz der Damen zum Barbetrieb. Ferner lag eine Getränkeumsatzbeteiligung vor. Die Pflicht zur Hinterlegung der Gesundheitsbücher ist als Weisung anzusehen. Aus diesen Gründen ist von einem Überwiegen der für die Arbeitnehmerähnlichkeit sprechenden Momente auszugehen (zum rechtlichen Hintergrund vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/0218 bis 224). Zur Irrelevanz der sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Anmeldung vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/09/0217.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist wegen eventuell fehlender Rechtskenntnisse Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnedies die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Taten bleiben auch nicht soweit hinter des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;


VfGH vom 08.03.2012, Zl. B 1003/11-7 und B 1004/11-7

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 31.05.2012, Zl. 2012/09/0049 und 2012/09/0050-5

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